Der IM Dieter G., der auch den Bauern Wetzel verriet ( siehe Landwirtschaft und Forsten ), taucht auch in dieser tragischen Geschichte wieder auf:
Aber das war erst der Beginn seiner Stasi-Karriere, mit der sich Dieter G. bis zum Ende der DDR einen herausragend abgehobenen Lebenswandel verschafft hat. Später war er als Führungs-IM "Werner Hansen" und Vertrauter von Stasi-Chef Gehlert in Karl-Marx-Stadt in den mysteriösen Todesfall der Perpetua Uhlig verwickelt, der sich in den Abendstunden des 22. September 1976 auf der Jahnstraße 74 in Karl-Marx-Stadt unter merkwürdigen Begleitumständen zugetragen hat. Mit 18 Jahren war das begabte und sehr attraktive Mädchen von der Volkspolizei Dezernat K1 aus der elterlichen Familie herausgelöst und als IM "Rommy" (OG I Reg.-Nr. 1261/71) angeworben worden, bekam eine eigene Wohnung und auch Telefon. Auch über "die sexuelle Frage, ob sie die Pille nimmt", hat der Oberleutnant M. der Kriminalpolizei mit der Achtzehnjährigen gesprochen. Man reibt sich die Augen, darüber in seiner Niederschrift zu lesen. Sie träumte davon, später eine berufliche Karriere bei der Kriminalpolizei vor sich zu haben und bemühte sich, die erteilten Aufträge gut zu erfüllen. Ohne Skrupel wurde sie zur "Betreuung" von Besuchern auf der Leipziger Messe sowie in Berliner Hotels eingesetzt. Viele Berichte hat sie geliefert (OG II Reg.-Nr. 1261/71), die heute noch unter Verschluss sind, in denen es sich wahrscheinlich um Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik aus dem Westen handelt, die nach dem Stasi-Unterlagengesetz heute noch zu schützen sind. Für jeden Auftrag hat sie 50 oder 100 Mark/DDR erhalten, wurde mit Blumen oder Konfekt zum Tag der Volkspolizei geehrt. Gegen Jahresende 1973 wurde sie für "geleistete operative Arbeit" mit Feinwäsche - Feinwäsche von der Volkspolizei! - aus dem Industrieladen Stretta in Karl-Marx-Stadt ausgezeichnet, der Kaufbeleg für zwei Wäschestücke insgesamt über 77 Mark/DDR ist gewissenhaft in ihrer Akte abgeheftet. Aber 1974 wollte sie nicht mehr mitmachen, dekonspirierte sich wiederholt gegenüber ihrer Mutter und Freundinnen im Arbeitskreis, dem Rechenzentrum der Finanzorgane auf der Annaberger Straße - wo die Kollegen bereits ihre Vermutungen hatten. Im Juli 1974 hat die K1 deshalbdie IM "Rommy" abgelegt und ihre Akte archviert, für die K1 war sie nun "verbrannt". Aber seit 1972 wurde sie parallel zur K1 auch vom MfS direkt durch IMF "Werner Hansen", ihren Freund mit Heiratsversprechen Dieter G. geführt und war weiterhin im Einsatz. Endgültig aussteigen wollte sie im Herbst 1976, am liebsten raus aus der DDR, hatte persönliche Kontakte mit einem älteren Robert Bierling aus Bayern und einen intensiven Briefwechsel mit ihm, den die Stasi ganz sicher mitgelesen hat. Das brisante Wissen aus ihrer Tätigkeit wurde ihr nun wahrscheinlich zum Verhängnis, sie wurde zu einem Risikofaktor für das Image der DDR im Westen. Wenige Tage vor ihrem Tod öffnete sie sich unter Tränen ihrem Onkel Eberhard, "sie habe Angst, auch Angst in ihre Wohnung zu gehen, sie sei in der Hand von Leuten, die kein Gewissen hätten und würde von ihnen nur benutzt". Am 22. September 1976 um 16:45Uhr kam sie mit Hausbewohner Dippmann aus dem nahe gelegenen Gemüseladen mit einer Gurke und zwei Kohlrabi ins Haus zurück und habe auch mit Hausmeister Höfer sehr locker geplaudert.
Nach dem Totenschein, den Dr. Lohs (SMH) am nächsten Vormittag ausgestellt hat, war sie bereits um 18:00Uhr tot. Was sich in den Abendstunden des Todestages nach der Rückkehr in ihre Wohnung zugetragen hat, bleibt im Dunkeln. Nach Aufzeichnungen ihres Vaters Siegfried Uhlig will die Nachbarain Frau Schubert gesehen haben, wie "gegen 21:30Uhr ein großer, blonder und hagerer Mann die Wohnung der Perpetua Uhlig verlassen hat". Wenn das stimmt und der Arzt den Todeszeitpunkt einigermaßen genau bestimmt hat, war die junge Frau da bereits drei Stunden tot, als der beschriebene Mann ihre Wohnung verlassen hat. In dieser Zeit konnte die Wohnung auf unerwünschten Nachlass untersucht und dieser beseitigt worden sein.
Am Vormittag des 23. September 1976 - Perpetua Uhlig war 23 Jahre alt - hat sie Dieter G. gasvergiftet in ihrer Wohnung aufgefunden. Im Tagesrapport der Volkspolizei Karl-Marx-Stadt ist als Todesursache "Selbsttötung aus Liebeskummer" festgestellt worden, woran die Familie Uhlig bis heute nicht glaubt. Diese Feststellung erfolgte ohne Obduktion und gerichtsmedizinische Untersuchungen, obwohl die Heimbürgin die Eltern auf stumpfe Verletzungen an Schläfe und Knie der Toten aufmerksam gemacht hatte. Mit Entsetzen hatte die Heimbürgin die Verletzungen beim Waschen der Toten entdeckt, sie waren zunächst übergepudert gewesen. Danach war die Heimbürgin für die Familie Uhlig nicht mehr auffindbar. Ein Abschiedsbrief, Hinweise oder Spuren ihrer geheimenTätigkeit und das gekaufte Gemüse wurden am Tag darauf in ihrer Wohnung nicht gefunden. Waren die Hausbewohner in der ersten Aufregung noch mitteilsam gewesen, stießen die Eltern kurz darauf auf eine Wand des Schweigens. Nach der Beerdigung packte Dieter G. plötzlich aus: "Perpetua habe für die Staatssicherheit gearbeitet und sei auf ihn angesetzt worden", gibt er in einer Befragung zu Protokoll.
Zu den Merkwürdigkeiten gehört auch, dass der Stasi-Chef von Karl-Marx-Stadt, Generalleutnant Gehlert, sich von seinem nur ihm persönlich für Sonderaufgaben unterstellten Major Zech über Details zu diesem Todesfall ausführlich hat berichten lassen, wie aus den Unterlagen der BStU (Stasi-Unterlagenbehörde) in Chemnitz hervorgeht. An Hinweisen zur Aufklärung des Schicksals der jungen Frau hat ihre Familie auch heute noch großes Interesse. Aufschlussreich wäre, wenn sich Zeugen wie die Heimbürgin melden würden. Die Mutter Theresa Uhlig, jetzt im 95. Lebensjahr, hätte sehr gern noch die ganze Wahrheit über den Tod ihrer Tochter erfahren. Nach Unterlagen, aus denen sich eine mutmaßliche Fremdeinwirkung beim Tod der Perpetua Uhlig beweisen lässt, wird in den betreffenden Behörden derzeit noch gesucht. Dabei hofft man, dass bei der Aktenvernichtung im Herbst 1989 irgendwo - auch außerhalb von Karl-Marx-Stadt - Akten zu diesem Vorgang übersehen worden sind.
Heute gilt es als erwiesen, dass die Staatssicherheit der DDR zur Liquidierung von feindlichen Personen mit speziell ausgebildeten Kräften als Auftragsmörder gearbeitet hat. Bei der Aktenvernichtung im Herbst 1989 wurde die präzise Planung zur Ermordung des NVA-Deserteurs und Fluchthelfers Rudi Thurow aus Leipzig als vorgeteuschter Raubüberfalll in West-Berlin durch ein dreiköpfiges Killerkommando der Stasi übersehen und ist so erhalten geblieben. Dabei sollte "dem Verräter mit einem 1000g-Hammer die Schädeldecke eingeschlagen werden", so der von Generalleutnant Kleinjung unterzeichnete Mordplan. Weil der Plan nicht zur Ausführung gelangte, musste der Berliner Staatsanwalt das Ermittlungsverfahren einstellen. Ein Mordplan allein ist schließlich noch keine strafbare Handlung. (1).
Erich Mielke: "Wir sind nicht davor gefeit, dass wir einmal einen Schuft unter uns haben. Wenn ich das jetzt wüsste, würde er ab morgen nicht mehr leben. Kurzer Prozess, weil ich ein Humanist bin. Deshalb habe ich solche Auffassung ... Das ganze Geschwafel von wegen nicht Hinrichtung und nicht Todesurteil - alles Käse, Genossen. Hinrichten, wenn notwendig auch ohne Gerichtsurteil". (2) Die DDR ein Rechtsstaat? Die Zweifel der Familie, dass es beim Tod ihrer Tochter Perpetua Uhlig nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnte, sind daher sehr berechtigt.
http://www.chemnitzer-geschichten.de/in ... m-hof-seinUnd auch hier werden wieder ehemalige Angehörige von MfS und VP uns weismachen wollen, dass es natürlich ein Selbstmord war.