Stasi-Akten Der rätselhafte Tote aus dem Ruppiner See

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Stasi-Akten Der rätselhafte Tote aus dem Ruppiner See

Beitragvon Interessierter » 15. Juli 2017, 11:36

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Der Ruppiner See heute

Es ist ein ungewöhnlicher Notruf, der am frühen Morgen des 31. März 1951 bei der Neuruppiner Polizei eingeht. Ein Mitarbeiter der Wasserwirtschaft Neuruppin teilt mit, man habe eine Leiche aus dem Ruppiner See gefischt. Der Tote habe unterhalb des Feuerlöschgerätewerks VEB Minimax aufrecht im Wasser gestanden, nur der Kopf sei zu sehen gewesen. „Es war unheimlich“, sagt der Anrufer. Die Hände der Leiche seien gefaltet gewesen und hätten sich erst voneinander gelöst, als seine Kollegen den Körper ins Boot zogen.

Mit Sirenengeheul rasen Polizei- und Krankenwagen durch Neuruppin zum See. Noch am Uferrand untersuchen die Beamten die Leiche. Schnell steht fest, dass der Mann keines natürlichen Todes gestorben ist und erst ins Wasser gelangte, als die Leichenstarre bereits eingesetzt hatte. Beim näheren Hinschauen entdecken die Polizisten zudem einen Namen, der in die Socken gestickt ist: R. Heck.

Die Neuruppiner Kripobeamten kennen den Namen. Zwei Monate zuvor hatten sie Richard Heck, einen 1904 in Ostpreußen geborenen Fleischer, als Schwarzmarkthändler verhaftet und an die Stasi-Kreisdienststelle, die damals in der Nähe des Neuruppiner Hafens lag, übergeben. Wie aber ist Heck aus der Stasi-Zelle in den Ruppiner See gelangt? Und wer hat ihn ermordet?

Unter Verschluss

Das Geheimnis um den Toten aus dem Ruppiner See ist offiziell nie aufgeklärt worden. Zwar schwirrten nach dem Leichenfund viele Gerüchte durch Neuruppin, auch Westberliner Zeitungen spekulierten über den Mord. Die wahren Hintergründe aber wurden bis heute nicht erzählt. Denn sie lagen unter Verschluss – in einem besonders gesicherten Archivbereich der Stasi, der sogenannten „Geheimen Hauptablage“ (GH).

Einer dieser Aktenvorgänge trägt die Registriernummer GH 94/55 und umfasst mehr als ein Dutzend Ordner – er enthält die Ermittlungsakten zum Leichenfund im Ruppiner See. Damit lassen sich 66 Jahre nach dem rätselhaften Tod von Richard Heck die Ereignisse jener Tage weitgehend rekonstruieren.

Der Stasi-Akte zufolge hatte Heck im Januar 1951 seine Wohnung in Birkenwerder bei Berlin verlassen und war nach Neuruppin gereist. Dabei hatte er Uhren, Westgeld, Schmuck und einen Koffer voller wertvoller Stoffe. Dinge, mit denen er schon in der Vergangenheit gute Schwarzmarktgeschäfte mit sowjetischen Offizieren in Neuruppin gemacht hatte. Diesmal aber wurde er festgenommen und von der Volkspolizei an die Stasi übergeben.

Knapp zwei Wochen lang war Heck in der schmalen Zelle im Keller des Stasi-Baus eingesperrt. Dann kam der 12. Februar 1951, ein Montag. Es sollte der letzte Tag im Leben von Richard Heck sein.

„Gesprochen wurde nie darüber“

Für die fünf Stasi-Offiziere der Kreisdienststelle stand an diesem 12. Februar eine abendliche Feier an, man beging den ersten Jahrestag der MfS-Gründung. Was sich später am Rande dieser Feier abspielte, erzählte Heinrich R., einer der Beteiligten, Mitte März 1951 den Ermittlern der Potsdamer Stasi-Abteilung IX. Demnach sei der Häftling nach dem Abendbrot gegen 19.30 Uhr ordnungsgemäß in seine Zelle eingesperrt worden. Anschließend habe man mit viel Alkohol in den Räumen der KD gefeiert.

Gegen 23 Uhr aber, so erzählte es R. laut Stasi-Akte seinen Vernehmern, seien plötzlich alle zusammengerufen worden. Gemeinsam sei man in die Zelle im Keller gegangen. Heck, so R., habe bewegungslos auf seiner Pritsche gelegen. Einer von ihnen habe dem Häftling an den Hals gefasst. Dann sei dem offenbar Toten eine Decke übergeworfen worden. Anschließend habe man die Leiche durch den Keller in den Hof zu einem Auto getragen.

Zwei KD-Mitarbeiter seien mit dem Wagen davongefahren und nach einer halben Stunde zurückgekehrt, so R. weiter. „Gesprochen wurde nie darüber“, erinnerte er sich. Einer von ihnen habe lediglich später gesagt, „wenn die Leute hören, der ist getürmt, werden sie auf den Gedanken kommen, dass er sich verfolgt fühlte und deshalb ins Wasser ging“.


Asservate aufgeteilt


Ein paar Tage nach dem Mord seien dann Westgeld, Schmuck und Uhren, die man Heck abgenommen hatte, unter den KD-Mitarbeitern verteilt worden. Es war nicht das erste Mal, dass sich die Neuruppiner Stasi-Leute an Asservaten vergriffen, wie die weiteren Ermittlungen ergaben. Auch in der Vergangenheit hatten sie bereits Wertgegenstände von Festgenommenen oder DDR-Flüchtlingen unter sich aufgeteilt.

Am 26. November 1952 wurden in einem zweitägigen Geheimprozess vier der fünf Neuruppiner Stasi-Mitarbeiter wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Die Richter waren der Überzeugung, die Angeklagten hatten gemeinschaftlich Heck ermordet, um an seine Schmuggelware zu gelangen, und anschließend die Leiche im See verschwinden lassen. Nur Heinrich R. wurde wegen seines Geständnisses vom Mordvorwurf freigesprochen, musste aber auch ins Gefängnis – wegen Unterschlagung von Asservaten erhielt er zwölf Jahre Zuchthaus.

Die Geschichte ist damit aber nicht zu Ende. 1957 kamen alle Verurteilten überraschend wieder auf freien Fuß. In einem streng geheimen Wiederaufnahmeverfahren hielt das Gericht es plötzlich für möglich, dass Heck – unbemerkt von den feiernden Stasi-Mitarbeitern – geflohen und dann von Unbekannten ermordet worden sein könnte.

Die Gründe für den mit der MfS-Führung abgesprochenen Sinneswandel des Gerichts gehen aus der Stasi-Akte nicht hervor. Allerdings kehrte das Quintett nach seiner Entlassung nicht mehr ins MfS zurück, zumindest nicht offiziell. Die fünf kamen in und um Neuruppin als Kraftfahrer unter oder als Zimmermann in einer LPG unter. Einer von ihnen, der ehemalige KD-Chef Reinhold S., fing als Arbeiter im VEB Minimax an, dem am Seeufer gelegenen Neuruppiner Feuerlöschgerätewerk. Sechs Jahre zuvor war vor der Fabrik die Leiche von Richard Heck aus dem Ruppiner See gezogen worden.

http://www.berliner-zeitung.de/berlin/b ... e-26727556

Tja, es war halt die Geheimpolizei der SED - Diktatur und da spielt natürlich auch ein Gericht mit. Die Stasi hatte von Beginn an Blut an ihren Händen, auch wenn man im Fall Domaschk und anderen, später versucht jede Schuld von sich zu weisen.... [denken]
Interessierter
 

Re: Stasi-Akten Der rätselhafte Tote aus dem Ruppiner See

Beitragvon Ari@D187 » 15. Juli 2017, 12:33

Interessierter hat geschrieben:[...]Damit lassen sich 66 Jahre nach dem rätselhaften Tod von Richard Heck die Ereignisse jener Tage weitgehend rekonstruieren.

[...]

Die Todesumstände sind offenbar immer noch rätselhaft.

Ari
Alles wird gut!
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Re: Stasi-Akten Der rätselhafte Tote aus dem Ruppiner See

Beitragvon andr.k » 17. Juli 2017, 14:44

In Neuruppin gab es zu dieser Zeit und gleichen Ort zwei Tötungsdelikte. Allerdings ohne "STASI" oder "Geheimpolizei der SED"!
Man lebt ruhiger, wenn man nicht alles sagt, was man weiß, nicht alles glaubt, was man hört und über den Rest einfach nur lächelt.
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Re: Stasi-Akten Der rätselhafte Tote aus dem Ruppiner See

Beitragvon augenzeuge » 28. Juli 2017, 16:56

andr.k hat geschrieben:In Neuruppin gab es zu dieser Zeit und gleichen Ort zwei Tötungsdelikte. Allerdings ohne "STASI" oder "Geheimpolizei der SED"!


Dazu mach doch bitte einen eigenen Thread auf und berichte. [wink]

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