Simson unter Kontrolle

Alles zum Thema Geheimdienste und Sicherheit in der DDR und in der BRD

Simson unter Kontrolle

Beitragvon Interessierter » 27. März 2020, 10:16

Welche Rolle spielte die Stasi in der Moped- und Waffenschmiede Simson in Suhl?

Das auf Waffen- und Fahrzeugproduktion spezialisierte Unternehmen Simson im Thüringer Wald war während seines Bestehens vielfältigen Brüchen ausgesetzt. In der DDR wurde der Fokus vor allem auf Jagdwaffen gelegt.

Bild
Der ehemalige Sitz der in der DDR zuletzt "VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Ernst Thälmann“ genannten Simson-Fabrik in Suhl.
Quelle: BStU Suhl


Viele Jahrzehnte leitete die jüdische Kaufmannsfamilie Simson das Unternehmen, bis sie 1935 durch die Nazis entschädigungslos enteignet wurde. Nach 1945 verengte sich die breite Produktpalette, denn die sowjetischen Besatzungsbehörden strengten die Herstellung von Motorrädern an.

In der DDR wurde der Fokus vor allem wieder auf Jagdwaffen gelegt. Außerdem wurden Mopeds entwickelt und produziert, die mit ihren lyrischen Namen zu gefragten Kultobjekten avancierten, zum Beispiel die Modelle "Spatz", "Star", "Sperber", "Habicht" und am bekanntesten die "Schwalbe". Den konfliktreichen Transformationsprozess von einer staatlichen Planökonomie hin zur Marktwirtschaft zu Beginn der 1990er Jahre überlebte Simson nicht.

Die Stasi in der Wirtschaft


Im Saal des ehemaligen Simson-Kulturhauses referierte Dr. Ulrike Schulz vor rund 100 Anwesenden über einen besonderen Aspekt der Unternehmensgeschichte. Sie beleuchtete die Tätigkeit, Organisation und Wirkungsweise der Stasi in den Simson-Werken. Die Wissenschaftlerin legte zunächst dar, dass von Beginn an die "Sicherung" der DDR-Wirtschaft einen Schwerpunkt der Tätigkeit des MfS darstellte. Denn Betriebe in der DDR wurden besonders dicht und mit viel Personal überwacht. Ferner richtete die Stasi in besonders sicherheitsrelevanten Wirtschaftsobjekten sogenannte Objektdienststellen ein oder sicherte wichtige Betriebe mit Operativgruppen ab.

Obwohl die Stasi zu keiner Zeit eine Objektdienststelle bei Simson unterhielt, leitete die ostdeutsche Geheimpolizei bereits zu Beginn der 1950er Jahre eine Vielzahl von inoffiziellen Zuträgern an. 1951 legte das MfS einen Gruppenvorgang "Simson" an. Darin ging es um 120 Betriebsangehörige, die für zwei Stunden die Arbeit niedergelegt hatten. Dadurch, so stellte die Stasi akribisch fest, konnten 36 Jagdgewehre nicht produziert werden.

Bis zur Friedlichen Revolution 1989 waren mehrere Stasi-Diensteinheiten für die Suhler Werke zuständig, die jeweils auf ein umfassendes Netz von Inoffiziellen Mitarbeitern zurückgreifen konnten.


Den vollständigen, interessanten Beitrag findet man hier:
https://www.bstu.de/informationen-zur-s ... kontrolle/
Interessierter
 

Re: Simson unter Kontrolle

Beitragvon augenzeuge » 27. März 2020, 11:40

Sehr interessant.

Ein ehemaliger Simson-Mitarbeiter führte aus, dass unter der Belegschaft Gerüchte kursierten, wonach die Stasi bei Simson bzw. im späteren "VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk" spezielle Produktionsbereiche für Waffen unterhielt. Dies, so der ehemalige Simson-Mitarbeiter, soll weit über das zivile Maß an Sport- und Jagdwaffen hinausgegangen sein. Im Suhler Werk war es ein "offenes Geheimnis", dass diverse Komponenten für das Standardgewehr des Warschauer Pakts, die "Kalaschnikow", produziert wurden.

Ferner unterhielt das MfS mit ihrer Abteilung "Bewaffnung und chemischer Dienst" einen konspirativen Bau auf dem Werksgelände. Die Suhler Einrichtung, legendiert als "NVA-Dienststelle", war teilweise an der Entwicklung, Produktion und Erprobung von geheimen Stasi-Waffen beteiligt. Exemplarisch sei hier das "Scharfschützengewehr 82" erwähnt, welches nach seiner Indienststellung diversen "operativen" MfS-Diensteinheiten zur Verfügung gestellt wurde.


AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 85157
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Simson unter Kontrolle

Beitragvon pentium » 27. März 2020, 19:17

augenzeuge hat geschrieben:Sehr interessant.

Ein ehemaliger Simson-Mitarbeiter führte aus, dass unter der Belegschaft Gerüchte kursierten, wonach die Stasi bei Simson bzw. im späteren "VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk" spezielle Produktionsbereiche für Waffen unterhielt. Dies, so der ehemalige Simson-Mitarbeiter, soll weit über das zivile Maß an Sport- und Jagdwaffen hinausgegangen sein. Im Suhler Werk war es ein "offenes Geheimnis", dass diverse Komponenten für das Standardgewehr des Warschauer Pakts, die "Kalaschnikow", produziert wurden.

Ferner unterhielt das MfS mit ihrer Abteilung "Bewaffnung und chemischer Dienst" einen konspirativen Bau auf dem Werksgelände. Die Suhler Einrichtung, legendiert als "NVA-Dienststelle", war teilweise an der Entwicklung, Produktion und Erprobung von geheimen Stasi-Waffen beteiligt. Exemplarisch sei hier das "Scharfschützengewehr 82" erwähnt, welches nach seiner Indienststellung diversen "operativen" MfS-Diensteinheiten zur Verfügung gestellt wurde.
AZ

Die SSG 82 wurden von der Hauptabteilung XXII des Ministeriums für Staatssicherheit, der „Antiterror-Diensteinheit“, verwendet. Darüber hinaus waren Personenschützer und Kräfte des Ministerium des Innern (MdI) sowie Spezialkräfte der Bereitschaftspolizei mit dieser Waffe ausgerüstet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Scharfsch ... ngewehr_82
https://www.ssg-82.de/ssg82.html


Was ist daran geheim...wenn das MdI ebenfalls diese Waffe hatte...?
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
Anton Günther

Freundeskreis Schloss Hubertusburg e. V.
http://www.freundeskreis-hubertusburg.de
https://www.schloesserland-sachsen.de/de/startseite/
Benutzeravatar
pentium
 
Beiträge: 45779
Bilder: 136
Registriert: 9. Juli 2012, 16:12
Wohnort: Sachsen/Erzgebirge

Re: Simson unter Kontrolle

Beitragvon augenzeuge » 27. März 2020, 19:36

Die Frage muss lauten, warum wurde es als geheim eingestuft?

Antwort: Weil in der DDR fast alles mehr oder weniger geheim war. Nicht mal die Kinder des MfS Majors durften sagen, dass sie ARD gucken. So hab ich es damals (1976) erlebt.

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 85157
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Simson unter Kontrolle

Beitragvon Volker Zottmann » 27. März 2020, 19:52

augenzeuge hat geschrieben:Die Frage muss lauten, warum wurde es als geheim eingestuft?

Antwort: Weil in der DDR fast alles mehr oder weniger geheim war. Nicht mal die Kinder des MfS Majors durften sagen, dass sie ARD gucken. So hab ich es damals (1976) erlebt.

AZ


Kinder vom Unterleutnant durften das auch nicht. Weder sehen noch sagen. Das kann ich bestätigen. War auch 1988 noch so.
Ein Onkel von mir war nur bei der Verkehrspolizei und seine Kinder haben auch stets Verbot gehabt, Westen zu sehen. Das Prinzip haben etliche linientreue Genossen bis zum Schluss durchgehalten.
Bei mir zu Hause war das anders. Ich sollte nur niemals drüber reden. Was mich aber nie sonderlich kümmerte, denn alle Freunde schauten ARD und später auch ZDF und tauschten sich stets aus.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Simson unter Kontrolle

Beitragvon Olaf Sch. » 28. März 2020, 08:09

Die Schwalbe war doch das Fahrzeug des ABV und von Mädels, alle Jungs wollten eine S50/51!
Olaf Sch.
 

Re: Simson unter Kontrolle

Beitragvon Sperrbrecher » 28. März 2020, 10:39

Interessierter hat geschrieben:Viele Jahrzehnte leitete die jüdische Kaufmannsfamilie Simson das Unternehmen, bis sie 1935 durch die Nazis entschädigungslos enteignet wurde.

Somit legitimierte die DDR-Führung die Enteignungen der Nazis und
führte sie in gleicher Weise fort.

Es gab ja viele solche oder ähnliche Fälle im Machtbereich der SED.
In der DDR wussten 90% der Bevölkerung, dass sie verarscht werden.
In der Bundesrepublik haben es 90% der Wähler immer noch nicht gemerkt.
Benutzeravatar
Sperrbrecher
 
Beiträge: 1602
Registriert: 13. Dezember 2018, 20:34

Re: Simson unter Kontrolle

Beitragvon augenzeuge » 28. März 2020, 10:53

Sperrbrecher hat geschrieben:Somit legitimierte die DDR-Führung die Enteignungen der Nazis und
führte sie in gleicher Weise fort.

Es gab ja viele solche oder ähnliche Fälle im Machtbereich der SED.


Ich denke, die SED enteignete nahezu alle "Kapitalisten". Egal ob Christ, Jude oder Verfolgter des NS Regimes.

https://www.ndr.de/geschichte/chronolog ... er100.html

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 85157
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Simson unter Kontrolle

Beitragvon Nostalgiker » 28. März 2020, 11:04

Du sollst bei solchen Fragen weniger "nur" denken sondern mehr darüber wissen. Dann klappt es auch mit darüber (nach)denken um die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
Benutzeravatar
Nostalgiker
 
Beiträge: 13727
Registriert: 28. August 2012, 12:36

Re: Simson unter Kontrolle

Beitragvon augenzeuge » 28. März 2020, 11:16

Nostalgiker hat geschrieben:Du sollst bei solchen Fragen weniger "nur" denken sondern mehr darüber wissen. Dann klappt es auch mit darüber (nach)denken um die richtigen Schlüsse zu ziehen.


Nostalgiker, bitte sprich nicht in Rätseln. Also, was weißt du darüber?
Und lies den Link bitte vorher.

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 85157
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen


Zurück zu Geheimdienste und Sicherheit

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste