Das vom Staat geplante Leben

Es gab zwischen beiden deutschen Staaten große Unterschiede in der Sozialpolitik (welche ja eine der Philosophien des DDR-Sozialismus war). Wo lagen die Unterschiede? Wie effektiv waren beide Sozialsysteme? Was war ungerecht, was war gerecht? Wie ist es im Vergleich zu heute?
Der Bereich für Diskussionen zu den Sozialen Systemen der beiden deutschen Staaten.

Das vom Staat geplante Leben

Beitragvon augenzeuge » 10. September 2010, 22:23

Das folgende Video gibt eigentlich sehr gut wieder, wie die Jugendopposition in der DDR entstanden ist.

Das Leben war vom Staat geplant, eigene Planungen mussten zwangsweise zum Ausbrechen aus diesem "Plan" führen.....



AZ
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Re: Das vom Staat geplante Leben

Beitragvon Luchs » 11. September 2010, 14:43

Super Video. Am besten hat mir dieses Bild gefallen:

http://www.jugendopposition.de/index.php?id=921 [grins]

@ Feliks,
nicht das du denkst, du fliegst jetzt raus [shocked]
Viele Grüße [hallo]
Micha
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Re: Das vom Staat geplante Leben

Beitragvon Edelknabe » 11. Dezember 2010, 20:57

Jörg, ich finde das Video recht schwach, es könnte umgemünzt direkt von Karl Eduard von Schnitzler stammen, übertragen mit seiner Propaganda im kalten Krieg über das imperialistische System im alten Westdeutschland.
Nicht Jeder in der DDR war Pionier, nicht jeder in der FDJ, nicht jeder Wehrdienstleistender, den Feierabend verbrachte auch kein DDR-Bürger zu 100% in der Warteschlange vorm Laden, Losungen der Partei, ob ich die nun las oder nicht...Pustekuchen, vorschreiben...um einmal bei meinem ganz persönlichen Beispiel zu bleiben tat mir auch Keiner was, geschweige denn, was ich zu denken hatte, zur Einschränkung der Meinungsfreiheit, da geh ich mit, da gab es Defizite und den Rest vom Video spar ich mir, da war ich produktiv tätig, für meinen Staat und meine Lohntüte, meine Familie.
Schwache Leistung, mein Freund, dein Propagandavideo und wie sah es denn im Westen mit der Jugend aus, zum selben Zeitpunkt, unterlagen Sie nicht ebenfalls den Zwängen ihres Systems, rückten da nicht auch die Wasserwerfer des Staates aus, um ihren Übermut etwas abzukühlen, als Mao noch auf allen Spruchbändern als ihr Messias stand?

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Re: Das vom Staat geplante Leben

Beitragvon augenzeuge » 11. Dezember 2010, 22:23

Schau dir nochmal das Video an, vor allem den Schluss. Es ist anders als du denkst, Rainer. [wink]

Deshalb bleib ich dabei, es ist gut, weil es für mich eine Zeit widerspiegelt, die ich so erlebt habe. Ich weiß, dass das bei dir anders war.

Über den Westen sagt es doch nichts aus.....

Gruß, Jörg
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Re: Das vom Staat geplante Leben

Beitragvon Interessierter » 6. April 2016, 10:37

Die Arbeiter- und Bauern-Fakultäten (ABF) in der DDR

Die Einrichtung der Arbeiter- und Bauern-Fakultäten (ABF) in der DDR war ein pädagogisches und soziales Großexperiment, Teil einer Bildungsoffensive mit dem Ziel, zuvor benachteiligte Schichten zu erreichen. Doch waren die ABF wirklich Anstalten, die Mut machten, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, die gar einen kritischen Geist prägten und an denen es eher zuviel Demokratie als zuwenig gegeben hat, Einrichtungen le­dig­lich zur sozial gerechten Gegenprivilegierung, die von den westlichen "Siegern" ungerecht beurteilt werden, wie heute verklärend behauptet wird?2

Vor fünfzig Jahren wurde die Sonder-ABF Halle II zur Vorbereitung auf das Auslandsstudium gegründet. Anhand exemplarischer Vorgänge wird im Folgenden die historische Entwicklung dieser Schule beleuchtet und den genannten Fragen nachgegangen. Dem liegen neben den Akten verschiedener Archive und Gesprächen mit Zeitzeugen auch persönliche Erfahrungen des Autors zugrunde.

Wer darf, wer soll? Der Klassencharakter des Auslandsstudiums

Das im Zuge der "antifaschistisch-demokratischen Schulreform" (1945-1949) auf Initiative von KPD und SPD 1946 erlassene "Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule" hatte die Zielstellung, jedem "ohne Rücksicht auf Herkunft, Stellung und Vermögen der Eltern" je nach Befähigung eine hohe Bildung zu gewährleisten.17 Dieses Gesetz war formal bis 1959 gültig. Doch schon bevor im August 1949 auf dem IV. Pädagogischen Kongress in Leipzig beschlossen wurde, das Sowjetsystem zu übernehmen, hatte die "Befähigung allein" ihre Schlüs­selfunktion bei der Zulassung zu höheren Bildungsstätten verloren.

Damit war das Prinzip der gleichen Bildungschancen ausgehebelt. Nicht mehr nur die Förderung bildungsferner Schichten war jetzt das Ziel, an die Stelle des alten Bil­dungsprivilegs trat ein neues. Nicht-bürgerliche Herkunft, politische "Zuverlässigkeit" und Einordnung ins Kollektiv wurden nun Zulassungsbedingungen für die höheren und höchsten Bildungsstätten.


Für die ABF II - Bewerber galten besondere Anforderungen an Herkunft, politische Einstellung und Leistung. Neben Arbeiter- und Bauernkindern von politisch "zuverlässigen" Eltern, die "fest zu unserer demokratischen Ordnung stehen", sollten in geringem Umfang auch Kinder anderer werktätiger Schichten (Intelligenz und Angestellte) in die Auswahl kommen, wenn die Eltern "als Patrioten bekannt" sind und "aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen" bzw., so hieß es ab 1958, bewährte Genossen sind und verantwortliche Funktionen in Staat und Wirtschaftsapparat innehaben. Der Lebenslauf hatte ausführlich auch die berufliche und gesellschaftliche Entwicklung der Eltern und Geschwister darzustellen, ab 1958 auch die politische Vergangenheit. Interne Ableh­nungsbegründungen konnten durchaus heißen: "Vater nur FDGB"19,20.

Die Bewerber selbst mussten natürlich eine positive Einstellung zum Arbeiter- und Bauernstaat nachgewiesen haben, verteidigungsbereit und für den Frieden sein. 1958 war auch die Haltung zu den "Ereignissen im Herbst 1956" ein Kriterium. Waren zuvor diejenigen ausgeschlossen, deren Eltern im kapitalistischen Ausland wohnen oder arbeiten (außer KP-Mitgliedern), so hatte die Zulassungskommission jetzt alle Westverbindungen abzuklären.

Der vorliegende Text will anhand der ABF II beitragen zur "gerechten Beurteilung" der Frage, wie die SED-Bildungspolitik auf die "Selbstständigkeit" junger Studenten und ihrer Dozenten, ihre Fähigkeit, in den "Zeitfluss einzugreifen", einzuwirken versuchte. Weil die Gleich­schaltung der Hirne misslang, gab es 1989 Kräfte, die die bisherigen Systemstützen entmachteten und eine Einsicht in ihr Herrschaftswissen ermöglichten, das jede Verklärung dieser Zeit Lüge straft. Wie viele aus der Funktions­elite, die die ABF durchliefen, hielten aber der abgewirtschafteten Partei bis 5 Minuten nach 12 hilf- und fraglos die Treue?144 "Ich habe sehr viel damit zu tun, zu fragen, warum sind wir eigentlich nicht mutiger gewesen?", sagt heute eine ABF-Absolventin.145 Ein Teil der Antwort kann sie in den Dokumenten der politisch-ideologischen Erziehungssteuerung nachlesen.

Wen der vollständige, extrem lange Beitrag interessiert, der findet ihn hier:
http://www.horch-und-guck.info/hug/arch ... -47/04704/
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Re: Das vom Staat geplante Leben

Beitragvon Nostalgiker » 6. April 2016, 13:48

Man mußte nicht unbedingt die ABF in Halle besucht haben um der SED bis 5 Minuten nach 12 hilf- und fraglos die Treue zu halten. Da genügte bereits ein Meisterabschluß und eine sogenannte Selbständigkeit .....

Ansonsten "bewarb" man sich nicht bei einer ABF sondern man wurde delegiert. Prominentes Beispiel dafür ist hier im Forum der User wosch welcher sich aber nach eigenen Aussagen dieser Verlockung verweigerte .......

Ein Klassenkamerad aus der Lehrausbildung/Abitur kam in den "Genuss" nach dem ablegen des Abiturs im Sommer an die ABF Halle delegiert zu werdenund dort wurde er ihn in Russisch fit gemacht und er nahm im September des gleichen Jahres ein Studium in Moskau auf.
Übrigens war er ein Kind von "Klassenfeinden", denn seine Eltern hatten eine kleine Firma mit mehreren Angestellten ......
So etwas kann es nie gegeben haben in der DDR, wenn ich hier Einigen glauben schenke würde ....
___________________________________

Ein sehr prominenter Absolvent einer ABF ist Herman Kant welcher seine Erfahrungen in der ABF Greifswald in seinem Roman "Die Aula" verarbeitete.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: Das vom Staat geplante Leben

Beitragvon augenzeuge » 6. April 2016, 15:22

Edelknabe hat geschrieben:Nicht Jeder in der DDR war Pionier, nicht jeder in der FDJ, nicht jeder Wehrdienstleistender, den Feierabend verbrachte auch kein DDR-Bürger zu 100% in der Warteschlange vorm Laden...
Rainer-Maria


Stimmt, 2-5% hatten das nicht nötig. Aber das dies alles die Masse des sog. DDR-Volkes mitmachte, musst du nicht mehr bestätigen. Man weiß es.
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Re: Das vom Staat geplante Leben

Beitragvon augenzeuge » 6. April 2016, 15:26

Thoth hat geschrieben:und er nahm im September des gleichen Jahres ein Studium in Moskau auf.
Übrigens war er ein Kind von "Klassenfeinden", denn seine Eltern hatten eine kleine Firma mit mehreren Angestellten ......


Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber die Regel war dies absolut nicht.
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Re: Das vom Staat geplante Leben

Beitragvon augenzeuge » 22. Oktober 2016, 09:14

Das alte Video des ersten Beitrages ist leider gesperrt worden. Habe allerdings eine neue Adresse gefunden. [grins]



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