Vom Kriminellen zum Opfer- der Weg des ostdeutschen Josef Kneifel

Besondere Vorkommnisse in der Zeit des kalten Krieges

Re: Der Fall des ostdeutschen Dissidenten Josef Kneifel

Beitragvon augenzeuge » 10. Dezember 2014, 21:59

Wie siehst du die Äußerung des Herrn Scherch?

AZ
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Re: Der Fall des ostdeutschen Dissidenten Josef Kneifel

Beitragvon Merkur » 11. Dezember 2014, 17:14

augenzeuge hat geschrieben:Wie siehst du die Äußerung des Herrn Scherch?

AZ


Ich kann nur das erste Drittel des Artikels bewerten. Da halte ich den Artikel für polemisch und überzogen.
Es war in diesem Zusammenhang völlig egal, wo in der DDR dieser Anschlag verübt wurde, es hätten in jedem Fall umfangreiche Maßnahmen zur Ermittlung des Täters eingesetzt. Das hatte nichts mit dem Wahlkreis von Erich Honecker zu tun. Auch die angebliche Äußerung von E. Böttcher "Wir waren Tag und Nacht im Einsatz, so eine Fahndungsmaßnahme hat es in der DDR sonst nie gegeben" halte ich für unfachmännisch. Ich weiß, dass nach diversen Mördern wesentlich länger und intensiver gefahndet worden ist. Man betrachte sich nur den Kreuzworträtselfall als Beispiel.
Auch die Bemerkung, "systematisch wurden alle Anwohner rund um das Denkmal ausgehorcht und verhört (...)", ist doch billige Polemik. Heute würde man nichts anderes tun. Ganz normale Ermittlungstätigkeit. Schließlich war das kein Hühnerdiebstahl.
Das Kneifel gefährlich war, steht außer Frage. Allein, dass die Laufrolle 50 m weit flog und unschuldige Menschen gefährdet wurden, unterstreicht seine Skrupellosigkeit.
Und nach genau so einem Täter wurde gem. Täterhypothese gefahndet. (durchschnittliche bis hohe Intelligenz, zwischen 20 und 40 Jahren, galt in der Vergangenheit als fortschrittlich, hohe Risikobereitschaft, verfestige Einstellung gegen den Staat, möglicherweise Vorstrafen.....)
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Re: Der Fall des ostdeutschen Dissidenten Josef Kneifel

Beitragvon karnak » 11. Dezember 2014, 17:34

War dieser "Dissident" Josef Kneifel, der sich mal beim MfS BEWORBEN hat [flash] eigentlich nun ein Dissident, oder ein Mensch mit einer gespaltenen Persönlichkeit, um es mal freundlich auszudrücken? Hat ihn,zumindest in diesem konkreten Fall" das MfS mit seiner Drangsaliererei dazu gemacht,dass er hier einen Platz neben den Opfern verdient hat oder war er einfach nur krank? Kann und muss man dem DDR-System nicht eher ankreiden, dass er nicht eine medizinische Behandlung bekam?
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Re: Der Fall des ostdeutschen Dissidenten Josef Kneifel

Beitragvon augenzeuge » 11. Dezember 2014, 19:35

karnak hat geschrieben:War dieser "Dissident" Josef Kneifel, der sich mal beim MfS BEWORBEN hat [flash] eigentlich nun ein Dissident, oder ein Mensch mit einer gespaltenen Persönlichkeit, um es mal freundlich auszudrücken? Hat ihn,zumindest in diesem konkreten Fall" das MfS mit seiner Drangsaliererei dazu gemacht,dass er hier einen Platz neben den Opfern verdient hat oder war er einfach nur krank? Kann und muss man dem DDR-System nicht eher ankreiden, dass er nicht eine medizinische Behandlung bekam?


Vielleicht von allem etwas? Ganz klar ist das nicht. Ja, Karnak, wie wurde er zu dem Menschen, der nur den Ausweg in der Gewalt sah? Anfangs erschien er dem Staat ja doch als williger Helfer.

Letztlich wurde er zum Opfer, weil man ihn unfair im Knast behandelte. Vorher seh ich ihn nur als Kriminellen. Was im Knast passierte, dass man sein Ableben in Kauf nahm, war ein klarer Verstoß gegen die Menschenrechte. Die DDR war trotz eigener Vorgaben zur Behandlung Straffälliger nicht in der Lage hier eine faire Unterbringung zu gewährleisten. Er überlebte nur mit Glück.

Unterm Strich tat er nahezu das gleiche wie ein Mitglied der RAF. Nur mit anderen Vorzeichen. Und als Mitglied der RAF wäre er in der DDR anders behandelt worden. Das sollte man nicht übersehen.....

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Re: Der Fall des ostdeutschen Dissidenten Josef Kneifel

Beitragvon karnak » 11. Dezember 2014, 19:40

Ich gebe Dir recht wenn Du schreibst, er gehörte nicht in den Knast.
Nun konnte man in dieser DDR mit so vielen nicht umgehen [flash] , wie dann mit solch einem Charakter wie der Kneifel.
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Re: Der Fall des ostdeutschen Dissidenten Josef Kneifel

Beitragvon wibi » 11. Dezember 2014, 20:35

Hallo zusammen,ich kenne den Fall,oder besser gesagt,ich habe Anfang der 50 er Jahre in Hilbersdorf gewohnt,da gab es den Panzer dort noch nicht.Der Kneifel ist für mich ein Idiot damit kann man keine Unterstützer finden bzw den Staat nicht beseitigen.Wenn er die Stasizentrale auf den Kassberg in die Luft gejagt hätte,wäre das mehr Wert gewesen.Bloß da hätte es Menschenleben gekostet,was dann auch wieder fraglich ist.Kneifel hat bloß Glück gehabt,dass die Wende gekommen ist,denn den hätten die nie wieder heraus gelassen.Meine ehemaligen Schulkameraden haben mir nach der Wende erzählt.(An der Ecke Dresdner/Frankenberger Str ) standen damals noch so eine Art Reihenhäuser da sind so gut wie alle Fensterscheiben zu Bruch gegangen.In dieser Nacht hätte die Stasi alle verfügbaren Glaser in Chemnitz mobil gemacht damit am Morgen das Ausmaß nicht mehr zu sehen war.
Kneifel soll ja Vorträge halten bloß als Politischer ist der nun wirklich nicht zu werten.Bloß solche Aschl...gab es zur Genüge auch im Knast.
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Re: Der Fall des ostdeutschen Dissidenten Josef Kneifel

Beitragvon Merkur » 11. Dezember 2014, 20:53

wibi hat geschrieben:Kneifel soll ja Vorträge halten bloß als Politischer ist der nun wirklich nicht zu werten.Bloß solche Aschl...gab es zur Genüge auch im Knast.


Dann können die Moderatoren ja das Thema mal ändern und den Begriff Dissidenten durch Terroristen oder Kriminellen ersetzen.
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Re: Der Fall des ostdeutschen Dissidenten Josef Kneifel

Beitragvon wibi » 11. Dezember 2014, 21:06

Noch mal,das könnt Ihr machen wie Ihr wollt. Merkur die Schreibtischtäter müssen aber noch dazu genommen werden.Wie würdest Du Dich dann einschätzen ?
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Re: Der Fall des ostdeutschen Dissidenten Josef Kneifel

Beitragvon Merkur » 11. Dezember 2014, 21:09

wibi hat geschrieben:Noch mal,das könnt Ihr machen wie Ihr wollt. Merkur die Schreibtischtäter müssen aber noch dazu genommen werden.Wie würdest Du Dich dann einschätzen ?


Ich verstehe die Frage nicht.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Vom Kriminellen zum Opfer- der Weg des ostdeutschen Josef Kneifel

Beitragvon Sirius » 11. Dezember 2014, 21:31

karnak hat geschrieben:
Sirius hat geschrieben: Dabei verwendete sie aber eine eher primitive Bombe aus Gasflaschen, gefüllt mit einer Unkrautex-Zucker-Mischung, eine Mischung die in den achtziger Jahren auch viele Tausend Jugendliche kannten - wie man im Internet schon lesen konnte.

[flash] Ich z.B und das schon lange vor den 80 igern. Allerdings habe ich es nur verwendet um Knaller zu basteln und bengalisches Feuer. Man sparte sich das Anstellen zu Silvester um etwas von den knappen Feuerwerkskörpern abzubekommen. Ich habe also keine Bomben gebaut, nicht das ich noch das SEK ins Haus bekomme. [flash]
Um das zu erfahren brauchte man nur im Chemieunterricht etwas aufzupassen. Ich hatte mir noch ein Buch schenken lassen"Chemie selbst erlebt" da bekam man dann noch Zusatzinformationen. Unkrautex, ein Salz, Kaliumchlorat, im Gegensatz zum Chlorid mit einem zusätzlichen Sauerstoffatom versehen und das ziemlich instabil, also das Verbrennungsprinzip von Schwarzpulver, als Sprengstoff mit verheerender Wirkung wenig geeignet. Das Problem in der DDR, aus meiner damaligen Sicht, dieses Totalherbizid bekam man als Jugendlicher in der DDR nicht zu kaufen, die Verkäufer wussten was man plante und jagden einem aus dem Laden, habe einige male diese Erfahrung gemacht. [flash] Bin dann auf Kaliumpermanganat ausgewichen, man verwendete es eigentlich zu Gurgeln bei dicken Mandeln. Wie gesagt, mit etwas Mühe konnte man das alles auch in der DDR in Erfahrung bringen, auch ohne bei der Stasi zu sein oder als Terrorist agieren zu wollen. Die Sprengkraft ist übrigens gering, es geht da eher um den Knall. Im Westen oder als professionell arbeitender Geheimdienst wird man wohl andere Möglichkeiten gehabt haben um sich effizientere Mittel zu besorgen die für einen Terroranschlag wirklich geeignet sind. Ich glaube kaum das sich die"richtige" RAF, oder eine wie immer geartete"Rest-Stasi" mit solchen "Kinderspielzeug" abgegeben hat um terroristische Anschläge zu verüben.


Josef Kneifel hat für seine Bombe auch Unkrautex verwendet:

Er schleppt den in schwarzes Tuch gehüllten Sprengsatz zum Denkmal, klettert mit einem Leiterchen auf den Betonsockel, schiebt die Bombe unter die linke Panzerhälfte: eine Stickstoffflasche aus dickem Stahl, gefüllt mit elfeinhalb Kilo einer Mischung aus Unkrautvertilger, Puderzucker und anderen Zutaten, dazu drei Glühbirnen, ein Wecker, zehn Batterien.

http://stasiopfer.de/component/option,c ... 2/catid,4/


Als guter Explosivstoff erweist sich, wie die Stasi später protokolliert, eine Mixtur "bestehend aus dem Unkrautvertilgungsmittel ,Wegerein K'', aus Staubzucker und Schwefel".

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13682562.html




Zum rot markierten: Also wolltest Du damit als Jugendlicher auch herumexperimentieren. [flash]Im Osten hieß es "Wegerein", im Westen "Unkrautex". Die von Dir genannten Verkäufer waren verantwortungsbewusst. [wink] Denn es wurden bei den Experimenten damit immer wieder einige Jugendliche getötet, andere schwer verletzt und verstümmelt. Aus diesem Grund wurde Unkrautex irgendwann in den letzten 20 oder 25 Jahren aus dem Handel genommen; man kann es heute nicht mehr kaufen. Nach dem 11. September wäre es ohnehin aus dem Handel verschwunden. Im Westen konnte man in den achtziger Jahren als Jugendlicher Unkrautex überall in Baumärkten, Gartenmärkten u.s.w. problemlos kaufen. Ich war dabei, als ein Schulfreund ein paar Dosen bei Praktiker gekauft hatte; ich glaube ich auch. [grin] Einer der Schulfreunde hat sich vom Sperrmüll Küchenhocker mit Füßen aus Stahlrohren besorgt; die Füße abgetrennt, die eine Seite des Rohres umgebogen, ein kleines Loch reingebohrt, das Rohr mit der Mischung gefüllt und dann die andere Seite umgebogen. Der Versuch das Rohr mit einem Hammer zu verschließen, hätte böse enden können. Danach ging es in den nahe gelegenen Wald und das Rohr wurde an einem Baum befestigt. Dann mittels Zeitverzögerung aus einem größeren Abstand gezündet. Der Knall war extrem, in der Nähe lagen dann abgetrennte Äste und Blätter, das Rohr war aufgerissen und verbogen. Auch leere Marmeladengläser und ähnliches wurde von Jugendlichen gerne verwendet. Ein anderes Mal hat sich ein Schulfreund wieder in den Wald an einen abgelegenen Teich begeben. Ins Glas gab er Steine als Gewicht, dann die Mischung eingefüllt, dann ein sehr kleines Präparateglas mit Schwefelsäure (als Zünder) in der Mischung plaziert, das Glas verschlossen und an einem Bindfaden in den Teich in etwa zwei bis drei Meter Tiefe abgelassen und das Glas dann mittels dem Faden umgekippt, was eine Unterwasserexplosion mit Feuerball ergab. Eigentlich alles ziemlich leichtsinnig was Jugendliche damals so gemacht haben; aus damaliger Sicht auch wegen möglicher Glassplitter. Durch dieses Forum hier und das Grenzforum weiß ich erst heute, das sogar Gewehrkugeln 7,62 mm im Wasser nach ca. 2 bis 3 Metern so weit abgebremst werden, dass sie niemanden mehr töten oder schwer verletzen können. Es gab wegen einiger Grenzzwischenfälle im Wasser entsprechende Tests.
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Vom Kriminellen zum Opfer- der Weg des ostdeutschen Josef Kneifel

Beitragvon Sirius » 11. Dezember 2014, 22:04

Der Spiegel-Artikel über Josef Kneifel enthielt nicht alle Details zu dem Fall. In anderen Artikeln werden weitere Details genannt, z.B. das noch ein Freund an den Planungen beteiligt war, der dafür eine Haftstrafe von 12 Jahren erhielt. Wen weitere Details interessieren:

http://www.ksta.de/politik/der-sich-nic ... 94214.html

http://www.sz-online.de/nachrichten/lie ... 46515.html

http://stasiopfer.de/component/option,c ... 2/catid,4/
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Vom Kriminellen zum Opfer- der Weg des ostdeutschen Josef Kneifel

Beitragvon pentium » 11. Dezember 2014, 22:42

Zitat:
Im wiedervereinigten Deutschland wird Kneifels Geschichte oft publiziert. Manchmal lädt man ihn sogar zu Vorträgen ein. Doch bei aller Sympathie für das Aufbegehren gegen die kommunistischen Machthaber: Ein schaler Beigeschmack bleibt, denn leicht hätten bei dem Sprengstoffanschlag auch Menschen zu Schaden kommen können. Nur der Zufall verhinderte dies. Negative Schlagzeilen machte Joseph Kneifel zudem durch sein Engagement für die HNG, eine rechtspopulistische Gefangenenhilfsorganisation.
...
Das Panzerdenkmal indessen stand nach dem Anschlag möglicherweise unter permanenter Bewachung. Angeblich diente ein Türmchen auf dem nahen Polizeigebäude fortan als Beobachtungsstation.

Was Josef Kneifels spektakulärer Anschlag nicht erreicht hatte, die Beseitigung des Panzers, geschah schließlich ganz offiziell. 1991 wurde das „Denkmal“ entfernt. Schrottplatz oder unbekanntes Museum? Die weitere Geschichte des T 34 bleibt verborgen. Auf seinen ehemaligen Standort deutet inzwischen nichts mehr hin. Die Ecke Dresdner Straße / Frankenberger Straße präsentiert sich heute für Uneingeweihte wieder als ganz gewöhnliche Kreuzung.

http://suite101.de/article/bombenanschl ... IoN-HvVD6M



So sah der Panzer 1991 aus!

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Re: Vom Kriminellen zum Opfer- der Weg des ostdeutschen Josef Kneifel

Beitragvon Volker Zottmann » 11. Dezember 2014, 22:56

Die Thread-Überschrift ist jetzt passender gewählt.
Wer bewusst riskiert, dass Menschenleben in Gefahr kommen, ist in meinen Augen ein Terrorist. Das werden die Bewohner der Wohnhäuser mit den zerstörten Scheiben wohl ähnlich sehen. Der könnte wegen mir auch heute noch einsitzen. Es ist doch nur Zufall, dass keine Opfer beklagt werden mussten.

Gruß Volker
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Re: Vom Kriminellen zum Opfer- der Weg des ostdeutschen Josef Kneifel

Beitragvon augenzeuge » 12. Dezember 2014, 08:19

Volker Zottmann hat geschrieben:Die Thread-Überschrift ist jetzt passender gewählt.
Gruß Volker


Danke! [wink]

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Re: Vom Kriminellen zum Opfer- der Weg des ostdeutschen Josef Kneifel

Beitragvon Dr. 213 » 12. Dezember 2014, 16:55

Volker Zottmann hat geschrieben:Die Thread-Überschrift ist jetzt passender gewählt.
Wer bewusst riskiert, dass Menschenleben in Gefahr kommen, ist in meinen Augen ein Terrorist. Das werden die Bewohner der Wohnhäuser mit den zerstörten Scheiben wohl ähnlich sehen. Der könnte wegen mir auch heute noch einsitzen. Es ist doch nur Zufall, dass keine Opfer beklagt werden mussten.

Gruß Volker


Möglicherweise kann dir sogar der Panzersprenger da zustimmen.
Zitat: „weil ich wohl doch Menschen in Gefahr gebracht habe“, gibt er zu.
Ob es nur gedruckt wurde, damit es ein Happy- End in dem Zeitungs- Bericht gab,
daß ist ersteinmal unklar, Journalisten in der heutigen Zeit machen das mitunter.
Das muß man beim Zeitungslesen leider immer einkalkulieren.

Die Einstufung als Terrorist ist für mich nicht direkt passend. Ohne es 1:1 zu vergleichen:
Ein Graf Stauffenberg oder auch Fidel Castro haben ihren politische Ansichten ebenfalls
mit exothermen Reaktionen Nachdruck verliehen, mal rein technisch betrachtet.
Nicht unumstritten, gerade bei Stauffenberg kann man lange darüber diskutieren.

Ich sehe es wahrscheinlich auch deßhalb leicht anders, weil ich die Tat nachvollziehen kann.
Als ich 1985 meine Flucht vorbereitete, war ich drauf und dran, mir eine Makarov zu besorgen.
Ob ich sie dann eingepackt hätte, diese Frage hat sich später zum Glück dann nie gestellt.
Allerdings hatte ich bereits eine täuschend echte Atrappe mit Metall- Lauf gebastelt.
Zusammen mit der VoPo- Uniform und dem UFT 721, sah es schon wirklich sehr echt aus.
Also, ich war damals auch zu allerhand Blödsinn fähig und hielt vieles für absolut legitim.
Zum Glück mußte ich dafür nie in's Gefängnis, denn ich konnte rechtzeitig entkommen.
Wenn sie mich so eingesperrt und gequält hätten, ich weiß nicht, zu was ich im Hass alles fähig gewesen wäre.

Heute ist das anders, da bin ich geradezu ein Spießer.
Ich kümmere mich heute beruflich u.a. um die Überwachungstechnik in Gefängnissen.

Gruß
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Re: Vom Kriminellen zum Opfer- der Weg des ostdeutschen Josef Kneifel

Beitragvon Volker Zottmann » 12. Dezember 2014, 17:47

Nun Dr.213,
ich fasse den Begriff sicher etwas weiter als Du in Deinem Verständnis.
Terrorist kommt von Terror. Terror beginnt bei mir auch schon, wenn Gutverdiener durch ihren Streik völlig Unbeteiligten z.B. den sauer verdienten Urlaub vermiesen, weil diese dann weder Bahn noch Flieger nutzen können. Der einzige Unterschied ist nur, dass diese Berufsgruppen keine Gewalt gegen Andere unmittelbar ausüben.
Über die Panzersprengung wurde auch in unserem Sommerurlaub 1980 auf dem C26 in Mecklenburg gesprochen. Eine befreundete Familie kam aus Karl-Marx-Stadt und war indirekt betroffen durch die Absperrungen und Kripo/Stasimaßnahmen. Da war einige Tage dicht nebenan höllisches Halali. Über den Panzer erregten die sich nicht, aber doch über den Irren, der so viele Leben bedrohte.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Vom Kriminellen zum Opfer- der Weg des ostdeutschen Josef Kneifel

Beitragvon pentium » 9. März 2015, 09:28

Vor 35 Jahren

Dazu heute ein Beitrag in der Freien Presse

Er wollte den Sowjet-Panzer vom Sockel sprengen
Vor 35 Jahren: Denkmal in Karl-Marx-Stadt wird Ziel eines Anschlags

Was Kneifel trieb? Der über die Jahre gesteigerte Hass eines radikalisierten Einzelgängers auf die DDR und die Sowjetunion, der ihn zum erbitterten Antikommunisten werden ließ. Monatelang tappt die Staatssicherheit im Dunkeln, bis Kneifel durch das abgehörte Gespräch eines Geistlichen auffliegt. Verurteilt zu lebenslanger Haft, kommt er nach Bautzen und führt dort ungeachtet aller Schikanen Tag für Tag einen persönlichen, selbstzerstörerischen Krieg mit dem Gefängnispersonal. 1987, kurz vor Honeckers Besuch in der Bundesrepublik, darf er in den Westen ausreisen.

Nach 1989 wird er zeitweilig als Vorzeige-Opfer des Stalinismus gehandelt. Noch 2005 laden ihn TU, Stasi-Unterlagenbehörde und Landeszentrale für politische Bildung zu einem Vortrag nach Chemnitz ein. Kneifel bewegt sich zu dieser Zeit längst im rechtsextremen Milieu, wo er heute als "totalitärer Held" gilt. Der Panzer indes ging nach 1990 an ein Museum in Bayern.

quelle:
http://www.freiepresse.de/LOKALES/CHEMN ... 135594.php

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Re: Vom Kriminellen zum Opfer- der Weg des ostdeutschen Josef Kneifel

Beitragvon Grenzwolf62 » 9. März 2015, 11:01

Ich fand die Aktion die mein Bekannter durchgezogen hat besser, der stellte sich, nachdem seine Familie schon über 2 Jahre auf gepackten Koffern saß, 1987 mit einem fast mannshohem Schild auf den belebten Stollberger Marktplatz.
Stand drauf: "Lasst uns endlich raus aus dem Verbrecher-Staat", er stand immerhin ca. 10 Minuten und die Leute konnten sehen, aha, es gibt also durchaus auch andere Plakate wie die zum 1. Mai rumgetragen werden mussten.
Wegen öffentlicher Herabwürdigung hat er dann noch 2 1/2 Jahre verpasst bekommen, die Herabgewürdigte ist aber dann eher entschlummert als das er sie voll absitzen musste.
Alles wird, vielleicht, gut.
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