Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Alles zum Thema Kirche und Religion in beiden deutschen Staaten

Re: "Oskar Brüsewitz – Leben und Tod eines mutigen DDR-Pfarrers"

Beitragvon Kumpel » 29. Juli 2016, 15:50

karnak hat geschrieben:...................
Seine irrwitzige Tat war das Ergebnis eines kranken Hirns,nichts weiter,auch in dieser Diktatur DDR völlig unangemessen und überzogen.Durch den Westen wurde er benutzt und instrumentalisiert,OBWOHL man gewusst haben dürfte mit wem man es eigentlich zu tun hat.
...................




...noch voll auf der SED Welle? Manche Dinge wird man halt nie los , ist wie mit dem Kaugummi am Schuh.
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Re: "Oskar Brüsewitz – Leben und Tod eines mutigen DDR-Pfarrers"

Beitragvon karnak » 29. Juli 2016, 15:57

Kumpel hat geschrieben:


...noch voll auf der SED Welle? Manche Dinge wird man halt nie los , ist wie mit dem Kaugummi am Schuh.

[grin] Die SED braucht man heute dazu nicht mehr,einfach lesen was zu dem Mann geschrieben wird,nur die unstrittigen Fakten,mehr braucht es nicht,dürfte auch für Dich kein Problem sein,man muss es natürlich auch wissen wollen.Hat man das getan kann man eigentlich zu keinem anderen Ergebnis kommen.Wenn doch,bitte schön [ich auch] .
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Re: "Oskar Brüsewitz – Leben und Tod eines mutigen DDR-Pfarrers"

Beitragvon Kumpel » 29. Juli 2016, 16:12

Der Mann hatte offenabr psychische Probleme, dass diese zu seinem Suizid geführt haben wurde bekanntlich von der gleichgeschalteten SED verbreitet und dies auch nur als dies im Westfernsehn geschehen war.
Das ein Pfarrer anhand der gesellschaftspolitischen Situation in der DDR verzweifeln konnte kann ich mir gut vorstellen , die ev. Kirche war in der DDR stets in der Defensive und von der Stasi erheblich unterwandert.
Das wird für dich als ehemaliger "strammer" Stasi schwer zu verstehen sein , aber selbst für mich hatte mein Dasein in der DDR schon so einen Geschmack von vorgezeichneter Ausweglosigkeit.
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Re: "Oskar Brüsewitz – Leben und Tod eines mutigen DDR-Pfarrers"

Beitragvon karnak » 29. Juli 2016, 16:21

Dann lies einfach als "nicht strammer Stasi"seine Lebensgeschichte, wie ihn seine Gemeindemitglieder gesehen haben,wie er sich selbst gesehen hat im Besonderen,dann wirst Du feststellen müssen,dass die SED AUSNAHMSWEISE in dem Fall zu Grundsätzlichem mal recht hatte und der Westen den Mann und seine Tragik schäbisch missbraucht,benutzt und instrumentalisiert hat.Wenn das nicht in Dein Weltbikd passt tut mir das leid, aber so ist es nun mal.
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Re: "Oskar Brüsewitz – Leben und Tod eines mutigen DDR-Pfarrers"

Beitragvon Kumpel » 29. Juli 2016, 16:53

Das hat mit meinem Weltbild mal rein garnichts zu tun in das du mich hier reinschieben möchtest. Sondern mit meinen Erfahrungen in der DDR.
Dazu gehört nun einmal , dass sich die SED ihren Herrschaftanspruch immer weiter ausbaute und selbst die Kirche ständig in Bedrängnis war.
Ein Pfarrer wie Brüsewitz , der sehr engagiert und in seiner Aufgabe verwachsen war stand dabei in einem ständigen Konflikt mit dem Staat. Er sah , dass sich dieser Staat permanent innerlich mehr und mehr militarisierte und Feindbilder benötigte um seine Macht zu legitimieren.Dies wiedersprach der christlichen Lehre diametral.
Ich hatte selbst einige Verwandte , die sehr religiös waren und sich in der DDR nie wohl fühlten weil sie die Kirche bekämpfte.
Das sich bei Pfarrer Brüsewitz dieser Konflikt vielleicht mit einer psychischen Vorerkrankung noch verstärkt hat und er daher keinen anderen Weg für sich sah ist nich auszuschließen.
Seine Selbstverbrennung nach SED Lesart ausschließlich seiner Psyche zuzuschreiben greift meiner Meinung nach zu kurz und ist gedacht ihn nachträglich zu verunglimpfen.
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Re: "Oskar Brüsewitz – Leben und Tod eines mutigen DDR-Pfarrers"

Beitragvon karnak » 29. Juli 2016, 16:59

Wobei auch sein Weg zur Kirche ein Besonderer war.
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon Danny_1000 » 29. Juli 2016, 19:15

@Karnak,
vielleicht lehnst Du dich in diesem Fall etwas zu weit aus dem Fenster. Dass der Pastor psychisch krank - oder aber zumindest psychisch angeschlagen war - ist unstrittig. Dass dies aber der ausschließliche Grund für seine Selbstverbrennung war, zweifle auch ich an. Der Staat DDR hat ihn nämlich schon ganz schön zugesetzt.

Glaubt man Wikipedia, Zitatanfang:
„Das Neue Deutschland brachte am 31. August 1976 unter dem Titel „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden“ einen verleumderischen Bericht mit der Behauptung, die Selbstverbrennung wäre die Tat eines krankhaft veranlagten Menschen, der „nicht alle fünf Sinne beisammen“ habe.“ Zitatende


30 Jahre später entschuldigte sich das ND: Wikipedia, Zitatanfang:
„Zum 30. Todestag 2006 entschuldigte sich das Neue Deutschland förmlich für den damaligen Artikel, der „in einem der zahlreichen Büros des Zentralkomitees der Partei“ entstanden sei und den es als „üble Verleumdung“ bezeichnete….“Zitatende.


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Re: "Oskar Brüsewitz – Leben und Tod eines mutigen DDR-Pfarrers"

Beitragvon Wosch » 29. Juli 2016, 19:49

karnak hat geschrieben:Wobei auch sein Weg zur Kirche ein Besonderer war.




Fuer mich Sind Deine Ausfuehrungen Zur Person und zum Tode des Pfarrer Bruesewitz das ALLERLETZTE, wobei ich nur noch anmerken will, das gerade solche "Individien" wie Die mit Deiner Stasi-Vergangenheit sich am "Ergebnis" ein Stueckchen von der Schuld abschneiden koennten
Die Verunglimpfung dieses DDR-Opfer's ist eine Schande.
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon ratata » 29. Juli 2016, 20:30

Karnak, deine Antworten setzen mich wieder in das Jahr 1976 zurück , in allen Medien der DDR wurde er als psychisch Kranker Pfaffe hingestellt . [sick]
Deine Antwort zeigt mir echt , daß du deine Vergangenheit nicht ablegen kannst . [muede]
Danke Wosch , du hast ihn auch durchschaut . ratata

Am 13.8. Marienborn ,Feierstunde zum 20 jährigen Bestehen der Gedenkstätte . War doch mal dein Arbeitsplatz , an der Strahlenkanone ,die es ja nicht gab .Alles lüge [angst]
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon karnak » 30. Juli 2016, 10:55

Danny_1000 hat geschrieben:@Karnak,
vielleicht lehnst Du dich in diesem Fall etwas zu weit aus dem Fenster. Dass der Pastor psychisch krank - oder aber zumindest psychisch angeschlagen war - ist unstrittig. Dass dies aber der ausschließliche Grund für seine Selbstverbrennung war, zweifle auch ich an. Der Staat DDR hat ihn nämlich schon ganz schön zugesetzt.

Glaubt man Wikipedia, Zitatanfang:
„Das Neue Deutschland brachte am 31. August 1976 unter dem Titel „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden“ einen verleumderischen Bericht mit der Behauptung, die Selbstverbrennung wäre die Tat eines krankhaft veranlagten Menschen, der „nicht alle fünf Sinne beisammen“ habe.“ Zitatende


30 Jahre später entschuldigte sich das ND: Wikipedia, Zitatanfang:
„Zum 30. Todestag 2006 entschuldigte sich das Neue Deutschland förmlich für den damaligen Artikel, der „in einem der zahlreichen Büros des Zentralkomitees der Partei“ entstanden sei und den es als „üble Verleumdung“ bezeichnete….“Zitatende.


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[grin] Wäre natürlich hilfreich gewesen wenn hier zu lesen wäre was zwischen"Zitatanfang"und "Zitatende" zum Pfarrer Brüsewitz noch so bei Wiki steht.Von weiterführenden Informationen zu der Person will ich gar nicht reden,aber auch die sind relativ leicht zu bekommen.Nur auf diesen Informationen gründet sich meine Einschätzung,nicht auf denen des damaligen ND oder der SED. Ich kenne natürlich den"Trick"mit der "Kunst des Weglassens",aber ein bisschen geschickter könnte man es schon anstellen.
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon augenzeuge » 31. Juli 2016, 09:01

karnak hat geschrieben:Nur auf diesen Informationen gründet sich meine Einschätzung,nicht auf denen des damaligen ND oder der SED.


Ist doch schön, wenn du etwas dazu gelernt hast. Kannst du ja nun weiter erzählen... [grins]
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon karnak » 31. Juli 2016, 09:14

augenzeuge hat geschrieben:
karnak hat geschrieben:Nur auf diesen Informationen gründet sich meine Einschätzung,nicht auf denen des damaligen ND oder der SED.


Ist doch schön, wenn du etwas dazu gelernt hast. Kannst du ja nun weiter erzählen... [grins]
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Also mir wäre es erstmal lieber wenn man mir erzählen würde warum ich bei den vorhandenen,unstrittigen Fakten Unrecht haben soll.
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon augenzeuge » 31. Juli 2016, 09:24

karnak hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:
karnak hat geschrieben:Nur auf diesen Informationen gründet sich meine Einschätzung,nicht auf denen des damaligen ND oder der SED.


Ist doch schön, wenn du etwas dazu gelernt hast. Kannst du ja nun weiter erzählen... [grins]
AZ

Also mir wäre es erstmal lieber wenn man mir erzählen würde warum ich bei den vorhandenen,unstrittigen Fakten Unrecht haben soll.


Aber das hat doch Danny oben schon getan. Du verurteilst den Mann aufgrund deiner persönlichen Einstellung welche sich aus falschen Informationen entwickelte. Das geht nicht.
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon karnak » 31. Juli 2016, 09:45

Ich verurteile den Mann überhaupt nicht,ich stelle nur fest, dass er ganz offensichtlich und völlig unstrittig über Jahrzehnte und schon lange vor seinen widerständlichen Aktivitäten gegen das DDR-Regime massiv an physischen Problemen litt, und diese Informationen stammen nicht aus DDR Publikationen ,zu seinem persönlichen Unglück bei seiner, wohl aus persönlich-familiären Gründen,"Flucht"in die DDR auch noch ganz offensichtlich an religiöse Eiferer geraten ist,die,wahrscheinlich nicht vorsätzlich,aber trotzdem ein leichtes Spiel mit ihm hatten.Und so hat das Unglück eben seinen Lauf genommen,bis zum bitteren,völlig verrückten Ende.Das gewisse bornierte Vertreter der DDR-Staatsorganen die mit solchen Dingen nicht umgehen konnten oder wollten ist eine ganz andere Frage,dass kam noch ergänzend hinzu und das will ich gar nicht bestreiten. In dieser Zeit hätte er übrigens auch in der Bundesrepublik auf ein gewisses "Unverständnis"stoßen können.
Und so war für mich sein Widerstand und sein Protest in großen Teilen auch der Versuch ein Ventil zu finden um seine persönlichen Probleme aus dem Kopf zu bekommen.Etwas was übrigens auch in solchen Foren wie hier recht verbreitet ist,zumindest ist das mein Eindruck. Das sehe übrigens nicht nur ich so,sondern auch Mitglieder seiner alten Gemeinde und seiner "Kirchenfürsten". Denen wird NATÜRLICH von einer anderen Sorte Eiferer automatisch staatsnähe oder vielleicht sogar IM Tätigkeit angehängt,was auch sonst,anders ist für solche deren Analyse natürlich nicht erklärbar.
Vielleicht noch ergänzend dazu,ich hatte selbst,über die Heirat meines Bruders Kontakt zu Vertretern einer freikirchlichen Gemeinde wie eben der Brüsewitz.Ich habe nur am Rande mitbekommen wie man dort im Stile von Scientology mittels Gehirnwäsche ,Mobbing,Ausgrenzung und ähnlichen Aktivitäten"diszipliniert"hat. Und diese Erkenntnisse habe ich außerhalb der Stasi gewonnen und der auch verheimlicht. [flash]
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon Icke46 » 1. August 2016, 10:57

augenzeuge hat geschrieben:
Der Mann war kein Irrer.

AZ


Man sollte allgemein psychisch Kranke Menschen nicht als Irre bezeichnen, sondern eben als kranke Menschen.

Gruss

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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon karnak » 1. August 2016, 11:29

Also ich habe das nicht getan,wenn man mir das vielleicht anhängen will,dafür kann ich nicht.
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon Interessierter » 7. August 2016, 15:20

Zitat karnak:
ch verurteile den Mann überhaupt nicht,ich stelle nur fest, dass er ganz offensichtlich und völlig unstrittig über Jahrzehnte und schon lange vor seinen widerständlichen Aktivitäten gegen das DDR-Regime massiv an physischen Problemen litt


Hallo Kristian,
mich würde einmal die Quelle interessieren, die Dich behaupten lässt, dass B. völlig unstrittig über Jahrzehnte massiv an physischen ( oder meinst Du psychischen ) Problemen litt.
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon Interessierter » 9. August 2016, 09:09

Auch wenn meine Frage an den Kristian unbeantwortet blieb, stelle ich einmal hier das Ergebnis jahrelanger Recherchen des Schriftstellers und Journalisten Alexander Richter ein:

DAS UNBEKANNTE LEBEN DES PFARRERS OSKAR BRÜSEWITZ


Als Oskar Brüsewitz am 30. Mai 1929 in Willkischken geboren wurde, gehörte das Dorf, das über die Luisenbrücke in Tilsit zu erreichen war, zum Memelland, das 1923, fünf Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, der Republik Litauen zugeschlagen und 1939 wieder dem Deutschen Reich eingegliedert worden war.

In dieser unruhigen Grenzregion ist Oskar Brüsewitz als drittes Kind eines verarmten Handwerkers aufgewachsen und begann 1943, als er mit 14 Jahren die Volksschule verlassen hatte, eine kaufmännische Lehre, die er freilich schon 1944, ein Jahr vor Kriegsende, wegen der Kriegsereignisse wieder abbrechen musste.

Nun hat der 1949 geborene Schriftsteller und Journalist Alexander Richter, 1985 freigekaufter Ex-Häftling des DDR-Zuchthauses Brandenburg, der heute als Chefredakteur der Häftlingszeitschrift „Freiheitsglocke“ in Emsdetten/Westfalen wohnt, jahrelang das Leben des Oskar Brüsewitz erforscht und eine Ausstellung erarbeitet, die seit 6. Mai in Burgsteinfurt bei Münster zu sehen ist. Aber schon 2006 hat er das Buch „Das Unfassbare: Ideale und Konsequenzen im Leben und Tod des Oskar Brüsewitz“ veröffentlicht; seitdem hat ihn das Thema nicht mehr losgelassen.

Eine besondere Hilfe bei seiner biografischen Recherche war für Alexander Richter die neunbändige Dorfchronik von Wischwill, die Hans-Ehrhardt von Knobloch (1921-2009), geboren in Tilsit, aber aufgewachsen auf Gut Riedelsberg bei Wischwill, seit 1986 erstellt hat. Danach sind die Eltern Brüsewitz mit ihren vier Söhnen und der Tochter irgendwann von Willkischken nach Wischwill umgezogen, wo es günstigere Arbeitsmöglichkeiten gab. Von Pfarrer Erich Moser, der im März 1945 in Guben an der Neiße gefallen ist, ist Oskar Brüsewitz vermutlich am 10.April 1944 (Ostermontag) konfirmiert worden. Wegen einer Lungenerkrankung war er um ein Jahr zurückgestellt worden, weshalb erst 1944 Konfirmation und Schulentlassung erfolgten. Danach begann er eine kaufmännische Lehre in der Kreisstadt Heinrichswalde im Landkreis Elchniederung; das lag südlich der Memel in Ostpreußen. Am 13. Oktober 1944 wurde Wischwill von der „Roten Armee“ besetzt.

Die nächste Lebensstation der Flüchtlingsfamilie Brüsewitz war Mohsdorf, 15 Kilometer nördlich der sächsischen Industriestadt Chemnitz gelegen. Dorthin waren Mutter Agathe mit ihrer 1932 geborenen Tochter Helga aus dem Memelland geflüchtet. Vater Arthur Brüsewitz war damals in sowjetrussischer Gefangenschaft, die drei Söhne Benno (1926), Bernhard (1928) und Oskar (1929) waren 1946, zwei Jahre nach Kriegende, noch immer in amerikanischer. Der jüngste Sohn Arnold (1930) hat dann auch irgendwie Mohsdorf erreicht. Oskar, der aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft hatte fliehen können, ging in der Stadt Burgstädt im heutigen Landkreis Mittelsachsen bei einem Schuhmacher in die Lehre und übersiedelte nach bestandener Gesellenprüfung nach Melle bei Osnabrück in Westfalen, wohin auch seine Eltern mit den beiden jüngsten Kindern über die Zonengrenze gegangen waren.

Obwohl Alexander Richters Buch 420 Seiten dick ist, sind die Lebensstationen nur bis zum Jahr 1964 erfasst (ein zweiter Band wird folgen). Da lebte Oskar Brüsewitz schon zehn Jahre in der DDR und besuchte 1964/69 die Predigerschule in Erfurt, worauf er 1970 in Wernigerode/Harz zum Pfarrer ordiniert wurde und eine Pfarrstelle in Rippicha/Landkreis Zeitz zugewiesen bekam.

http://f3.webmart.de/f.cfm?id=2165073&r ... 71509&pg=1

Also von jahrzehntelangen physischen oder psychischen Problemen, weiß der Alexander Richter nichts zu berichten.
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon karnak » 9. August 2016, 11:51

[grin] Ich denke mal ich habe das ziemlich ausführlich beschrieben.Kannst aber dazu leicht bei Wiki nachlesen,dass reicht eigentlich schon um zu entsprechenden Schlüssen zu kommen.Der Mann ist ganz offensichtlich über Jahrzehnte durch persönliche Schicksalsschläge und wahrscheinlich durch individuelle Veranlagung in ein immer größeres Dilemma geschlittert,meinte wohl mit dem völlig merkwürdigen Agieren in Richtung des DDR-Regimes ein Ventil dafür gefunden zu haben.Die dabei fehlende oder unzureichende Unterstützung durch seine Gemeindemitglieder und seine kirchlichen Vorgesetzten hat ihn dann in diesen Wahnsinn getrieben.Das wusste und weiß man auch alles,es ist nämlich leicht zu durchschauen und zu erkennen,die Fakten sind völlig unstrittig und leicht zu finden, passen aber einigen nicht in ihr betoniertes Weltbild,also werden diese Zusammenhänge einfach totgeschwiegen. Leute die aus ideologischen Gründen Geschichtsklitterei betreiben, übersehen oder ignorieren das einfach.Dieser Journalist gehört ganz offensichtlich auch dazu.
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon pentium » 9. August 2016, 12:25

Ja der Wahnsinn!
Deine Ausführungen @Karnak erinnern ganz stark an den Kommentar des SED-Zentralorgans "Neues Deutschland" vom 31. August 1976 bei. Darin beschrieb man Brüsewitz als abnorm und geisteskrank.

Aber lesen wir doch einmal was die EKD im Jahre 2006 so schrieb:

Zitat:
Denn die zuständige Kirchenleitung stellte sich von Anfang an hinter ihren Pfarrer. Sie war es auch, die die Selbstverbrennung als "flammende Anklage an uns selbst" verstand. Brüsewitz habe, sagte Bischof Werner Krusche im September 1976, seiner Kirche "die Frage ins Herz brennen wollen", warum es sie so kalt lasse, wenn sich Menschen von der Kirche abwenden. Im Jahr darauf schrieb er, Brüsewitz' Tod habe "eine heilsame Beunruhigung und ein leidenschaftliches Nachdenken" ausgelöst.
...
Aber auch außerhalb der Kirche blieb das "Fanal von Zeitz" nicht ohne Wirkung. Bei vielen Christen und Nichtchristen, selbst bei jungen Marxisten, erwachte die Bereitschaft, nicht mehr alles widerspruchslos hinzunehmen. Dazu trug vor allem ein Kommentar des SED-Zentralorgans "Neues Deutschland" vom 31. August 1976 bei. Darin beschrieb ihn die Parteiführung als abnorm und geisteskrank.
...
Die kirchlichen Leitungen haben dem nachdrücklich widersprochen und die SED zu Toleranz gegenüber Andersdenkenden gedrängt. Doch zu Toleranz war die Parteiführung weder fähig noch bereit - am allerwenigsten dort, wo es um den ideologischen Einfluss auf junge Menschen ging. Daran konnte auch der "Burgfrieden" nichts ändern, den Kirche und Staat anderthalb Jahre später am 6. März 1978 schlossen.

http://www.ekd.de/aktuell_presse/news_2 ... ewitz.html

Noch ein kleines Zitat:
Rippicha, ein kleines Dorf nahe Zeitz, im südlichsten Zipfel von Sachsen-Anhalt. Ein paar Häuser, Wiesen mit Schierlingskraut, ein Weiher. Und eine Kirche. An ihrer Mauer erinnert ein Schild an Oskar Brüsewitz, auf dem Friedhof an der Kirche leuchten rot und weiß die Blumen auf seinem Grab. Im Giebel des dahinter liegenden Hauses ist ein kleines Loch, dahinter hatte die Stasi eine automatische Kamera installiert. Man musste doch wissen, wer das Grab eines Staatsfeindes besuchte, jetzt hätte es längst geklickt. Ein Foto für die Akten.
http://www.moak.de/forum/forum_entry.php?id=340

Ja ein Foto von jedem der das Grab besuchte, wozu eigentlich, wenn es ein armer "Kranker" war?

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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon karnak » 9. August 2016, 14:20

pentium hat geschrieben:Ja der Wahnsinn!
Deine Ausführungen @Karnak erinnern ganz stark an den Kommentar des SED-Zentralorgans "Neues Deutschland" vom 31. August 1976 bei. Darin beschrieb man Brüsewitz als abnorm und geisteskrank.

Aber lesen wir doch einmal was die EKD im Jahre 2006 so schrieb:

Zitat:
Denn die zuständige Kirchenleitung stellte sich von Anfang an hinter ihren Pfarrer. Sie war es auch, die die Selbstverbrennung als "flammende Anklage an uns selbst" verstand. Brüsewitz habe, sagte Bischof Werner Krusche im September 1976, seiner Kirche "die Frage ins Herz brennen wollen", warum es sie so kalt lasse, wenn sich Menschen von der Kirche abwenden. Im Jahr darauf schrieb er, Brüsewitz' Tod habe "eine heilsame Beunruhigung und ein leidenschaftliches Nachdenken" ausgelöst.
...
Aber auch außerhalb der Kirche blieb das "Fanal von Zeitz" nicht ohne Wirkung. Bei vielen Christen und Nichtchristen, selbst bei jungen Marxisten, erwachte die Bereitschaft, nicht mehr alles widerspruchslos hinzunehmen. Dazu trug vor allem ein Kommentar des SED-Zentralorgans "Neues Deutschland" vom 31. August 1976 bei. Darin beschrieb ihn die Parteiführung als abnorm und geisteskrank.
...
Die kirchlichen Leitungen haben dem nachdrücklich widersprochen und die SED zu Toleranz gegenüber Andersdenkenden gedrängt. Doch zu Toleranz war die Parteiführung weder fähig noch bereit - am allerwenigsten dort, wo es um den ideologischen Einfluss auf junge Menschen ging. Daran konnte auch der "Burgfrieden" nichts ändern, den Kirche und Staat anderthalb Jahre später am 6. März 1978 schlossen.

http://www.ekd.de/aktuell_presse/news_2 ... ewitz.html

Noch ein kleines Zitat:
Rippicha, ein kleines Dorf nahe Zeitz, im südlichsten Zipfel von Sachsen-Anhalt. Ein paar Häuser, Wiesen mit Schierlingskraut, ein Weiher. Und eine Kirche. An ihrer Mauer erinnert ein Schild an Oskar Brüsewitz, auf dem Friedhof an der Kirche leuchten rot und weiß die Blumen auf seinem Grab. Im Giebel des dahinter liegenden Hauses ist ein kleines Loch, dahinter hatte die Stasi eine automatische Kamera installiert. Man musste doch wissen, wer das Grab eines Staatsfeindes besuchte, jetzt hätte es längst geklickt. Ein Foto für die Akten.
http://www.moak.de/forum/forum_entry.php?id=340

Ja ein Foto von jedem der das Grab besuchte, wozu eigentlich, wenn es ein armer "Kranker" war?

pentium

Ach was,dass ist doch eines dieser allseits beliebten Totschlagargumente mit dem man ruhig und als unverbesserlicher Betonkopf hingestellt werden soll. Jeder der sich heute auch nur etwas mit den bekannten Fakten und Zusammenhängen des damaligen Falls beschäftigt muss eigentlich zu dem gleichen Ergebnis kommen.Und weil das eben so ist,hält sich die öffentliche Empörung zu dem Fall und die Ehrung dieses Mannes durch eine gewisse Klientel auch in relativen Grenzen,man will sich nicht lächerlich machen wenn unglücklicherweise sich wirklich mal jemand traut Klartext zu reden.
Das nun die DDR und die dort herrschenden ganz speziellen Nasen mit solchen Dingen und Personen nicht umgehen konnten und ihre Medien und "Schutz und Sicherheitsorgane" Vertreter mit wenig"Talent"für solche Dinge in die Spur schickten ist dann gleich das nächste Thema. Zumindest in dem Fall lag man mit der Bewertung des Menschen Brüsewitz, was seine Psyche angeht, jedenfalls nicht völlig falsch.Das der Mann sich nun ausgerechnet den Kampf gegen die Diktatur DDR ausgesucht hatte um seine eigentlichen Probleme zu lindern war unglücklich und zum Scheitern verurteilt,es ist mir allerdings aus dem Schreiben in solchen Foren bekannt.
Und was hätte ein Kirchenmann wie der Bischof denn sagen sollen,natürlich was Watteweiches,trotz aller seelsorgerischer Aktivität hat er gefragt warum sich Menschen von der Kirche abwenden und meinte damit Brüsewitz,mehr Diplomatie eines Bischofs ging nicht um den Fall zu definieren und was man EIGENTLICH davon hält. Wird aber wohl ein IM gewesen sein,der Bischof, eine andere Erklärung kann es eigentlich nicht geben.
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon Kumpel » 9. August 2016, 14:29

karnak hat geschrieben:....................
Das nun die DDR und die dort herrschenden ganz speziellen Nasen mit solchen Dingen und Personen nicht umgehen konnten und ihre Medien und "Schutz und Sicherheitsorgane"und Vertretern mit wenig"Talent"für solche Dinge in die Spur schickten ist dann gleich das nächste Thema.
...................


Nun ja , steile These , die das Agieren der Genossen damals gegen jedwede Oppositin als ungeschicktes tölpelhaftes Handeln relativiert.
Es war doch in Wahrheit der auf die eigenen Fahen geschriebene Klassenkampf gegen konterrevolutionäre Umtriebe und gegen die Kräfte der Zersetzung.Da war doch mal jedes Mittel recht.Hast du das etwa schon vergessen?
Wie hätte denn geschicktes Handeln aussehen sollen ausser Zersetzung und Einschüchterung? Ab nach Bautzen und gegen DM aus der DDR Staatsbürgerschaft entlassen? Oder ein Dialog mit der Opposition die es doch in der DDR garnicht geben durfte?
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon karnak » 9. August 2016, 14:44

Kumpel hat geschrieben:Wie hätte denn geschicktes Handeln aussehen sollen ausser Zersetzung und Einschüchterung? Ab nach Bautzen und gegen DM aus der DDR Staatsbürgerschaft entlassen? Oder ein Dialog mit der Opposition die es doch in der DDR garnicht geben durfte?

Das "geschickte Handeln"hätte es nicht gegeben können,da hast Du schon recht,dazu war man schon lange in der selbst aufgestellten Falle gefangen. Wobei das mit dem erwähnten Bautzen und Häftlingsfreikauf ja stimmen soll ,die Erwähnung dessen in dem Fall aber doch auch nur dazu dienen soll einen "aufsässigen Stasi-Büttel" ruhig zu stellen,bei mir funktioniert diese Taktik aber nicht,dass müsstest Du doch eigentlich nun wissen. [grin] Das hat aber alles nichts mit einer nüchtern Bewertung dieses speziellen Falls mit entsprechendem zeitlichem Abstand zu tun.
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon pentium » 9. August 2016, 16:32

Hatten wir diesen Beitrag schon?

Er traf den Nerv
Die Selbstverbrennung von Oskar Brüsewitz im August 1976 und die Folgen
Karl-Adolf Zech, Berlin


Ein Pfarrer, Oskar Brüsewitz, verbrannte sich öffentlich.

Dieser Beitrag erinnert daran und beschreibt aus persönlicher Sicht die Folgen, die sich aus einem vorsichtigen Durchbrechen von verordneter Unmündigkeit, von erwartetem Schweigen und Wegsehen im Zusammenhang mit dieser Tat ergeben konnten.1 Er versucht damit, etwas von dem Lebensgefühl in der verflossenen Diktatur zu vermitteln, das den altbundesrepublikanischen Mitbürgern so schwerverständlich zu machen ist und dessen Auswirkungen noch lange nachwirken werden.

Anhand der heute auswertbaren Unterlagen wird manches Detail der Arbeitsweise des DDR-Repressionsapparates, besonders auch der Linie XVIII der Staatssicherheit 2 , sichtbar.
...

Kirchen im SED-Staat

Dass die kleinen Kirchen in der DDR der große Angstgegner von SED und Staatssicherheit waren, ist bekannt und belegt. Gleichwohl standen sie auch von anderen Seiten unter starker Kritik: Manchem Christen waren sie zu angepasst an den SED-Staat, kritischen kirchlichen und nichtkirchlichen Gruppen zuwenig deutlich, zu schweigsam, zu kooperativ. Besonders nach der »Wende« schlugen die Wogen der Kritik hoch; es kam gar zu einem Vergleich von Ost-Kirchenleitungen mit den »Deutschen Christen«, der nazi-ergebenen Kirchenparteiung.3 Richard Schröder charakterisierte dieses Wechselbad mit den Worten: »Zuerst zuviel der Ehre, dann zuviel der Schande.«

Am 18. August diesen Jahres jährt sich zum zwanzigsten Male ein Ereignis, das wie kein anderes für diesen Widerstreit steht: die Selbstverbrennung des evangelischen Pfarrers Oskar Brüsewitz vor der Michaeliskirche in Zeitz. Diese Tat und ihre Folgen zeigten auch ein weiteres: Die ideologischen, taktischen oder Gewalt anwendenden Mittel einer totalitären Macht können dort an ihre Grenze stoßen, wo sich Christen vor eine klassische Bekenntnissituation gestellt sehen. Sie zeigt auch, welche Bedeutung Symbolhandlungen - schon bei den alten jüdischen Propheten beliebt - in erstarrten Strukturen haben können.

Das Herrschaftssystem der DDR basierte auf einem scholastischen Prinzip. Geschriebenes war zitierfähig, und das hatte Wahrheitsanspruch. Alle Erkenntnis war auf die »Klassiker« und ihre heutigen Exegeten zurückzuführen. Man musste nur dafür sorgen, dass das Geschriebene den aktuellen Parteizielen entsprach. Das ist auch ein Grund dafür, dass die »immer recht« habende SED sich derart vor westlichen Medien ängstigte, aber eben auch vor öffentlicher Meinungsäußerung im eigenen Lande, gesprochen oder geschrieben, etwa als Flugblatt. Ohne staatliches Einschreiten, ohne Tabuisierung, wäre es zitierfähig gewesen und hätte Fragen provozieren können, auf die die Macht keine Antwort hatte.

Es gab in der DDR einen einzigen öffentlichen Bereich, in dem man »nicht sagen musste, was man nicht dachte«4: die Kirchen. Und ganz unabhängig davon, oh sich manche von ihnen zuzeiten gefügiger, angepasster verhielten oder nicht, war ihre bloße Existenz schon ein hochpolitischer Faktor, auf den die SED stets besonders zu achten hatte. Das sage ich auch gerade deshalb, weil sich meine christliche Sozialisation in der nicht unproblematischen Thüringer Kirche vollzog. Innerkirchlich gab es natürlich ein breites Spektrum von Positionen in der Frage, wie weit der Dienst der Kirche in Öffentlichkeit hineinzugehen, auf welche Weise er Öffentlichkeit überhaupt wahrzunehmen habe.

3 So Hubertus Hoffmann, damaliger Vorsitzender des Journalisten-Bildungsinstitutes Sachsen-Anhalt e.V., auf einem Symposium zu Brüsewitz in Halle, am 5. 10. 1993.
4 Vgl. Reiner Kunze, Die wunderbaren Jahre, Frankfurt am Main 1976, das Gedicht »Orgelkonzert«.

http://www.zechweb.de/ErTrafDenNerv.htm

mfg
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon pentium » 9. August 2016, 17:33

Er traf den Nerv
Die Selbstverbrennung von Oskar Brüsewitz im August 1976 und die Folgen
Karl-Adolf Zech, Berlin


Noch einen kleinen Ausschnitt:
Zitat:
Am 22. August 1976 starb Oskar Brüsewitz. Niemand war zu ihm gelassen worden, nicht einmal seine Frau. Seinen behandelnden Ärzten hatte er noch anvertraut, dass er sich im Kampf gegen den Kommunismus opfere und dass die Kirche ihn versetzen wolle.15 Die Beerdigung war für den 26. August angesetzt. Ich nahm Urlaub und fuhr nach Zeitz. Dietmar Meckel hatte am Tag zuvor zufällig den ARD-Korrespondenten Lothar Loewe getroffen und ihn mit Informationen versorgt. Der amtierende Superintendent, Erich Schweidler, hatte die Hauptverantwortung für den Beerdigungsablauf. Uns war klar, dass die »Absicherung« der Feierlichkeit durch die »Organe« gigantisch war. Leicht erkennbar waren zwei Fotografen, die die Gesichter der einzelnen Teilnehmer fotografierten. Auch die kleinen »unauffälligen« Gruppen mit Aktentaschen konnte man bequem zuordnen. Einzelheiten sind heute in den Stasi-Unterlagen nachzulesen: Unter der Federführung des Leiters der Stasi-Bezirksverwaltung Halle, Oberst Dr. Schmidt, wurde am 25. August ein martialischer Maßnahmeplan »zur vorbeugenden Verhinderung von negativen und feindlichen Aktivitäten« befohlen.16 Dem Einsatzstab gehörten die Berliner Majore Wiegand, Chef der für die Kontrolle der Kirchen verantwortlichen Hauptabteilung XX/4 im MfS, sowie sein Untergebener Rossberg an. Eine Funkstation, Stützpunkte für Beobachtung, Abhören, Dokumentation, Verhaftung und zur »Absicherung« der Anfahrtswege waren mit operativer Technik und Kräften verschiedener Spezial-Dienste des MfS zu versehen. Neben den beiden von uns festgestellten Fotografen wartete ein dritter auf den Einsatzbefehl. Sogar ein Schriftenfahnder stand bereit.

Die Traueransprache hielt Propst Dr. Bäumer als Vertreter des Bischofs Dr. Krusche.17 Sein Ausruf »Aber wir distanzieren uns von dem Menschen und Bruder nicht« tat wohl, wenn wir auch den Druck auf die Kirchenleitung, sich von Brüsewitz zu distanzieren, nur ahnen konnten.

Das Fernsehteam von Loewe hätte mein Brüsewitzportrait gerne übernommen, aber aus Angst vor strafrechtlichen Folgen18 blockte ich ab. Später ärgerte ich mich darüber, aber es sollte sich zeigen, dass diese Zurückhaltung weise war: Bei einer illegalen Wohnungsdurchsuchung fand die Stasi 1978 einen Zeitungsausschnitt aus der »Kölnischen Rundschau« mit diesem Portrait, und sie versuchte, eine direkte Verbindung zwischen mir und dieser Zeitung zu finden. Ich hatte sehr wohl in der Hoffnung, dass es die Medien erreicht, Fotos und anderes Material breit gestreut.

15 OPK »Oskar Brüsewitz« (Anm. 10), Bd. 3, S. BStU 71.
16 Ebd, Bd. 3, S. BStU 237-241.
17 Krusche weilte auf einer ökumenischen Begegnung in Tansania. Später mußte er sich dafür verteidigen, diese Reise nicht abgebrochen zu haben. Für die SED war die Übernahme durch den Bischofsvertreter eine fragwürdige Solidarisierung durch die Kirchenleitung.
18 Übermittlung von nicht der Geheimhaltung unterliegenden Informationen, die der DDR schaden.

http://www.zechweb.de/ErTrafDenNerv.htm
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon Interessierter » 9. August 2016, 17:36

@ karnak:
Kristian, es geht hier weder um Dich, noch um den oder die User XYZ und auch nicht um die immer wieder von Dir zitierte, ominöse Klientel, deren angebliches Ansinnen es ist, mit Lügen die Stasi in Verruf zu bringen.

Es geht hier einzig und allein um den Pfarrer Brüsewitz, dessen angeblichen, seit Jahrzehnten physischen (psychischen ) Probleme Du inhaltlich gleichlautend wie das ND erklärst.

Der Mann ist ganz offensichtlich über Jahrzehnte durch persönliche Schicksalsschläge und wahrscheinlich durch individuelle Veranlagung in ein immer größeres Dilemma geschlittert


Deine völlig aus der Luft gegriffenen Vermutungen/Behauptungen er wäre WAHRSCHEINLICH in ein immer größer werdendes Dilemma geschlittert, entspricht m. E. wohl eher der Geschichtsklitterei aus ideologischen Gründen, die Du zum wiederholten Mal einem Autor oder auch Zeitzeugen und Usern unterstellst.

Ich bin davon überzeugt, dass die Leser sachlich allein entscheiden können, welcher Darstellung sie mehr glauben. Da ist es völlig unnötig, dass Du fortwährend Autoren, Zeitzeugen und User diffamierst und Deinem ominösen Klientel zuordnest.

Die von Dir aufgestellten Vermutungen/Behauptungen zu belegen, wäre einer sachlichen Erörterung sicherlich dienlicher.
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon karnak » 9. August 2016, 17:45

[grin] Ich lese was über den Mann in unverdächtigen Veröffentlichungen zu lesen ist ,alles das was solche wie dieser Journalist mittels der Kunst des Weglassens unterschlägt und benutze dann meinen gesunden Menschenverstande um unlogische und merkwürdige Verhaltensweisen in eine Logik zu bringen.Sollten meine logischen Schlüsse falsch sein kann man das gerne richtigstellen, aber nicht versuchen mittels immer gleichen Einsatzes von irgendwelchen Floskeln mich vorzuführen.Das macht auf mich nicht den geringsten Eindruck. [hallo]
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon pentium » 9. August 2016, 17:58

karnak hat geschrieben:[grin] Ich lese was über den Mann in unverdächtigen Veröffentlichungen zu lesen ist ,alles das was solche wie dieser Journalist mittels der Kunst des Weglassens unterschlägt und benutze dann meinen gesunden Menschenverstande um unlogische und merkwürdige Verhaltensweisen in eine Logik zu bringen.Sollten meine logischen Schlüsse falsch sein kann man das gerne richtigstellen, aber nicht versuchen mittels immer gleichen Einsatzes von irgendwelchen Floskeln mich vorzuführen.Das macht auf mich nicht den geringsten Eindruck. [hallo]


Welcher Journalist unterschlägt denn etwas @Karnak? Und bitte was sind oder besser waren denn merkwürdige Verhaltensweisen des O.P.? Und wegen diesen merkwürdigen Verhaltensweisen wurden ganze Heerscharen von Mitarbeitern des MfS beschäftigt, mehrere OPK/OVs angelegt, alles nur wegen merkwürdigen Verhaltensweisen?

Zitat:
Die zur Diffamierung von Brüsewitz herangezogenen Einzelheiten wurden durch die Stasi-Ermittler am 18. August und danach in hektischen und suggestiven Befragungen zusammengetragen. Als die Protestwelle gegen den ND-Artikel anschwoll, untersuchte die Stasi die Stichhaltigkeit dieser »Fakten« und musste in vielen Fällen feststellen: »Darüber liegen keine Informationen vor.«24 Sie hatten wohl in der Eile zu eifrig ermittelt....
24 OPK »Oskar Brüsewitz« (Anm. 10), Bd. 3, S. BStU 173 ff; diese Untersuchungen wurden von der vorgesetzten Dienststelle Halle durchgeführt.

Vielleicht erklärst du mal, was du unter merkwürdige Verhaltensweisen verstehst?

pentium


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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon karnak » 10. August 2016, 11:25

pentium hat geschrieben:
Welcher Journalist unterschlägt denn etwas @Karnak?

Vielleicht erklärst du mal, was du unter merkwürdige Verhaltensweisen verstehst?

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Na dieser"Spezialjournalist"der hier angeführt wird.
Und die "merkwürdigen Verhaltensweisen" habe ich benannt,bzw.darauf hingewiesen wo man einiges dazu erfahren kann.
Der Mann hat schlichtweg über Jahre den atheistischen Staat auf üble Weise und unflätig provoziert und das mit Vorliebe außerhalb der Kirche,er ist nach seiner"Flucht in die DDR" von religiösen Eiferern missioniert worden und wollte das nun als"Erleuchteter" in diese atheistische Gesellschaft tragen. Wohl wissend,dass man in solchen Dingen in diesem Land keinen Spaß versteht und von der Kirche eingefordert hat sich aus dem nichtkirchlichem Bereich rauszuhalten.Damit hat er übrigens auch seine Vorgesetzten herausgefordert, denn auch Pfarrer haben Vorgesetzte und haben sich an deren Vorgaben zu halten.Und die Kirchenführung setzte nun mal auf Dialog mit dem atheistischen Staat um wenigstens etwas voranzukommen und nicht auf provozierenden Konflikt.Nebenbei sei erwähnt,dass er damit auch seine Kirchengemeinde,zumindest große Teile davon, erheblich verunsichert hat und die immer mehr auf Distanz zu ihm ging.
In heutiger Zeit würde ein derartiges Verhalten gegenüber seinen Vorgesetzten und seiner Arbeitsstelle eine Entlassung nach sich ziehen.Nun kann man einen Pfarrer nicht so einfach entlassen,selbst wenn er mit kleinen Kinder hoppe hoppe Reiter spielt,trotzdem war seine Versetzung schon beschlossene Sache um ihn aus der Schusslinie zu nehmen.Die Kenntnis davon, er wusste das nämlich,seine Überzeugung von seiner Kirchenführung und großen Teilen seiner Gemeinde in seiner"Mission" nicht verstanden worden zu sein dürfte der letzte Auslöser gewesen sein um diesen letzten Irrsinn zu inszenieren, von der Dimension mit dem sich das MfS mit ihn beschäftigt hat dürfte er nämlich maximal nur eine Ahnung gehabt haben,mehr aber auch nicht.Die unterschwellige Behauptung er wurde von diesem in den Selbstmord getrieben ist damit einfach haltlos.
Und natürlich war der Eifer des MfS den die in diesem Fall an den Tag legte wie immer maßlos überzogen,gleichzeitig bleibt aber festzuhalten, dass den Verantwortlichen der DDR natürlich klar war was der Westen aus dieser Geschichte machen würde und man befürchtete Nachahmer bzw.die Stilisierung eines Märtyrers, also hat man die Mannen in die Spur geschickt.
Und mal nur nebenbei,der Verfassungsschutz hat sich mit der Linken befasst obwohl die, was ihre vermeintliche Systemgefährlichkeit angeht,wesentlich zahmer dahergekommen ist.Ich versuche mir gerade vorzustellen was passiert wäre wenn Vertreter der kommunistischen Plattform nervende Plakate mit Texten hinsichtlich des Sturzes und in frage stellen des kapitalistischen Systems vor dem Reichstagsgebäude aufstellen oder vor dem Bundeskanzleramt einen überdimensionalen hell beleuchteten roten Stern aufstellen würden, man hätte ihen angehängt sie stehen im Widerspruch zum Grundgesetz und sie wären lange verboten.
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Re: Das Fanal von Zeitz - Die Selbstverbrennung von Pastor Oskar Brüsewitz

Beitragvon pentium » 10. August 2016, 17:27

MfS-Hochschule (1976-1982)

»Hochwürden« - das passt, fand Harald Jäger.

Sicher hatte der Genosse den Spitznamen wegen seines Einsatzgebietes. Aber er sah auch so aus. Korpulent, behäbig und den Ausführungen des Dozenten mit einem müden Lächeln lauschend. Während der Raucherpausen hatte Harald Jäger immer interessiert zugehört, wenn der Dicke im Kreis der anderen über sein für einen Major der Staatssicherheit exotisches Arbeitsgebiet berichtet hatte: die Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Darüber, wie sich viele »Bürger christlichen Bekenntnisses« dem Argument gegenüber nicht verschlössen, dass man doch gemeinsam das Ziel einer sozialen und menschenwürdigen Welt verfolge. Damit habe man vom einfachen Gemeindepfarrer bis zu hohen Kirchenfunktionären Bündnispartner gefunden.

Mit jenen loyalen Kräften sei man sich einig, dass schließlich auch Jesus Christus so etwas wie ein früher Revolutionär gewesen sei. Einer, der den Kampf geführt habe gegen das damals herrschende römische Imperium.

»Leider verwechseln viele Christen heute unsere Partei mit den Römern«, ruft ein Vernehmer in die Runde und hat die Lacher auf seiner Seite.

»Wie dieser Brüsewitz, der verrückte Pfaffe, der sich in Zeitz vor der Kirche angezündet hat«, meint ein anderer.

»Damit hat er uns aber auch einen Gefallen getan«, wirft »Hochwürden« ein. Für einen Moment genießt er die fragenden Mienen seiner Kommilitonen, ehe
sich sein mildes Lächeln in ein Grinsen verwandelt:

»Die Beisetzung dieses verrückten Pfaffen war für uns und die Genossen von der VIII ein gefundenes Fressen. Allein mit den Fotos der Trauergäste lässt sich ein beachtenswerter Katalog von Staatsfeinden herstellen. Das kann man sonst in einem Jahr nicht ermitteln, was uns dieser Vormittag auf dem Friedhof in Rippicha gebracht hat.«

Aus : Haase-Hindenberg: Der Mann, der die Mauer öffnete. München 2007.

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