Unternehmer rechnet ab: "Wir haben in Deutschland ganze Industrien hingerichtet"
Kurt Zech ist ein Unternehmer alter Schule. Aus dem Zwei-Mann-Betrieb seines Vaters machte er einen Konzern mit einem Umsatz von 2,4 Milliarden Euro und 10.000 Mitarbeitern. Im FOCUS-Interview bezieht er klar Stellung zur Arbeit der Regierung und der Lage in Deutschland.
FOCUS: Am 1. Oktober 1978 übernahmen Sie die Firma Ihres Vaters. Sie waren 21. Was geht in Ihnen vor, wenn Sie heute auf den Wirtschaftsstandort Deutschland schauen?
Zech: Wir müssen aufpassen, weltweit nicht den Anschluss zu verlieren. Wenn ich aus dem Ausland zurückkomme, sehe ich am deutlichsten, was man besser machen kann. Die Infrastruktur zum Beispiel. In China ist das 5G-Netz fast flächendeckend Standard. Und weil die Politik an dieser Stelle Einfluss hat, empfehle ich, dass bei der Versteigerung von Lizenzen nicht mehr so viel Wert auf das Geld gelegt wird. Die Regierung soll das Land einfach flächendeckend mit einer optimalen Internet-Verbindung versorgen.
OCUS: Woran hapert es noch?
Zech: An den Technologien. Nehmen wir den Wasserstoff, für den sich gerade Peter Altmaier interessiert. Vergessen darf man dabei jedoch nicht, dass die Bundesregierung darin seit 30 Jahren null Prozent investiert. Dabei haben wir Milliardenüberschüsse in der Kasse. Wieso kann man also nicht fünf oder zehn Milliarden für die Wasserstoffentwicklung in die Hand nehmen? In Verbindung mit den vielen neuen Technologien ist das die Zukunftstechnologie. Die Zech Group arbeitet zum Beispiel gerade an einem Konzept für einen Windpark und ein Elektrolysewerk an der Ostsee, in dem Strom in Wasserstoff umgewandelt und dieser dann transportfähig gemacht wird. Das Projekt kann jedoch nur mit der öffentlichen Hand umgesetzt werden.
FOCUS: Die Wasserstofftechnologie ist auch immer wieder Thema in der Automobilindustrie.
Zech: Richtig. Weil sie noch sauberer ist als die Elektrotechnologie. Das Elektrogeschäft ist ja längst von den Chinesen besetzt, die beispielsweise die Teile, die für die E-Mobilität notwendig sind, herstellen. Die deutsche Automobilindustrie kommt da schon ewig nicht mehr hinterher. Und wegen der Diesel-Affäre gerät die Zulieferbranche mehr und mehr in Schieflage. Im Augenblick erleben wir die Pleite bei Eisemann oder den Stellenabbau bei Bosch. Und das ist erst der Anfang. In den nächsten Jahren wird das schlimmer. Die Politik ist hier aufgefordert, Lösungen zu finden.
FOCUS: Sie regen sich auf!
Zech: Und wie! Was wir in Deutschland schon für Industrien hingerichtet haben! Die Autoindustrie, Siemens. Oder die Magnetschwebebahn. Wir hatten als Erste die Idee. Jetzt baut sie China. Dazu kommen die vielen Diesel-Fahrverbote. Wissen Sie, in wie vielen Ländern wir diese strengen Fahrverbote haben? Ich sage es Ihnen. In einem. In Deutschland. Ein Irrsinn, noch dazu, wenn man bedenkt, dass gerade mal zwei Prozent der weltweiten CO2-Verschmutzung aus Deutschland kommen.
FOCUS: Macht die Politik die Wirtschaft kaputt?
Zech: Wir würden uns von der Politik mehr Unterstützung wünschen. So, wie es etwa in den USA oder Frankreich geschieht. Auf der anderen Seite sind manche Unternehmen aber auch selbst schuld. Ich bin Auto-Fan und der Meinung, dass die Automobilindustrie eine katastrophale Lobby hat und dagegen etwas tun muss. Obwohl sie mit dem Rücken zur Wand steht, genug Strafen und enorm viele Steuern gezahlt hat, wehrt sie sich nicht, weil sie Angst hat.
FOCUS: Wovor denn?
Zech: Ich weiß es nicht. Bei der IAA in Frankfurt wollten 1000 Demonstranten verhindern, dass die Messe zu viele Besucher hat. Warum hat es die Automobilindustrie oder die IG Metall nicht geschafft, noch mehr Menschen in Busse zu packen, vor die Demonstranten zu stellen und sie rufen zu lassen: Hier kommt ihr nicht weiter! Hier stehen 30000 Mann, die um ihren Arbeitsplatz bangen!
Hier das ganze FOCUS-Interview:
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