War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Besondere Vorkommnisse in der Zeit des kalten Krieges

Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon andr.k » 2. Februar 2019, 23:29

Interessierter hat geschrieben:Stadt Hohen Neuendorf: Der 17. Juni 1953 - Erinnern an einen Volksaufstand

Mit Standrechten, mit Bajonetten, mit Panzern, kann auf die Dauer ein Volk doch nicht niedergehalten werden.
Ernst Reuter, Reg. Bürgermeister von Berlin (West), 18. Juni 1953


Deutschland vor 50 Jahren, das war in der Bundesrepublik das beginnende Wirtschaftswunder mit Italien-Urlaub und VW-Käfer und jenseits des Eisernen Vorhangs die DDR, deren Staatsführung folgsam den Weisungen der Sowjetunion folgte. Die Ereignisse im Juni 1953 - zusammengefasst im 17. Juni 1953, Arbeiteraufstand in der DDR und in Ost-Berlin - begannen weitaus früher mit spontanen Arbeitsniederlegungen und Forderungen nach einer besseren Lebensqualität. Im Juli 1952 beschloss die SED auf ihrer II. Parteikonferenz den planmäßigen Aufbau des Sozialismus in ihrem Machtbereich und die Aufstellung von Nationalen Streitkräften der DDR. Der überhastete Aufbau der Schwerindustrie und die Militarisierung, Ende 1952 hatte die Kasernierte Volkspolizei bereits einen Mannschaftsbestand von rund 90 000 Mann, kostete Geld, sehr viel Geld und ging zu Lasten der Konsum-Industrie.



Das Buch "Die getarnte Armee" bzw. "Die Geschichte der Kasernierten Volkspolizei" von Diedrich und Wenzke, ist dir vor dem Einstellen deines Links nicht wirklich durch den Kopf gegangen, oder?
Man lebt ruhiger, wenn man nicht alles sagt, was man weiß, nicht alles glaubt, was man hört und über den Rest einfach nur lächelt.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 3. Februar 2019, 09:38

„Wir sollten Druck auf Arbeiter ausüben“

Joachim H. Rudek patroullierte im Juni 1953 als Wachoffizier der Volkspolizei See auf der Warnow.

Als Wachoffizier der Volkspolizei See (VP-See) erlebt der heute 78-jährige Joachim H. Rudek die Tage rund um den 17. Juni 1953 — vom Schiff aus im alten Werfthafen in Warnemünde. Bis heute hat sich seine Scham gehalten.

Schicke Uniform, gutes Essen und endlich raus aus dem kleinen Dorf Malchin. Genügend Argumente für Joachim Rudek, 1951 bei den Werbern der Seepolizei zu unterschreiben. „Ich war gerade 17, hatte eben meine Schlosserlehre hinter mich gebracht“, sagt Rudek. „Meine Aussichten? Nicht spektakulär. Vielleicht Arbeit in der Produktion.“ Also leistet er lieber Dienst am Volk. Eine Entscheidung, die Rudek im Juni 1953 das erste Mal in frage stellt.

Der entscheidende Moment: Als wütende Arbeiter der Neptunwerft die Besatzung des patrouillierenden Küstenschiffs (KS) wüst beschimpfen. Mit an Bord des KS 125 auch Maat Rudek, jüngster Wachoffizier der VP-See. „Mit unserer Präsenz sollten wir offenbar Druck auf die Streikenden ausüben“, zieht Rudek erst Monate, Jahre später Fazit. Als sich in Berlin die Fäuste gegen Ulbricht heben, ist Rudek ein unpolitischer Mann. Noch. „Mädchen und Tanzabende, das beschäftigte uns zu der Zeit.“ Rudeks überschaubare Welt vom militärischen Training an den Bordgeschützen vor Peenemünde, Landgängen und ersten Tändeleien in den Gastwirtschaften bekommt Risse, als im Frühjahr 1953 die Verpflegungsrationen reduziert werden.

Die Stimmung ist unruhig, verschlechtert sich enorm, als die Rückfahrkarte für VP-Angehörige gestrichen wird. Vorbei ist es mit den rabattierten Fahrten in die Heimat. „Es traf vor allem diejenigen, die im Norden stationiert waren, aber in Sachsen Familie hatten.“ Der Tod Josef Stalins am 5. März verschärft die Lage. Druck sei auf ihn und seine Kameraden ausgeübt worden. „Wir mussten uns verpflichten, so lange zu dienen, wie Partei und Staat uns brauchen“, sagt Rudek. Der junge Mann unterschreibt — unter Zwang. „So schlecht ist es mir damit nicht ergangen“, sagt er rückblickend.

„Später bin ich als Kommandeur gefahren.“ Rudeks Dienstzeit wird kurz darauf auf fünf Jahre reduziert. Ein Entgegenkommen auf Führungsseite. Ein schales Gefühl bleibt ihm.

Als seine Mannschaft am 17. Juni per Funk den Befehl erhält, in Peenemünde anzulanden, ahnt Rudek nichts von der revolutionären Lage in der Republik. „Unsere Schiffe sollten, anders als üblich, nicht gleichzeitig, sondern nacheinander einlaufen.“ Unerklärlich für die Truppe. Doch Fragen werden nicht gestellt, auch nicht beantwortet. Verpflegung und Munition sollen geladen werden. Der Landgang ist gestrichen. Entlang der Küste soll eine Bootskette gebildet werden. Rudeks Auftrag: alle auslaufenden Schiffe im Greifswalder Bodden zu kontrollieren. „In einem Schlauchboot mit zwei Matrosen habe ich Papiere der Schiffseigner geprüft.“ Ohne jedes Wissen, welche Papiere eigentlich hätten vorgelegt werden müssen. Rudek schüttelt den Kopf — damals wie heute. Die Besatzung ist verunsichert.

Abgeschieden auf dem Wasser. Radio? Fehlanzeige. Kontaktsperre wird verhängt. Ein Verbot, das die Funker unterlaufen. „Irgendetwas ist in Berlin passiert“, erfahren die Seeleute. Mehr nicht.

Was Rudek erst später einordnen kann: In den Wirren der Juni-Tage legt das Küstenschiff 131 in Warnemünde an. Die Verpflegung ist ausgegangen. Die Mannschaft mischt sich unter Einheimische, geht essen. Ahnungslos über den Ausnahmezustand, auch über das Verbot, an Land zu gehen. Bis Grenzsoldaten auftauchen. Der Streit ist folgenreich: Fäuste fliegen, es kommt zu bewaffneten Drohgebärden. Die Rote Armee greift ein. „Das Boot 131 muss Warnemünde verlassen“, erfährt Rudek. „Und wir waren der Ersatz.“ Das KS 125 wird nach Warnemünde befehligt, patrouilliert im alten Werfthafen. Es ist der 19. Juni. „Wir waren abgeschnitten.“ Ohne Augen, ohne Ohren für die Dinge, die in der Republik vor sich gehen. Selbst der Politoffizier auf dem KS tappt im Dunkeln.

„Die rechte Hand wusste nicht, was die linke macht. Keine Delegation der Stadt, keine Funktionäre, niemand kam, um uns aufzuklären. Wir wurden benutzt“, sagt Rudek. „Mit unserer Präsenz sollten wir offenbar Druck auf die Streikenden der Werft ausüben.“ Die reagieren. Mit Wut, Fassungslosigkeit. Schreie übers Wasser. „Was sollten wir tun?“ Hilflosigkeit. Ein Gefühl, das sich bis heute nicht gelegt hat. „Ich schäme mich“, flüstert er. Fast versöhnlich — eine Szene Tage später: Junge Mädchen tauchen auf, suchen den Kontakt zu den Seeleuten. „Erst von ihnen haben wir konkret von den Unruhen erfahren.“

Die Waffe ziehen gegen die Rostocker? „Niemals“, sagt er. „Das wäre mit uns nicht zu machen gewesen.“ Seine Kameraden sind Anfang 20, haben ähnliche Biografien. „Erzogen als Jungvolk 1944“, sagt Rudek bitter. „Das prägt.“

Rudek weigert sich, in die Partei einzutreten. Geht nach Berlin. Eckt immer wieder an. Erlebt Repressalien, kehrt 1976 nach Rostock zurück, lehrte an der Hochschule für Seefahrt in Warnemünde.

Scheuklappen lässt er sich nicht mehr aufsetzen. Den Einsatz im Juni — eine schmerzhafte Erinnerung. „Auch das gehört zu meiner Biografie.“

http://www.ostsee-zeitung.de/Mecklenbur ... r-ausueben

Schamgefühl, wie es Rudek empfand, kennen Teile der ehemaligen Vopos, die auch gegen andersdenkende Teile des eigenen Volkes als Handlanger der Stasi tätig wurden, bis heute nicht, wie nachlesbar ist.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Nov65 » 3. Februar 2019, 10:15

Warum soll jemand beim Einstellen eines Links auch gleich vielleicht anderslautende Bücher/Beiträge einstellen bzw. beachten?
@andr.k, das musst du uns mal erklären? Eine Gegendarstellung wäre doch was für dich. Der @Interessierte ist nicht MA irgendeiner Aufklärungsstelle.
Andreas
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 27. März 2019, 17:05

17. Juni 1953: Dieser Tag kostete ihn drei Jahre seines Lebens

Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953. Tausende Menschen ließ dass DDR-Regime verhaften. Jetzt wurden 846 Stasi-Fotos der Opfer entdeckt. Der Sensationsfund gibt dem Mut von damals ein Gesicht.

Ein Junge in T-Shirt und mit Elvis-Tolle, Frauen in schicken Sommerkleidern, Männer in Arbeitsjoppen, ein anderer im guten Anzug. Die Nachkriegsmode der 1950er Jahre. Wir sehen hier 17 Fotos von Berliner Frauen und Männern, die sich am 17. Juni 1953 aufgelehnt haben gegen das DDR-Regime, für Freiheit und Gerechtigkeit. 17 von insgesamt 846 Fotos, die jetzt im Stasi-Archiv entdeckt wurden. Ein Sensationsfund, der dem Mut von damals ein Gesicht gibt!

Bild
Hunderte Häftlinge wurden am 17. Juni 1953 in den Magerviehof getrieben und erlebten Scheinerschießungen. Jetzt wurden ihre Haftfotos bei der Jahn-Behörde entdeckt (Foto: mfs)

Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen zeigen Menschen, die damals verhaftet wurden und im ehemaligen Magerviehhof, einem Gelände nördlich der S-Bahnhofs Friedrichsfelde-Ost, festgesetzt wurden.

Bild
Jung und alt, Männer, Frauen, auch Kinder marschieren am 17. Juni 1953 durch das Brandenburger Tor. Die jetzt entdeckten Haftfotos zeigen deutlich, dass die Aufständischen aus allen Schichten der Bevölkerung kamen (Foto: ullstein bild)

„Die schlimmste Zeit meines Lebens“


Eines der Opfer aus diesem fast unbekannten Haftlager ist Hardy Firl aus Lichtenberg. Der heute 83-jährige musste für seine Teilnahme am Volksaufstand drei Jahre ins Gefängnis: „Es war die schlimmste Zeit in meinem Leben.“ Firl ist 1953 gerade 21 Jahre alt und arbeitet als Fahrer bei der Mitropa, dem Gastronomie-Unternehmen der Deutschen Reichsbahn. „Ich war mit so vielem in der DDR unzufrieden, da fuhr ich am 17. Juni zur Stalinallee und sah, die Straße war schwarz vor Menschen. Irgendjemand drückte mir die Stange eines Banners in die Hand.“

Die Aufschrift „Freie Wahlen!“ So marschiert der 21-Jährige in der ersten Reihe. An der Warschauer Straße sieht er ein Polizeiauto. Ein Uniformierter fordert die Massen per Lautsprecher-Anlage auf, nach Hause zu gehen. „Da wurde ich ganz mutig“, erinnert sich Firl. „Ich nahm dem Polizisten das Mikrofon weg und rief unsere Forderungen: ‚Weg mit der Volkspolizei‘, ‚Rücktritt der Regierung‘ und „Der Spitzbart muss weg‘.“ Gemeint war Walter Ulbricht. „Es gab viel Applaus.“

Firl beobachtet, wie ein Geschäft der DDR-Handels-Organisation HO angesteckt wird – die Menschen wollen Zeichen setzen gegen die allseits herrschende Mangelwirtschaft. „Ich selbst habe mich wie so viele andere an keiner dieser Aktionen beteiligt.“ Nach etwa fünf Stunden wird Firl mit dutzenden, vielleicht hunderten Aufständischen am Ostbahnhof von Vopos eingekesselt und auf Lastwagen getrieben. Sie wurden zum Armeegelände auf dem ehemaligen Viehhof gebracht.

Bild
[i]Hardy Firl arbeitete lange als Kraftfahrer für die Mitropa und das Centrum-Warenhaus auf dem Alex (Foto: Olaf Selchow)


„Und genau wie Vieh wurde wir in die Hallen getrieben. Sollten uns auf den Boden legen. Die Frauen rechts, die Männer links. Fünf Männer wurden ausgewählt, die sich mit dem Gesicht zur Wand stellen mussten. Auch ich.“ Hände hoch! Füße auseinander! „Hinter uns lagen Volkspolizisten mit Maschinengewehren im Anschlag. Ich dachte, gleich bin ich tot. Es war der entsetzlichste Moment meines Lebens.“ Eine Scheinerschießung: „Die Männer schossen wirklich – in die Decke.“ Durch Querschläger und Panik gibt es dabei Verletzte.

Noch am Abend beginnt für Firl eine Odyssee durch viele Berliner Haftanstalten. „Beim Verhör unterstellte mir ein Stasi-Vernehmer, dass ich im Auftrag der CIA, der Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit und der Westberliner Jugendorganisation ,Die Falken‘ gehandelt habe. Als ich das abstritt, schlug er mit einem Knüppel auf mich ein. Aus reiner Angst unterschrieb ich das Geständnis.“ Erpresste Geständnisse, wie es sie so oft gab in der Geschichte der DDR.

Prozess dauert nur 30 Minuten

Bei Firls 30-Minuten-Prozess am 30. Juni 1953 sind nur Vopo-Offiziere und SED-Genossen anwesend. Der zugewiesene Verteidiger sagt kein Wort. Firl weiß noch genau: „Als ich mein erzwungenes Geständnis widerrief, baute sich der Richter wie ein Gorilla vor mir auf und sagte: Unser Staat schlägt doch keine wehrlosen Menschen!“ Das Urteil steht: Wegen „Anstiftung zum Streik und Hetze gegen die DDR-Regierung“ wird er zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, die er in Rummelsburg absitzen muss.

„Auch dort war es sehr schlimm. Ich bekam eine Unterhose, eine Drillichhose, Jacke mit gelbem Streifen, Unterhemd, Käppi, Schüssel, Löffel, Holzpantinen und ein paar Socken. Dann wurde mir eine Glatze rasiert.“ Firl kommt in eine Zelle mit einem Kinderschänder, einem vermeintlich Wirtschaftskriminellen und einem Zeugen Jehovas.

„Es gab oft nur dünnen Eintopf, Weihnachten einmal Stolle, die war steinhart. Mein Vater, er war ein tausendprozentiger SED-Genosse und meine Mutter haben mich die ganze Zeit nicht besucht. Und als Politischer durfte ich nicht arbeiten. Weil ich mich tagsüber einmal auf das Bett gelegt hatte, kam ich in den Keller-Arrest.“ In den drei Jahren erhält er keine Zeitung, nur zwei Bücher: das kommunistische Heldendrama „Wie der Stahl gehärtet wurde“ und „Ewig rauschen die Wälder.“

1994 wird das Urteil gegen Firl als rechtsstaatswidrig aufgehoben, er wird rehabilitiert:

https://www.bz-berlin.de/berlin/17-juni ... nes-lebens
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 17. Juni 2019, 08:45

Berlin erinnert sich an den 17. Juni 1953

Am 17. Juni 1953 wurde der Volksaufstand in der DDR gewaltsam niedergeschlagen. Zahlreiche Orte in Berlin erinnern an den Tag. Heute finden Gedenkfeiern statt

https://www.tagesspiegel.de/berlin/gede ... 61550.html

Für mich persönlich ist dieser Taf immer noch ein Tag des Gedenkens an die mutigen Menschen, die damals schon überdeutlich zeigten, dass sie diese Diktatur nicht wollten!!
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Olaf Sch. » 17. Juni 2019, 09:52

nun ja, die Nomen Klatura wollte ihn schon. Kann man doch hier immer noch sehen.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Nostalgiker » 17. Juni 2019, 11:10

Was ist ein Taf?
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon zonenhasser » 18. Oktober 2019, 14:34

Interessierter hat geschrieben:Der bekannte Ex-Fluchthelfer, Arzt und Publizist Dr. Burghart Veigel (*1938), hat zum neuen Jahr der Bundes-Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur einen hohen Betrag gestiftet. Mit 20.000 Euro soll jeweils am 17. Juni, dem Gedenktag an den Aufstand in Mitteldeutschland von 1953, alljährlich ein Preis dotiert werden. Mit der Wahl des Datums wird in Erinnerung gerufen, das damals über eine Million Menschen ihren Protest gegen die kommunistische Herrschaft in der gesamten DDR auf die Straßen und Plätze trugen und das Ende der SED-Herrschaft, freie Wahlen und die Einheit Deutschlands forderten.


Herr Dr. Veigel trat beim diesjährigen Halle Forum am 17. 10. 19 auf. Er referierte über seine Fluchthelfer-Tätigkeit. DDR-Justizministerin Hilde Benjamin (die "blutige Hilde") hatte ihn auf eine Liste der zum Tode zu verurteilenden gesetzt. https://www.fluchthilfe.de/de/

Bild

Er wies auch auf seinen Roman "Frei" hin, den er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Roswitha Quadflieg, Tochter des Schauspielers Will Quadflieg und Schwester des Schauspielers Christian Quadflieg, geschrieben hat.

Bild
http://www.roswithaquadflieg.de/RQframeset.html

Rezension: https://www.deutschlandfunkkultur.de/ro ... _id=423026
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Ari@D187 » 19. Oktober 2019, 11:24

Die größte politische Auswirkung des 17. Juni war offenbar die (ungewollte) Verhinderung einer möglichen frühzeitigen (50er-Jahre) Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten.

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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon augenzeuge » 19. Oktober 2019, 13:37

Ari@D187 hat geschrieben:Die größte politische Auswirkung des 17. Juni war offenbar die (ungewollte) Verhinderung einer möglichen frühzeitigen (50er-Jahre) Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten.

Ari


Bring bitte mal ein paar fiktive Begründungen für diese mutige Behauptung.... [grins]

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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon zonenhasser » 19. Oktober 2019, 16:55

@Ari, eine der Grundforderungen der Aufständischen waren freie Wahlen. Die hätten - wie 1990 - immer Parteien gewonnen, die die Wiedervereinigung Deutschlands auf westlicher Basis anstrebten. Selbstverständlich mussten die Russen sowas schon im Ansatz ersticken. Aber eine große Auswirkung des 17. Juni 1953 war, dass Ulbricht an der Macht blieb. Denn die Stalin-Nachfolger wollten ihn absetzen, weil er zu eigenständig geworden war.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Ari@D187 » 19. Oktober 2019, 16:59

augenzeuge hat geschrieben:
Ari@D187 hat geschrieben:Die größte politische Auswirkung des 17. Juni war offenbar die (ungewollte) Verhinderung einer möglichen frühzeitigen (50er-Jahre) Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten.

Ari


Bring bitte mal ein paar fiktive Begründungen für diese mutige Behauptung.... [grins]

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Da hat letztens ein User einen diesbezüglichen Link eingestellt, jedoch offenbar selbst nicht gelesen. Nannte sich "augenzeuge" oder so:
-> Link

Aus dem Artikel:
Am Ende erreichten die Aufrührer das Gegenteil dessen, was sie gewollt hatten. Das macht die eigentliche Tragik des 17. Juni 1953 aus: Der schon abgehalfterte Ulbricht blieb an der Macht, der Liberalisierer Berija endete vor einem sowjetischen Exekutionskommando, eine vage Chance deutscher Wiedervereinigung war dahin.

Solche Zusammenhänge kommen freilich kaum ins Bild, wenn bundesdeutsche Sonntagsredner alljährlich am "Tag der deutschen Einheit" den 17.-Juni-Aufrührern ihre Reverenz erweisen - wie auch in dieser Woche, in der sich Staat, Parteien und Medien rüsten, des 30. Jahrestages der Erhebung zu gedenken.


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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Ari@D187 » 19. Oktober 2019, 17:07

zonenhasser hat geschrieben:@Ari, eine der Grundforderungen der Aufständischen waren freie Wahlen. Die hätten - wie 1990 - immer Parteien gewonnen, die die Wiedervereinigung Deutschlands auf westlicher Basis anstrebten. Selbstverständlich mussten die Russen sowas schon im Ansatz ersticken. Aber eine große Auswirkung des 17. Juni 1953 war, dass Ulbricht an der Macht blieb. Denn die Stalin-Nachfolger wollten ihn absetzen, weil er zu eigenständig geworden war.

Wir hatten das Thema ja letztens bereits:

zonenhasser hat geschrieben:Wenn die Russen die SED am 17. Juni 53 nicht 'rausgehauen hätten, wäre die DDR damals schon der Bundesrepublik Deutschland beigetreten.


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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon augenzeuge » 19. Oktober 2019, 17:56

Ari, ich hatte das natürlich gelesen. Aber dein Rückschluss ist m. E. unzulässig.

Weder Adenauer noch Dulles glaubten diesem angeblichem Wiedervereinigungsangebot der Sowjets. Wenn es ehrlich gemeint gewesen wäre, hätte es gerade nach dem 17.6.53 ein Angebot gegeben.

Ich denke, es wäre fatal gewesen, wenn man dem "bündnisfreien Deutschland" zugestimmt hätte, wenn es nicht mal von den Sowjets eine Zustimmung zu freien Wahlen gab. Was letztlich daraus geworden wäre, muss ich dir nicht erklären. [hallo]

Übrigens, spätestens am 18.2.54 war klar, dass es nicht klappte. Nach der Konferenz der Außenminister der vier Mächte in Berlin veröffentlichten die Sowjets eine Erklärung (25.3.54) zur Anerkennung der Souveränität der DDR. Zuvor hatten sie selbst freie Wahlen eines bündnisfreien Deutschlands abgelehnt.

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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Ari@D187 » 19. Oktober 2019, 18:06

augenzeuge hat geschrieben:Ari, ich hatte das natürlich gelesen. Aber dein Rückschluss ist m. E. unzulässig.

Weder Adenauer noch Dulles glaubten diesem angeblichem Wiedervereinigungsangebot der Sowjets. Wenn es ehrlich gemeint gewesen wäre, hätte es gerade nach dem 17.6.53 ein Angebot gegeben.

Ich denke, es wäre fatal gewesen, wenn man dem "bündnisfreien Deutschland" zugestimmt hätte, wenn es nicht mal von den Sowjets eine Zustimmung zu freien Wahlen gab. Was letztlich daraus geworden wäre, muss ich dir nicht erklären. [hallo]

AZ

War klar. [flash] Dann geh' ich halt wieder zurück auf Los:

augenzeuge hat geschrieben:
Ari@D187 hat geschrieben: und 1953 war noch lange nicht die Zeit für eine Wiedervereinigung gekommen.

Ari


Du maßt Dir an, das heute zu sagen. [...]


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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon augenzeuge » 19. Oktober 2019, 18:22

Ari@D187 hat geschrieben:War klar. [flash] Dann geh' ich halt wieder zurück auf Los:

Ari


Ok, Willst du 2000 Euro mitnehmen, dann geh übers Gefängnis. [laugh]
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Volker Zottmann » 19. Oktober 2019, 19:11

Mir persönlich hätte die Wiedervereinigung 1953 besser gefallen. Auch für den Weltfrieden!
Deutschland und Österreich absolut neutrale Zone, keine Wehrpflicht, kein eigenes Militär. Niemals Rüstungsexporte....
Was hätte da allein Erdogan getan? Unvorstellbar die Welt, wenn man sie so zu Ende gedacht hätte.

Gruß Volker
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Danny_1000 » 20. Oktober 2019, 08:16

Ari@D187 hat geschrieben:........-> Link
Ari


Sehr interessanter Artikel im SPIEGEL aus 1983. (Da war das Magazin noch sein Geld wert !).

Ich glaube, einer der Hauptgründe, warum die Russen den Aufstand niederschlugen war, das Deutschland Zitat: "nach der Zerschlagung des Hitler-Reiches nie wieder in die Lage kommen sollte, das sowjetische Vaterland mit Krieg zu überziehen." Zitatende.

Die Russen hatten ganz einfach die berechtigte Angst, dass eine Veränderung des Status Quo in Europa, knapp 8 Jahre nach Kriegsende , eine Entwicklung zu Ungunsten der Russen einleiten könnte. Denkt man den Aufstand und die Forderungen mal zu Ende, hätte aber genau das eintreten können.
Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben
dafür einsetzen, dass du es sagen darfst !
(Evelyn Beatrice Hall 1868; † nach 1939)
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon karnak » 20. Oktober 2019, 09:11

Volker Zottmann hat geschrieben:Mir persönlich hätte die Wiedervereinigung 1953 besser gefallen. Auch für den Weltfrieden!
Deutschland und Österreich absolut neutrale Zone, keine Wehrpflicht, kein eigenes Militär. Niemals Rüstungsexporte....
Was hätte da allein Erdogan getan? Unvorstellbar die Welt, wenn man sie so zu Ende gedacht hätte.

Gruß Volker

Zu Ende gedacht bedeutet, dass dieses Deutschland bestehend aus zwei Teilen und das Österreich dazu sowas von unbedeutend für diese Welt war und ist, dass es sich für diese fast gar nicht lohnt darüber nachzudenken. [flash] NICHTS hätte sich für diese Welt geändert. Dieses kleine Deutschland wäre ohne diese Rüstungexporte um einiges ökonomisch schwächer, Andere wären eingesprungen und damit ökonomisch potenter, Erdogan hätte seine Waffen dann bei denen gekauft und die Situation heute wäre die Gleiche . Das sind die Realitäten, alles andere naive, weltfremde Vorstellungen. Der Knackpunkt ist das vorherschende ökonomische System, und das ist nun mal wie es ist , darauf wiederum fußt die Gestaltung der Welt l
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Volker Zottmann » 20. Oktober 2019, 10:10

Schau Dir mal San Marino in Deiner Schweinestall-Nachbarschaft an. Wie gut es sich lebt, in einer neutralen und gleichzeitig ältesten Demokratie dieses Erdballs.. Oder nimm die Schweiz. Neutral beschert also keinen Frieden für die Bevölkerung?

Gruß Volker
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon karnak » 20. Oktober 2019, 10:23

Sind aber nun mal alles Länder die ihr "glückliches Leben" über Hehlerei und Geldwäsche für die finanzieren die Du austrocknen willst, also Mittäter ohne die des" Teufels Werk" nicht betrieben werden könnte. Ich befürchte fast auch da sitzt Du einer Illusion auf. Es nützt nun mal alles nichts, das Übel ist nur mit der Wurzel auszurotten, heißt es müsste an die Säulen des Systems gehen, aber dann wärst Du sehr schnell der Staatsfeind Nr.1 [hallo]
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Volker Zottmann » 20. Oktober 2019, 10:28

Fang jetzt bloß keine Revolution an. [laugh]
Mein Gedanke wäre aber vermutlich für das deutsche Volk als Ganzes besser gewesen.

Gruß Volker
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon augenzeuge » 20. Oktober 2019, 11:01

Danny_1000 hat geschrieben:Sehr interessanter Artikel im SPIEGEL aus 1983. (Da war das Magazin noch sein Geld wert !).



Danke. Aber das ist er auch heute wieder.

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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon zonenhasser » 20. Oktober 2019, 11:07

Volker Zottmann hat geschrieben:Mein Gedanke wäre aber vermutlich für das deutsche Volk als Ganzes besser gewesen.

Die Gedanken sind frei. Die Realitäten wurden durch Realpolitiker wie Conny Adenauer geschaffen, der auf strikte Westbindung setzte - und auf der anderen Seite die Russen. Erst als denen die Kraft ausging, waren sie bereit, ihren Teil Deutschlands zu opfern und so die Forderungen des 17. Juni 1953 zu erfüllen.Bild
Die “Rote Fahne” schrieb noch “wir werden siegen”, da hatte ich mein Geld schon in der Schweiz.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon zonenhasser » 20. Oktober 2019, 11:18

augenzeuge hat geschrieben:
Danny_1000 hat geschrieben:Sehr interessanter Artikel im SPIEGEL aus 1983. (Da war das Magazin noch sein Geld wert !).

Danke. Aber das ist er auch heute wieder.
Muss nicht sein:
https://vk.com/wsnws/DerSpiegel
VK ist das russische Pendant zu Facebook. Hier der allgemeine Link: https://vk.com/wsnws
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon augenzeuge » 20. Oktober 2019, 11:21

Wow, kannte ich nicht. [shocked]

AZ
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 20. Oktober 2019, 11:58

Bild

Solche Dackel soll es trotz Wende ja auch heute noch geben.... [laugh]
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Volker Zottmann » 20. Oktober 2019, 12:15

Interessierter hat geschrieben:
Solche Dackel soll es trotz Wende ja auch heute noch geben.... [laugh]

Ja, Dackelitis Holsteinis [grins]

Gruß Volker
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon zonenhasser » 20. Oktober 2019, 12:17

zonenhasser hat geschrieben:
Herr Dr. Veigel trat beim diesjährigen Halle Forum am 17. 10. 19 auf. Er referierte über seine Fluchthelfer-Tätigkeit. DDR-Justizministerin Hilde Benjamin (die "blutige Hilde") hatte ihn auf eine Liste der zum Tode zu verurteilenden gesetzt. https://www.fluchthilfe.de/de/

Bild


Heute 13.30 Uhr DLF-"Zwischentöne" https://www.deutschlandfunk.de/musik-un ... _id=457667

Musik und Fragen zur PersonDer Arzt und Fluchthelfer Burkhart Veigel

Hunderten von Menschen hat er zur Freiheit verholfen: Burkhart Veigel war einer der erfolgreichsten bundesdeutschen Fluchthelfer nach dem Mauerbau.

Im Gespräch mit Joachim Scholl
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 8. Februar 2020, 08:55

50.000 fordern freie Wahlen - Der 17. Juni 1953 in Bitterfeld

Der 15-jährige Oberschüler Klaus Staeck – später ein bekannter Graphiker, linker Kritiker der politischen Entwicklung in der Bundesrepublik und ehemaliger Präsident der Akademie der Künste in Berlin – verbringt den Vormittag des 17. Juni in der Schule. Er berichtet: „Irgendjemand sagte plötzlich: `Draußen wird gestreikt.´ Da wollte natürlich keiner mehr in der Schule bleiben. Der Lehrer weigerte sich, uns rauszulassen. Wir hatten aber einen Klassenraum, der so lag, dass man problemlos aus dem Fenster steigen konnte. Einer hat schließlich das Fenster aufgemacht, und fast die ganze Klasse [...] ist auf die Straße gesprungen und sofort auf die Binnengartenwiesen geeilt. Dort war schon eine Riesenkundgebung im Gange.“ (Bildergalerie)

Im Laufe des Tages versammeln sich auf dem zentralen Platz der Jugend und den nahe gelegenen Binnengartenwiesen etwa 30.000 bis 50.000 Menschen – mehr als Bitterfeld Einwohner zählt. Viele der Demonstranten kommen aus den großen Betrieben der Umgebung, wie zum Beispiel aus dem Agfa-Filmwerk in Wolfen.

In Bitterfeld strömen die Massen zusammen

Während der Versammlung verliest der Lehrer Wilhelm Fiebelkorn ein Telegramm an die Regierung der DDR. Darin werden der Rücktritt der Regierung, freie Wahlen innerhalb der nächsten vier Monate, Aufhebung der Grenzsperren, Freilassung der politischen Gefangenen, Abschaffung der Volksarmee und die Zulassung demokratischer Parteien gefordert.

Die Menge singt mehrmals die dritte Strophe des Deutschlandlieds. Dann beginnt der Sturm auf die Zentralen der Staatsmacht: Unter anderem werden die Gebäude der Stadtverwaltung und der Volkspolizei besetzt.

Klaus Staeck berichtet: „In der Nähe unserer Wohnung befand sich die SED-Kreisleitung. Alles, was sich in dem Gebäude befand, wurde auf die Straße geworfen – ein Stalin-Kopf, diverse Möbel und ganze Aktenberge. [...] Noch eine andere, gespenstische Schilderung verbinde ich mit dem 17. Juni. Eine Erzählung ging an diesem Tag wie ein Lauffeuer durch die Stadt: Schräg gegenüber des Bahnhofs gab es ein Gebäude, von dem niemand wusste, was sich darin abspielte. Nach Auskunft von Augenzeugen wurde es gestürmt. Zum Vorschein sei ein unterirdisches Stasi-Gefängnis gekommen. Dort hätten die Gefangenen, so wurde erzählt, bis zu den Knien im Wasser stehen müssen. [...] Bei der Erstürmung des Gebäudes sei kein Gefangener mehr anzutreffen gewesen, sie waren wohl vorher abtransportiert worden. Die grausame Geschichte verbreitete jedenfalls Angst und Schrecken. Als ich selbst in das Haus gehen wollte, kam man nicht mehr rein.“

Schüler sprechen mit Sowjetsoldaten

Gegen 17 Uhr rücken sowjetische Truppen in Bitterfeld ein. Die Schüler, unter ihnen Klaus Staeck, nehmen all ihre Russischkenntnisse zusammen, um einigen Soldaten klarzumachen, dass sich das Volk erhoben hat. Doch die Russen kennen nur eine Antwort: „Faschisten!“. Ihnen ist eingebläut worden, die Faschisten steckten hinter den Unruhen und versuchten, die Macht wieder zu ergreifen. Die Soldaten sind von der Notwendigkeit überzeugt, einen faschistischen Aufstand niederschlagen zu müssen.

Für den 15-jährigen Oberschüler Klaus Staeck geht spätestens mit diesem Tag jede Illusion über die DDR verloren. Die Entscheidung für die Flucht in den Westen hat er zwar schon früher gefällt, aber der 17. Juni bekräftigt seinen Entschluss. Klaus Staeck macht noch das Abitur in Bitterfeld. Dann fährt er mit einem Zug ohne Rückfahrkarte nach West-Berlin, um dort sein Studium zu beginnen. Ein Staat, der sich nur mit blanker Gewalt gegen seine Bürger an der Macht halten kann, ist für ihn weder zu diesem Zeitpunkt noch irgendwann später eine Alternative zur demokratischen Verfassung der Bundesrepublik.

Fotos dazu findet man hier:
https://www.jugendopposition.de/themen/ ... bitterfeld
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