Unter dieser Überschrift stand am Wochenende ein interessanter Artikel in der Berliner Zeitung.
"Ich muss es doch genau wissen. Ich hab es schließlich selbst erlebt!“ Diese Sätze sind eines der stärksten Argument in einem Streit. Viele Menschen glauben, das Gedächtnis sei so etwas wie ein Videofilm, unbestechlich und unveränderlich. Dabei gibt es kaum etwas Trügerischer und Beeinflussbareres als unsere Erinnerungen. „Wenn es um unser Gedächtnis geht, sind die Begriffe Wahrheit und Lüge nicht sehr hilfreich“, sagt der niederländische Gedächtnisforscher Douwe Draaisma.
Das beginnt schon bei Kleinigkeiten, die wohl jeder alltäglich erlebt.
Es ist sogar möglich, dem Gehirn Erinnerungen an Ereignisse einzupflanzen, die nie passiert sind. Das behauptet die Londoner Kriminalpsychologin Julia Shaw. „Selbst die kostbarsten Erinnerungen an unsere Kindheit lassen sich formen und umformen wie eine Kugel aus Lehm“, sagte die 1987 in Köln geborene Autorin des jüngst erschienenen Buches „Das trügerische Gedächtnis: Wie unser Gehirn Erinnerungen fälscht“
Jedes Mal, wenn eine Erinnerung aufgerufen werde, erfolge ein neuer Speicherprozess, erklärte Daniela Schiller, Hirnforscherin an der Mount Sinai School of Medicine in New York, im Fachjournal Technology Review. Erinnerungen befänden sich also ständig in einem instabilen Zustand, und sie würden immer wieder neu geschrieben und umgeformt. Das bedeutet, dass sich über einen biochemischen Prozess auch die Verbindungen zwischen den Gehirnzellen verändern. „Wir erinnern uns nicht an die Originalversion, sondern an deren Überarbeitung durch das Gehirn.“
Doch so intensiv Erinnerungen sein können – es sind immer Momentaufnahmen, höchst subjektiv. Das Gedächtnis arbeitet eben nicht wie eine Filmkamera. Erinnerungen bestehen eher aus Schnappschüssen, verbunden mit Sinneseindrücken und Gefühlen. Die extremste Form sind sogenannte Blitzlichterinnerungen (flashbulb memories) an dramatische, mitunter traumatische Momente.
„Was in der Jugend geschah, ist häufig die Folge von etwas, das sich im späteren Leben ereignete“, zitiert Draaisma den niederländischen Comiczeichner Marten Toonder. Das bedeutet, dass neue Ereignisse und Informationen Erinnerungen rückwirkend völlig verändern können.
Der gesamte, sehr interessanten Artikel kann hier gelesen werden
Berliner Zeitung
Vor einigen Wochen war bereits ein hochinteressantes Interview mit Julia Shaw zu dieser Thematik in einer anderen Zeitung zu lesen.
Nachfolgend der Link:
Tagesspiegel