Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Alles zum Thema Geheimdienste und Sicherheit in der DDR und in der BRD

Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon Interessierter » 25. Januar 2021, 10:32

Staatssicherheit und Ministerium des Inneren in der Ära Honecker

Staatssicherheit und Volkspolizei waren die wichtigsten Säulen der inneren Repression, gerade in der Ära Honecker. Doch herrschte zwischen den beiden Apparaten eher Kooperation oder Konfrontation?

https://www.bpb.de/geschichte/zeitgesch ... rchitektur
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon augenzeuge » 25. Januar 2021, 10:56

Wenn Staatssicherheit und Volkspolizei sich absprachen, agierten sie keineswegs "auf Augenhöhe", denn spätestens seit dem Mauerbau war die Geheimpolizei in der stärkeren Position.

Gerade in Personalfragen wurde dies deutlich: So überwachte der Mielke-Apparat die Angehörigen des Ministeriums des Innern (MdI) hinsichtlich ihrer Westkontakte, Linientreue und Charakterschwächen, während Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) gegen Ermittlungen der Kriminalpolizei selbstverständlich immun waren. Die Nomenklaturkader im MdI wurden zwar von der SED-Führung bzw. dem Nationalen Verteidigungsrat benannt, doch selbst Leitungskader konnte die Staatssicherheit ablösen lassen. Angehörige des Ministerium des Innern sowie dessen nachgeordneter Bereiche, die im Verdacht (politischer) "Straftaten" standen, wurden in jährlich etwa 500 Operativen Personenkontrollen und Operativen Vorgängen "bearbeitet", die in etwa 150 Entlassungen mündeten. Gerade zu diesem Zweck führte die Staatssicherheit im Bereich der Volkspolizei zuletzt mehr als 5.000 inoffizielle Mitarbeiter (IM) oder Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit (GMS).

Eben flächendeckend.

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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon Dr. 213 » 25. Januar 2021, 14:30

Die Westkontakte mußten durch die Mitarbeiter von MfS und MdI gemeldet werden
und solche ansich Famileninterna haben die auch wie selbstverständlich ihren Vorgesetzten ungefragt freiwillig ausgebreitet.

Streng genommen ging es hier nur um neu dazu gekommene Personen in der Familie oder verdächtige Urlaubsbekanntschaften usw.
Die bestehenden Verwandtschaften sind ja in der Regel schon bei der Einstellungsüberprüfung abgeklärt worden.

Werner Stiller sagte mal in etwa so, einmal im Verein aufgenommen gab es keine weiteren Überprüfungen mehr.
Und das glaube ich auch. Das MfS war so organisiert, dass dort kein Ermittler einfach mal so herumstochern konnte.
Zudem war das MfS schon mit der täglich anfallenden "Arbeit" und der Produktion von sinnlosen Papierbergen ziemlich ausgelastet.

Wer dann trotzdem in den Fokus einer Ermittlung geraten ist, der hatte im einfachsten Fall was angestellt oder aber der Mitarbeiter
ist bei anderen Ermittlungen, der Postkontrolle oder durch Verpetzer aus den eigenen Reihen auffällig geworden.

Dazu konnte schon ein Hinweis aus der Schule ausreichen, wenn das Kind etwa Westkleidung grtragen hat oder Westspielzeug hatte.
Vielleicht konnte so schon eine einfache Brotdose mit Micky Maus drauf die Karriere der Eltern bei den Organen beenden.
Es war wie das Westfernsehen gucken nicht direkt verboten. Es konnten aber Zweifel an der ideologischen Überzeugung aufkommen.

Herzlichst
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon Volker Zottmann » 25. Januar 2021, 15:12

Bei dem Verein hat einer dem anderen nicht getraut.
Meine Eltern hatten beide Geschwister.
Vaters Bruder in Canada und Mutters Bruder Wachleiter MfS in QLB.
Als meine Eltern Silberhochzeit 1974 in QLB feierten war auch mein canadischer Onkel, der eigentlich Eisleber war, auch anwesend und noch ein paar Rheinländer von den bösen Bonner Ultras.
Stasionkel machte sich auch zur Feier stadtfein, konnte aber plötzlich sein Grundstück nicht mehr verlassen... Hausarrest!
Seine beiden Grundstückseingänge waren durch seine eigenen Kollegen versperrt. Sicher ist sicher!
Und so blieb dem einen Onkel erspart, den anderen nach 1949 nochmal wieder zusehen.

Der ganze Staat DDR hatte einen Sockenschuss!

Gruß Volker
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon andr.k » 25. Januar 2021, 17:14

Jetzt muss ich doch auch mal meine ganzen Tanten, Onkels usw. fragen, was die so allerhand erzählen können. Da wurden bestimmt auch Mitarbeiter unter Hausarrest gehalten. Ganz sicher ... Die wohnten aber nicht im Harz. Gott sei Dank.

[grins]

augenzeuge hat geschrieben:Angehörige des Ministerium des Innern sowie dessen nachgeordneter Bereiche, die im Verdacht (politischer) "Straftaten" standen, wurden in jährlich etwa 500 Operativen Personenkontrollen und Operativen Vorgängen "bearbeitet", die in etwa 150 Entlassungen mündeten. Gerade zu diesem Zweck führte die Staatssicherheit im Bereich der Volkspolizei zuletzt mehr als 5.000 inoffizielle Mitarbeiter (IM) oder Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit (GMS).



@Az, was geschah mit den restlichen ca. 350 Operativen Vorgängen? Gab es einen "Freispruch" oder was passierte mit denen?
Man lebt ruhiger, wenn man nicht alles sagt, was man weiß, nicht alles glaubt, was man hört und über den Rest einfach nur lächelt.
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon augenzeuge » 25. Januar 2021, 17:22

andr.k hat geschrieben:@Az, was geschah mit den restlichen ca. 350 Operativen Vorgängen? Gab es einen "Freispruch" oder was passierte mit denen?


Das fragst du mich? Ich wusste bis gestern nicht mal, dass es 500 OV's gab. Steht denn bei Merkur nichts im Archiv?
Ich geh mal von aus, die wurden an weniger verantwortungsvoller Stelle eingesetzt und durften sich bewähren. [grins]

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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon andr.k » 25. Januar 2021, 17:34

augenzeuge hat geschrieben:
andr.k hat geschrieben:@Az, was geschah mit den restlichen ca. 350 Operativen Vorgängen? Gab es einen "Freispruch" oder was passierte mit denen?


Das fragst du mich? Ich wusste bis gestern nicht mal, dass es 500 OV's gab.
Ich geh mal von aus, die wurden an weniger verantwortungsvoller Stelle eingesetzt und durften sich bewähren. [grins]

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Das ist sehr "oberflächlich" recherchiert. [grins]
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon karnak » 25. Januar 2021, 17:39

Volker Zottmann hat geschrieben:Stasionkel machte sich auch zur Feier stadtfein, konnte aber plötzlich sein Grundstück nicht mehr verlassen... Hausarrest!
Seine beiden Grundstückseingänge waren durch seine eigenen Kollegen versperrt. Sicher ist sicher!
Und so blieb dem einen Onkel erspart, den anderen nach 1949 nochmal wieder zusehen.

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Gruß Volker

[flash] Lässt Dir wirklich immer wieder was Neues einfallen.
Und man ging mit diesen Dingen durchaus offen um, ohne ein Hehl daraus zu machen was man von den eigenen Leuten erwartete. Man erwartete, dass man solche Kontakte vermied und wenn man in solche geriet über diese seine Vorgesetzten informierte. Vordergründig hatte das den Sinn es unmöglich zu machen jemanden in eine Erpressungssituation zu bringen . Und die hätte man genutzt wenn sich die Gelegenheit dazu ergeben hätte, beide Seiten hätten das getan.
Man wusste also von Anfang auf was man sich einließ und wurde nicht zwangsverpflichtet, damit ging die Sache in Ordnung.
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon augenzeuge » 25. Januar 2021, 17:50

andr.k hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:
andr.k hat geschrieben:@Az, was geschah mit den restlichen ca. 350 Operativen Vorgängen? Gab es einen "Freispruch" oder was passierte mit denen?


Das fragst du mich? Ich wusste bis gestern nicht mal, dass es 500 OV's gab.
Ich geh mal von aus, die wurden an weniger verantwortungsvoller Stelle eingesetzt und durften sich bewähren. [grins]

AZ


Das ist sehr "oberflächlich" recherchiert. [grins]

Wenn du den Link oben gelesen hättest, müsstest du doch alles verstanden haben.

Aber ich bin ein wenig enttäuscht, weil von dir oder Merkur nicht mal ein Hinweis auf die Größenordnung der OV's gekommen ist.
Ihr dürft jedoch gern die schlechte Recherche (besser Info) verbessern. Die Fußnoten im Link zur Recherche hast du hoffentlich gelesen.

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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon augenzeuge » 25. Januar 2021, 17:56

Vordergründig hatte das den Sinn es unmöglich zu machen jemanden in eine Erpressungssituation zu bringen .

[laugh] In der Familie? Der ist echt gut. Wer wen wann und warum erpresst hat, ist ja nun bekannt. Immer nach dem Motto: "Was ich oft tu, das trau ich auch dem anderen zu".

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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon andr.k » 25. Januar 2021, 18:10

augenzeuge hat geschrieben:Wenn du den Link oben gelesen hättest, müsstest du doch alles verstanden haben.

Aber ich bin ein wenig enttäuscht, weil von dir oder Merkur nicht mal ein Hinweis auf die Größenordnung der OV's gekommen ist.
Ihr dürft jedoch gern die schlechte Recherche (besser Info) verbessern. Die Fußnoten im Link zur Recherche hast du hoffentlich gelesen.


Den "Link" habe ich schon gelesen, auch die Fußnoten. Bei so viel zusammengewürfelten Quellen entsteht bei mir der Eindruck, dass es nur um eine einseitige Aufarbeitung der DDR geht. Klar gibt es auch sehr gut recherchierte Bücher/Quellen. Nur muss man diese auch lesen.

Aber das hatten wir hier schon besabbelt ... [hallo]
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon Volker Zottmann » 25. Januar 2021, 18:37

karnak hat geschrieben:
Volker Zottmann hat geschrieben:Stasionkel machte sich auch zur Feier stadtfein, konnte aber plötzlich sein Grundstück nicht mehr verlassen... Hausarrest!
Seine beiden Grundstückseingänge waren durch seine eigenen Kollegen versperrt. Sicher ist sicher!
Und so blieb dem einen Onkel erspart, den anderen nach 1949 nochmal wieder zusehen.

Der ganze Staat DDR hatte einen Sockenschuss!

Gruß Volker

[flash] Lässt Dir wirklich immer wieder was Neues einfallen.
Und man ging mit diesen Dingen durchaus offen um, ohne ein Hehl daraus zu machen was man von den eigenen Leuten erwartete. Man erwartete, dass man solche Kontakte vermied und wenn man in solche geriet über diese seine Vorgesetzten informierte. Vordergründig hatte das den Sinn es unmöglich zu machen jemanden in eine Erpressungssituation zu bringen . Und die hätte man genutzt wenn sich die Gelegenheit dazu ergeben hätte, beide Seiten hätten das getan.
Man wusste also von Anfang auf was man sich einließ und wurde nicht zwangsverpflichtet, damit ging die Sache in Ordnung.


Nee Karnak, nichts neues.
Das habe ich hier schon mal noch ausführlicher zum Besten gegeben.
Wir waren etwa 50 Gäste, die merkten, dass Mutters geladener Bruder samt Frau nicht kam. Mehr wusste am Feiertag keiner. Später ist das aber etwas durchgesickert innerhalb der nächsten Geschwister. Meine Eltern reisten danach mit Bruder meines Vaters wieder nach Neubrandenburg zurück, wohin sie 1 Monat zuvor gerade gezogen waren.
Ich bin da mit Motorrad hinterher und erstmalig in Neubrandenburgs Oststadt gewesen. Niemand hat des Stasionkels Fehlen zur Feier nochmals beredet. Ich habe die genauen Umstände genau erst am Grab meiner 25-jährigen Cousine erfahren, aber eben viele Jahre später, als ich dort meinen Stasionkel traf. Da war er schon ausgeschieden, Wendezeit oder kurz davor. Da hat er mir mal seine Sicht und auch dieses Vorkommnis voller Bitternis berichtet. So in aller Sachlichkeit, wie es 1974 war.
Dessen Tochter durfte in der DDR ihren Franzosen heiraten, aber nie auswandern. Also blieb Michel hier und verdingte sich als Heizungsmonteur.
Dann starb Astrid an einem Hirntumor und ihr Mann musste in der DDR noch viele Monate ausharren, bis er zurück nach Frankreich, aber mit 2 kleinen Kindern, durfte.
Auch das setzte meinem Onkel zu und der Glaube an die DDR ist da bestimmt schon gewichen.

Es war jedenfall schön und sehr lehrreich, dass sich mein Onkel an mich, seinen ältesten Neffen wandte und mit mir austauschte. Ich habe ihn danach auch wesentlich klarer als Person wahrgenommen, als er mir vorher erschien.

Wenn Du Kristian, mal nachschauen würdest, oder Dich erinnert hättest, wäre Dein erster Satz sicher nie geschrieben worden. Dich nehm ich aber ernst und deshalb antworte ich Dir.
Bei der Provokation vor Deinem Schrieb denk ich mir nur, wie geistig arm der Mensch ist und charakterlich wie verkommen.

Gruß Volker
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon karnak » 25. Januar 2021, 18:39

augenzeuge hat geschrieben:
Vordergründig hatte das den Sinn es unmöglich zu machen jemanden in eine Erpressungssituation zu bringen .

[laugh] In der Familie? Der ist echt gut. Wer wen wann und warum erpresst hat, ist ja nun bekannt. Immer nach dem Motto: "Was ich oft tu, das trau ich auch dem anderen zu".

AZ

Natürlich nach dem Motto deswegen habe ich es explizit erwähnt. Und Familie zählt in dem Geschäft gar nichts, dass weiß man von sich selbst und damit auch von den Anderen, also geht man in den Regeln die man vorgibt auf Nummer sicher. Man muß doch in der Lage sein zu erfassen, dass es sich nicht um einen Verein christlicher Männer handelt.
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon Volker Zottmann » 25. Januar 2021, 18:52

Handelte, bitte Vergangenheit beachten Kristian, oder wirkt Ihr immer noch?
Das Gefühl beschleicht mich hier auch im Forum laufend.

Gruß Volker
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon karnak » 25. Januar 2021, 18:52

Volker Zottmann hat geschrieben:
Nee Karnak, nichts neues.
Das habe ich hier schon mal noch ausführlicher zum Besten gegeben.
Wir waren etwa 50 Gäste, die merkten, dass Mutters geladener Bruder samt Frau nicht kam. Mehr wusste am Feiertag keiner. Später ist das aber etwas durchgesickert innerhalb der nächsten Geschwister. Meine Eltern reisten danach mit Bruder meines Vaters wieder nach Neubrandenburg zurück, wohin sie 1 Monat zuvor gerade gezogen waren.
Ich bin da mit Motorrad hinterher und erstmalig in Neubrandenburgs Oststadt gewesen. Niemand hat des Stasionkels Fehlen zur Feier nochmals beredet. Ich habe die genauen Umstände genau erst am Grab meiner 25-jährigen Cousine erfahren, aber eben viele Jahre später, als ich dort meinen Stasionkel traf. Da war er schon ausgeschieden, Wendezeit oder kurz davor. Da hat er mir mal seine Sicht und auch dieses Vorkommnis voller Bitternis berichtet. So in aller Sachlichkeit, wie es 1974 war.
Dessen Tochter durfte in der DDR ihren Franzosen heiraten, aber nie auswandern. Also blieb Michel hier und verdingte sich als Heizungsmonteur.
Dann starb Astrid an einem Hirntumor und ihr Mann musste in der DDR noch viele Monate ausharren, bis er zurück nach Frankreich, aber mit 2 kleinen Kindern, durfte.
Auch das setzte meinem Onkel zu und der Glaube an die DDR ist da bestimmt schon gewichen.

Es war jedenfall schön und sehr lehrreich, dass sich mein Onkel an mich, seinen ältesten Neffen wandte und mit mir austauschte. Ich habe ihn danach auch wesentlich klarer als Person wahrgenommen, als er mir vorher erschien.

Wenn Du Kristian, mal nachschauen würdest, oder Dich erinnert hättest, wäre Dein erster Satz sicher nie geschrieben worden. Dich nehm ich aber ernst und deshalb antworte ich Dir.
Bei der Provokation vor Deinem Schrieb denk ich mir nur, wie geistig arm der Mensch ist und charakterlich wie verkommen.

Gruß Volker

Also das mit dem umstellten Grundstück und dem Hausarrest lese ich jedenfalls das erste Mal in der Dimension wenn ich mich nicht täusche.
In jedem Fall sollten solche Regeln hinsichtlich Kontaktvermeidung in Zeiten kalten Krieges und Existenz zweier deutscher Staaten wenigstens ein bisschen einleuchten.
Ich hatte da Glück, wenig Verwandte und schon gar keine im Westen. Dafür habe ich mich bis 89 vor Klassentreffen gedrückt, ich wollte einfach vermeiden einen Ausgereisten zu begegnen von dem ich nicht wirklich weiß was der im Westen jetzt macht. Ich wollte auch keine Meldung machen müssen, dass ich den Getroffen und das in meiner Kaderakte stehen haben. [flash]
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon Volker Zottmann » 25. Januar 2021, 19:00

Ob Du es das letzte mal nicht gelesen hast, weiß ich auch nicht.
Nun mal noch ausführlicher:
Selbstverständlich haben meine Mutter und ihr Bruder die Feier und die Gäste angezeigt. Er hat das selbst zur Kenntnis gegeben.
Für ihn kam es deshalb völlig überraschend. Unberechenbar war Eure Truppe.

Gruß Volker

Als 2 Jahre später mein Vater als Invalidenrentner 3 Monate in Canada war, hat Mutters Chef auch zuvor fleißig interveniert, dass die bereits von Canada aus bezahlte Reise noch in die Hose geht. Der Arm des 1. Bezirkssekretärs der Urania war aber nicht lang genug.
Mutter saß im Berliner Präsidium und hatte mehr Durchsetzungskraft.

Gruß Volker
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon karnak » 25. Januar 2021, 19:02

Volker Zottmann hat geschrieben:Handelte, bitte Vergangenheit beachten Kristian, oder wirkt Ihr immer noch?
Das Gefühl beschleicht mich hier auch im Forum laufend.

Gruß Volker

Also ich handele schon lange nicht mehr [flash] , noch nicht mal am Brotregal, wen meinste denn überhaupt mit ihr, ich bin doch wohl der einzige bekennende Stasi hier. [flash]
Heute habe ich Nistkästen und ein Futterhaus in meinem Mietwald aufgehängt, mehr nicht. [hallo]
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon augenzeuge » 25. Januar 2021, 19:08

Dafür habe ich mich bis 89 vor Klassentreffen gedrückt, ich wollte einfach vermeiden einen Ausgereisten zu begegnen


Einfach nur schlimm., die ganze Denke. Aber es passt. Als ich 1989 zu einer Beerdigung durfte, war eine entsprechende Person auch im Zwang, mich nicht sehen zu dürfen. [angst]

In meiner Grundschul-Klasse waren mir 2 Leute bekannt, die bei der Stasi waren. Einer war sogar im Roten Ochsen, so eine Art "Neun". Der Kerl konnte kaum anders, bei seinen Eltern....
Und die kamen beide zum Klassentreffen 2005. Ja, wir sprachen offen über alles. Zumindest gabs da kein Versteckspiel. [flash]

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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon karnak » 25. Januar 2021, 19:17

Dir ist natürlich klar, dass es auch in der Bundesrepublik Leute gab die dazu angehalten wurden noch nicht mal durch die DDR zu fahren, geschweige denn Kontakte dorthin zu pflegen.
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon augenzeuge » 25. Januar 2021, 19:26

karnak hat geschrieben:Dir ist natürlich klar, dass es auch in der Bundesrepublik Leute gab die dazu angehalten wurden noch nicht mal durch die DDR zu fahren, geschweige denn Kontakte dorthin zu pflegen.

Vergiss diese Vergleiche, damit fällst du auf die Nase. [flash]
Ja, es gab solche Leute, aber ganz wenig. Der im ÖD Tätige hatte das Problem eigentlich nicht. Und das ganze Familien von Bundestagsangestellten, selbst Ministern, in die DDR regelmäßig fuhren, weißt du auch.

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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon pentium » 25. Januar 2021, 19:32

augenzeuge hat geschrieben:
karnak hat geschrieben:Dir ist natürlich klar, dass es auch in der Bundesrepublik Leute gab die dazu angehalten wurden noch nicht mal durch die DDR zu fahren, geschweige denn Kontakte dorthin zu pflegen.

Vergiss diese Vergleiche, damit fällst du auf die Nase. [flash]
Ja, es gab solche Leute, aber ganz wenig. Der im ÖD Tätige hatte das Problem eigentlich nicht. Und das ganze Familien von Bundestagsangestellten, selbst Ministern, in die DDR regelmäßig fuhren, weißt du auch.

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Na ja die Genossen hatten da eben ein erhöhtes Bedürfnis nach Sicherheit....wobei es nicht nur bei Karnaks Genossen so war...es war eben so...
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
Anton Günther

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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon karnak » 25. Januar 2021, 19:36

Ich kenne einige persönlich denen das untersagt war und die auch auf Nummer sicher gegangen sind und sich daran gehalten haben. Ich kenne einen kleinen Zöllner aus Dreilinden der Fan von Union Berlin war, regelmäßig zu Spielen gefahren ist und irgendwann zu seinem Sicherheitsbeauftragten bestellt wurde, gefragt wurde was er eigentlich so oft in den Osten fährt und daran erinnert wurde private Kontakte wenigstens kritisch zu betrachten.
Das nun die DDR noch mal einen besonderen Wahn hatte will ich dabei gar nicht bestreiten. [flash]
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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon augenzeuge » 25. Januar 2021, 19:46

was er eigentlich so oft in den Osten fährt

Er fuhr. Er durfte das und natürlich war die Frage legitim. Verbieten konnte man es ihm nicht. Eben!

Mal sehen, ob Zollo von diesen Fragen berichten kann. [grins]

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Re: Risse in der Sicherheitsarchitektur des SED-Regimes

Beitragvon Dr. 213 » 26. Januar 2021, 01:35

augenzeuge hat geschrieben:
andr.k hat geschrieben:@Az, was geschah mit den restlichen ca. 350 Operativen Vorgängen? Gab es einen "Freispruch" oder was passierte mit denen?


Das fragst du mich? Ich wusste bis gestern nicht mal, dass es 500 OV's gab. Steht denn bei Merkur nichts im Archiv?
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Nieten und Luschen wurden im MfS für gewöhnlich als Personal in den stasieigenen U- Hafthäusern entsorgt.
Dort fielen körperliche und geistige Leistungsdefizite am wenigsten auf und die Kurgäste konnten sich ja auch nicht beschweren.

Die einzige wichtige Eigenschaft war Verschwiegenheit.
Und das konnten die MfS- Onkels alle. Menschen brechen und politische Feinde zu zersetzen war ja nun auch nicht gerade ein Thema
um im privaten Bereich voller Stolz davon zu berichten oder gar Sympathie dafür entgegen gebracht zu bekommen.

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