Bürgerkomitee ohne Opposition?
Zur Vorgeschichte
Die Schweriner zogen anläßlich ihrer wöchentlichen Montagsdemonstrationen erstmals am 27. November 1989 zum Sitz der ehemaligen MfS-Bezirksverwaltung am Demmlerplatz. Sie war 10 Tage zuvor zum Bezirksamt für Nationale Sicherheit umgewandelt worden. Laut Lagefilm des Zentralen Operativstabes des Amtes für Nationale Sicherheit in Ostberlin meldete das Schweriner Bezirksamt:
„Genehmigte Kundgebung des ‚Neuen Forums’ auf dem alten Garten mit ca. 6.000 Teilnehmern von 17.30 Uhr bis 18.20 Uhr. Der Inhalt umfaßte teilweise weitergehende Forderungen des ‚NF’ , die zum Teil verfassungswidrig waren. Anschließend fand eine Demonstration statt, deren Marschroute zum BAfNS führte und sich dort gegen 19.45 Uhr auflöste. Vor dem Objekt wurden massiv Sprechchöre gegen das ehemalige MfS gerufen. Die mitgeführten Transparente richteten sich gegen die SED, die sozialistische Planwirtschaft und forderten die ‚Wiedervereinigung’. Durch den Veranstalter wurden am Objekt Ordnungskräfte eingesetzt.“2
Da das Neue Forum an einem friedlichen Verlauf der Demonstrationen interessiert war, ließ es sich auf eine Absprache mit der Polizei ein und stellte eigene Ordnungskräfte, die ein gewaltfreies Agieren der Demonstranten unterstützen sollten.
Am 4. Dezember 1989 führte eine weitere Montagsdemonstration in Schwerin zum Bezirksamt der Staatssicherheit (im Folgenden Bezirksamt genannt) am Demmlerplatz. Dazu im Bericht des Amtes selbst:
„Demonstration mit anschließender Kundgebung von 17.30 Uhr bis 19.35 Uhr vom Alten Garten zum Sitz des BafNS am Demmlerplatz. [...] Rechtsanwalt [...] aus Ludwigslust forderte das Objekt Demmlerplatz des AfNS der Justiz zu übergeben und eine unabhängige Rechtssprechung zu sichern. Von einigen der Diskussionsredner wurde der Boykott der Unterschriftensammlung ‚Für unser Land’ gefordert. Weitere Forderungen waren: ‚Auflösung der Kampfgruppen’, ‚Bildung eines Untersuchungsausschusses zur Arbeit der Staatssicherheit’ und ‚die Bestrafung aller Funktionäre, die kriminelle Handlungen begingen’. Zu direkten Angriffen auf das Dienstobjekt des BAfNS kam es nicht.“3
An diesem Tage fand die erste Besetzung eines Bezirksamtes in Erfurt statt. Als dies bekannt wurde, verabredeten die Mitglieder der Schweriner Gruppe „Staat und Recht“ des Neuen Forums, Thomas Schmidt und Jutta Schuster, während der Montagsdemonstration ein Treffen für den folgenden Abend im Keller der Kieferklinik auf dem Gelände des Schweriner Bezirkskrankenhauses. Der Raum dort war durch Thomas Schmidt organisiert worden und als Treffpunkt der Arbeitsgruppe eingeführt. An dem Treffen nahmen neben den beiden Genannten Klaus Behnke, Cornelia und Wolfram Nagel, Renate und Rainer Trotz sowie Hans-Jürgen Rietzke teil, möglicherweise auch weitere. Die Erinnerungen daran, wer genau dabei war und was besprochen wurde, gehen heute auseinander. Es soll um die Besetzung des Bezirksamtes für Nationale Sicherheit gegangen sein und um konkrete Maßnahmen wie zum Beispiel das Observieren des Bezirksamtes während des gesamten Tages durch Mitglieder der Gruppe.4
Neben der Gruppe „Staat und Recht“ existierte in Schwerin ein Untersuchungsausschuss „Amtsmissbrauch und Korruption“, der aus 13 Personen, die den alten und neuen politischen Parteien, sozialen Organisationen sowie der Bürgerbewegung angehörten, bestand und seine Legitimation später durch die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Schwerin erhielt. Die Mitglieder dieses Untersuchungsausschusses konzentrierten sich vor allem auf Nebenstellen des Schweriner Bezirksamtes am Rande der Stadt. Dort konnten sie Aktenvernichtungen nachweisen, was zum eigentlichen Impuls für die Begehungen bzw. Besetzungen von Dienststellen des MfS/AfNS wurde.
Der interessante, längere Bericht mit vielen interessanten Details geht hier weiter. Also nichts für " Nur - Schlagzeilenleser ".
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