Stasi-Langfinger auf der Leipziger Messe

Alles zum Thema Geheimdienste und Sicherheit in der DDR und in der BRD

Stasi-Langfinger auf der Leipziger Messe

Beitragvon Interessierter » 4. Januar 2022, 12:11

Mafiöse Strukturen bei der Stasi

Im März 1985 kommt es in Magdeburg zu einem ungewöhnlichen Polizeieinsatz. Ein Hauptmann der Stasi wird festgenommen. Der Offizier, seit den 70er-Jahren regelmäßig auf der Leipziger Messe im Einsatz, soll mit gefälschten Schecks eingekauft haben. Nun droht dem zweifachen Familienvater eine lange Haftstrafe. Bei seiner Vernehmung überrascht er mit einem bahnbrechendem Geständnis: die jahrelang gesuchte Diebesbande der Leipziger Messe stammt aus den Reihen der Stasi.

Der Stasi-Hauptmann will seine Haut retten und lässt alles auffliegen. Er selbst, so gesteht er, ist seit Jahren Mitglied der Bande. Seine Aufgabe: als Organisator der Dienstpläne dafür sorgen, dass die Bandenmitglieder möglichst außerhalb der Öffnungszeiten der Messe eingesetzt werden - um ungestört stehlen können. Über ein Dutzend Stasi-Mitarbeiter, die eigentlich zur Sicherung der Messehäuser eingesetzt sind, stehlen in der Nachtschicht alles, was der gemeine DDR-Bürger begehrt.

Stasi ermittelt gegen Diebe in eigenen Reihen

Durch sein Geständnis ist die Sache mit den gefälschten Schecks für den Hauptmann vom Tisch, der Stasi geht es nun ausschließlich um die Diebe in den eigenen Reihen. Seine eigentlichen Kollegen sind nun seine Vernehmer - und die wollen alle Details wissen. Jetzt erlebt der Stasi-Hauptmann selbst, was es heißt, von der Staatssicherheit vernommen zu werden. Seine Wohnung wird nach Beweisen durchsucht und auch seine Familie unter Druck gesetzt.

Da sind zehn bis fünfzehn Mann mit Maschinenpistolen in die Wohnung, das war schon heftig. Alles wurde durchsucht. Für meine Mama war die Zeit sehr, sehr schwer, das muss man ganz ehrlich sagen.
Ralf H. Sohn des Haupttäters


Sozialistische Bruderhilfe der besonderen Art

Der Druck und die Verhöre zeigen Wirkung. Innerhalb kürzester Zeit nimmt die Stasi 17 eigene Mitarbeiter aus verschiedenen Bezirksverwaltungen fest. Sie werden in einer MfS-Außenstelle nahe Magdeburg inhaftiert und einzeln vernommen. Alle packen aus, hoffen auf milde Strafen. So klärt sich schnell auf, wie es eigentlich zu den Diebeszügen auf der Leipziger Messe kam.

Der Auslöser war eigentlich, dass sowjetische Genossen auf uns zukamen und bestimmte Sachen haben wollten. Und leider kam dann der Gedanke auf, wenn du für die was besorgen sollst, warum kannst du dir eigentlich nicht selber für den Eigenbedarf etwas nehmen.

ehemaliger Stasi-Hauptmann

Ein Generalschlüssel ermöglicht nachts den uneingeschränkten Zugang zu den Messeständen. Der eigentliche Auftrag der Stasi-Leute besteht - neben üblichen Kontrollgängen zur Objektsicherung - vornehmlich darin, an westlichen Messeständen eventuell Unterlagen zu sichten und zu sichern, die für die Volkswirtschaft der DDR von Bedeutung sein könnten. Doch statt subtile Wirtschaftsspionage zu betreiben, lassen die MfS-Leute alles mitgehen, was man im DDR-Alltag gut gebrauchen kann. Im Morgengrauen wird das Diebesgut in die eigenen PKW gepackt und nach Hause transportiert.

Die Stasi: Staat im Staat

Minutiös bringen die Ermittlungen ans Tageslicht, wer was wann und wie in die eigene Tasche gesteckt hat. Und die Ermittler erkennen, warum sie bislang bei der Tätersuche immer im Dunkeln tappten. Die Stasi war gewissermaßen über ihre eigenen Machtstrukturen gestolpert. Sie hatte nämlich die Hoheit über alle anderen Institutionen im Sicherheitsapparat der DDR, also auch über die Polizei.

Historiker Goll dazu: "Die Staatssicherheit hat die anderen Sicherheitseinrichtungen mit koordiniert und hat die Einsatzpläne entwickelt und war, wenn man so will, Herr der Dinge und konnte dementsprechend auch verhindern, das Dinge bekannt wurden, die sie selbst betrafen."

Mielke kümmert sich persönlich

Und das gilt auch, nachdem die Stasi-Diebesbande enttarnt war. Offizielle Ermittlungen oder gar einen Gerichtsprozess gegen die Beteiligten wird es nicht geben. Denn was in der DDR nicht offiziell ist, gibt es auch nicht. Erich Mielke nimmt sich der Sache an und alles wird intern geklärt. Alle Beteiligten werden zu absoluter Geheimhaltung verpflichtet. Zu groß ist die Angst der Funktionäre vor einem öffentlichen Skandal. In der Stasi-Zentrale in der Berliner Normannenstraße wird schließlich entschieden: Für die Messeräuber gibt es lediglich Verweise und Versetzungen. Auf Haftstrafen wird verzichtet, nur der Haupttäter muss die Stasi verlassen. Wie hoch letztlich der Schaden war, ist bis heute nicht bekannt. Die Akten der BStU enthalten dazu keine Angaben.

https://www.mdr.de/geschichte/ddr/diebe ... i-100.html

Und das war kein Einzelfall. Ich erinnere an die Vorfälle an karnaks GÜST von denen er nichts wußte.
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Re: Stasi-Langfinger auf der Leipziger Messe

Beitragvon augenzeuge » 4. Januar 2022, 12:22

Wieder ein Artikel für Merkur. [flash]
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Re: Stasi-Langfinger auf der Leipziger Messe

Beitragvon pentium » 4. Januar 2022, 12:27

augenzeuge hat geschrieben:Wieder ein Artikel für Merkur. [flash]
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Hatten wir schon!

Stasimitarbeiter auf Diebestour

Beitragvon augenzeuge » 19. November 2020, 12:12
Stasi auf Diebestour

Auf der Leipziger Messe verschwinden zunehmend immer mehr Produkte aus vielen Staaten.
Der Zufall hilft. Ein Stasihauptmann wird festgenommen. Hatte mit gefälschten Schecks eingekauft. Bei der Vernehmung überrascht er mit einem weiteren Geständnis und verrät die organisierte Stasibande.
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
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Re: Stasi-Langfinger auf der Leipziger Messe

Beitragvon augenzeuge » 4. Januar 2022, 13:22

Er meinte es sicher gut...für den Merkur. [laugh]
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Re: Stasi-Langfinger auf der Leipziger Messe

Beitragvon Interessierter » 4. Januar 2022, 15:49

pentium » 4. Jan 2022, 12:27

augenzeuge hat geschrieben:
Wieder ein Artikel für Merkur. [flash]
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Hatten wir schon!


@pentium:
Seltsam, dass du es fast immer nur bei meinen Beiträgen bemerkst und als ein anderer User vor einiger Zeit hintereinander drei Beiträge eingestellt hat, die wir auch schon hatten, ist dir das natürlich nicht aufgefallen.
Bei dieser Gelegenheit passend fällt dir auch nicht auf, dass ich schon wochenlang fast täglich, ohne dass ich ihn erwähne, persönlich von einem User angegriffen und beleidigt werde.

Obwohl das auch ein Sachse ist, weckt das pauschal keine Aversionen gegen Sachsen in mir.

Ich werde aber trotzdem weiterhin mit großer Freude und Begeisterung hier weiter schreiben, da ich mir sicher bin, dass viele Gäste und User hier sehr gerne lesen.

[hallo]

Um wieder zum eigentlichen Thema zu kommen, kann es doch niemanden erstaunen, dass die Stasigenossen klauten wie die Raben. Sie machten es doch nur der SED und den Kommunisten nach. Diese klauten doch nicht nur Kunstwerke, sondern auch den Bauern ihr Land, den Unternehmern ihre Betriebe und grenznah lebenden Menschen ihr Zuhause.
Ganz zu schweigen von Reise-, Meinungsfreiheit und vielen anderen Dingen. Das ganze Regime war überwiegend eine Ganoven- und Verbrechertruppe, wie rechtskräftige Urteile bewiesen haben. Sogar bis hin zum Doppelmörder.


Pfui Deibel
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Re: Stasi-Langfinger auf der Leipziger Messe

Beitragvon Nostalgiker » 4. Januar 2022, 16:18

Die Unschuld vom Lande sprach .........
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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