Wie Deutschland seine Rüstungskompetenz verscherbelt
Ein Jahr Verhandlungen. Drohungen. Ein Erpressungsversuch. Der Poker um die Fusion des Leopard-Herstellers mit dem französischen Rivalen Nexter hatte es in sich. Experten fürchten nun das Schlimmste.....
Gerade erst hat die Bundesregierung die Produktion von "gepanzerten Plattformen" zu einer verteidigungspolitischen Schlüsselindustrie erklärt, die im "nationalen Sicherheitsinteresse" besonders zu fördern ist. Das, so steht es in einem Strategiepapier, sei zwar auch in Zusammenarbeit mit europäischen Partnern möglich. Die Frage ist nur, ob die Bundesregierung und die französische Staatsregierung unter europäischer Kooperation das Gleiche verstehen.
Markus C. Kerber ist sich da nicht so sicher. "Sämtliche Erfahrungen in der Kooperation mit französischen Unternehmen sind negativ", sagt der Wirtschaftsprofessor, der an der Technischen Universität Berlin und auch am Sciences Po in Paris lehrt.
"Die Franzosen sagen Europa und meinen Frankreich", sagt Kerber. "Europäische Kooperation ist für sie eine rhetorische Finte, um nationale Belange rücksichtslos durchzusetzen." Berlin, so der Professor, mache es Paris auch leicht: "Deutschland hat industriell weit mehr zu bieten als Frankreich und benimmt sich gleichwohl wie ein Bruttosozialprodukt, wie eine Haftungsmasse, ohne jeden Willen zur politischen Macht." Kerber fürchtet, die Deutschen könnten bei Kant so übervorteilt werden wie schon bei anderen Gemeinschaftsunternehmen mit Frankreich.
Auf dem Papier war bei Zusammenschlüssen zwar immer von gleichberechtigten Partnern die Rede. Aber nach kurzer Zeit gab immer Frankreich den Ton an. Beispiel Airbus: Die vor 15 Jahren vereinbarte Parität kippte zugunsten der Franzosen, weil der Absatz von Kriegsgerät schrumpfte. Die Leidtragenden waren die deutschen Standorte.
Bei Aventis unterlagen die Deutschen im MachtpokerGenau wie bei Hoechst. 1999 fusionierte der Pharmakonzern mit dem französischen Konkurrenten Rhône-Poulenc zu Aventis (Link:
http://www.welt.de/560465) . Zu Beginn war das deutsch-französische Gemeinschaftsprojekt fein austariert. Der Sitz war im französischen Straßburg, den Chefposten bekam Hoechst-Chef Jürgen Dormann. Doch schon nach gut zwei Jahren zog sich der Deutsche zurück, zermürbt vom Machtpoker der Franzosen. Als 2004 auch noch der französische Pharmakonzern Sanofi-Synthelabo Aventis schluckte, wurde das Unternehmen endgültig französisch. Die Reste von Hoechst am früheren Stammsitz in Frankfurt werden heute von Paris aus gesteuert.
Und bei Kant? Der von KMW hergestellte Kampfpanzer Leopard II (Link:
http://www.welt.de/140083741) "ist der meistverkaufte Kampfpanzer der Welt, ein Vorzeigeprodukt deutscher Ingenieurkunst", sagt Professor Kerber. "Was wir von einem Hersteller in Frankreich durch Kooperation erwarten dürfen, der mit seinem Kampfpanzer nur Verluste eingefahren hat, ist mir nicht einsichtig." Der Ökonom glaubt, dass Deutschland sich erneut vorführen lässt.
...
Die Bundesregierung will in dem Staatsvertrag aber vor allem festhalten, unter welchen Bedingungen die Eigentümerstruktur geändert werden kann, wie Technologieabfluss in einer Schlüsseltechnologie verhindert wird und was mit den Zulieferern Kants geschieht. Sollte der neue Konzern nur noch französische Firmen beauftragen, würde das deutsche Zulieferer von KMW hart treffen.
...
Die Regierung in Berlin plant, das Geschäft zügig abzuschließen. Der Vertrag mit Frankreich soll bis Ende Oktober stehen, erfuhr die "Welt am Sonntag" aus Regierungskreisen. Ökonom Kerber fragt sich aber, ob so ein Abkommen viel nützt: "Wer die Praxis mit Frankreich kennt, weiß, dass sich die französische Politik ungeniert nie an Verträge hält."
http://www.welt.de/wirtschaft/article14 ... rbelt.html