Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Es gab zwischen beiden deutschen Staaten große Unterschiede in der Sozialpolitik (welche ja eine der Philosophien des DDR-Sozialismus war). Wo lagen die Unterschiede? Wie effektiv waren beide Sozialsysteme? Was war ungerecht, was war gerecht? Wie ist es im Vergleich zu heute?
Der Bereich für Diskussionen zu den Sozialen Systemen der beiden deutschen Staaten.

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon vs1400 » 22. September 2011, 13:51

Nostalgiker hat geschrieben:vs,

wenn ich mich nicht irre bist Du in den Achtzigern in der DDR zur Schule gegangen bist. Da wehte wohl ein anderer Wind durch die Bildungstempel.
Also bei mir tauchten in der 7. Klasse keine Werber vom WKK auf, auch in der BBS wurden wir diesbezüglich nicht belästigt.

Auch Lehrer haben bei mir durchaus offizielle Verkündungen mit privaten Meinung verkündet. Einschränkend muß ich dazu sagen das waren nicht alle Lehrer die soetwas machten.

Gruß
Nostalgiker


hi Nostalgiker,

ich war von 74 bis 84 in der schule, gewiss hat sich dieser zeit so einiges verändert.
in der 9. klasse mussten die jungen zb. ins Wehrlager, für 14tage, dass gab es zu deiner zeit eben auch nicht.

gruß vs
vs1400
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 22. September 2011, 14:00

vs,

nein Wehrlager gab es damals für uns Schüler wirklich nicht.
In der Lehre gab es dann pro Lehrjahr eine Woche GST-Ausbildung in einem Betriebsferienlager, meist im Frühjahr.
Das war alles was bis 1970 an militärischer Ertüchtigung bei mir lief.

Zumal wir im GST Lager noch nicht mal die schicken GST Uniformen hatten die später Mode waren. Wir "kämpften" in durchgehenden blauen Kombis. Ein großer Schämfaktor um damit in geschlossener Formation über eine Strasse zu marschieren......

Gruß
Nostalgiker
Nostalgiker
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon vs1400 » 22. September 2011, 14:51

hallo Kerstin,

ich habe lediglich auf das posting von Mario geantwortet.
die meinung, die zb. du, Affi & Nostalgiker zu thema haben, kann ich eben nicht teilen.

damals, als das mit anja geschah, dachten wir schüler anfangs auch sehr systemtreu und fanden es richtig. bis zu diesem moment, als man sie weg sperrte.
ihre freundin, marion sch., ist eingefahren, als anja sich verdrückte. marion bekam nen halbes jahr und ging dann auf die hilfsschule.
heute sollte man es einfach kritisch betrachten. diese ach so freundliche ddr hätte so etwas nie geschehen lassen dürfen.

die sache mit dem persönlich werden solltest du dir bitte einfach mal durch den kopf gehen lassen.


gruß vs
vs1400
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon SkinnyTrucky » 22. September 2011, 15:13

Kerstin, du trägst schwer auf....niemand will dir deine guten Erfahrungen streitig machen in der DDR, das sind deine, und damit gut....was du aber nicht vergessen solltest, das es Menschen gibt, die andere Erfahrungen gemacht haben....

....zu der Hobbypsychologin sag ich jetzt mal nichts, sonst müßte ich anfangen und dich die 4te nennen....das will ich aber nicht.....

Ich mach dir garnicht zum Vorwurf, das du nicht weißt, was mir alles passiert ist...warum auch....

....das ich meine Vergangenheit noch nicht verarbeitet habe, weiß ich, will es auch nicht und will auch das Forum nicht dafür benutzen....was ich will ist nur eine andere Sicht schildern auch wenn es dir nicht schmeckt.....

...und bitte überleg doch nicht ob du was nicht schreiben *darfst*....sag mal wie kindisch ist denn der Satz eigendlich von dir....natürlich darfst du von mir aus deine Erfahrungen schreiben, wie gesagt, ich mach sie dir nicht sstreitig und ich will dich auch nicht provozieren mit einer anderen Sicht....

....wie ich schon mal gesagt habe, es gibt viele Sichtweisen und alle zusammen wird erst ein komplettes Bild, denn auch du hast die alleinige Wahrheit nicht gepachtet, genau wie ich nicht, was du mir aber gerne vorwirfst....warum du das immer tust, weiß ich allerdings nicht....es scheint schon so, das du auf jede Minikritik allergisch reagierst, vielleicht solltest du da mal bei dir suchen....nimm das aber nicht als Ratschlag, eher als Idee, denn ich will mir nicht wieder nachsagen lassen, das ich eine Hobbypsychologin bin....nee joh, ich hab eigendlich nur einen gesunden Menschenverstand....aber du sicher auch und bevor du aus der Haut platzen willst beim näxten Mal, denk mal ruhig über das was ich so sage nach, denn ich will dir echt nicht an die Karre pissen, wie gesagt, warum auch.....

in dat Sinn....ich muß jetzt wieder weiter, lieg schon weit zurück im Schema durch einen Unfall in den Appeninnen....nein ich war nicht beteidigt, hab nur viel Zeit verloren durch den Stau zu umseilen....

groetjes

Mara
Wenn es heute noch Menschen gibt, die die DDR verklären wollen, kann das nur damit zusammenhängen, dass träumen schöner ist als denken.... (Burkhart Veigel) Bild
Benutzeravatar
SkinnyTrucky
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 9270
Bilder: 73
Registriert: 25. April 2010, 20:07
Wohnort: at the dutch mountains

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon karl143 » 22. September 2011, 15:23

nightfire64 hat geschrieben:Da du ja nun auch noch Hobbypsychologin geworden bist, (mittlerweile Nummer 3) muss ich doch noch Einiges loswerden.


Verrätst du uns die anderen auch noch - wäre doch mal interessant. Wenn hier schon solche Behauptungen aufgestellt werden. Meine ich jetzt ganz freundschaftlich [hallo]
karl143
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon nightfire64 » 22. September 2011, 16:53

Gern doch Karl-Heinz, nur das wird euch nichts sagen, oder habt ihr euch alles gemerkt?? [wink]

Huf: irgendwann diesen Jahres im Mitgliederbereich [grins]

David: … ich geisle mich selbst [grins]


LG Kerstin
nightfire64
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon Edelknabe » 22. September 2011, 17:58

Man muss da mal reingehen, in Torgau in diesen ehemaligen Jugendwerkhof, weil das doch ganz interessant ist. Irgendwo hier im Zusammenhang mit einem Treffen zum Elbe Day mit S51 habe ich den Besuch schonmal getextet als Geschichte. Schade, ich finde das einfach nicht auf die Schnelle.
Und man muss lesen da drin, da gibts allerhand zu lesen, so von Eltern verfasste Briefe an die zuständigen Ämter wo man darum bittet, das eigene Kind doch bald zurück zu bekommen, (das geht richtig nahe, diese Hilflosigkeit in den Schreiben und man spürt förmlich die Macht des Staates im Antwortschreiben des Amtes)anderseits verfasste Briefe von eben Jugendlichen, die schon verschiedene Kinderheime und Werkhöfe absolviert haben oder eben gerade in der ersten oder zweiten Einrichtung "einsitzen."
Interessant war, das die Kinderheime und Jugendwerkhöfe der DDR (außer Torgau) "relativ freie Einrichtungen" waren im Bezug auf Ausgang...wenn auch manchmal nicht unbedingt Einzel- sondern Gruppenausgang zu Kino und Kulturbesuch oder Schwimmhalle, Kurzurlaube Nachhause und vieles andere mehr.
Das hatte auch ich nicht gewusst bis zum Besuch in Torgau.Weiter interessant dieser Audioraum, ich nenne ihn einmal Hörspiellraum, also das Bild vom "Deliquenten" wird hell in der Masse von Fotos und er erzählt seine Geschichte.
Man setzt sich also in Ruhe hin und gibt sich seiner Erzählung, seiner Geschichte hin. Und jetzt wirds noch interessanter und da brachte mich dann im Gespräch ein älterer Besucher drauf, anschließend geht man in den Nebenraum und sucht genau die Akte mit Namen des Jugendlichen, der da gerade seine ..."ich nenne sie mal Opfergeschichte" zum Besten gab und ja, es gab auch Opfer, das wird schon so gewesen sein aber eben nicht zu 100%, wie heute viele Menschen eben gerne sehen möchten.
Denn was man dann liest....ist eine Wahnsinnslatte, was der Junge oder das Mädchen bereits auf dem Kerbholz hatte, das reicht von kleinen Delikten wie öfters Abhauen aus Vorheimen und anderen schon delikateren Sachen bis hin zu schwerer Körperverletzung an vorherigen Mitinsassen und logischerweise, weil permanent nicht erziehbar folgte Torgau, die "Endstation " sozusagen.
Ich würde vorschlagen, wir machen einmal im Forum ein Treffen in Torgau mit genau so einem Besuch und man wird sehen, es gab damals Für und Wieder, alles hatte aber auch zwei Seiten und nicht nur die einseitige Betrachtungsweise wie sie heute gerne vom System vermittelt wird. Wie schon geschrieben, man muss viel lesen.
Da möchte ich Affi noch beipflichten, von "Sportlich hart angefasst" ist noch Keiner gestorben, denn da müssten wir ehemaligen Grenzsoldaten der DDR und die vielen Jungs in der alten Rest-NVA schon lange tot sein.
Und ja, beim 25 Kilometer-Gewaltmarsch in der Grundausbildung mit allem Krempel am Mann gab es soweit mir bekannt ist Todesfälle, aber die Jungs und Mädels in Torgau wurden von Sowas Krassem bis hin zum körperlichen Zusammenbruch garantiert nicht belästigt.

Rainer-Maria
Benutzeravatar
Edelknabe
Grenztruppen
Grenztruppen
 
Beiträge: 16633
Bilder: 57
Registriert: 2. Mai 2010, 09:07

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon SkinnyTrucky » 22. September 2011, 20:03

Edelknabe hat geschrieben:Ich würde vorschlagen, wir machen einmal im Forum ein Treffen in Torgau mit genau so einem Besuch und man wird sehen, es gab damals Für und Wieder, alles hatte aber auch zwei Seiten und nicht nur die einseitige Betrachtungsweise wie sie heute gerne vom System vermittelt wird. Wie schon geschrieben, man muss viel lesen.


Eben, denn das ist es ja auch, es gibt 2 Seiten....und soviele Einzelfälle, das kann man garnicht pauschal sagen, was die absolute Wahrheit ist....aber man sollte sich die einzelnen Geschichten anhören....

....ich bin mir sicher, das das Kammergericht Berlin da doch gut recherchiert hat, wenn es sagt, das die Unterbringung dort nicht rechtstaatlich war....wenn ich es zB mit Holland vergleiche, dann war das dort tiefstes Mittelalter....Holland setzt viel auf betreutes wohnen und hat damit oft gute Erfolge und da sprech ich aus dem was ich in den Medien höre und auch kenn ich Einzelschicksale und weiß, das niemand von sich aus schlecht ist....sehr viel macht auch das jeweilige Umfeld....

....klar gibt es renitente Fälle, die gibt es überall aber ob Torgau da der richtige Platz war um alsnoch gute Menschen zu produzieren.....naja, ich weiß nicht....

Ach und ja, ich hab auch schon oft Ausreisser aus Heimen bei mir aufgenommen....ich hatte Anfang des Jahrhunderts eine Zeit, da liefen se mir förmlich zu....und da hab ich krasse Sachen gehört.....ich hörte mir das an, wenn ich se im Truck mit nach Zeebrügge nahm....mittags mit einer Strandwanderung....echt, es war für se etwas ganz großes, zumal se Vertrauen in mich hatten, da ich ja auch meine eigene Geschichte erzählen konnte als Referenz....nach einigen Tagen hatte ich se dann meist soweit, das ich se wieder in den Heimen abliefern konnte, hab den Erziehern dann auch jedes Mal erzählt, was und wo der Schuh drückt und nee, se haben denen und mir nie den Kopf abgerisssen....es gibt halt Menschen mit krassen Geschichten, die völlig traumatisiert sind....warum man dann in solchen Einrichtungen wie Torgau denkt, das man nur noch mehr Traumatas zufügen muß und dann sind se irgendwann richtig gute sozialistische Persönlichkeiten, erschließt ssich für mich nich....

....ein lesbisches Mädchen aus Heerlen und ihr Bruder gehen mir nie wieder aus den Sinn....klar war für mich allerdings, das sie es wohl nie schaffen wird ein normales Leben zu führen, er aber schon....übrigens beide vergewaltigt im Elternhaus und völlig traumatisiert, sie öffnete sich mir gegenüber, er nich so richtig....und klar waren se schwere Fälle, denn se hatten beide sehr viel auf dem Kerbholz...oft Trotzreaktionen aber was erwartet man von solchen Menschen....man steckt eine völlig kaputte Kindheit nicht einfach weg....nich alle sind so wie ich und schaffen ganz alleine aufrecht zu gehen....ich steh übrigens seit dem ich 16 bin auf eigene Beine, hab mich losgesagt vom ganzen Clan und finde, das es mir damit wirklich gut geht....ich hab eine gewisse Ersatzfamilie in Bochum, hab eine LAT-Beziehung in Holland, der mich wirklich mag, bin letztes Wochenende noch bei ihm gewesen und fühl mich jedes Mal super geborgen bei ihm, er ist auch echt ein Mann, den man einfach gern haben muß....ansonsten bin ich auch wirklich nicht unglücklich mit meinem Leben, auch wenn es oft hart ist....aber das hab ich so gewählt.....

....als ich nämlich in den Westen kam, da kam ich ja zu einer Tante und dem Onkel in's Sauerland.....zwei Monate hab ich es da ausgehalten und wurde rauskomplimentiert, bzw das passierte dann doch eher mit gegenseitiger Einvernahme....habe dann im Winter 'ne Zeit auf der Strasse gelebt, Geld hatte ich ja, ich ging ja arbeiten und lernte dann die Leute von der Antifa kennen....ich hab zwei einhalb Jahre dort im Sauerland gelebt und hatte eine fantastische Zeit, habe Erfahrungen gesammelt, die sonst keiner macht und ich glaub, das war garnicht mal so schlecht....auch leb ich heute noch wie kaum ein anderer aber ich finde es gut so, ich könnte garnicht anders und was ich wirklich sagen muß, ich denke, das ich wirklich nicht unglücklich bin....

....es gibt halt Schicksale, die kann man nicht formen....deren Weg müssen diese Menschen selber gehen und läßt man sie, fallen sie wie eine Katze sicher auf alle vier Pfoten.....

....und nein, ich berichte nicht aus meinem Leben um hier etwas zu verarbeiten....nein beileibe nicht, vieles hab ich schon verarbeitet, ich bin jedefalls nie jemand gewesen, die Sachen in sich reingefressen hat....ich rede und hab schon sehr viel drübber geredet, fand Menschen, die zugehört haben, mehr brauchte ich garnicht um die Seele frei zu kriegen....und ich sag euch, hätte man mich in ein DDR-Heim gesteckt, was mein Erzeuger mir gerne androhte, da hätte ich rebelliert und es wäre böse geendet....

....ein Ratschlag für alle hier...verschließt euch nicht dem Bodensatz der Gesellschaft, stempelt sie nicht ab, vorverurteilt sie nicht zu scharf....akzeptiert, das es Menschen gibt mit aussergewöhnlichen Biografien und versucht dort garnicht einzugreifen oder gar solche Menschen formen zu wollen.....niemand ist von sich aus schlecht, krank ist nur das Leben in soeiner komplexen Gesellschaft wie der unseren...der Mensch ansich ist da garnicht für gemacht, bzw er ist biologisch garnicht soweit um so mechanisiert zu leben wie wir es tun in einem Tempo, was ungesund ist....mit Normen und Zwängen zusammengefercht zu Massen auf engstem Raum....es ist doch nur zu normal, das es dort reibt, das dort viele auf der Strecke bleiben....viele schaffen es nich auf alle vier Pfoten, sie haben es oft doppelt schwer, weil se nicht verstanden werden, vielleicht schon von früh auf an, sind einfach unglücklich in Verhältnisse reingeboren, wo auch schon völlig kranke Verhältnisse herrschten....

....so, mehr will ich garnich sagen....vielleicht ist es für viele schon wieder Provokation oder sonstwat....is mir auch egal, denn es sind ja auch nur wat zusammengewürfelte Buchstaben, wem's nicht genehm ist, scollt einfach wieder weg, bzw besucht einen anderen Fred....so einfach ist das, ich würde nich wollen, das man meine Ansichten beherzigt, denn es ist ja nur eine Ansicht von vielen..sehr vielen....und ich denk, jeder hat ein wenig Recht mit der Seinen....

in dat Sinn

schöne Grüsse von der Fiera Milano in Rho....

Mara
Wenn es heute noch Menschen gibt, die die DDR verklären wollen, kann das nur damit zusammenhängen, dass träumen schöner ist als denken.... (Burkhart Veigel) Bild
Benutzeravatar
SkinnyTrucky
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 9270
Bilder: 73
Registriert: 25. April 2010, 20:07
Wohnort: at the dutch mountains

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon S51 » 22. September 2011, 22:40

Das Kammergericht in Berlin hat bei seiner Feststellung ausdrücklich nur darauf Bezug genommen, das die Einweisung nach Torgau eben nicht (wie vergleichbar in der BRD für eine Freiheitsentziehung notwendig) durch ein Gericht erfolgte sondern lediglich eine Verwaltungsentscheidung war.
Nur deshalb gelten die Einweisungen nach Torgau heute grundsätzlich als nicht rechtsstaatlich und sind somit ein Rehabilitierungsgrund. Dies gilt ausdrücklich auch dann, wenn die Handlungen des Jugendlichen vergleichbar in der BRD eine auch viel härtere Verurteilung wahrscheinlich zur Folge gehabt hätten.
Da gibt es eine Rehabilitierung eines ehem. Insassen, dem mehrfache schwere Körperverletzung nachgewiesen wurden. Neben anderen vergleichbaren Personen. Bei dieser Person haben übrigens dessen Eltern die Einweisung in den Jugendwerkhof betrieben. Jedoch gibt es nachweisbar eben auch Fälle, wo Jgendliche auf Grund ihrer, sagen wir mal, Unangepasstheit dort hineingerieten. Das macht eine pauschale Meinung so schwierig.

http://www.jugendwerkhof-torgau.de/Reha ... eile/4109/
S51
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon S51 » 22. September 2011, 22:54

[quote="augenzeuge]...Zitat:"... In aller Regel waren die inhaftierten Jugendlichen nicht kriminell, sie verweigerten sich nur der Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit. Was als Resozialisierungsmaßnahme getarnt wurde, war in Wirklichkeit nur Repression."

Nun kommt mir nicht damit, dass das nicht stimmt....
AZ[/quote]

Eben das stimmt nicht. Das ist der heutige Politgedöns der anderen Art. Da würde ich wirklich mal empfehlen, sich diese Biographien in der Gedenkstätte zu Gemüte zu führen und, als DDR-Bürger kann man das ja, zwischen den Zeilen zu lesen. Da gab es von jeder Richtung welche jedoch eben nicht die harmlosen...
Freilich eben auch jene, deren einzige "Vergehen" wiederholte Fluchten aus regulären Jugendwerkhöfen waren oder schlichte jedoch konsequente Unangepastheit. Das macht es ja so schwierig.
Was die Resozialisierung betrifft. Aus meiner ehemaligen "Kundschaft" kannte ich auch eine knappe Handvoll, deren Raubzüge in Sachen Mopedklau, Schlägerei, Einbruch sie dahin gebracht haben. Nur einer von ihnen hat danach weitergemacht. Den hat 1994 dann ein Komplice bei einem Einbruch erschossen. Im allgemeinen hatte gerade Torgau den Ruf, sehr, sehr "wirksam" zu sein.
S51
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon S51 » 23. September 2011, 03:43

SkinnyTrucky hat geschrieben:...ein Ratschlag für alle hier...verschließt euch nicht dem Bodensatz der Gesellschaft, stempelt sie nicht ab, vorverurteilt sie nicht zu scharf....akzeptiert, das es Menschen gibt mit aussergewöhnlichen Biografien und versucht dort garnicht einzugreifen oder gar solche Menschen formen zu wollen.....niemand ist von sich aus schlecht, krank ist nur das Leben in soeiner komplexen Gesellschaft wie der unseren...
....viele schaffen es nich auf alle vier Pfoten, sie haben es oft doppelt schwer, weil se nicht verstanden werden, vielleicht schon von früh auf an, sind einfach unglücklich in Verhältnisse reingeboren, wo auch schon völlig kranke Verhältnisse herrschten....


Weiste, ich hätt damit überhaupt keine Probleme. Freilich nur exakt so lange, wie dadurch nicht mein Eigentum zu Bruch geht oder zu anderen Gusto verschwindet. Wie nicht so jemand zu dem Schluß kommt, seinen Weltenschmerz an meiner werten Nase stellvertretend abreagieren zu müssen. Oder an deren meiner Familie, Freunde e.t.c oder beruflich bedingt an den Leuten betreffend, die zu schützen mein Job war oder ist.
So lange so jemand seine Suppe für sich kocht und keinem schadet, mag er oder sie doch denken und tun was immer sie wollen. Egal. Doch leider blieb und bleibt es selten dabei.
Ich habe zwar mal gelernt auch die andere Backe noch hinzuhalten doch war genau dieser Glaubensgrundsatz einer der entscheidenden, als ich mich davon trennte. Wenn dann nur noch solche Örtlichkeiten wie eben seinerzeit der GJWH Torgau diesen Menschen klarmachen können, dass sie nicht der Nabel der Welt sind und es besser ist, den unbedeutenden Rest dieser Welt zu verschonen als dort zu landen - dann muss es manchmal wohl so sein.
Seinerzeit war die Tatsache, dass ihre Miesen eben nicht in den Strafakten auftauchten als Chance gedacht. Kamen sie als 18-Jährige (vorausgesetzt, es kam keine Strafe hinzu) aus dem JWH, dann war ihre Akte sauber. Es gab kein Strafregister wo es vergleichbar heutzutage wohl oft krachend voll wäre. Anders als heute hatten sie, blieben sie sauber, eine Chance, ganz "normal" weiter zu leben. Heute ist das für so manchen aber ein Anlaß, sich als Opfer darzustellen. Ich habe gerade von denen noch nie eine Entschuldigung gegenüber ihren Opfern gehört oder gelesen. Da wäre so manches zu erwähnen. Nicht nur gestohlene Dinge, Einbrüche sondern so mancher übelst zugerichtete Mensch, Opfer schwerster sexueller Übergriffe und Tote. Ich habe mir wirklich Mühe gegeben so eine Entschuldigung in diesen Berichten zu finden.
Sei es drum. Dafür werden die Berichte wenigstens ehrlicher.
Allerdings halte ich so gar nichts davon den damals jungen aber heute eher gesetzten Menschen aus dieser Zeit ihre Verfehlungen nun ewig vorzuhalten. Denn wirklich die Wenigsten von ihnen wurden danach noch "auffällig".
Einrichtungen wie der GWH haben auch Spuren hinterlassen, die es besser so nicht gegeben hätte. Schwere psychische Schäden, gebrochene Persönlichkeiten. Gerade eben bei jenen, deren hauptsächliche "Verfehlung" ihr eigenes Ego war. Nun war das Brechen der ich-orientierten Persönlichkeit ja offensichtlich beabsichtigt, oft wohl sinnvoll und notwendig wo es um junge Menschen ging, deren Ego keinerlei Rechte von anderen Menschen mehr akzeptierte. Bei Menschen, die außer ihrer "Aufsässigkeit" aber nichts verbrochen hatten war es fehl am Platze. Leider war es DDR-typisch, Menschen mit nichts als einer ausgeprägt eigenen Meinung nicht einfach links liegen und machen zu lassen sondern zu versuchen sie zu einer gleichgeschalteten Grundmeinung, der sozialistischen Persönlichkeit, zu zwingen. Nach so langer Zeit aber muss man überlegen, wie man ihnen selber helfen kann. Solche Gedenkstätten, Veranstaltungen, Angebote und eben auch Rehabilitationen wie hier sind ein Weg.
S51
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon S51 » 23. September 2011, 04:22

augenzeuge hat geschrieben:...beschäftige dich mal mit diesem Verein. Dort bekommst du die richtigen Infos, nicht von ein paar Leuten....
Initiativgruppe Geschlossener Jugendwerkhof Torgau e.V., Frau Gabriele Beyler
...


Ach, bleib mal lässig. Der Ruf, der die Insassen so mancher Einrichtung in dieser Gegend (ob Eilenburg oder Torgau) zu DDR-Zeiten begleitete und begleitet hattte seine Ursache eben nicht nur in der offiziell überhaupt in dieser Sache seinerzeit nicht vorhandenen staatlichen Meinung hierzu sondern eben meist in persönlichen Erlebnissen von Einwohnern der Umgebung, die dann in der Bevölkerung immer weiter getragen wurden.
Nur Torgau war eine wirklich geschlossene Einrichtung. Die anderen waren de facto doch offen und da ist eben so manches passiert. Aus Torgau sind ebenfalls Jugendliche abgehauen, wenn auch selten, und haben dann mitunter für entsprechende negative Erlebnisse in der Bevölkerung gesorgt.
Oder anders, die Leute wissen warum sie so denken.
Der Verein hat es da vor Ort viel weniger leicht als der politische Eindruck glauben machen will. Frau B. kann von so mancherlei Gegenwind ein Lied singen. Wir sind auch nicht gerade Freunde.
S51
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon S51 » 23. September 2011, 04:33

SkinnyTrucky hat geschrieben:... mir jetzt bitte erklären, warum folgendes Zitat aus Wikipedia nicht DDR-spezifisch einzuordnen ist:

Wikipedia hat geschrieben:Jugendliche zwischen 14 und 18 mussten körperlich schwere Arbeit leisten, waren Gewalt ausgesetzt und wurden in Isolations-, Dunkel- und Wasserzellen misshandelt. In aller Regel waren die inhaftierten Jugendlichen nicht kriminell, sie verweigerten sich nur der Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit.


Wenn ich von heute ausgehe, da würde sich wahrscheinlich hier so mancher dafür einsetzen, das Null-Bock-Menschen in den näxten Knast eingeliefert werden sollten....auch wenn gegen sie nichts gerichtliches vorliegt....na, wer ist dafür....????
...


Weil in Wiki jeder schreiben kann? Egal was? Weil dies ganz einfach damit zu begründen ist, das zum "kriminell" ein rechtskräftiges Urteil gehört, diese Menschen aber in aller Regel für ihre Taten durch Verwaltungsentscheid eingewiesen wurden. Also ohne Urteil, damit heute "nicht kriminell"? Ganz unabhängig davon, was tatsächlich jeweils passiert ist.
Weil die Einweisung nach Torgau in der Regel eben nicht ihre direkte Ursache in diesen Taten hatte sondern darin, dass der einweisende Jugendwerkhof mit der Erziehung oder, wenn man so will, mit der Disziplinierung dieser Jugendlichen in seiner Einrichtung schlicht nicht klar kam? Deshalb dann als Einweisungsgrund eben nicht Totschlag, Einbruch, Vergewaltigung, Diebstahl und Körperverletzung auftauchten sondern Disziplinprobleme oder Fluchtversuch?
S51
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon augenzeuge » 23. September 2011, 08:03

S51 hat geschrieben:[quote="augenzeuge]...Zitat:"... In aller Regel waren die inhaftierten Jugendlichen nicht kriminell, sie verweigerten sich nur der Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit. Was als Resozialisierungsmaßnahme getarnt wurde, war in Wirklichkeit nur Repression."

Nun kommt mir nicht damit, dass das nicht stimmt....
AZ[/quote]

Eben das stimmt nicht. Das ist der heutige Politgedöns der anderen Art. Da würde ich wirklich mal empfehlen, sich diese Biographien in der Gedenkstätte zu Gemüte zu führen und, als DDR-Bürger kann man das ja, zwischen den Zeilen zu lesen. Da gab es von jeder Richtung welche jedoch eben nicht die harmlosen...
Freilich eben auch jene, deren einzige "Vergehen" wiederholte Fluchten aus regulären Jugendwerkhöfen waren oder schlichte jedoch konsequente Unangepastheit. Das macht es ja so schwierig.
Was die Resozialisierung betrifft. Aus meiner ehemaligen "Kundschaft" kannte ich auch eine knappe Handvoll, deren Raubzüge in Sachen Mopedklau, Schlägerei, Einbruch sie dahin gebracht haben. Nur einer von ihnen hat danach weitergemacht. Den hat 1994 dann ein Komplice bei einem Einbruch erschossen. Im allgemeinen hatte gerade Torgau den Ruf, sehr, sehr "wirksam" zu sein.[/quote][/quote]


Ok, damit zweifelst du die rechtlich anerkannten Aussagen der Mitglieder des genannten Vereins an. Was ich schrieb, wird u.a. auch in wiki bestätigt.
Ich bleib dabei, es stimmt. Lies ma dazu Ausarbeitungen, die nicht nur von der genannten Zeugin getragen werden, sondern von vielen anderen auch.
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84413
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon SkinnyTrucky » 23. September 2011, 08:26

Mal ein Paar Dinge, die dieser Verein herausgearbeitet hat:

Er hat geschrieben:Durch Zwang zur Einsicht

Das Erziehungskonzept im Geschlossenen Jugendwerkhof folgte den allgemeinen Grundlagen sozialistischer Erziehung. Die besondere Aufgabe bestand darin, bei den Jugendlichen die Bereitschaft zur Umerziehung herzustellen. Sie sollte durch eine Art „Schocktherapie“ erzeugt werden. Gemäß dem traditionellen Erziehungsmotto „Wer nicht hören will, muss fühlen!“ sollte Einsicht einfach erzwungen werden.

Der theoretische Anspruch der pädagogischen Arbeit im Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau wird in der Diplomarbeit seines Direktors Horst Kretzschmar deutlich. Unter Berufung auf den sowjetischen Pädagogen Anton Semjonowitsch Makarenko sah das Erziehungskonzept, das Kretzschmar maßgeblich entwickelte, eine „im Gegensatz zu dem offenen Jugendwerkhof stark veränderte Lebensform“ vor. Diese sollte eine „explosive Veränderung“ des Verhaltens der Jugendlichen im Sinne des angestrebten Umerziehungsprozesses auslösen.

Eiserne Disziplin und Orientierung auf Normen kennzeichneten das Erziehungskonzept. Ein ausgeklügeltes Kontrollsystem und strenge Bestrafung jeder noch so kleinen Verfehlung sicherten es ab. Den Jugendlichen blieb keinerlei Freiraum. Als Grundlage dieser Disziplinierung diente die Arbeitsordnung des Jugendwerkhofes Torgau. Auf 86 Seiten wurden darin die Tagespflichten bis ins Kleinste geregelt. Durch „Kleiderordnung“, „Revierreinigungsordnung“ oder „Sicherheitsordnung“ war nahezu jeder Handgriff vorgeschrieben. Die Kollektiverziehung stand dabei stets im Mittelpunkt. Belobigt und bestraft wurde oftmals nicht der Einzelne, sondern die ganze Gruppe.

Im Kollektiv sollte Mitverantwortung für Disziplin und Ordnung übernommen werden. Dabei blieb die führende Rolle der Pädagogen jedoch unangetastet, eine inhaltliche Mitbestimmung der Jugendlichen gab es nicht. Es ging vorwiegend um formale Anpassung. Im Geschlossenen Jugendwerkhof führte das zu einer „Hackordnung“, wie sie sonst vor allem aus dem Strafvollzug bekannt ist. Besonders die Kräftigeren und Brutaleren setzten sich durch.

Geradezu zynisch wirkt Kretzschmars Feststellung in seiner Diplomarbeit: „In der Regel benötigen wir drei Tage, um die Jugendlichen auf unsere Forderungen einzustimmen.“ Diese drei Tage verbrachten die Jugendlichen in Einzelarrest. Die vollständige Reglementierung des Alltags und die Sanktionen bei jeder Abweichung von der vorgegebenen Ordnung verfehlten ihre Wirkung nicht.


Zur Begrüssung Arrest

Schon bei der Ankunft im Geschlossenen Jugendwerkhof sollte unmissverständlich klargestellt werden, was die Jugendlichen erwartete. Der Antrag auf Einweisung nach Torgau wurde vom Direktor der Stammeinrichtung beim Ministerium für Volksbildung, Zentralstelle für Spezialheime, gestellt und von dort genehmigt. Wiederholte Fluchtversuche, Auflehnung gegen Organe der Jugendhilfe sowie Arbeitsbummelei und Schulschwänzen waren die häufigsten Einweisungsgründe.

Die Fahrt nach Torgau glich oft einem Häftlingstransport. Zur Bewachung und Übergabe fuhr ein Erzieher des einweisenden Heimes mit, der vor der Abfahrt eine Leibesvisitation durchzuführen hatte. Die Jugendlichen trugen Privatkleidung, durften aber keine persönlichen Gegenstände mitnehmen. Im Fahrzeug war eine Abtrennung der Fahrerkabine vorgeschrieben.

Bei der Ankunft im Geschlossenen Jugendwerkhof durften die Jugendlichen erst aussteigen, wenn das schwere Einfahrtstor wieder verschlossen war. Im Verwaltungsgebäude hatten sie in strammer Haltung zu warten, bis der diensthabende Erzieher die Papiere in Empfang nahm und die „Neuzugänge“ registrierte.

Danach mussten sich die Jugendlichen in der Kleiderkammer vollständig ausziehen. Es erfolgte eine erneute Leibesvisitation, bei der auf einem Meldeformular auch Tätowierungen erfasst wurden. Den Jugendlichen wurden die Haare kurzgeschoren und sie wurden desinfiziert. Nach Ausgabe der einheitlichen Anstaltskleidung und Abgabe der Zivilkleidung kamen die Jugendlichen in eine Einzelarrestzelle, die „Zuführungszelle“. Diese war nur mit einer Holzpritsche und einem Kübel für die Notdurft ausgestattet. Dort erhielten sie eine kurze Einweisung in die Umgangsregeln und bekamen die „Hausordnung“ ausgehändigt, die sie auswendig lernen mussten.

Bei Ersteinweisung blieben die Jugendlichen drei Tage, bei wiederholter Einweisung bis zu 12 Tage völlig isoliert in der „Zuführungszelle“. Erst dann fand ein Aufnahmegespräch mit dem Direktor statt, in dem der Einweisungsgrund und die von nun an geltenden Verhaltensregeln sowie die vorgesehene Dauer des Aufenthalts mitgeteilt wurden. Das genaue Entlassungsdatum stand jedoch noch nicht fest. Die Jugendlichen mussten anschließend einen Brief an die Eltern schreiben, der Kontrollfunktion hatte: es durfte lediglich das Aufnahmegespräch wiedergegeben werden. Von nun an waren sie Teil des Kollektivs, ihrer Gruppe.


Besondere Vorkommnisse

Am 29. April 1988 erhängte sich der 17jährige Steve B. mit seinem Hemd am Fenster der Zuführungszelle. Er war erst zwei Tage zuvor in den Geschlossenen Jugendwerkhof eingewiesen worden. In der „Meldung über ein besonderes Vorkommnis“ wurde festgestellt, dass keine Pflichtverletzungen der Erzieher vorlagen. Obwohl in seiner Heimakte bereits Selbstmordversuche vermerkt waren, gab es nach Aussagen der Erzieher in Torgau dafür keine Anzeichen. Die einzige Schlussfolgerung war die Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen, vor allem die Beseitigung der Handgriffe an den Fenstern der Arrestzellen.

Selbstmordversuche waren im Geschlossenen Jugendwerkhof keine Seltenheit. Zwar wurde darüber keine Statistik geführt, es existieren aber diesbezügliche Berichte an das Ministerium für Volksbildung sowie Zeugenaussagen. Bereits 1966 beschwerten sich Erzieher, dass der damalige Direktor Günther Lehmann Jugendliche in den Arrestzellen bedroht habe und es zu Selbstmordversuchen gekommen sei.

1977 ist in einer Dienstanweisung davon die Rede, dass durch „sich massierende Einweisungen von verhaltensgestörten Jugendlichen“ Suizidversuche zunähmen. Inschriften auf Zellenwänden und Pritschen lassen das Gefühl der Ausweglosigkeit ahnen, das viele Jugendliche empfanden. Oft schlug es aber auch in Wut und Rebellion um.

Trotz massiver Sicherheitsvorkehrungen kam es immer wieder zu Fluchtversuchen. 1979 floh der 17jährige Klaus H. während des Rücktransports in seinen Stammjugendwerkhof Freital. Kurz vor Meißen gab er vor, sich übergeben zu müssen. Als die Autotür geöffnet wurde, rannte er davon und sprang in die Elbe. Dabei ertrank er.

1982 legte der 16jährige Rainer F. im Krankenzimmer einen Brand, bei dem er selbst ums Leben kam.

1989 ereignete sich ein erschreckender Vorfall. Mehrere Jugendliche planten ihre Flucht. Einer von ihnen schlug vor, dass ihn die Anderen töten und seine Leiche an das Fenstergitter hängen sollten. Sie hofften, der Erzieher würde dann beim nächtlichen Kontrollblick durch den Türspion schockiert den Schlafraum aufschließen, so dass sie ihn überwältigen und die Schlüssel an sich bringen könnten. Tatsächlich würgten zwei Jugendliche den „Freiwilligen“ mit einem Bettlaken. Als er bewusstlos wurde, ließen sie von ihm ab. Vor dem zweiten Versuch wurde der Plan einem Erzieher gemeldet.

Immer wieder schluckten Jugendliche Nägel, Nadeln oder Schmierfett, um wenigstens für einige Tage ins Krankenhaus zu kommen.



Und hier gibt es noch einige Biografien zum Thema.....

groetjes

Mara
Wenn es heute noch Menschen gibt, die die DDR verklären wollen, kann das nur damit zusammenhängen, dass träumen schöner ist als denken.... (Burkhart Veigel) Bild
Benutzeravatar
SkinnyTrucky
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 9270
Bilder: 73
Registriert: 25. April 2010, 20:07
Wohnort: at the dutch mountains

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon karl143 » 23. September 2011, 09:09

Leute,
zweifelt nicht immer bei jeder Gelegenheit das Wiki an! Wer von den Zweiflern kennt sich dort mit den Regularien aus ? Ich weiß, wovon ich schreibe. Habe dort auch schon einiges eingestellt, und jedesmal wurde erstmal vor der Freischaltung geprüft und es wurden auch Sachen gestrichen. Fehler stehen übrigens auch im Duden - oder was wird jetzt als exaktes Werk anerkannt ?

Generell, irgendwelche Quellen, und mögen sie noch so aus historischer Sicht einwandfrei sein, werden einfach angezweifelt. Ich war nie in einem Jugendwerkhof, ich lebte nie in der DDR. Beides kenne ich nur aus Medien, bzw. Besuchen in diesem Land. Wenn sie aber heute erwachsene Leute dazu überwinden, in einem Interview im MDR für eine Dokumentation über die Methoden in Jugendwerkhöfen zu berichten, und dabei auch entwürdigende Praktiken erzählen, dann ist das für mich ehrlich und wenn mehrere das gleiche erzählen, bekommt das auch eine Wertung in Richtung Wahrheit. Das zählt natürlich für mich genauso bei Berichten über Kirchenopfer im Westen. Das war aber nicht hier der Thread.
karl143
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 23. September 2011, 10:43

Auch wenn es für einige Ohren mal wieder zynisch klingt, das was @S51 zum Thema geschrieben hat sollten sich diejenigen welche hier mit der ewigen Leier; die ach so armen unschuldigen Opfer, kommen aufmerksam durchlesen und auch versuchen es inhaltlich zu verstehen.

Das es unter den ca. 4000 Jugendlichen, das entspricht 160 pro Jahr, die nach Torgau geschickt wurden auch wirklich Unschuldige waren streitet niemand ab.
Nach geschätzten Angaben waren in den Jugendwerköfen der DDR in der Zeit ihrer Existenz ca. 120.000 Jugendliche.

Wenn ich richtig rechne sind es 3% davon die nach Torgau kamen und zwar erst nachdem sie sich als völlig resistent gegen Erziehung in anderen Einrichtungen herausgestellt haben.

Und von genau diesen 3% beanspruchen jetzt Einige das Recht die Unschuldigsten der Unschuldigen zu sein?

Auch wenn mir wieder vorgehalten wird ich stelle mich über den "Bodensatz".
Kann ich vom Großteil dieser 3% an denen jegliche Erziehungsmaßnahme scheiterte eine kritische Sicht auf das eigene Verhalten erwarten welches letztendlich dazu führte das sie nach Torgau kamen, ich glaube kaum.
So Leid es mir tut aber daran kann ich nicht glauben.

Ich erwähnte aus der Jetztzeit das mir persönlich bekannte Beispiel des Jugendlichen der sein Heimzimmer abfackelte.
Ohne die familiären Hintergründe im Detail auszubreiten ist die "Erfahrung" die dieser Jugendliche (inzwischen 17 Jahre) unter anderem machte, ich bekomme Zuwendung und Aufmerksamkeit wenn ich auffalle, besonders wenn ich negativ auffalle.
Er hat keinerlei Rechtsbewußtsein, lehnt jegliche Normierung und Regeln ab, Fordert ihm vermeintlich zustehendes notfalls mit Gewalt ein, das er auch Pflichten hat interessiert ihn nicht usw. usf.
Das tragische an der Geschichte ist das ihn seine Mutter in dieser Haltung auch noch bestärkt und unterstützt.
Die böse Gesellschaft in Form von Jugendamt und Hilfe will nur schlechtes für ihn, ist er doch im Grunde seines Herzens ein liebes Kind.
Der Junge ist nicht lieb, er ist erschreckend gefühlskalt, ohne jegliche Emotionen.

Was soll mit solch einen Jugendlichen noch alles verständnisvolles angestellt werden frage ich mich.
Solange er "nur" eine Gefahr für sich selbst ist könnte es mir egal sein aber er ist auch eine Gefahr für seine Mitmenschen.

Klar wird immer wieder gesagt wegsperren ist nicht der richtige Weg.
Soll ich darüber hinwegsehen wenn mir meine Einrichtungsgegenstände in der Wohnung zerschlagen werden; sind doch nur Gegenstände?
Soll ich es tolerieren, weil sich der Jugendliche nicht anders "Ausdrücken" kann wenn ich mit einem Messer an der Halsschlagader um Geld "gebeten" werde?
Keine Fiktion, mir durchaus passiert und nicht von Unbekannt sondern mir gut bekannt, da Verwandt.

Da habe ich nämlich eine ganz eigene Meinung über Täter die sich Heute gerne als unschuldige Opfer darstellen.

Gruß
Nostalgiker
Nostalgiker
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon SkinnyTrucky » 23. September 2011, 11:20

Wer sagt denn, das Erziehungsmethoden immer richtig sind für alle, wer forscht mal, warum Jugendliche aus der Reihe tanzen....wer versichert denn, das Jugendliche nur mit strenger Hand zu wirklich uniformen Persönlichkeiten werden....

In Torgau gewesen:

Henriette B.; geb. am 3. November 1955 in Neuenkirchen bei Münster; Jugendwohnheim Forst; 1973 einen Monat im Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau; "... muß gezwungen werden, sich ein- und unterzuordnen."

Bernd K.; geb. am 30. Dezember 1950 in Friedersdorf bei Bitterfeld; Jugendwerkhof Reinsdorf bei Wismar; 1965 vier Monate im Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau; Ständige Entweichungen

Jürgen B.; geb. am 13. März 1966 in Apolda; Jugendwerkhof Wittenberg; 1982 zweimal im Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau, insgesamt fünf Monate; "... hat bisher noch nicht gezeigt, dass er gewillt ist, die Heimordnung einzuhalten."

Marco F.; geb. am 17. Dezember 1971 in Wittenberg; Jugendwerkhof Calbe / Saale; 1987 und 1989 dreimal im Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau, insgesamt zehneinhalb Monate ; "...ist auf Grund seines Alters noch positiv zu beeinflussen."

Stefan L.; geb. am 29. Mai 1967 in Berlin; Jugendwerkhof Freital; 1985 drei Monate im Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau; "Sein Denken und Handeln ist sehr durch westliche Einflüsse geprägt. Auch die kirchliche Beeinflussung hat hier einen großen Anteil."

Sonja P.; geb. am 4. März 1952 in Leipzig; Durchgangsheim Rostock; 1968 vier Monate im Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau; Herumtreiberei, Arbeitsbummelei

Wenn man ließt, das ihnen die Haare kahl geschoren wurden bei Einlieferung und wie das Regime dort war, dann frag ich mich, warum man das machte....denn wenn ich von mir ausgehe, dann hätte ich nur noch mehr rebelliert und einen Hass entwickelt, der nun wirklich für beide Seiten nicht produktiv gewesen wäre oder ich hätte mich wirklich allem verschlossen....muß man wirklich schwierige Menschen in's Mittelalter zurückschicken.....?????

groetjes uit Como

Mara
Wenn es heute noch Menschen gibt, die die DDR verklären wollen, kann das nur damit zusammenhängen, dass träumen schöner ist als denken.... (Burkhart Veigel) Bild
Benutzeravatar
SkinnyTrucky
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 9270
Bilder: 73
Registriert: 25. April 2010, 20:07
Wohnort: at the dutch mountains

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 23. September 2011, 11:54

Mara,

auch wenn Du bestimmt aufstöhnst weil das so garnicht hier passt um Deine nicht fassbare, in sich böse DDR weiter zu diskreditieren weil sie kein Kuschelzoo für renitente Jugendliche war.

Welche Erziehungsmethoden sollen denn Heute für die Jugendlichen angewendet werden die in der Münchener U-Bahn eine Rentner halbtod prügeln, die auf einem S-Bahnhof in München einen Menschen erschlagen, die in Berlin ebenfalls in der U-Bahn einen Menschen fast totschlagen, einen weiteren fast tot treten und letztens einen zu Tode hetzen.

Das ist die Spitze des Eisbergen der gegenwärtigen Jugendgewalt.

Ansonsten gelten wahrscheinlich Regeln im gesellschaftlichen zusammenleben nur für die doofen Spießer wie ich einer zu sein scheine, aller anderen setzen ihre unvergleichliche Individualität sehr Ich-bezogen durch.
Werte, Regeln, Gesetze, Normen? Darauf pfeife ich und nehme mir die Freiheit in Form der Kreditkarte vom Nachbarn.....

Soll mit den von mir oben genannten ein vertrauensvolles Gespräch geführt werden weil sie so arme Hascheln sind?

Heutzutage ist es der Gesellschaft so ziemlich egal ob sich ein Jugendlicher rumtreibt, sich an keine Regeln hält. Solange er nicht straffällig wird interessiert er nicht wirklich.
Arbeitsbummelei fällt bei ihnen heutzutage in der Regel flach. Wie denn wenn sie keinen Bock auf Schule, Lehre, Beruf haben.

Irgendwie beschleicht mich der Eindruck das Du sauer auf die DDR bist weil sie nicht das ist was Du in ihr sehen möchtest, den Hort der Menschlichkeit in dem sich jedes Individium selbst verwirklichen konnte unter verständnisvoller, staatlicher Fürsorge.
Einmal zu viel "Utopia" von Thomas Morus gelesen und der irrigen Auffassung das die DDR diesem "idealen" Staat zu entsprechen hatte?

Gruß
Nostalgiker
Nostalgiker
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon vs1400 » 23. September 2011, 13:39

hi Nostalgiker,

dein letzter beitrag ging aber voll daneben ... 6setzen ... weil thema verfehlt.
anbei und nur für dich, zum kenntnisse auffrischen, ein link.

klickmich!

gruß vs
vs1400
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon Interessierter » 23. September 2011, 14:27

Hallo VS 1400

Danke für Deinen sehr sehr beeindruckenden Link, der einem ja richtig unter die Haut geht. Um so mehr ist es unverständlich, daß es nach 22 Jahren immer noch Menschen gibt, die solche Methoden verklären, schönreden oder gar bestreiten.

Aussagen wie die DDR wäre kein Kuschelzoo für renitente Jugendliche gewesen, ist eine pervertierte Verniedlichung von Grausamkeiten und wie gerichtlich festgestellt, von eklatanten Verstößen gegen die Menschenrechtskonventionen.
Unabhängig davon war die DDR nicht nur für renintente Jugendliche kein Kuschelzoo, sondern für alle anders aussehenden und anders denkenden Erwachsenen auch nicht.
Der eingestellte Link mit dem Urteil ist aussagekräftig und beeindruckend genug und spricht für sich.
Interessierter
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon karl143 » 23. September 2011, 14:34

Allein schon der unglückselige Vergleich von jugendlichen, die auf U Bahnhöfen Menschen halbtot schlagen mit Jugendlichen die wegen kleiner Verfehlungen dort eingeliefert wurden. Da erübrigt sich jedes weitere Wort. Nein Nostalgiker, ein Kuschelzoo war die DDR wirklich nicht. Es gab eine Staatssicherheit, die ein Geheimdienst gegen das eigene Volk war, es gab keine Verwaltungsgerichte, die der Verfolgte anrufen konnte, es gab eigentlich keine richtigen Verteidiger, sondern auf Staats- und Parteilinie getrimmte Juristen - und wer von den Zuständen die Schnauze voll hatte, auf den wurde zum Teil mit Dauerfeuer geschossen, damit er nicht das Leben leben kann, was er wollte. Ein Kuschelzoo sieht wirklich anders aus. Ein Rechtsstaat aber auch.
karl143
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon nightfire64 » 23. September 2011, 15:26

Da ich ja nach euer aller Beiträgen, davon ausgehe, dass du Interessierter und Karl- Heinz, natürlich auch AZ, Mara und vs, in Torgau gewesen seit und auch die dort ausliegenden Akten angeschaut und gelesen habt.
Bin ich gezwungen euch in eurer Meinung Recht zugeben, ja sie waren alle…, aber auch wirklich alle, unschuldig dort!

Kerstin
nightfire64
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 23. September 2011, 15:49

Also so langsam zweifle ich an der Seh- und Lesefähigkeit von Interessierter, Karl- Heinz, AZ, Mara vs um die wichtigsten zu nennen.

Ein paar Beiträge zuvor hat es s51 sehr klar geschrieben, hier für Euch noch mal groß damit es die deren Dioptriewerte zu wünschen übrig lassen auch erfassen:

Das Kammergericht in Berlin hat bei seiner Feststellung ausdrücklich nur darauf Bezug genommen, das die Einweisung nach Torgau eben nicht (wie vergleichbar in der BRD für eine Freiheitsentziehung notwendig) durch ein Gericht erfolgte sondern lediglich eine Verwaltungsentscheidung war.
Nur deshalb gelten die Einweisungen nach Torgau heute grundsätzlich als nicht rechtsstaatlich und sind somit ein Rehabilitierungsgrund. Dies gilt ausdrücklich auch dann, wenn die Handlungen des Jugendlichen vergleichbar in der BRD eine auch viel härtere Verurteilung wahrscheinlich zur Folge gehabt hätten.
Da gibt es eine Rehabilitierung eines ehem. Insassen, dem mehrfache schwere Körperverletzung nachgewiesen wurden.


Wenn das inhaltlich nicht verstanden wird, dem ist dann auch nicht mehr zu helfen.
Wenn ich auf die teilweise haarsträubenden Kommentare genannter User detaillierter einginge, ich glaube ich verlöre* meine Kontenance. Genau das vermeide ich.

Ich buche es mal unter der Rubrik ab die auch gerne für sogenannte "DDR Verklärer" benutzt wird: Unbelehrbar, mit gravierenden Vorurteilen gesegnet!

schönen Tag noch
Nostalgiker

*Präteritum Konjunktiv; falls jemanden dies seltsam vorkommt.
Nostalgiker
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon augenzeuge » 23. September 2011, 16:17

Ist schon seltsam, da wird hier einigen, u.a. auch mir, vorgeworfen, nicht lesen zu können, aber auf die tatsächlichen Beiträge, die wirklich einen Einblick in die Zeit des Jugendwerkhofes geben, antwortet man gar nicht erst. Dabei ist eine umfassende und differenzierte Darstellung der DDR-Heimerziehung nur so möglich.
Und wenn man gar nicht mehr argumentieren kann, dann zweifelt man an den Menschen, die noch nie dort drinnen waren. [flash]

Dann kommen Ausflüchte das man ja Leute kenne, und erweitert deren Aussagen gleich auf globale Gültigkeit. Und zu allerletzt kommt diese falsche Aussage:
.... das die Einweisung nach Torgau eben nicht durch ein Gericht erfolgte sondern lediglich eine Verwaltungsentscheidung war. Nur deshalb gelten die Einweisungen nach Torgau heute grundsätzlich als nicht rechtsstaatlich....
[flash]
Hiermit will man den Eindruck erwecken, dass es andere Gründe doch gar nicht gegeben hätte. Was das Kammergericht noch dazu sagte (siehe unten) verschweigt man. Nein, auf die Akten gehen wir nicht ein, immerhin kennt man ja ein paar Leute. Und da bleibt man eben stur.

Zusammenfassend ist folgendes unumstößlich:

Der Geschlossene Jugendwerkhof Torgau gehört ab 1965 zum Straf- und Umerziehungssystem in der DDR, das gegen renitente, politisch oder sozial auffällige Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren eingesetzt wird (siehe Jugendwerkhof). Bleibt ein „Umerziehungserfolg“ in anderen Einrichtungen wie offenen Jugendwerkhöfen, Jugendhäusern oder Spezialheimen aus, werden die Jugendlichen in den Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau eingewiesen, den das Kammergericht Berlin im Dezember 2004 wie folgt beschreibt: „Die Einweisungen betrafen Jugendliche, die aus den unterschiedlichsten Gründen ein den sozialistischen Vorstellungen nicht entsprechendes Leben führten. Sie sollten durch ein System, das sich aus strengster Disziplinierung, entwürdigenden Strafen, genauester Kontrolle des Tagesablaufs, Abschottung von der Außenwelt und ideologischer Indoktrination zusammensetzte, zu bedingungsloser Unterwerfung unter die staatliche Autorität gezwungen werden. Dieser Druck, der den Betroffenen bewusst keinerlei Freiraum ließ, begann mit der Einlieferung und der dreitägigen Aufnahmeisolierung und blieb bis zum Tage der Entlassung unvermindert aufrecht erhalten.“
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84413
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon karl143 » 23. September 2011, 17:11

@ Nightfire,
geht das jetzt wieder mit den Beispielen los, jeder muß persönlich erlebt und gesehen haben, über was er schreibt.

Habe ich das schon mal Merkur, R-M oder dir geschrieben, wenn ihr über die Anfangsjahre der Bundesrepublik und den damaligen Naziseilschaften geschrieben habt? Nightfire, wir in der Bundesrepublik hatten zum Glück eine freie Presse, Radion und Fernsehen. Man war durchaus in der Lage, sich eine Meinung über bestimmte Vorgehensweisen der DDR zu machen. Vor und n a c h der Wende. Im MDR läuft immer Dienstagabends gegen 22 Uhr eine Sendung mit dem Übertitel "Damals in der DDR". Sehr lehrreich. Sollten dort alle Zeitzeugen spinnen, übertreiben oder von westlichen Propagandisten gekauft worden sein ?

@ Nostalgiker,
die Begründung mit den Voraussetzungen der Einweisungen auf Grund von Verwaltungsbehörden ist doch eine juristische Formalie. Natürlich bietet sich dieses Argument an. Sie sagt aber nichts aus, über die Zustände welche in Torgau oder anderen Einrichtungen herrschten. Diese Begründung ist überhaupt erst eine Vorraussetzung um Entschädigungsansprüche zu gewähren. Was bei Opfern von Kirchenmißbrauch wie bekannt viel schwieriger ist, da hier leider die Verjährung greift.

Die DDR wurde von mir auch nicht als Unrechtsstaat bezeichnet, weil sie nie ein Verwaltungsgericht hatte. Das haben zum Teil andere Staaten auch nicht. Ein Unrechtsstaat war sie durch andere Umstände. Ich bin auch in der Lage zu lesen und zu folgen. Es bringt aber nichts, immer nur die DDR schönzureden. Warum machst du nicht einen Thread "Kindesmißbrauch im Namen der Kirche" oder ähnliches auf. Ich bin dort gerne bereit meine Meinungen zu schreiben. Aber wenn es was zu kritisieren gibt, sollte man das auch tun, und nicht nur schönreden.
karl143
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 23. September 2011, 17:29

Augenzeuge, es reicht!!!!!

Auf Torgau bezogen:

Die Anträge auf strafrechtliche Rehabilitierung werden grundsätzlich beim Landgericht Berlin gestellt, da das Ministerium für Volksbildung Berlin, Abteilung Jugendhilfe/Referat Heimerziehung die einweisende und verantwortliche Behörde war.

Diesen Satz findest Du auf folgender Seite: Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau.
Dort unter Rehabilitierung für den Aufenthalt im Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau (GJWH Torgau)

Möchtest Du jetzt weiterhin behaupten das die Formulierung eine "Verwaltungsrechtliche Entscheidung" eine Lüge ist. Zu Deiner Erinnerung: Das Ministerium für Volksbildung ist eine "Verwaltung" gewesen und kein Gericht!!!!
Um Deiner Argumentation zu folgen lügt die Seite aus Torgau also.
S51 schrieb: Seinerzeit war die Tatsache, dass ihre Miesen eben nicht in den Strafakten auftauchten als Chance gedacht. Kamen sie als 18-Jährige (vorausgesetzt, es kam keine Strafe hinzu) aus dem JWH, dann war ihre Akte sauber. Es gab kein Strafregister wo es vergleichbar heutzutage wohl oft krachend voll wäre. Anders als heute hatten sie, blieben sie sauber, eine Chance, ganz "normal" weiter zu leben. Heute ist das für so manchen aber ein Anlaß, sich als Opfer darzustellen.
Genau diese damalige Entscheidung ist Heute der willkommene juristische Aufhänger, sie waren ja formal keine Straftäter! Es gibt diesbezüglich keine Akten! Also müssen es unschuldige, politische Opfer sein.

Die Rehabilitierung wird damit begründet das eine "Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen, rechtsstaatlichen Ordnung" anerkannt wird.
Was soll das denn? Wird uns doch im Sekundentakt; auch von Dir Augenzeuge; erklärt das die DDR weder freiheitlich, rechtsstaatlich noch sonstwas, außer Böse, war.

Eines kannst mir glauben Augenzeuge, ich lese Anhänge hier sehr aufmerksam und dazu noch einiges anderes um mir ein Urteil bilden zu können.

Ein solches "Opfer" sieht sich immer im Recht, ist immer unschuldig, böse sind immer die Anderen.

Heutzutage schafft es ein Jugendlicher, wenn er "Glück" hat, der sich in jeglicher Form verweigert in eine der unzähligen Betroffenheits Reality Soaps. Da kann er sich produzieren und landet anschließend wieder da wo er herkam, im Nichts.damals in der DDR landete ein ähnlicher Jugendlicher wenn er "Pech" hatte irgendwann in Torgau.
Das war dann das Ende seiner Tournee durch die unterschiedlichen Heime in der DDR [Spart Euch eure falsche moralische Entrüstung über diesen Satz]

Es gibt sehr wenige Menschen die das Rückgrat haben zu sagen, ja ich habe in meiner Vergangenheit Mist gebaut ich bin nicht Opfer.

In jeder Erziehungseinrichtung gibt es Regeln, Vorschriften und denen haben sich die Insassen zu fügen.

Wie entsetzlich und menschenverachtend jemanden die Haare zu scheren. Vielleicht war es eine hygienische Maßnahme die generell angewendet wurde um Läusebefall abzuwenden?
Offensichtlich muß es was genutzt haben denn sonst läsen wir mit erschaudern vom Läusebefall der Insassen und das die Unmenschen so garnichts dagegen taten.

Wir können es drehen und wenden wir wollen, es wird immer wieder diejenigen geben die das alles empörend finden weil sie die "Opfergeschichte" aus ihrer Anti-DDR Sicht lesen und dort nur Bestätigung für ihre eigene Wahrnehmung und ihre Vorbehalte finden.


Nostalgiker
Nostalgiker
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon nightfire64 » 23. September 2011, 18:07

Na nun aber, seit doch froh das es uns gibt!

Der Thread wurde am 08.08. eröffnet und dümpelte vor sich hin, bis wir kamen und schaut an, sofort bestand Interesse und der Thread explodierte förmlich.

Kerstin [grin]
nightfire64
 

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon augenzeuge » 23. September 2011, 18:27

Nostalgiker hat geschrieben:Augenzeuge, es reicht!!!!!

Möchtest Du jetzt weiterhin behaupten das die Formulierung eine "Verwaltungsrechtliche Entscheidung" eine Lüge ist.
Nostalgiker


Nun, Nostalgiker, wenn es reicht, bestimme immer noch ich. Aber, trinke bitte zuerst einen Beruhigungstee, ich mach mir schon Sorgen um dich....

Zunächst muss ich dich erneut verbessern, auch wenn du ihn die Luft gehen solltest. Ich habe diese berühmte Aussage des Kammergerichts nicht als Lüge bezeichnet, -bitte ordentlich lesen- sondern als unvollständige Meinungsmache. Deshalb habe ich auch die anderen Aussagen des Kammergerichtes gebracht, auf die du natürlich nicht eingegangen bist. Erst sie geben in der Gesamtheit ein rundes Bild des Geschehens ab.

Auch wenn alles anders gewesen wäre, die Dinge die in Torgau passierten, waren mehrheitlich zu keiner Zeit menschenwürdig, nie rechtsstaatlich, nie konform mit einem demokratischem System. Sie sind unabhängig einer Gerichtsbarkeit, eines Verwaltungsverfahrens zu betrachten, egal ob Strafakten vorhanden waren oder nicht. Deutlicher kann man es kaum sagen. Jetzt verstanden?

Du bist der Meinung, dass die Mehrheit der in Torgau Einsitzenden nicht aus den Gründen dort war, wie es heute die Gedenkstätte vermitteln will.
Dass Politiker verschiedener Couleur sich des Themas angenommen haben, die Gedenkstätte gewürdigt haben, dass viele Eingesessene in einem Verein eine Aufarbeitung betreiben, dass die EU diese Arbeit gewürdigt hat, alles Unsinn, alles Lügen- bis auf wenige Ausnahmen??? [muede]

Sorry, Nostalgiker, ich werde mich dieser Aussage niemals anschließen, weil ich sie für falsch halte. Unumstößliche Fakten muss ich nicht wiederholen, sie stehen oben.
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84413
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Schlimmer als Knast - Die Jugendwerkhöfe der DDR

Beitragvon Edelknabe » 23. September 2011, 18:40

Wir sind einfach zu unterschiedlich in der Denke, das schrieb ich schon drei Dutzend Male hier im Forum. So geht das auch immer hin und her und was bringts...Nichts.
Unsere westdeutschen Brüder wollen alles fein für sich beurteilt haben, ich sage mal es fällt ihnen irgendwie schwer im logischen Zusammenhang zu denken und dazu brachte ich schon Xmal das damalige Thema Vietnamkrieg. Also Vietnamkrieg war für sie in den 60/70er Jahren weit weg, verantwortlich alleinig die USA.
Jetzt Kleinfritzchen:" Aber das waren doch eure Blutsbrüder, mit denen ihr zusammen in der Nato seit?"
"Was...wie...ja, könnte wohl hinkommen", so der Bürger West jetzt.
Wieder Fritzchen:" Die Logistik ähnlich heute Afhganistan ging doch auch über Basen in Deutschland, auch wurden die Verwundeten in Deutschland behandelt und kuriert?"
"Was...wie...ja, könnte so hinkommen", so wieder der Bürger.
Wieder Fritzchen:" Und es gab moralische Unterstützung eurer Blutsbrüder durch Kapital und damaliger Bundesregierung, stimmt doch, oder?"
"Was...wie..ja, das könnte so gewesen sein", so der Bürger West schon leiser und leicht verschämt jetzt.
Wieder Fritzchen:" Also wart ihr mitschuldig und wäre das so korrekt geurteilt?"
Betretenes Schweigen im Walde.
Ende der kleinen Geschichte.

Aber das nur mal als kleines Beispiel unserer unterschiedlichen Denke. Ich finde auch hier in dem Fred das alles kontraproduktiv und schlage das vor, was ich schon im letzten Text geschrieben hatte...einen gemeinsamen Besuch der Einrichtung in Torgau.
Und selbst da, ich ahne es wird Bürger West sich hinstellen und so sinngemäß sagen" Bekomme ich also vom Schwererziehbaren eine aber auch voll in die Fresse, dann steh ich wieder auf und halte dem Schläger zum zweiten Male das Gesicht hin...und bumms, Niederschlag und zum Dritten...zum Vierten, denn und jetzt kommts, denn ich baue auf die mir bis ins Mark eingeimpfte Gesetzgebung,die wird mir helfen denn so bin ich aufgewachsen, "ich Bürger Dietrich Hesslinger"
Da kommt doch der Bürger Ost und meint:"Bist du denn nur blöde Menschenfreund, du kannst dir doch nicht permanent ins Gesicht schlagen lasse...siehst jetzt schon aus wie ein verprügelter Boxer nach dem Kampf nur im Unterschied zu dir schlug der wenigstens zurück?
"Komisch", meint Bürger Ost weiter, wir sind da früher anders an die Sache heran gegangen und das klappte sogar, wenn auch nicht bei jedem Schwererziehbaren.

Wie geschrieben, wir sind wohl irgendwie anders, ganz anders in der Denke im Osten und ja ich weiß, ich kann ja nun nicht für Alle im Osten sprechen.

Rainer-Maria
Benutzeravatar
Edelknabe
Grenztruppen
Grenztruppen
 
Beiträge: 16633
Bilder: 57
Registriert: 2. Mai 2010, 09:07

VorherigeNächste

Zurück zu Soziale Systeme

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 4 Gäste

cron