Richard von Weizsäcker hat die DDR so oft wie kaum ein anderer West-Politiker besucht. Jedes Mal heftete sich die Stasi an seine Fersen. Immer hefteten sich Scharen hauptamtlicher und inoffizieller Stasi-Mitarbeiter an seine Fersen. Ihre Berichte landeten direkt bei der MfS-Spitze, etwa den Generalen Rudi Mittig, Gerhard Neiber und Werner Großmann, drei der engsten Gefolgsleute von Stasi-Chef Erich Mielke.
Dokumentiert ist der Lauschangriff in einem 1293 Seiten umfassenden Stasi-Dossier, das die Birthler-Behörde jetzt auf Antrag dieser Zeitung und mit Weizsäckers Einwilligung für die Forschung freigegeben hat. Überliefert sind auch rein private Momente. Wie etwa ein Besuch in Radebeul, wo Weizsäcker einen alten Bekannten traf, den er in den Nachkriegsjahren unterstützt hatte. Ihn überraschte er mit einem großen Pappkarton, den er aus dem Kofferraum seines Mercedes zauberte und der laut Stasi "800 x 400 x 300 mm" groß war. Der an sich banale Vorgang - die Übergabe eines Geschenks - versetzte den Geheimdienst in Alarmstimmung.
Der reiselustige Bildungsbürger hielt die Stasi in Atem. Sie hatte Weizsäcker nach Aktenlage Ende 1972 "bis auf Widerruf" zur Fahndung ausgeschrieben. Das bedeutete: Die zuständigen Stellen sollten "bei Einreise aus der BRD in die DDR bzw. aus Westberlin in die Hauptstadt der DDR" sofort informiert werden. Dem "Fahndungsobjekt Nr. 160.014" wurde zudem der Deckname "Waldkauz" verpasst. Was mag sich der Geheimdienst dabei gedacht haben? Der Waldkauz ist die häufigste einheimische Eule, sie gilt als Sinnbild für die Mächte der Finsternis und zugleich als Inbegriff der Weisheit.
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