Krupp- ein Herrscher und Visionär

Industriegeschichte, Technik- und Industriedenkmäler, Firmen

Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon karl143 » 15. November 2010, 16:05

Für mich ist Wallraff zweifelsohne ein Enthüllungsjournalist, bzw. Schriftsteller - aber ein erfolgreicher. MMn hat er viel bewirkt mit seinen Büchern und Vorträgen. Vieles hat er publik gemacht und angeprangert. Nachdem es einige Jahre ruhig um ihn geworden war, hat er letztes Jahr z. B. auf die Lohnqualität im industriellen Backbereich hingewiesen und es bei mind. einer Firma geschafft, das dort ein Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Ich sehe in ihm einen positiven Schriftsteller.
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Edelknabe » 15. November 2010, 18:20

Karl, in Ostdeutschland oder besser den Neuen Bundesländern fehlen eigentlich viele kleine Wallraffs, um bestimmte Probleme im Arbeitsalltag aufzudecken und anzuprangern und ja, ich fand den Mann immer sehr gut an seine Recherchen vor Ort rangehend, da hatte er immer Klugheit und einen gewissen Witz bewiesen.
Eine der Backfirmen aus deinem Text ist aber mittlerweile pleite, ihr Chef hat selbst gekündigt, sich und seine Mitarbeiter gleich mit...so las ich vor Kurzem, er war wohl Wallraff böse, das er da so viele Mißstände ans Licht geholt hatte?
Ist natürlich Pech für die Belegschaft aber wie schreibt Enrico immer: "Jeder ist seines kleinen Glückes Schmied".

Rainer-Maria und bin ich froh, aus meinem erlernten Beruf raus zu sein und nur noch Nachts zu arbeiten, ich brauch auch keinen Wallraff, weil mir die Arbeit Spass macht und man Nachts die tollsten Dinge erlebt. Aber da mach ich mal einen Extrafred auf, bei Gelegenheit.
Ich stell mir gerade vor, wenn Alle Nachts Arbeiten würden, dann wäre tagsüber eine göttliche Ruhe auf der Straße und nicht nur da.....und schmunzel, denn wir sind schon wieder völlig vom Thema weg...wie immer Thunderhorse.
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon CaptnDelta » 16. November 2010, 12:23

Edelknabe hat geschrieben:Nun ja Delta, ich meine, er, der Wallraff und was das genannte Buch betraf dieser Engelmann mit, sie suchten und sie wurden fündig in genau den Sachen, die gerne verschwiegen wurden, wenn es um die Vergangenheit bestimmter Wirtschaftsgrößen des alten Westdeutschland ging.
Da sind ja noch der alte Henkel, derer von Thurn und Taxis, Waldburg zu Zeil und Trauchburg, Fichtel und Sachs, Guttenberg, Stauffenberg, Flick, Horten, Melitta, Oetker, Gerling, Arzberger und Ander aufgeführt.
Liest sich wirklich gut, das Buch, es schafft auch ein bißchen Freiraum im Kopf für den westdeutschen Normalo- Bürger, denn in der Schule bekam er wohl Derartiges nicht vermittelt?

Ooooch, noee, Rainer-Maria, das kann ich jetzt nun wieder nicht bestaetigen, und ich bin ja auch noch fuer 'ne Zeitlang zu Wessiezeiten in die Schule gegangen. Grade Walraff war da mit im Program, auch Boell ("Katharina Blum"), Tucholsky (hab noch alle 6 Buecher die wir da kaufen mussten), und so weiter. War querbeet. Ich kann's nicht unbedingt bestaetigen, das der Anspruch der Wessie-Schule geringer war. Im Gegenteil, in der DDR-POS war ich recht gut (war der Jahrgangsbeste in der Schule, obwohl ich recht selten mal was getan hab), im Westen hab ich mich grade so durchs Abi gewurschtelt.

Was dabei interessant war: Man wuehlte in Gesellschafts-/Staatsbuergerkunde nicht nur in lang vergangenenen Geschichten und "Klassikern" wie im Uebel der Familie Thurn und Taxis oder der Heiligkeit von Marx, sondern auch es gab auch andere, neue Theoretiker, wie Popper, Lakatos, Dahrendorff, etc. Ich bezweifel mal stark, das Du von denen etwas so ohne weiteres in deiner Universitaetsbibliothek deiner Universitaetsstadt ausgehaendigt bekommen haettest [wink]

-Th

PS: icke: ja, der Vergleich hinkt, geb' ich mal umunwunden zu. Allerdings hat (fuer mich) GW 'ne aehnliche Wandlung durchgemacht wie GS (dem ab und zu eine gewisse Wendigkeit im Hals nachgesagt wird). Fuer mich war GW entzaubert, als seine "ganz unten" Tuerken auspackten (es gab damals eine Veranstaltung, auf welcher die zugegen waren)
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Edelknabe » 16. November 2010, 20:27

Delta, du führst hier wieder Leute an, mir klingelt wirklich und ehrlich der Proletarierkopf? Ich habe doch nur 10.Klassen-POS und war auch noch faul dazu...hieß Hausaufgaben entweder durch meine große Schwester oder früh in der Schule vom Klassenbesten erpresst.Natürlich mit Gegenleistung, dafür bekam er meinen kleinen Spiegel für seinen Schuh, um zu sehen, ob seine Banknachbarin unten herum...gut gekleidet war.
Der könntest wirklich du gewesen sein.Ich wusste aber immer, wie, also wie ich mit dem Hintern auf den Stuhl kam und nicht vorn an die Tafel, um mich zu blamieren. Das zog sich übrigens voll durch mein Leben, was ich wollte bekam ich, und wenn ich mich vom Kopfstand in den Handstand drücken musste(ist mal so sinnbildlich gemeint).
Und nein, ich möchte die westdeutsche Schulbildung nicht klein machen, habe sogar einen ganzen Schwung alter Westschulbücher zum nachschlagen, die lesen sich wirklich gut.
Ich staune wirklich was da alles behandelt wurde und doch hatte es der Westen nicht geschafft, sich zu verrevolutionieren in den 70ergern? War wohl der falsche Schulstoff und lach, nein mein Freund, ist alles nicht ernst gemeint.

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Edelknabe » 26. Dezember 2010, 12:27

Aus dem vorfach in meinen Texten hier im Fred genannten Buch von Wallraff/Engelmann.

Jürgen F: „Wir wohnten immer in Häusern, die Krupp gehörten. Heute zahle ich für die Kruppwohnung hier in Kamp- Linfort 200 Mark Miete. Fliege ich bei Krupp raus, zahle ich sofort 380 Mark“. F. s Eltern noch kauften alles Lebensnotwendige mit Kruppschem Geld in Geschäften, die Krupp gehörten. Sie gingen in Schulen von Krupp und lernten aus Schulbüchern, die in Krupp- Druckereien in seinem Geist gedruckt worden.

Dazu ein kleiner positiver Nachschlag zum Zitat oben, was so aus den 20ziger Jahren des letzten Jahrhundert stammen müsste in "Die Welt vom 18.Dezember 2010...Immobilienteil/ Begehrte Zechenhäuser.

Zechensiedlungen waren vor 30 Jahren vor allem eines: unerwünscht. Verdreckt und heruntergekommen, präsentierten sie sich als Schandfleck in den Ruhrgebietsstädten, die nach moderner Architektur strebten. Ehrgeizige Stadtväter wollten damals dringend alles neu haben."Weg mit den Bruchbuden", hieß das Motto. Doch die Veteranen der Bergbauära haben den Kampf gewonnen. Heute sind die Siedlungen mit Bergmannhäuschen sogar heiß begehrt bei Mietern und Käufern.

Ein kleiner Nachschlag von mir: Da fällt mir doch sofort als geborenener Ostdeutscher Espenhain und Bitterfeld ein...siehe diesem letzten Satz..."sogar heißbegehrt bei Mietern und Käufern".
Denn verdreckt und heruntergekommen waren deren Häuser auch mal vor 20 Jahren...und schmunzel und ich gönne es den Veteranen im Ruhrgebiet, den Krausens, denen die sich krummgemacht haben für nicht nur einen Krupp.

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon karl143 » 26. Dezember 2010, 19:34

Ach Rainer-Maria,
wie alles hat auch dies was du hier geschrieben hast, zwei Seiten. Natürlich wird die Miete steigen, wenn derjenige nicht mehr für den Hausbesitzer arbeitet. Wenn die Miete zur Zeit der Arbeit niedriger ist, als die Vergleichsmiete, halte ich das auch für legitim.

Auch in Nienburg gibt es eine Werkssiedlung. Sie wurde gegen 1880 vom Besitzer der damaligen Glashütte gebaut. Es sind kleine Doppelhäuser die im Laufe der Zeit wirklich heruntergekommen sind, und von den Luftemmissionen der über 130 Jahre auch dreckig aussehen. In ihnen wohnten erst Glasbläser der Fabrik, dann gegen 1970 nur noch Gastarbeiter wie Griechen und Italiener. Heute bewohnen die Häuser überwiegend Türken, die sie gekauft haben. Zum Zeitpunkt des Baues waren die Häuser hochmodern. Holscher, der Besitzer der Fabrik baute außerdem in dieser Siedlung eine Apotheke, ein Haus mit Arzt und eigener Krankenversicherung und ca. 1 km entfernt eine Schule. Diese wird nach einigen Umbauten heute noch genutzt. Der Besitzer der Fabrik war einerseits sicherlich ein hundertprozentiger Kapitalist, der seinen Arbeitern sicherlich auch nicht zuviel Lohn gezahlt hat. Er war sich aber seiner Verantwortung auch bewußt und hat für die damalige Zeit sicherlich viel soziales geleistet. Nicht anders wird es bei den Werkswohnungen von Krupp auch sein.

Wie war es dann in der sozialistischen DDR. Verwandte von uns hatten 1985 noch Toiletten auf halber Höhe zwischen den Etagen. 1 Toilette für 4 Familien. Und das war kein einzelnes Haus, so war ein ganzer Straßenzug. Und das in der Hauptstadt der DDR. Es gab Wohnraum, der sah aus wie vor hundert Jahren. Da hätte man ohne Umbauten vornehmen zu müssen, einen Film aus der Zeit Bismarcks drehen können. Ging der Sozialismus besser mit seinen Arbeitern um. Wohl kaum.
Wo also liegt der Unterschied?
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Edelknabe » 26. Dezember 2010, 20:06

Ohne streiten zu wollen Karl, bei Toiletten auf halber Höhe 1985 gehe ich voll mit, so Gründerzeithäuser in Leipzig, zumal ich selbst in einem im Osten aufgewachsen bin und in ein anderes 1975 gezogen bin im Norden der Stadt, wo ich mir allerdings Innentoilette und Bad auf eigene Kosten eingebaut habe, denn dies war in unserer Hochparterrewohnung realisierbar..."aber 1Toilette auf halber Höhe geteilt durch vier Familien 1985 in Berlin, der Vorzeigestadt der DDR?" Glaube ich irgendwie nicht so richtig und wenn doch, gut, dann lasse ich mich belehren, eines Besseren in der Geschichte der DDR belehren.
Da lege ich also Einspruch ein und mich würde dazu einmal die Meinung anderer ehemaliger DDR-Berlinbewohner interessieren.
Es ging mir übrigens in dem Vergleich bei Krupp nicht so sehr um Miethöhen etc, es ging mir um den schönen Text in dem Teil der "Die Welt", so zeigte er doch, das der Dreck im Ruhrgebiet nicht schon irgendwann 1970 Dank Grüner und Co.verschwunden war...nein, nein, er war noch weit bis übers Jahr 2000 aktuell.

Rainer-Maria, der wirklich gut weiß, das die alten Kapitalisten mit Herz mittlerweile ausgestorben sind, zumal seine Lieblingstante im Osten, die mit bis zu 90 Werktätigen/Beschäftigten im Privatbetrieb bis 1972 in der DDR, Die, die mit den Genossen dank Devisen wunderbar konnte, diese wo ich als Kind aufgewachsen bin schon lange tot ist, so wie ihre Artgenossen im Westen.
Mir fällt keine bessere Diplomatin ein, die den Spagat zwischen Kapitalismus und Sozialismus hinbekam...zumindest nicht in meiner großen Familie.
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon CaptnDelta » 26. Dezember 2010, 23:27

Nur mal zum Vergleich: Wenn man in Seocho-gu (in Suedkorea) versucht etwas zu finden, das nicht zu Samsung gehoert, da geht einem eher der Sprit im Leihwagen aus...

-Th
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon karl143 » 27. Dezember 2010, 00:03

Die Toiletten auf halber Höhe habe ich selber beim Besuch 1985 gesehen. Rainer, und ich habe in Ostberlin auch andere Schandflecken noch gesehen. Zu einer Zeit, da der 2. Weltkrieg 40 Jahre vorüber war. Und ich kenne auch Häuser in Bernburg und in Wernigerode welche ich 1990/91 betreten habe, die in der Bundesrepublik zu dieser Zeit nicht vermietbar gewesen wären. Über das was ich hier schreibe, das habe ich selber gesehen. Nicht jeder in der DDR hatte moderne Wohnungen in der Platte. Die Regel, vor allem außerhalb Berlins sah anders aus.

Wo ich dir Recht gebe, das Ruhrgebiet war 1970 nicht so grün wie heute. Seit ca. 1969 war ich öfters mal in Duisburg bei meiner Schwägerin. Damals habe ich mich wirklich gefragt, wie man in so einer Stadt leben kann. Seit Anfang der 80er Jahre wandelte es sich dort aber rapide. Das lag auch an den Filtern und Auflagen der Behörden. Soweit war man aber in der DDR 9 Jahre später auch noch nicht.
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon SkinnyTrucky » 27. Dezember 2010, 00:46

Edelknabe hat geschrieben:.....so zeigte er doch, das der Dreck im Ruhrgebiet nicht schon irgendwann 1970 Dank Grüner und Co.verschwunden war...nein, nein, er war noch weit bis übers Jahr 2000 aktuell.


Weit übers Jahr 2000...???....das wäre also jetzt.... [denken]

....Rainer Maria, ich bin seit 20 Jahren diesen Dreck am suchen.... nur gefunden hab ich ihn bis jetzt noch nicht....und ich weiß wie Dreck aussieht, ich bin ja schliesslich in der DDR aufgewachsen.... [wink]

Und wenn du unbedingt den Dreck vergleichen willst, laß dir sagen, das man im Osten ein ganzes Land aufgegeben hat um ihn endlich zu beseitigen....

groetjes uit Gundersheim

Mara
Wenn es heute noch Menschen gibt, die die DDR verklären wollen, kann das nur damit zusammenhängen, dass träumen schöner ist als denken.... (Burkhart Veigel) Bild
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Edelknabe » 29. Dezember 2010, 20:10

Karl, ich habe immer meine Arbeitskollegen irgendwie beneidet, die damals durch Beziehungen/Anmeldungen eine Wohnung in der "Platte", im Neubaugebiet Leipzig-Grünau oder anderswo bezogen haben. Eine Wohnung mit fließend warmen Wasser aus der Wand inclusive aller Kosten für maximal durchschnittlich "Neunzig Mark der DDR", einfach utopisch und normal den damaligen gestützten Fonds (ähnlich den staatlichen Subvensionen heute)der DDR geschuldet.
Da dachte ich immer: "Du heizt Morgen für Wintermorgen vier Öfen in deiner Hochparterrewohnung analog deren Wohnungsgröße, du hast die Arbeit, um dir den Luxus annehmbaren Wohnens inclusive warmen Wassers aus dem Badeofen zu gewährleisten und Sie bezahlen nur am Monatsende dafür ihre Miete?" Eigentlich ein krasses Unding zu dieser damaligen Zeit aber eben Fortschritt, der Fortschritt des Sozialismus, weg von Toilette auf halber Treppe.
Ich kritisierte übrigens nicht diese Toiletten weil normal zur damaligen Zeit, ich kritisierte die Anzahl der Nutzer aller Wohnungen pro Toilette, weil sie mir einfach zu hoch erschien?
Mara, ich hole gerne nochmal das alte Thema Ruhrgebiet raus, wo vor ca. einem Jahr deren letzter Hochofen vom Netz/ aus der Nutzung ging, wo die Menschen zum "ersten Mal frei durchatmen konnten" in dieser speziellen Stadt im Pott.
Du schriebst noch so sinngemäß auf meinen Text damals: "Ich bin da öfters einmal dran vorbeigefahren und sah die Dunstglocke".
Und nein, ich möchte nicht mit Macht Gegenbeweise zur Umweltverschmutzung der DDR, es geht mir um die ganz einfache Gerechtigkeit, das eben im Westen auch nicht alles Gold/ Febrece/ Duftkerze war, was nach Brikettherstellung stank.

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon augenzeuge » 29. Dezember 2010, 22:44

Edelknabe hat geschrieben:Mara, ich hole gerne nochmal das alte Thema Ruhrgebiet raus, wo vor ca. einem Jahr deren letzter Hochofen vom Netz/ aus der Nutzung ging, wo die Menschen zum "ersten Mal frei durchatmen konnten" in dieser speziellen Stadt im Pott.
Du schriebst noch so sinngemäß auf meinen Text damals: "Ich bin da öfters einmal dran vorbeigefahren und sah die Dunstglocke".
Und nein, ich möchte nicht mit Macht Gegenbeweise zur Umweltverschmutzung der DDR, es geht mir um die ganz einfache Gerechtigkeit, das eben im Westen auch nicht alles Gold/ Febrece/ Duftkerze war, was nach Brikettherstellung stank.

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Rainer, es geht nicht um die Schmutzaufrechnung Ost gegen West. Das Ergebnis steht eh fest. Es geht einfach nur darum, dass man frühzeitig in Ost und West erkannte, dass diese Umweltverschmutzung so nicht weitergehen konnte. Aber diese Erkenntnis wurde im Westen angepackt, im Osten dagegen anfangs meist heruntergespielt, später auch aus finanziellen Engpässen verschwiegen und zuletzt wurde es sogar unter Strafe gestellt, über diesen Dreck offen zu berichten oder ihn zu filmen. Das ist der Unterschied gewesen.

Klar gab es 1990 im Ruhrgebiet noch Dreck, und wenn du es so beschreibst, so denke mich mal dass deine Verwandtschaft nicht gerade in einer der vielen grünen Oasen lebte, aber mehrheitlich war beispielsweise die Stadt Essen im Zentrum des Gebietes grüner als Leipzig. Ich schreib das jetzt nicht einfach so. Ich habe es erlebt, mehrfach. Ich fuhr im März 1989 von Halle über Buna nach Merseburg. Es regnete. So schwarz hatte ich mein silbernes Auto nie gesehen....
8 Wochen später fuhr ich durch das Ruhrgebiet im Regen- aber so schwarz war das Auto danach einfach nicht. Sorry, aber so habe ich es erlebt. Und ich musste das schreiben, für die Gerechtigkeit, die du einforderst.

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon LEGO » 29. Dezember 2010, 22:55

Wir sind zwar mittlerweile ein wenig vom Thema ab, ich möchte aber trotzdem ein wenig meinen Senf dazu geben.

Unmittelbar nach der Wende hatte ich beruflich (Deutsche Bundespost, Fernmeldedienst) im "nahen Osten" zu tun (hier Schwerin und Umgebung).
Ich war daher viel auf den Straßen unterwegs. Was ich dort zu sehen bekam, machte mich glauben, ich hätte eine Zeitreise angetreten. Das ging los mit Kopfsteinpflasterstraßen auf denen unbeleuchtete Pferdefuhrwerke unterwegs waren oder Menschen mit Schubwagen.

Das ging weiter mit Häusern auf dem flachen Land, von denen man hoffen mußte, daß darin niemand wohnt. Es ging weiter mit der Stadt Schwerin, die auf den ersten Blick einen relativ modernen Eindruck machte. Dieses änderte sich aber praktisch mit jedem Meter, den man sich von der Hauptstraße entfernte. Ich habe hier vergeblich an vielen Häusern nach dem Schild gesucht "Vorsicht! Nicht betreten! Einsturzgefahr!" So etwas von veraltet und runtergekommen hatte ich seit frühester Jugend nicht mehr gesehen.

Wie schon erwähnt eine Super-Kulisse, wenn man einen Historieschinken hätte drehen wollen!

Das einzig moderne, was ich in der Zeit dort antraf, war die Technik in einer abgesetzten Stelle, von der vermutet wurde, daß Sie der Überwachung durch die Staatssicherheit gedient habe. Westliche Technik vom Feinsten! Wir haben da mit der Zunge geschnalzt!
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon augenzeuge » 19. November 2011, 16:25

Vor 200 Jahren wurde die Krupp-Gussstahlfabrik gegründet.

Es gibt kaum jemanden in NRW, der nicht positiv über diese Firma spricht. Krupp war nicht nur der Waffenhersteller, viele wissen nicht, dass man neben allen Stahlprodukten auch Zahnprothesen, LKW, Tauchgeräte, Motorroller und Kinoprojektoren produzierte.

Schon frühzeitig stand der Mensch im Mittelpunkt der Firma. Hilfsbereitschaft, Menschlichkeit zeichneten Krupp aus. Wirtschaftliche Überlegungen waren nie von Sozialverpflichtungen isoliert. Krupp sagte 1873: "Der Zweck der Arbeit soll das Gemeinwohl sein, dann bringt Arbeit Segen, dann ist Arbeit Gebet."

Das soziale Engagement war damals unerreicht. Komfortable günstige Wohnungen, Supermarkt, Schwimmbad, Krankenhaus, Leihbüchereien, Stipendien-Stiftung stehen für das kruppsche Sozialprinzip. Damit band der Unternehmer natürlich die qualifizierten Arbeiter an sich, es gab nichts Besseres zur damaligen Zeit.

Wer sich über Krupp informieren möchte, insbesonders auch über B. Beitz, den Vorreiter in Sachen Ostpolitik während des kalten Krieges (S.36), für den ist gerade das Heft erschienen, welches man hier abrufen kann:
http://www.derwesten.de/media/6076222-- ... ahre-Krupp
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Edelknabe » 19. November 2011, 17:32

Jörg, ich glaube der Krupp hatte sogar dann die Prothesen für die Kriegsversehrten im Ersten Weltkrieg aus dem Edelstahl der Granatenhülsen gießen lassen (laut Wallraff). "Das war sowas von karikativ und menschlich, denn erst bekam der deutsche Soldat seine Granaten(besser diese G. mit seinem Patentzünder) auf den Stahlhelm, den der Krupp an die Engländer verkauft hatte für gutes Geld und dann sorgte er für das Wohl der/seiner Menschenkinder?"
Edel sei der Mensch und gut...fällt mir da nur zum Thema ein.Ich liebe den Kapitalismus.

Rainer-Maria und die dicke Berta, diese Riesenkanone benannte der Kerl nach seiner Frau, wenn ich es richtig gelesen habe?
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