Die "Luftfrachter der Wahrheit" und die Rache der Stasi
"Wir warnen Dich das letzte Mal" schrieb die Stasi an Walter Reiche im Frankenwald. Doch der unerschütterliche Sozialdemokrat verschickte weiter Material des Ostbüros der SPD per Wetterballon über den Eisernen Vorhang. Dutzende von Spitzeln und Agenten waren in den 50er Jahren auf Reiche angesetzt.
Von Stefan Appelius
Buna-Werk "Schkopau" in Thüringen, Ende Mai 1954. Arbeiter der Frühschicht entdecken auf dem Werksgelände Luftballons mit westlichem Propagandamaterial. Es ruft zu freien Wahlen in der DDR auf. Sofort starten SED und FDJ-Betriebsgruppen innerhalb des gesamten Werkes eine Suchaktion. Doch die Flugblätter sind spurlos verschwunden.
Im Laufe des Vormittags erscheinen Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes, um die Vorgänge zu untersuchen. Ein Lautsprecher fordert die Arbeiter auf, sämtliches gefundenes Propagandamaterial sofort abzuliefern. Kein Arbeiter meldet sich. Während der nächsten Nächte wird die Werkspolizei durch Angehörige der SED-Betriebsgruppe verstärkt, um weitere Luftballons sofort zu vernichten und nicht in die Hände der Arbeiter fallen zu lassen. Ein Schnellkommando des Volkspolizei-Kreisamtes ist alarmiert.
Die Luftballons stammen vom Ostbüro der SPD. Es ist 1946 entstanden und hat zunächst die Aufgabe, Ostflüchtlinge zu betreuen. Nach der Zwangsvereinigung von KPD und SPD in der Sowjetischen Besatzungszone verändern sich die Aufgaben des Ostbüros. Es wird zur Anlaufstelle für Flüchtlinge, die sich der Zwangsvereinigung widersetzen. In der DDR hingegen gilt das SPD-Büro als "imperialistische Agentenzentrale", gegen deren "Schnüffler" die Gangster Chicagos Stümper sind.
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