Denunzianten weit und breit
Verfasst: 26. April 2019, 10:57
Freiwillige Zuträger: Denunzianten aus Ost und West halfen der Stasi
Die Stasi überwachte Ostdeutschland systematisch. Neue Studien belegen nach SPIEGEL-Informationen zudem: DDR-Bürger gaben oft freiwillig Informationen über Freunde, Bekannte, Nachbarn weiter – manch ein Tipp kam aber auch aus dem Westen.
Bislang prägten die Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) der Staatssicherheit das Bild des ostdeutschen Überwachungsstaats. Doch nun haben Historiker Dokumente ausgewertet, aus denen hervorgeht, dass DDR-Bürger oft freiwillig Belastendes über ihre Mitmenschen in fast allen Bereichen meldeten. Dies dokumentieren etwa Tonbandmitschnitte der Volkspolizei, über die der SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe berichtet.
Die Historikerin Hedwig Richter von der Greifswalder Universität spricht von einer „fulminanten Rapportmaschinerie“, an der sich breite Teile der DDR-Bevölkerung beteiligt hätten, ohne direkt bei der Stasi mitzuarbeiten.
Ganz gleich, ob Rathaus, Stahlwerk oder LPG: „Jeder, der einen halbwegs verantwortungsvollen Posten hatte“, sagt Richter, „verfasste Berichte für übergeordnete Stellen.“ Viele dieser oft denunziatorischen Berichte sind in den Archiven früherer ostdeutscher Parteien, Universitäten und Behörden erhalten geblieben.
Besonders häufig meldeten Bürger geplante Republikfluchten, aber auch Devisenschmuggel, auffälligen Alkoholkonsum und außereheliche Liebesbeziehungen. Manchmal mit drastischen Konsequenzen: So konnte es zur Exmatrikulation führen, wenn über einen Studenten wiederholt ein fehlender „klarer Klassenstandpunkt“ gemeldet wurde.
Zahlreiche Auskunftswillige gab es auch unter den 2,1 Millionen DDR-„Hausbuchführern“, die unter anderem Besucher in Wohnblocks schriftlich vermerken mussten, ebenso unter den 173.000 „Freiwilligen Helfern“ der Volkspolizei. Ein besonders pikantes Detail: Auch Bewohner der Bundesrepublik riefen bei staatlichen Stellen der DDR an, um dort ostdeutsche Freunde oder Bekannte zu verraten. (© spiegel.de 04.07.2015)
Die Stasi überwachte Ostdeutschland systematisch. Neue Studien belegen nach SPIEGEL-Informationen zudem: DDR-Bürger gaben oft freiwillig Informationen über Freunde, Bekannte, Nachbarn weiter – manch ein Tipp kam aber auch aus dem Westen.
Bislang prägten die Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) der Staatssicherheit das Bild des ostdeutschen Überwachungsstaats. Doch nun haben Historiker Dokumente ausgewertet, aus denen hervorgeht, dass DDR-Bürger oft freiwillig Belastendes über ihre Mitmenschen in fast allen Bereichen meldeten. Dies dokumentieren etwa Tonbandmitschnitte der Volkspolizei, über die der SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe berichtet.
Die Historikerin Hedwig Richter von der Greifswalder Universität spricht von einer „fulminanten Rapportmaschinerie“, an der sich breite Teile der DDR-Bevölkerung beteiligt hätten, ohne direkt bei der Stasi mitzuarbeiten.
Ganz gleich, ob Rathaus, Stahlwerk oder LPG: „Jeder, der einen halbwegs verantwortungsvollen Posten hatte“, sagt Richter, „verfasste Berichte für übergeordnete Stellen.“ Viele dieser oft denunziatorischen Berichte sind in den Archiven früherer ostdeutscher Parteien, Universitäten und Behörden erhalten geblieben.
Besonders häufig meldeten Bürger geplante Republikfluchten, aber auch Devisenschmuggel, auffälligen Alkoholkonsum und außereheliche Liebesbeziehungen. Manchmal mit drastischen Konsequenzen: So konnte es zur Exmatrikulation führen, wenn über einen Studenten wiederholt ein fehlender „klarer Klassenstandpunkt“ gemeldet wurde.
Zahlreiche Auskunftswillige gab es auch unter den 2,1 Millionen DDR-„Hausbuchführern“, die unter anderem Besucher in Wohnblocks schriftlich vermerken mussten, ebenso unter den 173.000 „Freiwilligen Helfern“ der Volkspolizei. Ein besonders pikantes Detail: Auch Bewohner der Bundesrepublik riefen bei staatlichen Stellen der DDR an, um dort ostdeutsche Freunde oder Bekannte zu verraten. (© spiegel.de 04.07.2015)