von pentium » 21. Juni 2023, 15:12
Das Nachwirken des 17. Juni
Der Dichter Heiner Müller erzählt in seinem Erinnerungsbuch eine Anekdote, die ein Licht auf die Denkweise von Ulbricht und auf seine Sicht auf den 17. Juni 1953 wirft: „Irgendwann traf ich in Ahrenshoop Jan Koplowitz, einen DDR-Schriftsteller, er erzählte mir, er habe Ulbricht getroffen, und der habe ihn gefragt: ‚Nu, Genosse Koplowitz, was schreibst'n jetzt?' Koplowitz war noch im ,Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller' gewesen und sagte: ‚Ich will jetzt ein Buch über den 17. Juni schreiben.' Da hat ihm Ulbricht erklärt, wie er das schreiben muss: ‚Nu, pass uff, das musste so schreiben. Da ist ein Funktionär, ja, und der hat Mist gebaut und muss in die Produktion, an die Basis. Und nu hat er weeche Hände, Macht macht weeche Hände, und kann nicht arbeeten, und nu moopt er.' Also eine Erklärung des 17. Juni aus der Schwierigkeit eines Funktionars, der an die Basis versetzt wird und nicht mehr so richtig körperlich arbeiten kann.“
Die Ergebnisse des 17. Juni wirkten sich traumatisch aus. Deshalb gehörte es zu den wichtigsten Sätzen, die 1989 von Mund zu Mund gingen, dass diesmal die sowjetischen Panzer in den Kasernen bleiben und nicht fahren werden.
Die sowjetischen Panzer standen am Anfang der DDR, sie sicherten sie ab, und als sie nicht mehr dazu bereit waren, verschwand die DDR.
Wir brauchen den Gedenktag des 17. Juni als Feiertag der Demokratie nötiger denn je.
b Dr. Klaus-Rüdiger Mai ist Schriftsteller und Publizist. Soeben erschien „Der kurze Sommer der Freiheit. Wie aus der DDR eine Diktatur wurde“ (Herder).www.herder.de
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
Anton Günther
Freundeskreis Schloss Hubertusburg e. V.
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