Spionage: Die Schatten der Vergangenheit

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Spionage: Die Schatten der Vergangenheit

Beitragvon Interessierter » 10. Juli 2021, 10:39

Der Verrat, das Schweigen, die Hintergründe – erst nach über 50 Jahren kommt das geheime Doppelleben der Familie Brauns zur Sprache.

An jenen Tag, als sich sein Leben „mit einem Schlag änderte“, kann sich Rainer Brauns noch sehr genau erinnern: Es ist Freitag, der 26. Februar 1965. Vor dem Elternhaus in Berlin-Blankenburg stehen drei fremde Autos. Als der ausgelernte Maschinenbauschlosser mit dem Gesellenbrief in der Hand nach Hause kommt, nieselt es. Die Haustür ist verschlossen. Er klopft. Ein Fremder im dunkelblauen Anzug öffnet ihm. „Herr Brauns, ich muss Sie darüber informieren: Ihre Eltern sind inhaftiert worden wegen Agententätigkeit. Richten Sie sich bitte darauf ein, dass Sie sie eine lange Zeit nicht wiedersehen können und werden. Rückfragen haben jetzt keinen Sinn.“ Während der oberste Vernehmer am Schreibtisch seines Vaters sitzt, wird der 20-Jährige immer wieder von Mitarbeitern der Staatssicherheit (Stasi) befragt. Danach darf er auf sein Zimmer zurück, das Haus aber nicht verlassen oder Kontakt zur Familie aufnehmen.

Einiges sei inzwischen verblasst, sagt Rainer Brauns. Der heute 74-Jährige sitzt am Tisch seines Arbeitszimmers in Berlin-Wilhelmsruh und geht innerlich mehrere Jahrzehnte zurück. Das geheime Doppelleben seiner Eltern aufzuarbeiten, fällt ihm schwer – er ist immer noch auf der Suche nach Antworten. In seiner ungewöhnlichen Familiengeschichte werden die Eltern vom DDR-Staat als feindliche Spione enttarnt. Margarete Brauns wird zuhause in Ost-Berlin festgenommen, ihren Mann Erich fängt die Stasi auf dem Weg zur Arbeit ab. Das Ehepaar hatte im Auftrag des westdeutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) spioniert.

Düstere Vorahnungen

Rainer Brauns wusste bis dahin nicht, dass es in seiner Familie BND-Spitzel gab. Manches habe er aber schon als Kind geahnt, weil er sich „über die Dinge im Alltag wunderte“, sagt er. Auch darüber, wie Pakete zu ihnen kamen, sie besaßen den ersten Fernseher in der Straße, ein Auto, der Vater bekam eine teure Uhr. „Ich habe mich dann gefragt: Wie wird das eigentlich finanziert?“

Der Junge wagte nicht, nachzuhaken. Sein Vater war eine Autoritätsperson und zog sich oft zum Arbeiten an den Schreibtisch zurück. Warum er sich auf die Spitzeleien einließ, bleibt für Rainer Brauns bis heute ein Rätsel:

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BND-Spion Erich Brauns in den 1950er Jahren. Foto: Privates Fotoarchiv Rainer Brauns

„Es passt nicht zu ihm, so wie ich ihn kennengelernt habe. Er war immer fleißig, arbeitsam, gründlich, gewissenhaft.“ Habe der Ingenieur mal nicht am Schreibtisch gesessen, sei er mit Gartenarbeit beschäftigt gewesen. Spionage war eher etwas für seine staatsfeindliche Mutter – „eine sehr intelligente Frau“, resümiert Brauns, mit der sich schwer über Politik diskutieren ließ. „Sie war keine Freundin der DDR. So bin ich auch erzogen worden. Als ich bei den Pionieren eintreten wollte, sagte sie nur: Was willst du in dem Verein.

Mein Vater hat der DDR einen Schaden in Millionenhöhe angerichtet.

Ab 1956 lieferte Erich Brauns gegen Geld Informationen. „Mein Vater hat der DDR einen Schaden in Millionenhöhe angerichtet“, betont Rainer Brauns. Nötig gehabt hätte der Abteilungsleiter das Spionieren wohl nicht. Er sei kein Genosse gewesen, verdiente „ganz DDR-untypisch gutes Geld“.

Margarete Brauns muss ihren Mann zur Spionage „überredet“ haben, ist sich Rainer Brauns sicher. Damals war er elf, sein Bruder neun Jahre alt. Das Ehepaar riskierte, ihre Kinder zu verlieren – solche Geschäfte hätten sie ausschlagen müssen, wirft Brauns seinen verstorbenen Eltern vor. „Mein Bruder und ich wären damals bei einer Verurteilung ins Waisenhaus gekommen.“

Die hochinteressante Geschichte geht hier weiter:
http://einland.net/2019/11/09/spionage/
Interessierter
 

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