Krupp- ein Herrscher und Visionär

Industriegeschichte, Technik- und Industriedenkmäler, Firmen

Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon augenzeuge » 22. Juni 2010, 20:17

Folgendes Video habe ich zufällig entdeckt.

Krupp bekämpfte die Sozialdemokratie. Er duldete in seinen Produktionsstätten anfangs keine Arbeiter, die sich diesbezüglich fortschrittlich organisieren wollten.
Allerdings erkannte er auch, wie er das Volk an sich binden konnte. Er entwickelte eine soziale Versorgung, die damals beisspiellos war.



AZ
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Icke46 » 22. Juni 2010, 21:41

Ob die soziale Versorgung damals beispiellos war - ich weiss nicht. Ich möchte doch an zwei andere in der damaligen Zeit äusserst sozial engagierte Unternehmer erinnern, die allerdings ihr Geld nicht durch Tötungsmaschinen verdient haben.

Der erste - und wohl auch bekanntere - ist Ernst Abbe von der Firma Carl Zeiss in Jena, Infos in wikipedia

http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Abbe

Der andere ist Johann David Gruschwitz: Infos in wikipedia

http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_David_Gruschwitz

wobei das soziale Engagement leider in dem Eintrag nicht erwähnt wird, mir aber aus Berichten meiner Mutter, die dort arbeitete, bekannt ist.

Gruss

icke
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon augenzeuge » 22. Juni 2010, 21:52

icke46 hat geschrieben:Ob die soziale Versorgung damals beispiellos war - ich weiss nicht. Ich möchte doch an zwei andere in der damaligen Zeit äusserst sozial engagierte Unternehmer erinnern, die allerdings ihr Geld nicht durch Tötungsmaschinen verdient haben.

Der erste - und wohl auch bekanntere - ist Ernst Abbe von der Firma Carl Zeiss in Jena, Infos in wikipedia

http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Abbe

Der andere ist Johann David Gruschwitz: Infos in wikipedia

http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_David_Gruschwitz

wobei das soziale Engagement leider in dem Eintrag nicht erwähnt wird, mir aber aus Berichten meiner Mutter, die dort arbeitete, bekannt ist.

Gruss

icke



Danke Icke.

Abbes Engagement war etwas später, als bei Krupp- aber du hast natürlich recht.
Der andere Unternehmer sagt mir nichts....

Meine Aussagen zu A. Krupp werden u.a. in wiki untermauert: ..."Sein soziales Engagement war für die damalige Zeit revolutionär, denn er war beispielsweise der Urheber der Siedlung Altenhof in Essen-Rüttenscheid. Diese stilvollen Häuser der Siedlung durften ehemalige Werksangehörige kostenlos bewohnen. Sie sollten hier Abstand vom damals grauen industriellen Alltag gewinnen."
Weitere Beispiele gibt es genügend.....

AZ [wink]
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon karl143 » 25. Juni 2010, 10:30

Eigentlich kennen wir alle diese Unternehmer ja lediglich aus dem Hörensagen oder aus Überlieferungen. Was bei allem bedacht werden muß, es war damals die Zeit der industriellen Revolution. Die Zeit des Umbruchs von der Landbevölkerung zur Industrienation. Jeder Unternehmer wird sicherlich zuerst sein eigenes Wohl bedacht haben, aber mit der Zeit setzte sich, vielleicht auch nur bei wenigen, die Erkenntnis durch, das ein zufriedener Mensch besser arbeitet. Das Krupp viel Gutes für seine Arbeiter tat, kam auch in dem kürzlich gezeigten Mehrteiler im ZDF zum Ausdruck. Icke, eigentlich ist es mir egal, wo ich arbeite und was dort gemacht wird. Ausnahmen wäre was in der Richtung Tierversuche o. ä. Auch in der heutigen Zeit kann sich nicht jeder einen Arbeitgeber aussuchen, der etwas moralisch Gutes unter das Volk bringt. Und das wird vor fast 200 Jahren auch nicht anders gewesen.

Wenn wir von sozialen Wohltaten sprechen, hier in Nienburg gab es damals schon eine Glashütte, die später an Becks und danach an Ardagh überging. Der Unternehmer Holscher baute auch eine Siedlung für seine Arbeiter, er gab das gesamte Geld für eine Schule in der Nähe der Firma und im Betrieb gab es einen Arzt der die Arbeiter mit Familien behandelte. Vielleicht waren das nur Visionäre, es waren wenige, aber es gab welche. Und irgendwie färbte sich das dann auch auf andere Unternehmen ab.
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Berliner » 26. Juni 2010, 00:02

karl143 hat geschrieben:...aber mit der Zeit setzte sich, vielleicht auch nur bei wenigen, die Erkenntnis durch, das ein zufriedener Mensch besser arbeitet. Das Krupp viel Gutes für seine Arbeiter tat, kam auch in dem kürzlich gezeigten Mehrteiler im ZDF zum Ausdruck.

ich habe einen Gutteil meines Lebens in Werken in Mexiko als Manager verbracht. Was ich dazu sagen kann ist, dass die "sozialen Leistungen" sehr hoch waren.

Beispiele:
-Transport hin und zurueck zur Arbeit
-Fruehstueck und Mahlzeit gratis
-eine Krankenschwester (auch teilweise Arzt) wo die Behandlung kostenlos war
-Jaehrlich mehrere Feiern fuer die Mitarbeiter, an dem wir als Managementteam teilnehmen *mussten* (es war Pflicht)
-eine Gewerkschaft (auch in Mexiko), wo die Arbeiter ihren Representanten bestimmten, und wer fuer sie und ihre Rechte eingesetzt hatte
-Entlohnung gegen Dienstalter, aber auch nach Stelle und Leistung

Und das alles im reinen Kapitalismus. So war das Karl. Die Arbeitnehmer *mussten* solche Schritte tun, sonst waeren die Arbeiter woanders hingegangen.
Nun dazu soll ich sagen, unser Werkleiter hatte ein richtiges Herz fuer die Menschen, aber das ist ein ganz anderes Kapitel.

Duane [hallo]
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon augenzeuge » 26. Juni 2010, 10:46

Berliner hat geschrieben:Beispiele:
-Transport hin und zurueck zur Arbeit
-Fruehstueck und Mahlzeit gratis
-eine Krankenschwester (auch teilweise Arzt) wo die Behandlung kostenlos war
-Jaehrlich mehrere Feiern fuer die Mitarbeiter, an dem wir als Managementteam teilnehmen *mussten* (es war Pflicht)
-eine Gewerkschaft (auch in Mexiko), wo die Arbeiter ihren Representanten bestimmten, und wer fuer sie und ihre Rechte eingesetzt hatte
-Entlohnung gegen Dienstalter, aber auch nach Stelle und Leistung



Ja, Duane, das klingt auch für mich sehr interessant. Das gab es ja so nicht mal in der DDR. Ich glaube, wenn das RMR liest, der glaubt dir das nicht. [grins]

Wenn ich das lese, erinnere ich mich auch an alte Zeiten in Berlin. So ähnlich war das dort auch. Allerdings ist das in den letzten Jahren doch stark abgebaut worden....

Was hat so ein normaler Facharbeiter verdient und wie hoch waren seine monatlichen Lebenskosten?

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Berliner » 26. Juni 2010, 15:00

Berliner hat geschrieben:Und das alles im reinen Kapitalismus. So war das Karl. Die Arbeitnehmer *mussten* solche Schritte tun, sonst waeren die Arbeiter woanders hingegangen.

gut, dazu sollte ich bemerken, dass die mexikanische Regierung den Standardlohn kuenstlich niedrig hielt. Deswegen waren auch solche "Zuschuesse" seitens der Firmen auch noetig um die Leute zu behalten.
Die Kehrseite waere allerdings die gewesen: wenn die Lohnkosten nicht so niedrig gehalten wurden, waeren zur damaligen Zeit die Firmen alle nach China ausgewandert, trotz der hoeheren Logistikkosten.

augenzeuge hat geschrieben:Was hat so ein normaler Facharbeiter verdient und wie hoch waren seine monatlichen Lebenskosten?

der normaler Facharbeiter hat ca. $50 USD die Woche verdient. Mehr als die Haelfte davon waren Zuschuesse seitens der Firma, die Gruende oben. Die Arbeiter in China haben ca. 1/4 davon verdient, daher der Reiz dahinzuziehen.

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Edelknabe » 23. Juli 2010, 20:32

Jörg, was gab es nicht in der DDR? Ich fang mal an und du kennst mich ja mittlerweile und zu Krupp könnte ich auch verschiedenes beisteuern, bin nur zu faul dazu, es im alten Forum zu suchen.
Also fangen wir an: "Transport zu und von der Arbeit erfolgte bei uns im Betrieb mit betriebseigenen PKW kostenlos, zum Teil auch per Bahn...Reichsbahn, und das Fahrgeld wurde glaube ich zurück erstattet.
Frühstück und Mittag wurden aus der eigenen Tasche bezahlt, betriebsärztliche Reihenuntersuchungen und weiters war kostenlos, gefeiert wurde so um die zweimal im Jahr, nur endete das meistens in Schlägereien zu später Stunde, weil sich die Werktätigen und die Sesselfurzer( Heute Manager) nicht besonders grün waren.
Gewerkschaft war in Ordnung, denn ich bekam immer meinen Ferienplatz, ob Ostsee oder Berliner Seenplatte und anderswo.
Ich schrieb mal im anderen Forum von dem Streik, sie, die Sesselfurzer wollten uns die kostenlose Milch ( halber Liter pro Arbeitstag pro AK) einfach so streichen? Da ging es richtig rund und die Gewerkschaft stand ihren Mann.
Entlohnung nach Zugehörigkeit und Jahre war so ähnlich, nur verdiente der Normalo so um die 750-1000 Mark der DDR Netto, je nach Entfernung und Schwere der Baustellen.
Aber olle Krupp war ja nicht doof, der dachte sich: "Binde sie an dich, deine Arbeiter, mach sie abhängik und ich glaube, da gab es noch die Betriebsverkaufsstellen, seine wunderschönen Werkswohnungen...ich muss doch mal Wallraff/ Engelmann bemühen, die hatten es so herlich beschrieben in " Ihr da oben-wir da unten."
Und ja, ich habe nichts gegen faire Kapitalisten, zumal meine Lieblingstante, von der ich öfters schrieb, Eine davon war mit ihren über einhundert Werktätigen in der DDR, nur gehören sie heute einer aussterbenden Spezies an...sind eigentlich schon ausgestorben und wurden von der Gier, Profitsucht...dem alten Manchesterkapitalismus nur in neu aufgelegter ausgeklügelter raffinierterer Form abgelöst. Und der ist sehr klug, gebe ich neidlos zu, aber ich denke trotzdem, das er seinen Meister finden wird, das bleibt nur eine Frage der Zeit, denn welche Gesellschaftsordnung währte schon ewig, nicht Eine?

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon CaptnDelta » 5. August 2010, 04:16

Einer der ersten Visionaere dieser "humansozialistischen Kapitalisten" [flash] duerfte Jakob Fugger gewesen sein. Ein sehr lesenswertes Buch:
Bild

Und dann schlaegt man die Zeitung auf, und schon wieder passt mal etwas nicht in's schwarz-weisse Weltbild des gebildeten Sozialisten/Sozialfeudalisten:
Na sowas...

Wuerde mich mal interessieren, was der Joachim Hermann dazu morgen im 'Neuen Deutschland' dichten wuerde [grins]. Schade das es die DDR nicht mehr gibt [sick], das waere bestimmt humorvoll.

-Th
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Danny_1000 » 5. August 2010, 14:43

CaptnDelta hat geschrieben:........Und dann schlaegt man die Zeitung auf, und schon wieder passt mal etwas nicht in's schwarz-weisse Weltbild des gebildeten Sozialisten/Sozialfeudalisten:
Na sowas...

Wuerde mich mal interessieren, was der Joachim Hermann dazu morgen im 'Neuen Deutschland' dichten wuerde [grins]. Schade das es die DDR nicht mehr gibt [sick], das waere bestimmt humorvoll.

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Mit meiner Weltanschauung würde ich das Engagement dieser Superreichen Amerikaner zunächst mal begrüßen, auch wenn’s nur eine Absichtserklärung ist. Das Hauptproblem der weltweit immer weiter auseinander gehenden Schere zwischen arm und reich löst es natürlich nicht.

Diese Großzügigkeit sucht man jedoch in Deutschland vergebens. Von den knapp 122 Milliardären (So viel schätzte man 2007 in der Bundesrepublik) hört man Vergleichbares nicht.
Im gleichen Jahr ermittelte übrigens das DIW (Deutsches Institut der Wirtschaft) im Rahmen einer Studie allerdings ein paar interessante Zahlen durch die Befragung mehrerer tausend Haushalte und rechnete hoch:
Danach verfügt etwa 10% der Bevölkerung über mehr als 2/3 des gesamten Vermögens in der Bundesrepublik. Gut 2/3 der Bundesbürger haben dagegen überhaupt kein oder nur ein sehr geringes Vermögen. Genauere Zahlen gibt es wie gesagt nicht.

Zwar beschäftigen sich Heerscharen von Statistikern in diesem Land mit der Normierung allen möglichen Unsinns. Auch gibt die Bundesregierung seit einigen Jahren einen Armutsbericht heraus und regelt, wie viel T- Shirts einem Hartz4- Empfänger zustehen. Aber wie und wo der Reichtum in diesem Lande verteilt und zustande gekommen ist, erfährt man leider nicht. Das ist immer noch eines der am besten gehüteten Geheimnisse.

Und wer da glaubt, aufgrund der Finanzkrise sei es den Reichen besonders an den Kragen gegangen, der irrt. Die Anzahl der Millionäre in Deutschland stieg nach der Finanzkrise um satte 23% auf mittlerweile 430 Tausend.

Sorry Captn: Da interessiert es mich eigentlich nicht, was der alte Chefpropagandist Hermann in seinem Käseblatt veröffentlichen würde, wenn er denn heute noch lebte.

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon karl143 » 5. August 2010, 18:52

Danny_1000 hat geschrieben:
Diese Großzügigkeit sucht man jedoch in Deutschland vergebens. Von den knapp 122 Milliardären (So viel schätzte man 2007 in der Bundesrepublik) hört man Vergleichbares nicht.
Im gleichen Jahr ermittelte übrigens das DIW (Deutsches Institut der Wirtschaft) im Rahmen einer Studie allerdings ein paar interessante Zahlen durch die Befragung mehrerer tausend Haushalte und rechnete hoch:
Danach verfügt etwa 10% der Bevölkerung über mehr als 2/3 des gesamten Vermögens in der Bundesrepublik. Gut 2/3 der Bundesbürger haben dagegen überhaupt kein oder nur ein sehr geringes Vermögen. Genauere Zahlen gibt es wie gesagt nicht.



Hallo Danny,
gestern abend lief eine sehr gut gemachte Dokumentation über Peer Steinbrück. Am Ende äußerte er sich über den Zustand in der Bundesrepublik ungefähr wie folgt. Er sagte, das sich die Millionäre und Milliardäre mittlerweile aus der Verantwortung gegenüber anderen total herausgelöst haben. Er sieht das als ganz großes Problem auch der kommenden Zeit. Neben der Verdrossenheit über Politik und Politiker sieht er dieses Problem als eines der ganz wichtigen Aufgaben an, sie zu ändern. Wie zum Beweis, lief gestern abend ja auch die erneute Story über den Billigdiscounter "Kik" im Ersten wo auch der Besitzer gezeigt wurde. Er ist das lebende Beispiel zu den Worten Peer Steinbrücks.
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Danny_1000 » 5. August 2010, 20:38

Hallo Karl,

ich habe beide Dokus gesehen und fand es mehr als bemerkenswert, wie Helmut Schmidt die heutige politische Klasse und deren Führungsfähigkeiten kritisierte.
Man kann zudem nur hoffen, dass die geäußerten Vorahnungen über Europa nicht Wahrheit werden.

Interessant war auch die Doku am vergangenem Montag über Josef Ackermann und seine Deutsche Bank. Ein sehr aufschlussreiches Portrait über diesen „Wolf im Schafspelz“ und den immensen Einfluß auf die Politik. Interessant auch die zahlreichen treffsicheren Bemerkungen des Kommentators zu Ackermanns Statements.
Zitat: „Das Verhältnis von Frau Merkel und Herrn Ackermann hat sich ja merklich abgekühlt.
Sie hat, so der Kommentator, eine Erfahrung gemacht, die sie mit ihren Vorgängern teilt. Sie dachte immer, sie sei an der Macht und dabei ist sie nur Regierung.“

Einen schönen Abend noch
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon CaptnDelta » 5. August 2010, 23:18

Hallo Danny,

hatte den Kommentar eigentlich "tongue in cheek" (also mit einem Augenzwinkern) gemeint. Allerdings kann eine etwas ernsthaftere Diskussion auch net schaden. Entschuldige wenn ich deinen Beitrag etwas "filetiere", allerdings gibt es einige Passagen, welche ich individuell kommentieren moechte.

Danny_1000 hat geschrieben:
CaptnDelta hat geschrieben:........Und dann schlaegt man die Zeitung auf, und schon wieder passt mal etwas nicht in's schwarz-weisse Weltbild des gebildeten Sozialisten/Sozialfeudalisten:
Na sowas...

Wuerde mich mal interessieren, was der Joachim Hermann dazu morgen im 'Neuen Deutschland' dichten wuerde [grins]. Schade das es die DDR nicht mehr gibt [sick], das waere bestimmt humorvoll.

-Th

Mit meiner Weltanschauung würde ich das Engagement dieser Superreichen Amerikaner zunächst mal begrüßen, auch wenn’s nur eine Absichtserklärung ist. Das Hauptproblem der weltweit immer weiter auseinander gehenden Schere zwischen arm und reich löst es natürlich nicht.

Zum einen ist dies keine Absichtserklaerung, viele der genannten haben schon einen Grossteil ihres Vermoegens fuer karitative Zwecke gespendet, so z.B. Bill Gates und Warren Buffet (M&B Gates Stiftung). Auch hat Larry Ellison schon laengere Zeit sehr viel Geld lockergemacht, nur hat er dies anonym getan, auch Barron Hilton (mit dem ich letztes Jahr ein Gespraech fuehren konnte, und in welchem das Gespraech auf dieses Thema kam). Viele wollten nicht oeffentlich genannt werden. Dies zu aendern (und eine Vorbildfunktion zu schaffen) war der Sinn dieser Aktion (und nix anderes).

Zum anderen erzeugt das Bild mit der "Schere zwischen Arm und Reich" -welches in den deutschen Massenmedien sehr gerne gebraucht wird- eine falsche Assoziation von wirtschaftlichen Zusammenhaengen: Die Wirtschaft (Volkswirtschaft, Weltwirtschaft) ist *kein* Nullsummenspiel. Das heisst, es ist nicht unbedingt notwendig, das -damit es jemanden besser geht- es jemanden anders schlechter gehen muss. Dies wird zwar von manch verkappten Weltverbesserer ganz gerne als Vorbedingung gegeben vorausgesetzt, trifft allerdings bewiesenermassen nicht zu. Damit ist das negative Abbild der "Schere" hinfaellig, da bei allgemeinem Anstieg des Wohlstandes, es immer noch eine Gruppe gibt welche bei '0' stehenbleibt - sei es aus eigenem Antrieb, oder Aufgrund der Umstaende. Daraus ergibt sich erzwungenermassen die groessere "Schere". Diese "groessere Schere" ist jedoch eher als positiv zu bewerten, da der allgemeine Wohlstand gestiegen ist, und sich somit auch auf die unteren Schichten auswirkt ("trickle down").

Danny_1000 hat geschrieben:Diese Großzügigkeit sucht man jedoch in Deutschland vergebens. Von den knapp 122 Milliardären (So viel schätzte man 2007 in der Bundesrepublik) hört man Vergleichbares nicht.
Im gleichen Jahr ermittelte übrigens das DIW (Deutsches Institut der Wirtschaft) im Rahmen einer Studie allerdings ein paar interessante Zahlen durch die Befragung mehrerer tausend Haushalte und rechnete hoch:
Danach verfügt etwa 10% der Bevölkerung über mehr als 2/3 des gesamten Vermögens in der Bundesrepublik. Gut 2/3 der Bundesbürger haben dagegen überhaupt kein oder nur ein sehr geringes Vermögen. Genauere Zahlen gibt es wie gesagt nicht.
Wie auch im Beitrag von Karl erwaehnt, es faellt schon auf das die Deutschen (auch die Deutschen die hier leben) auf der Liste fehlen. Ein Teil mag daran liegen das es hier Unterschiede in der Kultur gibt, welche auch das fuer Deutsche absolut unerklaerliche Fehlen eines uebergreifenden, ausgekluegelten, und allgegenwaertigen staatlichen Sozialsystems in den USA begreiflich machen koennte.

Allerdings sollte man in Deutschland froh sein, diese 10% der Bevoelkerung zu haben. Wenn man da das (fuer manch finanzpolitisch Unbewanderten -z.B. Sarah Wagenknecht/Linke) zwar naheliegende, jedoch falsche tut, dann koennte es relativ schnell sein das Deutschland 2/3 seines Reichtums verliert. Ein gutes Beispiel aus der Geschichte ist auch hier wiederum die DDR. Begruenden laesst sich dies allerdimngs auch mit der Laffer-Kurve.
Bild

Auch deswegen ist dieser Appell von Gates und Co. -an Ihresgleichen- bei weitem wirkungsvoller, als irgendwelche staatlichen Verordnungen.

Danny_1000 hat geschrieben:Zwar beschäftigen sich Heerscharen von Statistikern in diesem Land mit der Normierung allen möglichen Unsinns. Auch gibt die Bundesregierung seit einigen Jahren einen Armutsbericht heraus und regelt, wie viel T- Shirts einem Hartz4- Empfänger zustehen. Aber wie und wo der Reichtum in diesem Lande verteilt und zustande gekommen ist, erfährt man leider nicht. Das ist immer noch eines der am besten gehüteten Geheimnisse.
Was mich vor allem stoert, ist die Geldverschwendung, welche bei der Normierung der Unterhemden eines Hartz IV-Empfaengers entsteht. Ich glaub' in der Erstellung von Buerokratie ist man in Deutschland Weltmeister, und somit in Verschwendung oeffentlicher Mittel. Dies ist fuer mich ein unuebersehbares Indiz das staatliche und uebergeordnete Behoerden einfach untauglich sind, die aktuellen Probleme in der Welt zu loesen. Wenn man sieht das z.B. die M&B Gates Foundation 6x soviel Kinder fuer das gleiche Geld immunisieren kann als die UNO/WHO, dann stellt sich fuer mich nicht laenger die Frage wer das machen sollte: Fuer die Kinder ist die medizinische Behandlung wichtig, und nicht wieviele Sesselfurzer sich in New York ein schoenes Leben machen. Fuer mich ist die UNO ein geldverschlingendes Relikt des Kalten Krieges, welches krampfhaft nach einem neuen Nutzen sucht.

Danny_1000 hat geschrieben:Und wer da glaubt, aufgrund der Finanzkrise sei es den Reichen besonders an den Kragen gegangen, der irrt. Die Anzahl der Millionäre in Deutschland stieg nach der Finanzkrise um satte 23% auf mittlerweile 430 Tausend.
Das ist eine oft gemachte Fehleinschaetzung, welches durch einen Grundsatz der Finanzwelt entkraeftet wird: Das Potential fuer Gewinn ist umso groesser, je staerker sich die Maerkte bewegen - egal ob nach oben oder unten. Von daher ist es schon moeglich, eine solche Krise entsprechend zu nutzen. Beispiel in eigener Sache: Ich war selbst ueberrascht, als ich die Auszuege fuer meine Rentenanlage vom letzten Jahr gesehen habe, soviel Zuwachs (und das mitten in der Krise) hatte ich noch nie. Die Finanzleute bei Vanguard wissen anscheinend um diesen Grundsatz.

Danny_1000 hat geschrieben:Sorry Captn: Da interessiert es mich eigentlich nicht, was der alte Chefpropagandist Hermann in seinem Käseblatt veröffentlichen würde, wenn er denn heute noch lebte.

Naja, dann lassen wir ihn in Frieden ruhen [wink]

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon karl143 » 6. August 2010, 07:37

Danny_1000 hat geschrieben:Hallo Karl,

ich habe beide Dokus gesehen und fand es mehr als bemerkenswert, wie Helmut Schmidt die heutige politische Klasse und deren Führungsfähigkeiten kritisierte.
Man kann zudem nur hoffen, dass die geäußerten Vorahnungen über Europa nicht Wahrheit werden.

Interessant war auch die Doku am vergangenem Montag über Josef Ackermann und seine Deutsche Bank. Ein sehr aufschlussreiches Portrait über diesen „Wolf im Schafspelz“ und den immensen Einfluß auf die Politik. Interessant auch die zahlreichen treffsicheren Bemerkungen des Kommentators zu Ackermanns Statements.
Zitat: „Das Verhältnis von Frau Merkel und Herrn Ackermann hat sich ja merklich abgekühlt.
Sie hat, so der Kommentator, eine Erfahrung gemacht, die sie mit ihren Vorgängern teilt. Sie dachte immer, sie sei an der Macht und dabei ist sie nur Regierung.“

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Hallo Danny,
mit deinem Kommentar hast du vollkommen Recht. Allein diese drei Dokumentationen waren mMn schon die hälfte der GEZ Gebühren wert. Gaben sie doch alle einen Einblick hinter die Fassade die jeder sehen kann. Ich glaube, Kanzler wie Schröder hatten da schon eine bessere Einschätzung der Lage wer im Grunde die Fäden zieht. Obwohl ich nie CDU gewählt habe, hat mich die Merkel zu Zeiten der Großen Koalition beeindruckt. Im Nachhinein muß ich aber zugeben, das ich mich von ihr hab blenden lassen. Nicht erst nach der jetzigen Doku über Steinbrück bin ich der festen Überzeugung, das sie von dem Wissen und dem Geschick ihres damaligen Finanzministers stark profitiert hat. In der jetzigen Regierung mit (auch) schwachen MInistern der FDP zeigt sich das wahre Können der Kanzlerin. Sie hat keine Führungsstärke, aus ihrer unbekümmerten Art der Politik ist mittlerweile das Aussitzen gekommen. Das hat sie gut vom Dicken übernommen. Hoffentlich ist es ihre letzte Amtszeit, und ich glaube, die wird sie nicht bis zum Ende überstehen.
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Danny_1000 » 6. August 2010, 19:12

CaptnDelta hat geschrieben:Hallo Danny, .....Allerdings sollte man in Deutschland froh sein, diese 10% der Bevoelkerung zu haben. Wenn man da das (fuer manch finanzpolitisch Unbewanderten -z.B. Sarah Wagenknecht/Linke) zwar naheliegende, jedoch falsche tut, dann koennte es relativ schnell sein das Deutschland 2/3 seines Reichtums verliert. Ein gutes Beispiel aus der Geschichte ist auch hier wiederum die DDR. ....
Servus,
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Hallo Catn,

mal etwas scherzhaft festgestellt: Folgt man dieser Logik hier, würde das ja heißen: Je mehr Reichtum sich in den Händen weniger befindet, desto besser geht es dem „armen Rest“. Natürlich weiß ich, dass du es so nicht meinst.

Sicher ist das eine oder andere Argument von dir nicht von der Hand zu weisen und bedenkenswert. So gesehen hatte dieser kurze Austausch für mich schon einen Nutzen.

Dennoch glaube ich, dass eine Gesellschaft, wie die deutsche, in weiten Teilen auch von dem Gefühl , dass es einigermaßen gerecht zugehen muß, zusammen gehalten wird. Das Erfolgsmodell der alten Bundesrepublik (Das wählte die überwiegende Masse der DDR- Bürger 1989 !) beruhte ja u.a. auch auf diesem sozialen Konsens sehr breiter Schichten der Bevölkerung. Und wenn, ohne das jetzt hier mit Zahlen zu belegen, einerseits die Konzentration des Vermögens in wenigen Händen stetig zunimmt und andererseits immer mehr Menschen in die relative Armut abgleiten oder das befürchten, dann gerät dieser Konsens eben in Gefahr.

Und wenn dann selbst ein so erfahrener Politiker im politischen Establishment wie Per Steinbrück vor einem deutschen Millionenpublikum am Dienstg Abend feststellt:
Zitat: „Wir haben es mit einer Oberschicht zu tun, die meint, sie hätte keine Verantwortung mehr für das Gemeinwesen…“ Zitatende
und dann sinngemäß weiter ausführt, dass einige in dieser Oberschicht den Knall der Krise noch nicht vernommen haben, sollte das schon zu denken geben.

Einen netten Gruß
Daniel

P.S. Danke für die Grafik !
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Nonkonform » 3. November 2010, 22:12

Krupp handelte nur in einem Sinne : in seinem eigenen.
U.A.wollte er verhindern, dass sich "seine " Arbeiter den bösen Sozialdemokraten näherten.

Wer Unternehmer ist und Gewinne erzielen will, der kann nicht gerecht mit seinen Beschäftigten umgehen, ansonsten müsste er seine Gewinne ja an die Belegschaft verteilten.

NK
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon CaptnDelta » 3. November 2010, 22:19

Nonkonform hat geschrieben:Wer Unternehmer ist und Gewinne erzielen will, der kann nicht gerecht mit seinen Beschäftigten umgehen, ansonsten müsste er seine Gewinne ja an die Belegschaft verteilten.

Wie sich die Zeiten aendern..., das wird in mancher Firma sogar gemacht. Nennt sich z.B. 'Profit-Sharing' oder ISO-Options.

Es stellt sich zu Deiner Frage die Gegen-Frage: Traegt die Belegschaft auch mit an den Verluste in weniger guten Zeiten - d.h. bringt man da am Ende des Quartals ein paar Tausender mit zur Arbeit, damits weitergeht?

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Nonkonform » 3. November 2010, 22:31

CaptnDelta hat geschrieben:Es stellt sich zu Deiner Frage die Gegen-Frage: Traegt die Belegschaft auch mit an den Verluste in weniger guten Zeiten - d.h. bringt man da am Ende des Quartals ein paar Tausender mit zur Arbeit, damits weitergeht?-Th


Das gibt es tatsächlich. Sehr oft haben Belegschaften auf ihren Lohn verzichtet, um ihre Fabrik / Standort zu retten ( siehe Opel / Karstadt).

Und im Gegensatz zur normalen Belegschaft können die Unternehmer und ihre hochbezahlten Manager auf Hilfe der Banken / Staat hoffen, den der Steuerzahler gerne bezahlt.

Diese Hilfe wird dann natürlich nach neu erzielten Gewinnen nicht zurückerstattet und der Belegschaft wird froh mitgeteilt, die Arbeit geht weiter, aber leider müssen uns einige Mitarbeiter verlassen.

Fakt : Die Zeche zahlt am Ende nur der Kleine.


NK
Nonkonform
 

Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon karl143 » 3. November 2010, 23:08

Belegschaften haben in Deutschland in den letzten Jahren sehr viel Anteil am Weiterbestehen einiger großer Unternehmen gehabt. Es waren nicht nur Karstadt oder Opel, ich erinner mal an Karmann in Osnabrück, wo die Belegschaft jahrelang immer geringeren Zusatzleistungen zugestimmt hat, um ein Überleben der Firma zu sichern. SeifenPlatz, zufällig auch ein Unternehmen aus dem Ort. Telekombeschäftigte die im nächsten Jahr zum Teil von Uelzen nach Hannover zur Arbeit müssen usw. Ich habe es selber bei einem größeren Unternehmen miterlebt, wo durch Mangerfehler eine finanzielle Schieflage entstand. Und auf einer Betriebsversammmlung in Hannover von einem Mitglied der Geschäftsführung aus Frankfurt erklärt wurde, den Arbeitsweg nach Hamburg kann man sich bei der Bahnfahrt ja mit Lesen verkürzen. Zu solch einem Unsinn fällt einem wirklich nichts mehr ein.

Das Schlimme an der ganzen augenblicklichen Situation ist aber die Macht der Arbeitgeber. Jede Forderung oder andere Maßnahme wird mit einem Hinweis auf Arbeitsplätze abgegeben. Was die Gewerkschaften in jahrzehnten erkämpft haben wurde in wenigen Jahren zunichte gemacht. Deutschland ist auf dem Weg in amerikanische Verhältnisse. Man braucht mehr als eine Arbeitsstelle um die Familie zu ernähren. Es ist aber von der jetzigen Regierung so gewollt, und sie hatte es sogar den Bürgern vor der Wahl versprochen.

Die Unternehmer wie Krupp usw. hatten bei allen Entscheidungen die sie zur Vermehrung ihres Gewinns trafen, aber auch meißtens auch noch eine soziale Ader. Sie bauten Schulen, Häuser und zum Teil Krankenhäuser für ihre Arbeiter. Ob dies aus sozialer Verantwortung geschah, darüber mag sich jeder seine eigenen Gedanken machen.
karl143
 

Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Edelknabe » 4. November 2010, 19:13

Nun ja, um es mal als einfacher Arbeiter, zu Sozialismuszeiten hieß das "Werktätiger" auszudrücken, das Ziel für den Unternehmer ist und bleibt der Profit...das, was da unten in die Schale fällt.
Denn ansonsten könnte er ja Arbeiter werden, oder Beamter, oder Obdachloser, oder Hartz4 Empfänger, oder Politiker und nein, das will Er nicht, Er will den Reingewinn, wenn das Finanzamt seinen Teil abgezogen hat, das was da übrig bleibt, das will Er.
Das ist eigentlich der Antrieb, und ich kenne das gut aus eigenem Erleben, "wo ich mal Chef im Handwerk war".
Also am liebsten waren mir die Verrechnungschecks,je höher in der Summe um so besser, von der Sekretärin meines Auftraggebers ausgestellt und ich hatte einen Draht zu den Sekretärinen, da ließ ich keine Luft dran, denn Frauen sind empfänglich für Komplimente...wenn ein Mann sie beachtet, ihnen schöne Augen macht, mal zuhört und mehr....
Ja, so ist das mit dem Kapitalismus, das Geld ist wie ein Magnet und ich schrieb schon mal in irgendeinem Fred im alten Forum so sinngemäß: " Du wirst einfach nicht müde bei der vielen Kohle, die gibt dir ungeahnte Energie, die nie, aber auch nie versiegt".
Und wenn du meinst, dich mal von Allem loszueisen, dann überträgst du den ganzen Mist auf deinen Vorarbeiter(vorausgesetzt, du kannst dich auf ihn verlassen), nimmst deine Familie und düst los, denn die Welt ist schön, deine Brieftasche voll gefüllt und du geniest es. Ich nahm immer die teuersten Hotels damals, an Nordsee und Ostsee und ja, ich bin da bißchen altmodisch, blieb halt im schönen Deutschland.
Schöner, wunderschöner Kapitalismus muss ich mal so unkompliziert sagen...wenn, ja wenn Du aber auch voll auf der Siegerseite stehst.

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Edelknabe » 4. November 2010, 20:53

Um mal beim alten Krupp zu bleiben, der verkaufte ja sogar die Lizenzen für seine Granaten, diesem PKZ, dem Zünder an die Engländer damals im I.Weltkrieg und prompt bekam der deutsche Soldat, eigentlich sein eigener Landsmann, der Sohn eines seiner eigenen Arbeiter das aber auch voll auf den Stahlhelm?
Ist schon krass, und das Alles wegen dem wunderschönen Profit, der doch eigentlich der Antrieb sein sollte, um die Wirtschaft, eine doch gesunde Volkswirtschaft am Laufen zu halten, denn eigentlich soll es doch Allen nützen, dem Kapitalisten und dem Arbeitnehmer?

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon CaptnDelta » 4. November 2010, 21:03

Edelknabe hat geschrieben:Nun ja, um es mal als einfacher Arbeiter, zu Sozialismuszeiten hieß das "Werktätiger" auszudrücken, das Ziel für den Unternehmer ist und bleibt der Profit...das, was da unten in die Schale fällt.
...

Das ist zwar das, was man uns in der DDR immer in der Schule verklickern wollte, nur stimmt dies nicht (mehr) zwingend. Das eigentlich Zauberwort heisst "shareholder value", welches Profitoptimierung beinhalten *kann*, dies jedoch nicht unbedingt zwingend sein *muss*. Im Gegenteil, eine fruehere Ausrichtung auf Rentabilitaet (a.k.a. "Profit") in einigen Situationen waere sicher gut gewesen fuer manchen verlorenen Arbeitsplatz.

Hab' gerade dieses Buch von Edgar Most fertiggelesen.
Bild
Ich glaube das wuerde Dir gefallen, Rainer-Maria, bestell Dir doch das mal beim Weihnachtsmann. [santa]
Obwohl er da, meiner Meinung nach, auch einiges verschweigt, oder seiner Ueberzeugung gemaess "verbiegt", find ich's ein gelungenes Buch. Werd' bei Gelegenheit noch eine paar mehr Info's dazu 'reinstellen.

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon CaptnDelta » 4. November 2010, 21:10

Edelknabe hat geschrieben:Um mal beim alten Krupp zu bleiben, der verkaufte ja sogar die Lizenzen für seine Granaten, diesem PKZ, dem Zünder an die Engländer damals im I.Weltkrieg und prompt bekam der deutsche Soldat, eigentlich sein eigener Landsmann, der Sohn eines seiner eigenen Arbeiter das aber auch voll auf den Stahlhelm?

Dafuer bekam der gute Krupp auch einiges an Schelte zu hoeren, und es wurde weidlich von den Kommunisten in den 20er Jahren fuer ihre Propaganda ausgenutzt.
Mal schnell die Zeit 50 Jahre nach vorne gespult, dann kucke dir mal an was deine DDR an sogenannter "Friedenspolitik" in Aethiopien betrieb. Verblueffende Parallelen, nur redet keiner davon...

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Edelknabe » 4. November 2010, 21:25

Delta, ich werd mir das Buch einmal zukommen lassen und mit Aethiopien zu DDR-Zeiten, da bin ich echt nicht bewandert, aber ich nehme an, mein Staat lieferte damals Waffen für die Brüder?
Dem Krupp seine Engländer waren aber nicht "seine Brüder in der Sache", da verwechselst du was, dem ging es ganz allein um den Profit seiner Gier, der DDR ging es um die Sache, um die Sache des Sozialismus.
Also, da bestehen schon gewaltige Unterschiede.

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon CaptnDelta » 4. November 2010, 21:34

Edelknabe hat geschrieben:Delta, ich werd mir das Buch einmal zukommen lassen und mit Aethiopien zu DDR-Zeiten, da bin ich echt nicht bewandert, aber ich nehme an, mein Staat lieferte damals Waffen für die Brüder?
Man lieferte Waffen an zweierlei "Staemme" von "Bruedern", welche sich damit bekaempften. Davon wusste man auch.

Edelknabe hat geschrieben:Dem Krupp seine Engländer waren aber nicht "seine Brüder in der Sache", da verwechselst du was, dem ging es ganz allein um den Profit seiner Gier, der DDR ging es um die Sache, um die Sache des Sozialismus.
Also, da bestehen schon gewaltige Unterschiede.
Beides laeuft auf Macht hinaus. Von daher, kein Unterschied.

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Edelknabe » 4. November 2010, 21:58

Könnte man wieder drüber streiten Delta...Macht und Gier und im Endeffekt die Sache? Ich werde mal die Definitionen im Duden oder Lexika nachschlagen und morgen gehts weiter.

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Edelknabe » 13. November 2010, 08:10

Hallo zusammen, ich ließ mal Duden Duden sein und fand noch etwas in einem Buch, Quelle unten.

" Niemand weiß, wer die hinterhältig treffende Formel von der Ausrottung durch Arbeit prägte, aber schon vier Wochen später trug Krupp die Sache dem Führer vor. Er sagte, jeder Parteigenosse sehe natürlich die Beseitigung von Juden, ausländischen Saboteuren, gegen den Nationalsozialismus eingestellten Deutschen, Zigeunern, Verbrechern und Asozialen gern, doch sehe er nicht ein, warum diese nicht etwas fürs Vaterland leisten sollten, bevor sie umgebracht würden. Wenn man sie scharf antreibe, könne jeder von ihnen in den Monaten vor der Liquidierung die Arbeitsleistung eines ganzen Lebens erbringen...Die Lösung des Problems war, wie sich herausstellte, eine Frage der Wirtschaftlichkeit..."( aus: William Manchaster:"Krupp")

Textauszug aus "Ihr da oben-wir da unten" von Engelmann/Wallraff

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon CaptnDelta » 13. November 2010, 08:23

Edelknabe hat geschrieben:Textauszug aus "Ihr da oben-wir da unten" von Engelmann/Wallraff

Ehrlich gesagt, Rainer, der Wallraff ist fuer mich sowas wie der Schabowski des Westens, nur eben schon eher. Ich muss zugeben das ich damals nach unserer "Ruebermache" alles von dem gelesen (und auch teilweise geglaubt) hab.
Muss mal in den alten Zeitungen kramen, fuer Nachweis und so, aber ich glaub' mal die Einschaetzung ist stimmig.

Ein schoenes Wochenende wuenscht Dir,
-Th
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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Edelknabe » 13. November 2010, 19:23

Nun ja Delta, ich meine, er, der Wallraff und was das genannte Buch betraf dieser Engelmann mit, sie suchten und sie wurden fündig in genau den Sachen, die gerne verschwiegen wurden, wenn es um die Vergangenheit bestimmter Wirtschaftsgrößen des alten Westdeutschland ging.
Da sind ja noch der alte Henkel, derer von Thurn und Taxis, Waldburg zu Zeil und Trauchburg, Fichtel und Sachs, Guttenberg, Stauffenberg, Flick, Horten, Melitta, Oetker, Gerling, Arzberger und Ander aufgeführt.
Liest sich wirklich gut, das Buch, es schafft auch ein bißchen Freiraum im Kopf für den westdeutschen Normalo- Bürger, denn in der Schule bekam er wohl Derartiges nicht vermittelt?
So dachte bestimmt der Wallraff, das musst du machen, das wird ein Hit...auch für seinen Geldbeutel, denn Delta, auch für mich ist die Kohle auch heute noch in gewisser Weise Antrieb, nur nicht mehr fast alleiniger Antrieb im Leben.
Und wenn ich mal ein Buch schreibe, also "Umsonst und Geschenkt sind gestern bereits gestorben".
Diesen wunderbaren Spruch hatte einer meiner Ex-Arbeitskollegen, ein Fliesenleger immer drauf, wenn ein guter Freund meinte, er hätte da ein Bad, wo er mal fliesen könnte, zu tiefsten DDR-Schaffenszeiten.

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Re: Krupp- ein Herrscher und Visionär

Beitragvon Icke46 » 13. November 2010, 19:40

CaptnDelta hat geschrieben:Ehrlich gesagt, Rainer, der Wallraff ist fuer mich sowas wie der Schabowski des Westens, nur eben schon eher. Ich muss zugeben das ich damals nach unserer "Ruebermache" alles von dem gelesen (und auch teilweise geglaubt) hab.

-Th


Also,

Schabowski des Westens - was soll das denn heissen? Steh da im Moment ein bisschen auf dem Schlauch - nur, wenn man das so über die Jahre verfolgt - hatte ja das Vergnügen, GW in den 70ern persönlich kennen zu lernen, wie übrigens auch Jose Afonso, falls das jemandem was sagt, kommt mir der Schabowskivergleich irgendwie daneben vor.

Gruss

icke
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