Einsatz des LKW „W 50“ als Gefangenentransportwagen innerhalb des MfS
Verfasst: 6. September 2020, 10:56
Der LKW „W 50“ als Gefangenentransportwagen des MfS - Anschaffung und Umbau
Zum Erwerb des LKW „W 50“ als Gefangenentransportwagen liegen leider keine belastbaren Informationen vor. Nach Aussagen von Mitarbeitern der BStU wurden die GTW wohl separat von den jeweiligen Haftanstalten bezogen. Anzunehmen ist, dass dabei die Haft-anstalten ihren Bedarf an die zentrale Verwaltung meldeten und von dort versucht wurde, entsprechende Kontingente in den Wirtschaftsplänen unterzubringen. Informationen hierzu ließen sich jedoch weder in den zentralen BStU-Archivbeständen (Abt. XIV, Unter-suchungshaft und Strafvollzug; Verwaltung Rückwärtige Dienste/Kfz-Dienste) noch in den Unterlagen der Einzelgefängnisse (u.a. Rostock, Chemnitz, Brandenburg, Cottbus) finden.Für den Umbau zum GTW wurde offenbar das Fahrgestell des „W 50“-Grundtyps (Prit-schenfahrzeug) in der Armee- bzw. Sonderbedarfsträgerausführung herangezogen.
Es unterscheidet sich äußerlich durch die große runde Ausstiegsluke über dem Beifahrersitz von der „zivilen“ Variante (die mittig im Fahrerhausdach nur eine kleine viereckige Lüftungsluke besitzt). Für den Zellenbereich nutzte man offenbar den auch bei zahlreichen anderen Aufbauvarianten zum Einsatz kommenden Stahlleichtbaukoffer. Ergänzend dazu wurden auch „W 50“-Mannschaftstransportwagen für größere Inhaftierten-Sammeltransporte genutzt. Die Umrüstung der Fahrzeuge auf die speziellen Anforderungen des Gefangenentransports wurde dezentral in den Werkstätten der einzelnen Gefängnisse vorgenommen.
Es steht zu vermuten, dass es dafür – wie auch beim GTW Barkas „B 1000“ – ein zentrales MfS-Projekt gab, das offenbar auch mehrere Umbau-Möglichkeiten vorsah. Neben der in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen vorhandenen Ausführung mit sieben Einzelzellen hat es auch Fahrzeuge mit jeweils einer großen, durch Maschendraht abgegrenzten Sammelzelle gegeben, in denen bis zu 30 Menschen Platz finden sollten. Da der gemeinsame Transport in letzteren jedoch den MfS-Dienstanweisungen zum Transport von Untersuchungshäftlingen (vgl. nächstes Kapitel) zuwider lief, kamen diese GTW offenbar eher bei bereits verurteilten bzw. für den Gefangenenfreikauf vorgesehenen Häftlingen oder eventuellen Massenverhaftungen zum Einsatz. Zudem wurden sie scheinbar auch ergänzend zu den Gefangenensammeltransportwagen der Deutschen Reichsbahn,19 die nach einem festen Plan zwischen den Gefängnissen der DDR verkehrten, für den überre-gionalen Sammeltransport zwischen mehreren Haftanstalten eingesetzt.
„ich bin dann in Hohenschönhausen direkt vom Parterre aus auf diesen Rosenhof geführt worden und im Rosenhof stand dann dieser [...] W 50. Und das waren dann auch keine Einzelzellen, sondern das waren zwei so Sitzbänke. Und da war auch noch so ein Ma-schendrahtgitter [...] da bin ich mit mehreren Leuten [...] eingestiegen. Und das Ding fuhr dann durch die DDR. Einen Tag lang sind wir gefahren.“
Für die MfS-Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen ist zumindest für den GTW „B 1000“ belegt, dass der Umbau im benachbarten Bereich „Kfz-Instandsetzung“ (ehemaliges Arbeitslager „X“) von Häftlingen vorgenommen wurde, ebenso wie die Wartung und Reparatur der Fahrzeuge. Hierfür sprechen zwei Berichte aus dem Zeitzeugen-Archiv der Gedenkstätte (HSH-ZZA).21 Es steht also zu vermuten, dass dies auch bei den „W 50“-Fahrzeugen der Fall war. Im Übrigen ist der Umbau normaler Serienfahrzeuge in GTW in den Kfz-Werkstätten der Gefängnisse noch heute gängige Praxis, wie das Beispiel der Justizvollzugsanstalt Hamm belegt.
Da beim Transport Inhaftierter „ein hohes Maß an Konspiration, Geheimhaltung und revolu-tionärer Wachsamkeit verlangt“23 wurde, sah der Umbau der Wagen auch Maßnahmen zur Geheimhaltung ihres Verwendungszweckes vor. Dazu wurden die Fahrzeuge mit irreführenden Bezeichnungen versehen, um sie als „normale“ Lieferfahrzeuge zu tarnen. So wiesen die Aufschriften die GTW unter anderem als Lebensmitteltransporter („Frischer Fisch auf den Tisch“)24 oder Möbelwagen aus.
https://www.stiftung-hsh.de/assets/Uplo ... 6-W-50.pdf
Ein, nicht nur wegen der Beschriftung der GTW, sehr interessanter und längerer Bericht.
Zum Erwerb des LKW „W 50“ als Gefangenentransportwagen liegen leider keine belastbaren Informationen vor. Nach Aussagen von Mitarbeitern der BStU wurden die GTW wohl separat von den jeweiligen Haftanstalten bezogen. Anzunehmen ist, dass dabei die Haft-anstalten ihren Bedarf an die zentrale Verwaltung meldeten und von dort versucht wurde, entsprechende Kontingente in den Wirtschaftsplänen unterzubringen. Informationen hierzu ließen sich jedoch weder in den zentralen BStU-Archivbeständen (Abt. XIV, Unter-suchungshaft und Strafvollzug; Verwaltung Rückwärtige Dienste/Kfz-Dienste) noch in den Unterlagen der Einzelgefängnisse (u.a. Rostock, Chemnitz, Brandenburg, Cottbus) finden.Für den Umbau zum GTW wurde offenbar das Fahrgestell des „W 50“-Grundtyps (Prit-schenfahrzeug) in der Armee- bzw. Sonderbedarfsträgerausführung herangezogen.
Es unterscheidet sich äußerlich durch die große runde Ausstiegsluke über dem Beifahrersitz von der „zivilen“ Variante (die mittig im Fahrerhausdach nur eine kleine viereckige Lüftungsluke besitzt). Für den Zellenbereich nutzte man offenbar den auch bei zahlreichen anderen Aufbauvarianten zum Einsatz kommenden Stahlleichtbaukoffer. Ergänzend dazu wurden auch „W 50“-Mannschaftstransportwagen für größere Inhaftierten-Sammeltransporte genutzt. Die Umrüstung der Fahrzeuge auf die speziellen Anforderungen des Gefangenentransports wurde dezentral in den Werkstätten der einzelnen Gefängnisse vorgenommen.
Es steht zu vermuten, dass es dafür – wie auch beim GTW Barkas „B 1000“ – ein zentrales MfS-Projekt gab, das offenbar auch mehrere Umbau-Möglichkeiten vorsah. Neben der in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen vorhandenen Ausführung mit sieben Einzelzellen hat es auch Fahrzeuge mit jeweils einer großen, durch Maschendraht abgegrenzten Sammelzelle gegeben, in denen bis zu 30 Menschen Platz finden sollten. Da der gemeinsame Transport in letzteren jedoch den MfS-Dienstanweisungen zum Transport von Untersuchungshäftlingen (vgl. nächstes Kapitel) zuwider lief, kamen diese GTW offenbar eher bei bereits verurteilten bzw. für den Gefangenenfreikauf vorgesehenen Häftlingen oder eventuellen Massenverhaftungen zum Einsatz. Zudem wurden sie scheinbar auch ergänzend zu den Gefangenensammeltransportwagen der Deutschen Reichsbahn,19 die nach einem festen Plan zwischen den Gefängnissen der DDR verkehrten, für den überre-gionalen Sammeltransport zwischen mehreren Haftanstalten eingesetzt.
„ich bin dann in Hohenschönhausen direkt vom Parterre aus auf diesen Rosenhof geführt worden und im Rosenhof stand dann dieser [...] W 50. Und das waren dann auch keine Einzelzellen, sondern das waren zwei so Sitzbänke. Und da war auch noch so ein Ma-schendrahtgitter [...] da bin ich mit mehreren Leuten [...] eingestiegen. Und das Ding fuhr dann durch die DDR. Einen Tag lang sind wir gefahren.“
Für die MfS-Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen ist zumindest für den GTW „B 1000“ belegt, dass der Umbau im benachbarten Bereich „Kfz-Instandsetzung“ (ehemaliges Arbeitslager „X“) von Häftlingen vorgenommen wurde, ebenso wie die Wartung und Reparatur der Fahrzeuge. Hierfür sprechen zwei Berichte aus dem Zeitzeugen-Archiv der Gedenkstätte (HSH-ZZA).21 Es steht also zu vermuten, dass dies auch bei den „W 50“-Fahrzeugen der Fall war. Im Übrigen ist der Umbau normaler Serienfahrzeuge in GTW in den Kfz-Werkstätten der Gefängnisse noch heute gängige Praxis, wie das Beispiel der Justizvollzugsanstalt Hamm belegt.
Da beim Transport Inhaftierter „ein hohes Maß an Konspiration, Geheimhaltung und revolu-tionärer Wachsamkeit verlangt“23 wurde, sah der Umbau der Wagen auch Maßnahmen zur Geheimhaltung ihres Verwendungszweckes vor. Dazu wurden die Fahrzeuge mit irreführenden Bezeichnungen versehen, um sie als „normale“ Lieferfahrzeuge zu tarnen. So wiesen die Aufschriften die GTW unter anderem als Lebensmitteltransporter („Frischer Fisch auf den Tisch“)24 oder Möbelwagen aus.
https://www.stiftung-hsh.de/assets/Uplo ... 6-W-50.pdf
Ein, nicht nur wegen der Beschriftung der GTW, sehr interessanter und längerer Bericht.