Kontrollkennwort: Raketenstart

Alles zum Thema Geheimdienste und Sicherheit in der DDR und in der BRD

Kontrollkennwort: Raketenstart

Beitragvon Interessierter » 29. März 2020, 09:31

Die Pläne zur Verteidigung der Stasi-Zentrale

Was tun, wenn der Klassenfeind kommt? Wie jedes "bewaffnete Organ" der DDR auch hatte die Stasi verschiedene Pläne für den Kriegsfall in der Schublade – vom Rückzug in unterirdische Bunker bis zur Verteidigung im Straßenkampf.

Wäre der Kalte Krieg heiß geworden, hätte das Ministerium für Staatssicherheit alles daran gesetzt, weiter einsatzfähig zu bleiben. Denn auch im Kriegsfall wäre der Stasi eine wichtige Rolle in der DDR zugekommen. Dazu hätten die Aufklärung des Gegners genauso gehört wie die Einrichtung und der Betrieb von Isolierungslagern für Ausländer und "politisch unzuverlässige" Personen.

Eine wichtige Grundlage für die Planungen des MfS für den Ernstfall war die Direktive 1/67 des Ministers für Staatssicherheit aus dem Jahr 1967. Darin legte Erich Mielke neben den wichtigsten Aufgaben der Geheimpolizei auch fest, wie das Ministerium unter "komplizierten Lagebedingungen" zu arbeiten habe. So sollten die Dienststellen auf Ausweichquartiere im Umland Berlins ausweichen und dezentral untergebracht werden. Außerdem fordert das Papier die Einrichtung von "Operativen Ausweichführungsstellen" in Schutzbauten. Aus diesen speziell ausgestatteten Bunkern sollte es den Offizieren des MfS möglich sein, auch nach einem Atomschlag ihre Aufgaben weiterzuführen.


"Schutzbauwerke" für den Ernstfall

Wie im Westen auch sollten in der Folge in Neubauten stets auch "Schutzbauwerke" mit vorgesehen werden. Die in den in den 70er Jahren in der Stasi-Zentrale neu errichteten Bürogebäude zum Beispiel hatten jedoch lediglich verstärkte Kellergeschosse als "Trümmer- und Strahlenschutzräume". Hier gab es zwar verstärkte Wände, Trockentoiletten, gasdichte Türen und eine eigenständige Wasserversorgung. Bunker im eigentlichen Sinne waren diese Räume jedoch nicht, und schon gar keine Befehlsstände für Krise oder Krieg.

Ab 1974 begannen deshalb die Planungen für einen Stasi-Bunker bei Biesenthal im Norden von Berlin. Dieses "Objekt 17/5005" sollte auf über eintausend Quadratmetern Nachrichtentechnik, Arbeitsräume für Stasi-Offiziere und einen modern eingerichteten Lageraum für Besprechungen des Ministers mit seinem Stab bereithalten. Das Projekt konkurrierte jedoch mit anderen Bunkerbauten für die Staatsführung der DDR und hatte früh mit Verzögerungen zu kämpfen.

Ein Bunker für die Stasi-Zentrale

Daher lag es nahe, eine zusätzliche "Ausweichführungsstelle" direkt in der Stasi-Zentrale einzurichten. Nach längerer Suche nach einem Standort beschloss man 1979, einen Bunker in den Neubau eines Archivgebäudes zu integrieren, in dem die Unterlagen der Stasi untergebracht werden sollten. Der nördliche Teil des Kellers des späteren "Haus 9" erhielt ein weiteres Untergeschoss, der Standort für den Bunker war gefunden.

Doch auch dieser Bau war problematisch, es kam immer wieder zu Verzögerungen. Erst Ende 1984 konnte das Archivgebäude fertiggestellt werden. Darunter, im Bunker, gingen die Arbeiten jedoch weiter, und das wohl immer langsamer. Denn offenbar genoss der Bau ab Mitte der 80er Jahre immer weniger Priorität. Das dürfte zum Einen mit der nachlassenden Leistungsfähigkeit der DDR-Volkswirtschaft zu tun haben, was auch im MfS zu Sparmaßnahmen führte. Zum Anderen hatten andere Bunkerbauten in der für die Ausführung des Bunkers in der Stasi-Zentrale zuständigen Abteilung AGM/B mittlerweile größere Bedeutung, so wie vermutlich auch der Bunker in Biesenthal, der sich zwischenzeitlich ebenfalls seiner Fertigstellung näherte.

Am Ende sollte der Bunker in der Stasi-Zentrale zum 40. Jahrestag des MfS fertig werden. Der wäre am 8. Februar 1990 gewesen. Dazu kam es nicht mehr.


Pläne für den Häuserkampf

Ohnehin vollzog sich 1987 ein Strategiewechsel im Ostblock und in der DDR, der Bunkerbauten immer weniger Bedeutung zukommen ließ. Der Nationale Verteidigungsrat und mit ihm die Stasi legte seinen Planungen nun weniger das Szenario eines atomaren Showdowns zugrunde. Den Gegner erwartete man nun viel näher: Auf den Straßen, im Häuserkampf in den Großstädten.

Über den Anlass für diesen Strategiewechsel lässt sich nur spekulieren: So war es in den Beziehungen der Supermächte USA und Sowjetunion Ende der 80er Jahre zu einer zunehmenden Entspannung gekommen, was einen nuklearen Angriff aus dem Westen weniger wahrscheinlich machte. Gleichzeitig gärte es in den Gesellschaften des Ostblocks angesichts der Mangelwirtschaft nun spürbar.

In jedem Fall legte Minister Mielke nun fest, dass "die Diensteinheiten […] aus ihren eigentlichen Dienstobjekten [heraus] handeln müssen.“ Die Stasi-Zentrale sollte sich zu einer mit militärischen Mitteln verteidigten Festung vewandeln. Die Planungen sahen vor, dass die Außenfassaden und Dächer der mit Maschinengewehrnestern auszustatten waren, von denen aus die umliegenden Straßen unter Feuer genommen werden konnten. Die Häuser und Stellungen sollten, "hartnäckig und unnachgiebig" verteidigt werden.

Die "Skizze zum Kräfteeinsatz" am Tor zur Ruschestraße der Stasi-Zentrale findet man im Link

Weiter geht es hier:
https://www.bstu.de/informationen-zur-s ... etenstart/
Interessierter
 

Re: Kontrollkennwort: Raketenstart

Beitragvon augenzeuge » 29. März 2020, 13:16

Den Gegner erwartete man nun viel näher: Auf den Straßen, im Häuserkampf in den Großstädten.


Karnak, wurdest du diesbezüglich schon informiert? [angst]

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