Ihre Rolle in der ARD-Serie "Weissensee" hat alte Wunden aufgerissen. So erinnert sich Schauspielerin Katrin Sass an ihre Stasi-Spitzel.
Turnschuhe, ausgerechnet Turnschuhe! Mit einem Paar weißer Adidas und dem passenden Trainingsanzug versuchte die Stasi, mich zu ködern. Es muss Mitte der achtziger Jahre gewesen sein, ich war knapp 30. Eines Tages klingelte ein Mann an meiner Wohnungstür in Halle. Er stellte sich als Meier, Müller oder Schulze vor, ich weiß es nicht mehr – der Name war gewiss falsch – und sagte, er wolle sich bedanken. Für ein kleines Spontankonzert, das ich ein paar Tage zuvor in einer Kneipe gesungen hatte.
Unter den Zuhörern waren, neben Kollegen aus dem Theater Halle, auch die Spieler einer einheimischen Fußballmannschaft. Nun also übergab er mir, als Dankeschön, einen Fußball mit allen Unterschriften und die begehrten westlichen Sportklamotten. Ich habe mich damals nicht gefragt, woher die spendablen „Sportsfreunde“ wohl meine Kleidungs- und Schuhgröße genau kannten sowie meine Adresse.
Was die Stasi über Peter Sodann wissen wollte
Ich bat ihn hinein. Wir tranken Kaffee und redeten angeregt – bis er begann, mich sanft auszufragen. Und zwar ausgerechnet nach Peter Sodann, dem Intendanten des Neuen Theaters Halle. Ob er in die DDR zurückkommen würde, wenn man ihn in den Westen reisen lassen würde? Und was mit mir wäre? Würde ich „drüben“ bleiben? An dieser Stelle wurde mir das Gespräch unangenehm; ich wurde wohl etwas aggressiv und habe den Mann rasch aus meiner Wohnung komplimentiert. Ein paar Tage später begegnete ich genau diesem Mann auf einem Platz in Halle und wollte hinüberwinken. Aber er drehte sich weg, wollte mich nicht sehen müssen. Da war mir endgültig klar, dass der Herr von der Stasi war.
Ein Stasi-Treffen macht neugierig
Eigentlich wollte ich lange nicht mehr über meine Erfahrungen mit der Stasi reden. Das hat sich aber durch mehrere Erlebnisse während der Dreharbeiten geändert. In dieser Zeit habe ich an einer Führung mit ehemaligen Insassen des Stasi-Gefängnisses in Hohenschönhausen teilgenommen – das hat mich tief beeindruckt. Eines Tages rief mich einer der Zeitzeugen an, den ich dort kennen gelernt hatte, und fragte mich, ob ich abends Zeit hätte? „Dann erlebst du etwas, was dich sehr interessieren wird: ein Stasi-Treffen!“ Natürlich bin ich hingegangen, in die „Ladengalerie“ der Zeitung „Junge Welt“ in der Torstraße. Es wurde ein neues Buch vorgestellt, geschrieben von zwei früheren Stasi-Offizieren, die immer noch stolz auf ihre jahrzehntelange Arbeit für Erich Mielke sind.
Der Zeitzeuge hatte nicht übertrieben: Dieser Abend war wie eine Zeitreise zurück in die Zone – „DDR“ kann ich gar nicht sagen, es sträubt sich bei mir, in diesem Zusammenhang das Wort „demokratisch“ in den Mund zu nehmen. Zweieinhalb Stunden haben uns alte Herren erzählt, was der „böse“ Westen mit der „guten“ DDR alles getan habe und bis heute bei der Aufarbeitung tue. Sie behaupteten, nichts von dem stimme, was in der Gedenkstätte Hohenschönhausen berichtet werde – dabei saß mein Bekannter neben mir, der all das zwei Jahrzehnte zuvor am eigenen Leib erfahren hatte.
Umgang mit dem SED-Staat ist in Schieflage
Als ich mich irgendwann einmischte und fragte, was das denn hier alles solle, wurde ich beschimpft. Das Publikum im ganzen Saal brüllte mich nieder. Das waren alles ältere Semester, ehemalige Stasi-Leute und andere Stalinisten. Richtig gruselig wurde es, als sie meine Freunde und mich warnten, wir sollten nicht glauben, dass wir gewonnen hätten. So kommt es, dass ich heute wohl wieder bei der Stasi als „Feind“ registriert bin – jedenfalls bei denen, die von dem Verein noch übrig sind, und das sind offenkundig nicht wenige.
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Die Räume der JW in denen solche Buchlesungen stattfinden, sind das Mekka für " Ewiggestrige ", so wie das WC für Leute mit Durchfall..