Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Alles zum Thema Geheimdienste und Sicherheit in der DDR und in der BRD

Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Beitragvon Interessierter » 6. Juni 2018, 14:10

Wenn es um die friedliche Revolution von 1989 geht, wird der Dokumentarfilmer Joachim Tschirner zu den Guten gezählt: Bei der großen Demonstration gegen das SED-Regime am 4. November 1989 auf dem Alex hielt er eine vielbeachtete Rede. Er war die Stimme der Revolution - tatsächlich aber war er ein Helfer des Regimes. Jahrelang spitzelte Tschirner für die Stasi.

Bild

Auf dem Alexanderplatz steht ein Lkw-Anhänger mit einem provisorisch zusammen gezimmerten Holzpodium darauf. Als ein Mann mit schwarzem Vollbart und großer Hornbrille auf das Podium klettert und ans Mikrofon tritt, weiß er vielleicht schon, dass er Teil einer ganz großen Sache ist. Wer sich dort hinstellt und über den verknöcherten Sozialismus und die SED-Diktatur spricht, gibt Hunderttausenden Menschen eine Stimme. Die Stimme der Revolution.

Es ist der 4. November 1989. Der Tag, an dem die SED-Führung erkennen muss, dass ihre Macht gebrochen ist. In der Innenstadt Ost-Berlins haben sich eine halbe Million Menschen versammelt.

Auf dem Holzpodium sprechen die Bürgerrechtler Marianne Birthler und Jens Reich, der Schriftsteller Stefan Heym, der Regisseur Heiner Müller, die Schauspieler Ulrich Mühe und Jan Josef Liefers, 26 Redner insgesamt. Um 13.28 Uhr ist jener Mann mit Vollbart und Hornbrille dran: Joachim Tschirner, ein international bekannter Dokumentarfilmregisseur, damals 41 Jahre alt. Er wird fünf Minuten sprechen, sein Thema ist die Unfreiheit der Medien. Tschirner sagt: "Ich glaube nicht daran, dass eine wirkliche Wende möglich ist, solange die noch in den Chefetagen der Sendeanstalten und Redaktionen sitzen, die lediglich ihre Sessel um 180 Grad gedreht haben." Als Tschirner vom Mikrofon wegtritt, brandet Beifall auf.

Es ist die Rede seines Lebens. Das Foto von Tschirner am Mikrofon, im Anorak mit einem Zettel in der Hand, ist eines der Fotos dieses Tages, die sich ins kollektive Gedächtnis Deutschlands eingebrannt haben. Man findet es bei Wikipedia, in Geschichtsbüchern, im Bundesarchiv.

Eine Akte, rund 600 Seiten stark

Aus heutiger Sicht erscheint Tschirners Auftritt wie ein dreistes Schauspiel. Denn nach Recherchen der Berliner Morgenpost soll Tschirner 16 lange Jahre unter dem Decknamen "Hans Matusch" als Inoffizieller Mitarbeiter für die Staatssicherheit gespitzelt haben. Es gibt ein vom SED-Geheimdienst angelegte Akte, rund 660 Seiten stark, sie füllt drei dicke Bände. Diese Akte enthält Protokolle des Verrats an Kollegen, Bekannten und Freunden. Laut dieser Akte war Tschirner 25 und Student, als er sich am 8. Dezember 1973 zur Zusammenarbeit bereiterklärte, handschriftlich. Am 2. Oktober 1989, so besagen es Dokumente, soll er sich letztmals mit seinem Stasi-Führungsoffizier in der konspirativen Wohnung "Kaufmann" getroffen haben. Gut einen Monat vor seinem legendären Auftritt als Reformer auf dem Alexanderplatz also.

Die ganze Geschichte findet man hier:
https://www.morgenpost.de/berlin/articl ... itzel.html

Schwer nachvollziehbar und unverständlich, wie man so dreist und unverfroren sein kann und als Stasi - Spitzel sich aufs Podium stellt. [raus]
Interessierter
 

Re: Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Beitragvon Grenzwolf62 » 6. Juni 2018, 14:21

Jetzt hast du es schon auf respektable zwanzig Zusatzworte zum Link gebracht.
Es soll die Natur des Menschen geben, vielfältig und unergründlich.
Ehe man erhabene dämliche Raus-Grinsebälle platziert, kann man sich ja auch mal in Ruhe Gedanken machen um diese geheimnisvolle Natur des Menschen.
Gut, ist eventuell etwas anspruchsvoll, aber stets einen Versuch wert.
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Re: Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Beitragvon Olaf Sch. » 6. Juni 2018, 15:02

naja vielleicht war er ein Doppelagent? Das System von innen bekämpfen?

@Lupo de frontera: Nomen est omen! Voll der Beißreflex, wa? [hallo]
Olaf Sch.
 

Re: Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Beitragvon Grenzwolf62 » 6. Juni 2018, 16:08

Genau, in good old Latein ist der Wolf wohl sogar Lupo Lupo, doppelt hält halt immer besser.
Bin immer fasziniert von den Sprachkundlern die deutsche Foren auf ausländisch zusabbeln, geht mir irgendwie ab, muss immer meine Gute holen die fließend Englisch, Französisch und Spanisch in Wort und Schrift beherrscht, die übersetzt mir dann den Hafer.
Den spanischen Grenzwolf brachte ich aber übersetzungstechnisch ohne zu googeln gerade noch so selber hin und das danach sollte ja sogar jeder Volksschulkundler kennen.
Was heißt denn Beißreflex auf spanisch?
Meine Gute ist noch auf Arbeit.
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Re: Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Beitragvon pentium » 6. Juni 2018, 16:36

Gibt es da irgendwelche neuen Erkenntnisse? Ich habe hier einen Beitrag dazu, ebenfalls aus dem Jahre 2011

Das Telefonat dauert gut eine halbe Stunde. Nur Stunden später schreibt Tschirners Anwalt eine Mail, in der er rechtliche Schritte androht, falls über den Fall von IM „Hans Matusch“ berichtet und sein Mandat namentlich genannt werde. Einen Katalog schriftlicher Fragen lässt der Anwalt unbeantwortet.

Man muss sich also an Tschirners Akte halten. Sie enthält keine handschriftlichen Berichte von ihm selbst, aber eine Vielzahl von detaillierten Protokollen: ständige Berichte von Treffen mit Vorgesetzten etwa. Und man kann nachlesen, welche Schritte die Stasi auf seine Informationen hin eingeleitet hat. Die Akte ist kein Beweis, sie nährt aber den Verdacht.
https://www.welt.de/politik/deutschland ... nheit.html


Bei Wiki dazu:

Laut einem Bericht der Welt soll Tschirner mehrere Jahre unter dem Decknamen „Hans Matusch“ als IM für die Stasi tätig gewesen sein.[4] Joachim Tschirner äußerte sich dazu in der im Herbst 2012 erschienenen Biografiensammlung von 21 DEFA-Regisseuren. Darin weist er die Vorwürfe der Zeitung zurück. Sie widerspiegelten weder den Inhalt der Gespräche mit Mitarbeitern des MfS noch Tschirners Positionen. Er habe keine denunziatorischen Berichte geschrieben und keine vertraulichen Informationen über Personen weitergegeben. Laut Tschirner ging es bei seinen Kontakten mit der Stasi vor allem um politische Auseinandersetzungen, die sich nicht von denen unterschieden, die er in aller Öffentlichkeit geführt habe.[5]
https://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Tschirner

War er nun oder war er nicht...? Und wer verteilt eigentlich die Titel oder besser was zeichnet einen Revolutionär aus so damals in der Wendezeit...ist man ein Revolutionär nur weil man auf dem Alex eine Rede gehalten hat?

...
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
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Re: Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Beitragvon Grenzwolf62 » 6. Juni 2018, 16:41

Sogar Markus Wolf hat dort eine Rede gehalten.
Ein junger Mann im wohlbehütetem Westen wird wohl zu der selben Zeit in einen Laden gegangen sein um sich traditionell was vom Überangebot abzupflücken wie es halt zu der Zeit im Westen für junge Männer und Mädchen Usus war.
Heute erklären sie uns, nach jahrzehntelangem Studium von Dokumentationen, unsere Befindlichkeiten.
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Re: Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Beitragvon pentium » 6. Juni 2018, 16:51

Grenzwolf62 hat geschrieben:Sogar Markus Wolf hat dort eine Rede gehalten.
Ein junger Mann im wohlbehütetem Westen wird wohl zu der selben Zeit in einen Laden gegangen sein um sich traditionell was vom Überangebot abzupflücken wie es halt zu der Zeit im Westen für junge Männer und Mädchen Usus war.
Heute erklären sie uns, nach jahrzehntelangem Studium von Dokumentationen, unsere Befindlichkeiten.


Ich weiß nicht wer es gesagt hat:

1989 haben die Ostdeutschen eine Revolution gemacht, seit dem erklären Ihnen die Wessis warum und weshalb....
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Re: Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Beitragvon Grenzwolf62 » 6. Juni 2018, 17:29

Rolf Hochhuth?
"Wessis in Weimar" und sonstwo.
[wink]
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Re: Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Beitragvon Olaf Sch. » 6. Juni 2018, 18:04

Grenzwolf62 hat geschrieben:Sogar Markus Wolf hat dort eine Rede gehalten.
Ein junger Mann im wohlbehütetem Westen wird wohl zu der selben Zeit in einen Laden gegangen sein um sich traditionell was vom Überangebot abzupflücken wie es halt zu der Zeit im Westen für junge Männer und Mädchen Usus war.
Heute erklären sie uns, nach jahrzehntelangem Studium von Dokumentationen, unsere Befindlichkeiten.


HA! Du wirfst hier mit Fremdwörtern herum!

da ich etwas längere Zeit im spanisch sprachigen Raum unterwegs war: reflejo de mordida, Cunjo.
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Re: Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Beitragvon augenzeuge » 6. Juni 2018, 18:24

pentium hat geschrieben:
Grenzwolf62 hat geschrieben:Sogar Markus Wolf hat dort eine Rede gehalten.
Ein junger Mann im wohlbehütetem Westen wird wohl zu der selben Zeit in einen Laden gegangen sein um sich traditionell was vom Überangebot abzupflücken wie es halt zu der Zeit im Westen für junge Männer und Mädchen Usus war.
Heute erklären sie uns, nach jahrzehntelangem Studium von Dokumentationen, unsere Befindlichkeiten.


Ich weiß nicht wer es gesagt hat:

1989 haben die Ostdeutschen eine Revolution gemacht, seit dem erklären Ihnen die Wessis warum und weshalb....


Die Westdeutschen wurden schon in ihrer frühen Kindheit darauf konditioniert, immer stark, souverän und dominant tun zu müssen - Unsicherheiten und Schwächen sind kaum erlaubt. Ostdeutsche haben sich in der DDR eingeübt in das Klagsame, was der Westdeutsche nicht darf und was ihn oft nervt. Dieser Untertanengeist auf der einen Seite und das Dominanzstreben auf der anderen lassen sich überspitzen: Dann landen wir bei den Schimpfwörtern "Besserwessi" und "Jammerossi".

[laugh]
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Re: Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Beitragvon pentium » 6. Juni 2018, 19:06

augenzeuge hat geschrieben:
Die Westdeutschen wurden schon in ihrer frühen Kindheit darauf konditioniert, immer stark, souverän und dominant tun zu müssen - Unsicherheiten und Schwächen sind kaum erlaubt. Ostdeutsche haben sich in der DDR eingeübt in das Klagsame, was der Westdeutsche nicht darf und was ihn oft nervt. Dieser Untertanengeist auf der einen Seite und das Dominanzstreben auf der anderen lassen sich überspitzen: Dann landen wir bei den Schimpfwörtern "Besserwessi" und "Jammerossi".

[laugh]


Ach und deshalb will mir ein Wessi erklären, wie es damals war im Herbst 89 und warum und weshalb wir auf der Straße waren, warum die man die Botschaften stürmte in Prag und Warschau...? Irgendwie musst du da was falsch verstanden haben....
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
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Re: Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Beitragvon Grenzwolf62 » 6. Juni 2018, 19:59

AkkuGK1 hat geschrieben:
Grenzwolf62 hat geschrieben:Sogar Markus Wolf hat dort eine Rede gehalten.
Ein junger Mann im wohlbehütetem Westen wird wohl zu der selben Zeit in einen Laden gegangen sein um sich traditionell was vom Überangebot abzupflücken wie es halt zu der Zeit im Westen für junge Männer und Mädchen Usus war.
Heute erklären sie uns, nach jahrzehntelangem Studium von Dokumentationen, unsere Befindlichkeiten.


HA! Du wirfst hier mit Fremdwörtern herum!

da ich etwas längere Zeit im spanisch sprachigen Raum unterwegs war: reflejo de mordida, Cunjo.


Ähm, kannst du mir, eventuell in unser Muttersprache, durchgeben was du von mir willst?
Falls nur lustica gelappo wär es nicht schlimm, falls was konkretes, einfach auf Deutsch rüber damit.
Alles wird, vielleicht, gut.
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Re: Der DDR-Revolutionär war ein Stasi-Spitzel

Beitragvon Interessierter » 7. Juni 2018, 06:46

Da das Thema " zerschossen " wurde, bitte ich den Thread zu schließen.
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