Merkur hat geschrieben:HPA hat geschrieben:Ich weiss ja nicht, wie Du auf einen Durchschnitt von 23 Suiziden pro 100000 kommst, aber wenn man sich die Statistiken anschaut, dann liegt die Qoute im Osten in diesem Zeitraum durchweg bei 30 +
Da haben wir sicherlich unterschiedliche Statistiken bemüht. Meine Zahlen stammen aus Kroll, Die Kriminalpolizei im Ostteil Berlins 1945-1990
Kurz zu den Zahlen. Die in der Bundesrepublik einheitlich geltende Rechtsnorm der staatsanwaltlichen Leichenschau unterstellt der jeweiligen Untersuchungsbehörde diagnostische Fähigkeiten zur objektiven Beurteilung äußerer Befunde an der Leiche, über die sie aber mangels spurenkundlichen Fachwissens tatsächlich nicht verfügt.
Eine staatsanwaltliche Leichenschau hat allenfalls dann Bedeutung, wenn ihr zwingend eine Leichenöffnung folgt. Die Praxis zeigt jedoch, dass eine solche Anordnung im Ermessen des Staatsanwalts liegt und somit willkürlich getroffen wird. Fehlentscheidungen sind die logische Folge.
Westdeutsche Rechtsmediziner beklagen seit langem die extrem hohe Fehlerquote bei der Todesursachendiagnostik (bis 80 Prozent). Folge: Jährlich bleiben nicht nur nahezu 2 000 Tötungsverbrechen unentdeckt, sondern auch die tatsächliche Rate für vollendete Suizide in der Bundesrepublik liegt um ein Vielfaches höher als die offiziellen statistischen Angaben ausdrücken.
Dem gegenüber gewährleisteten die Leichenschauanordnung, die gerichtsmedizinische Leichenöffnungspraxis (im Vergleich zur BRD wurden wesentlich mehr Autopsien vorgenommen) und die polizeiliche Untersuchungsqualität in der DDR, das Dunkelfeld auf ein sehr geringes Niveau zu begrenzen.
Ebenso müssen die von den Gesundheitseinrichtungen erfassten Selbstmordversuche in die Gesamtbelastung einfließen. Da sie überlebt werden, erscheinen sie in keiner Todesursachenstatistik. Dazu kommt noch eine unbekannte Größe völlig latent gebliebener Versuche. Alles in allem, so besagen kriminologische Schätzungen, erreichen sie das Fünfzehnfache der vollendeten Selbstmorde.
Wie @Merkur schon dargelegt hat, sind die DDR-Zahlen zwangsläufig deshalb höher, weil mehr Suizide aufgedeckt wurden. Die polizeiliche Statistik wiederum erfasst alle untersuchten Todesermittlungssachen, die als Suizid
abgeschlossen werden.
Unberücksichtigt bleibt dabei, dass nicht wenige Leichenschauärzte Suizide als natürliche Todesfälle verkennen.