Gehört der Lübcke-Mord zum NSU-Komplex?Auch zehn Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU sind noch viele Fragen offen. Vor allem das Netzwerk, dass die NSU-Taten erst ermöglichte, ist noch nicht umfassend beleuchtet. Und dabei reicht es bis zum Mord an Walter Lübcke. Über die weitreichenden Kontakte des NSU-Umfeldes zum Lübcke-Mörder.Bundesweit ermordete der sogenannte „Nationalsozialistische Untergrund“, NSU, unter Mithilfe eines breiten rechtsextremen Netzwerkes im Zeitraum von 2000 bis 2007 zehn Menschen. Unter den Opfern waren Menschen türkischer, kurdischer, griechischer und iranischer Herkunft. Hinzu kamen 43 Mordversuche, drei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle. Am 4. November 2011 enttarnt sich die Terrorzelle. Bis heute sind viele Fragen und Ungereimtheiten zum NSU nicht aufgeklärt. Besonders das Unterstützer:innen-Netzwerk, das dem NSU erst seine mörderischen Taten ermöglichte, ist immer noch unzureichend beleuchtet worden. Und dabei ist das Netzwerk weiterhin aktiv und mordet weiter. Es reicht sogar bis zum Mord an Walter Lübcke.
Was verbindet die NSU-Morde und den Lübcke-Mord?Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe, das NSU-Kerntrio, wuchsen im thüringischen Jena auf, Anfang der 1990er Jahre lernten sie sich kennen. Die drei knüpfte Kontakte zu thüringischen Neonazi-Kadern und wurden mit der Zeit selbst zu zentralen Figuren der rechtsextremen Szene in Thüringen.
Ab 1998 lebte das Mördertrio untergetaucht in Chemnitz und Zwickau, von wo aus sie ihre rechtsterroristischen Anschläge und Morde planten. Maßgeblich wurden sie in ihrem Leben im Untergrund dabei von der Thüringer Neonazi-Szene unterstützt. Und die war wiederum zur damaligen Zeit gut mit der rechtsextremen Szene in Kassel vernetzt, das belegt eine ausführliche Recherche von Correctiv. Es sind gemeinsame rechtsextreme Aufmärsche, Gewalttaten und Feiern mit Saufgelagen dokumentiert. In dieser Zeit lernten sich der spätere Lübcke-Mörder Stephan E. und der mittlerweile wegen Beihilfe vom Gericht freigesprochenen Markus H. in der Kassler Kameradschafts-Szene kennen.
Vor Gericht wurde H. von derselben Anwältin vertreten, die im NSU-Prozess in München Ralf Wohlleben vertrat. Wohlleben war, wie Markus H. im Mordfall Lübcke, beim NSU in die Beschaffung der Tatwaffe involviert und wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt.Personelle Überschneidungen zwischen Lübcke-Mörder und NSUDoch die verbindenden Elemente zwischen Lübcke-Mord und NSU-Komplex sind damit noch bei Weitem nicht ausgeschöpft: Laut Correctiv-Recherchen hatte Ernst persönliche Bekanntschaft mit mindestens vier von 35 Personen, die laut Bundesanwaltschaft zum engsten NSU-Unterstützer:innen-Umfeld zählen. Darunter der ehemalige V-Mann und Neonazi Benjamin Gärtner, Tarnname „Gemüse“. Gärtners V-Mann-Führer beim Verfassungsschutz war Andreas Temme. Gärtner steht auf Platz 11 der Liste zu den NSU-Kontakten.
Den längeren Bericht findet man hier:
https://www.belltower.news/10-jahre-nsu ... ex-123549/