Es waren zwei sonderbare Todesfälle: Im Mai 1971 wurde in einem Waldstück nahe der Politbüro-Siedlung in Wandlitz die Leiche einer jungen Frau gefunden. Der Mörder hatte Renate Mischner, 30, wie im Rausch getötet: Erst einen Schuß in den Hinterkopf, dann Schläge mit einem Beil, schließlich würgte er die Sterbende auch noch. Die Öffentlichkeit wurde in dem Glauben gelassen, der Täter sei nie ermittelt worden.
Von einem Tag auf den anderen verschwand auch der Mann der Toten, Wolfgang Mischner, 33. Ein Medizinalrat Günther Schneider aus Leipzig erklärte 16 Monate später den zweifachen Familienvater für tot. Mischner, so heißt es im Totenschein, sei an »Hypertonie mit cerebraler Beteiligung« und »Diabetes mellitus« verstorben - den bis dahin Kerngesunden sollen überraschend Zuckerkrankheit und Bluthochdruck dahingerafft haben. Und natürlich: Als der Prozeß im Mai 1972 vor dem Militärstrafsenat des Obersten Gerichts der DDR begann, stand das Urteil längst fest.
Die beiden Söhne, damals gerade zehn und sechs Jahre alt, kamen in ein Heim in Eisenhüttenstadt. Die Erzieher erklärten ihnen, ihre Eltern seien bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.
Jetzt, fast drei Jahrzehnte danach, interessiert sich die Justiz für die vergilbten Aktenstücke. Die Staatsanwaltschaft Berlin geht dem Verdacht nach, daß die offiziellen Versionen Lügen sind. Sie sucht nun nach der Wahrheit über den Tod von Renate und Wolfgang Mischner.
Fest steht bisher: Der Mörder von Renate Mischner war ihr eigener Mann, ein hochdekorierter Oberleutnant der Stasi. Und Wolfgang Mischner starb keines natürlichen Todes - er wurde hingerichtet. In der Haftanstalt Leipzig wartete am 29. September 1972 der Henker hinter der Tür der Todeszelle und schoß ihm mit einer Pistole in den Hinterkopf.
Was auf den ersten Blick wie eine Beziehungstat aussieht, ist womöglich mehr: ein Krimi aus den Zeiten des Kalten Krieges.
Die Stasi behauptete bis zuletzt, Mischner wäre ein BND Agent gewesen. Doch der kannte den Mann gar nicht. Zumindest sagt er das....seltsamerweise bis heute.
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https://www.spiegel.de/politik/krimi-au ... 0013470384
AZ