Schüsse in Klosterfelde
Der Ablauf
31.12.1982, 11:30h, Klosterfelde
Der angebliche Attentäter Paul Eßling, von Beruf Ofensetzer, erscheint in seinem Haus, um zu telefonieren. Seine Mutter, die gerade das Essen vorbereitet hat, wundert sich nicht, dass er einfach mit seinem dunkelgrünen Lada 1300 davonfährt - Paul neigt nicht dazu, viel zu erklären.
31.12.1982, etwa zur gleichen Zeit, Liebermannstraße Berlin-Weißensee
Zwei Offiziere des Ministeriums für Staatssicherheit, beide um die 30 Jahre alt, steigen in einen Volvo 164 SE. Sie sind im "Sicherungsdienst der Verkehrspolizei im Rahmen des Personenschutzes Führender Repräsentanten von Partei und Regierung". Ihr Auftrag heute: Sie sollen die Fahrt Honeckers von der Waldsiedlung Wandlitz zum Jagdrevier in die Schorfheide begleiten.
31.12.1982, 13 Uhr, Waldsiedlung Wandlitz
Die Offiziere schließen sich pünktlich mit ihrem Volvo Honeckers Konvoi an. Zwei Citroe:ns (ein "Hauptwagen" mit dem SED-Chef an Bord und ein begleitender "Kommandowagen") fahren vorweg.
In Wandlitz biegt die Kolonne auf die F109 nach Norden, saust mit den üblichen 90 km/h durch den Ort und nähert sich einer Kreuzung.
Dann geht alles sehr schnell:
Aus Richtung Stolzenhagen schert Eßling mit seinem dunkelgrünen Lada unmittelbar vor dem "Hauptwagen" ein. Die Kolonne bremst stark ab, die Citroe:ns können dann aber den Lada problemlos überholen. Honecker ist also bereits außer Gefahr, als die Katastrophe ihren Lauf nimmt.
Die beiden Stasi-Offiziere im Volvo erhalten per Funk das Kommando, den "Verkehrsrowdy" zu stoppen. Sie schalten das Blaulicht ein und versuchen, Eßling zum Anhalten zu bewegen. Der gibt Gas und zieht mit 90 km/h davon. Im Volvo glaubt man, es mit einem Betrunkenen zu tun zu haben.
Hinter den ersten Häusern endet die Verfolgungsfahrt.
Ein entgegenkommender LKW, der wegen Blaulicht und Sirene anhält, versperrt dem Lada die Bahn.
Der Oberleutnant steigt aus, winkt den LKW weiter und geht auf Eßling zu: "Was soll denn das hier werden?"
Eßling, mittelgroß mit schwarzer Lederjacke, steht hinter der Fahrertür seines Wagens. Angeblich greift er nun urplötzlich unter seine Jacke zur Hüfte, zieht eine Pistole und eröffnet das Feuer auf die Offiziere.
Der Oberleutnant wird getroffen, sein Kollege im Volvo zieht erst jetzt die 9mm-Makarow und erwidert das Feuer, die Türscheibe des Lada splittert. Eßling hebt erneut die Waffe, richtet sie auf seine Schläfe und drückt ab.
31.12.1982, Klosterfelde, 13:10h
Eßling ist sofort tot, Anwohner und der LKW-Fahrer, der die Schüsse wegen des laufenden Motors nicht gehört haben will, kommen zum Tatort.
31.12.1982, MfS-Klinink
Berlin-Bruch, 14:00h
Der angeschossene Oberleutnant wird in der Klinik operiert. Der Lungendurchschuss saß drei Zentimeter über dem Herz, aus dem Rippenfellraum wurden 800ml Blut entfernt. Sein Zustand ist zunächst ernst, bessert sich dann aber schnell.
31.12.1982, Klosterfelde, 15:30h
Die Untersuchunskommission der Staatssicherheit trifft am Tatort ein.
Der Tote liegt noch immer unter einer Decke neben dem Lada. Die Leiche wird nach dem Abschluss der kriminaltechnischen Untersuchungen zunächst in den Hof des nächstgelegenen Hauses gebracht.
31.12.1982, Klosterfelde, abends
Die ersten Anwohner in Klosterfelde werden als Zeugen vernommen, die Leiche Paul Eßlings wird zur gerichtsmedizinischen Untersuchung abtransportiert.
01.01.1983, Klosterfelde, 2:30h
Paul Eßlings Sohn Ralf kehrt von einer Silvesterfeier zurück und erfährt vom Tod seines Vaters; auch seine Großmutter wird unterrichtet.
Weitere Details findet man hier:
https://meike-wulf.homepage.t-online.de ... entat.html
Eine sehr detaillierte Schilderung, die sicherlich auch wieder in Details bestritten wird, die aber an den Geschehnissen nichts ändern.