Die Sozialpolitik in den 70zigern in der DDR

Es gab zwischen beiden deutschen Staaten große Unterschiede in der Sozialpolitik (welche ja eine der Philosophien des DDR-Sozialismus war). Wo lagen die Unterschiede? Wie effektiv waren beide Sozialsysteme? Was war ungerecht, was war gerecht? Wie ist es im Vergleich zu heute?
Der Bereich für Diskussionen zu den Sozialen Systemen der beiden deutschen Staaten.

Die Sozialpolitik in den 70zigern in der DDR

Beitragvon Interessierter » 9. April 2016, 09:38

Der Spiegel sah sie 1978 so:

Lücken im Netz

In der Sozialpolitik der DDR klaffen Anspruch und Wirklichkeit noch immer weit auseinander, vor allem zu Lasten der Frauen und Rentner.

Die 42jährige Fräserin in den ElektroApparate-Werken Treptow, dem größten Industriebetrieb der DDR-Hauptstadt, fühlte sich verschaukelt. "Det soll nu sozial sein?" entrüstete sich die Werktätige über eine "Errungenschaft" des Arbeiter-und-Bauern-Staates.


Dem "sozialpolitischen Programm" des IX. SED-Parteitages (1976) gemäß hatte die Kollegin an der Fräse ab Mai vergangenen Jahres -- bei gleichem Lohn -- nur noch 40 statt bisher 42 Wochenstunden arbeiten müssen. Ein Rechtsanspruch auf diese Verbesserung ergab sich für die Facharbeiterin dadurch, daß sie voll berufstätig ist und zwei Kinder unter 16 Jahren hat.

Nun, ein Jahr später, erkundigten sich Betriebs- und Betriebsgewerkschaftsleitung bei der Ost-Berlinerin. ob sie das "Entgegenkommen unseres Staates" nicht honorieren wolle: durch Überprüfung ihrer "individuellen Reserven" oder durch freiwillige Übernahme von Sonderschichten. Die Werktätige war baff: "Vorne jehm' und hinten nehm' se."

Daß sozialpolitische Gratifikationen hintenherum durch Mehrarbeit und erhöhtes Arbeitstempo wieder zurückgenommen werden, ist freilich in der DDR kein Einzelfall.

"Sosehr man die Erfolge einer gelungenen Vollbeschäftigungspolitik begrüßen" müsse, urteilt der Autor, so sehr würden in der DDR "die sozialen Kosten dieser spezifisch sozialistischen Vollbeschäftigungspolitik totgeschwiegen".

Die Ausschöpfung des in der DDR vorhandenen Potentials an menschlicher Arbeitskraft erreichte bereits 1971 fast 82 Prozent und damit einen "im internationalen Vergleich herausragenden Wert" (Leenen).

Dagegen nehmen sich, wie der Bonner Experte herausarbeitet, die sozialpolitischen Leistungen wesentlich bescheidener aus, mit denen die beiden Bevölkerungsgruppen, die das Gros der zusätzlichen Arbeitskräfte stellten

Frauen, Rentner-, abgefunden wurden.


Der vollständige Bericht hier:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40607100.html
Interessierter
 

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