Wer zum Teufel ist Spitzel IM „Falke“ aus Weimar?
Warum wir das heute wissen müssen.Meinung: Thomas OnißeitDie Vergangenheit muss man doch endlich mal ruhen lassen! Was soll das jetzt nach 30 Jahren noch bringen? Man sollte doch endlich mal einen Schlussstrich ziehen! Der heutige Merkel-Staat ist doch auch nicht besser, Stasi 2.0!
Das sind Standard-Meinungen, die von denjenigen gern verinnerlicht sind, die durch ihr eigenes, angepasstes Leben in der DDR diese zweite deutsche Diktatur (Die so genannte „Diktatur des Proletariats“.) viel zu lange am Leben gehalten haben und natürlich heute davon nichts mehr wissen wollen. Und die übrigens auch ihren Kindern gern die Geschichte „So-schlimm-war-es-doch-gar-nicht“ erzählen. Aber pardon, der Blick zurück darf sich nicht nur nostalgisch auf Schwarzweißfotografie beschränken, obwohl das weniger schmerzhaft ist, sondern wir müssen genau hinschauen. Zwar differenziert, doch nicht in dem Maße, dass man den, gemessen an seiner Bedeutung, kleinen Punk-IM auf die Titelseiten zerrt und sich zur Spitzelgeschichte eines Stadtbekannten, seitens der Presse bislang zurück hält. Dieses bedient nur billigen Voyeurismus und
man kann sich entspannt zurücklehnen und den Kopf triumphierend schütteln, sich auf die Schenkel schlagen, á la, kuck an, die asozialen Punks, die schon damals in den 80iger Jahren das Kleinstadtbild und seine triste sozialistische Lethargie störten, haben sich auch noch gegenseitig bespitzelt. Der Blick auf jenen Stadtbekannten jedoch könnte den Seelenfrieden des Städtchens im Heute stören. Wer will das schon wirklich riskieren?
Seelenfrieden - das gedeckelte HeuteDie DDR ist Geschichte. Die Flüsse fließen wie ehedem in ihren Betten, ungerührt zeigen sich auch Flora und Fauna, die man uns einst als „Sozialistische Heimat“ in unser kindliches Wahrnehmen und Erkunden indoktrinierte.
Jene, die das taten und unterstützten, sind auch heute noch unter uns, all die ideologieschwangeren Lehrer der so genannten „Volksbildung“, die Stasi-Offiziere, Volkspolizisten, besonders des Kommissariats 1 (K1), die verdeckt von der Staatssicherheit geführt wurden. Dann die Richter, Staatsanwälte, die Karrieristen in der SED, die Mitläufer, die grauen Duckmäuser und natürlich die inoffiziellen Spitzel für Stasi und K1, IMs genannt. Sie alle schlendern, bis auf wenige Ausnahmen, unbehelligt und ohne ein Bedürfnis nach Verantwortung, Rechenschaft und Transparenz zu spüren durch die Gassen des Städtchens, manche von ihnen getarnt am Bratwurststand oder auf dubiosen Kundgebungen, ganz ungeniert nationalistische Parolen brüllend. Manche noch immer auf vermeintlich linken Pfaden, ohne ihr Tun wirklich reflektieren zu wollen. Andere verkaufen Autos oder Häuser. Ihr Deckel auf dem Topf der Geschichte sitzt fest, das neue Weltbild köchelt im alten Sud - da kommt auch nichts Frisches mehr rein. So bedienen sie sich in der individuellen Freiheit, die sie damals unterdrückten, und zeigen auch heute wenig Verständnis für eine pluralistische Gesellschaft, für parlamentarische Demokratie, in der Minderheiten oder vor Krieg und Tod Geflüchtete, ihrer Meinung nach, schlichtweg nichts zu suchen haben. Dieser verlogene, postsozialistische, konformistische Seelenfrieden ist kein echter und schreit nach Störung; bitte die Karten auf den Tisch, ich will sehen!
Viele Menschen, die in der DDR lebten, wollen die Themen der Aufarbeitung gar nicht mehr so genau besehen, auch ich habe gelegentlich Vorbehalte gegenüber institutioneller Forschung und Aufarbeitung, weil die Betroffenen oft das letzte Glied in der Kette sind und man manchmal nur „notgedrungen“ auf sie zurück greift, ihre Stimme oftmals nur geduldet ist. Aber warum sperren sich die anderen?
Sie fürchten um die Deutungshoheit ihrer eigenen Biografie. Doch die ist selten deckungsgleich mit den Auswirkungen und Verbrechen der Diktatur, weshalb das Benennen des Unrechts keineswegs die Biografien der Mehrheit dem gleich setzt oder gar das gelebte Leben als Unrecht diffamiert. Die positiven, familiären Erlebnisse ihres Lebens, ebenso die im engsten Freundeskreis, sind eben nicht zwingend mit der Geschichte der Diktatur vereinbar. „Die Sonne scheint auch in der Diktatur. Jeder hat seine Lebenserinnerungen. Viele denken, so wie sie die DDR erlebt haben, so war sie. Aber das stimmt nicht.
Es gab eben beides: Knast in Hohenschönhausen und FKK an der Ostsee“, wie Roland Jahn einmal treffend bemerkte.Emotional ist das für sie nicht immer leicht zu erkennen, insbesondere nach der Sozialisation durch eine Nachkriegsgeneration, die in der DDR keineswegs ermuntert wurde, in Freiheit die Gräuel der Nationalsozialisten zu verarbeiten. Da wurden reihenweise NSDAP-Mitglieder als entnazifizierte Mitläufer in die SED übernommen und rund ein Drittel der Ämter im öffentlichen Dienst der DDR wurden durch ehemalige NSDAP-Mitglieder besetzt. Dies sei nur am Rande erwähnt, um zu verdeutlichen, was für eine skrupellose politische Elite den Landstrich nach dem Krieg gekapert hatte.
Nun höre ich schon den Aufschrei, im Westen war alles viel schlimmer! Zunächst war es auch nicht anders, ja, jedoch hat die 68er-Generation die dortige Gesellschaft schon gehörig umgekrempelt,
während die Mehrheit der DDR-Kleinbürger sich über die gesunkenen Bockwurstpreise freute. „Die Republik, die macht sich, die Bockwurscht kost‘ nur noch Achtzig!“Die offiziellen Handlanger und Drahtzieher sind uns bekannt und wir können heute selbst entscheiden, wie wir mit ihnen umgehen; es liegt in unserer Hand. Setzen wir uns mit ihnen an einen Tisch und fragen nach, so sie bereit sind, etwas zu erzählen, oder wehren wir sie ab. Ich plädiere für Ersteres und habe dies auch getan. Denn das ist der Kerngedanke von Schuld, Verantwortung und Vergebung. Kein Mensch ist frei von Schuld, doch ohne Verantwortung ist keine Vergebung möglich. Das ist keine neue Erkenntnis, sondern seit Jahrtausenden gewachsene Praxis im menschlichen Zusammenleben, im Lösen von Konflikten, sei es nun christlich motiviert oder frei davon.
Doch wer waren die Eckensteher, die Flüsterer, die Feigen, die im Verborgenen die Menschen verraten haben? Die Janusköpfigen? Und warum müssen wir sie heute kennen? Ich möchte dem Menschen, dem ich heute gegenübertrete entweder gerechtfertigtes Vertrauen entgegenbringen oder ihm zu Recht misstrauen, Verrat ist auch persönlichkeitsursächlich und sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontakt ist es immens wichtig, sich ohne Misstrauen in die Augen schauen zu können.Hier geht es weiter:
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