Es ist die peinlichste Seite der einstigen Leipziger Nobelherberge: Die Stasi hörte immer mit. Führungskraft Albrecht Kiefel gehörte zu den emsigsten Spitzeln. Hotelchef ist er in Sachsen immer noch.
Im Leipziger Hotel Merkur hörte die Stasi munter die Hotelgäste ab. Quelle: Archivfoto: dpa
„Sie ist eine Kollegin, welche jeden Anlass zum Trinken wahrnimmt“, notierte der Inoffizielle Mitarbeiter Alexander. Zudem sei die Frau „sexuell sehr triebhaft veranlagt“. Wieder und wieder zog der IM in seinen Stasi-Berichten über die eigenen Kollegen her. In den siebziger Jahren schrieb er über die Angestellten des Leipziger Interhotels Astoria, in den Achtzigern nahm er das Personal im neuen Hotel Merkur ins Visier.
Die Protokolle, die er anlegte, sind peinlich. Zu melden gab es immer etwas: „ist nicht wendig genug“, „gilt allgemein als ein sehr geiziger Mensch“, „ist ... in angetrunkenem Zustand abends in der Bar anzutreffen“, „ist an polit. Fragen nicht interessiert“, „ist in Behandlung ... in der Frauenklinik“. Selbst in puncto Sprache fühlte er sich zum Aufpasser berufen: „Seit geraumer Zeit bedient sich die Kollegin ... eines in der DDR nicht üblichen Sprachschatzes im Gespräch mit ausländischen Bürgern ... So spricht sie beispielsweise von ,Ostberlin‘, von ,Ostmark‘, von ,Westgrenze‘ usw.“
IM Alexander, alias Albrecht Kiefel, der bereits im Astoria als Führungskader gewirkt hatte, übernahm mit der Merkur-Eröffnung 1981 die Leitung des dortigen Verkaufsbüros. Beruflich war er also für die Zimmervermietung in der eigens für Gäste mit Westgeld errichteten Bleibe zuständig. Nebenher versorgte er die Geheimpolizei mit Informationen. Seinen früheren Kollegen aus jener Herberge geht der 68-Jährige heute keineswegs aus dem Weg. Zum 30. Hotelgeburtstag trafen sich im vergangenen Jahr 440 ehemalige Angestellte in dem inzwischen als Westin firmierenden Haus. Man reichte altes Geschirr aus Interhotel-Zeiten herum, hielt Dankesreden und tauschte Anekdoten aus. Fürs Zeitungsfoto nahm Kiefel stolz das Merkur-Logo in die Hände. Schließlich hatte er seinerzeit in einem Wettbewerb die Idee für jenen Hotelnamen eingereicht. Nur ein Kapitel wurde weitgehend ausgeblendet: die dunkle Seite des Merkur.
Der längere, interessante Bericht aus dem Jahr 2012 geht hier weiter:
http://www.haz.de/Nachrichten/Panorama/ ... i-Lauscher