Merkel hielt aber auch eine Rede über Deutschland. Sie warf mit dem Wort "digital" um sich, und sie entwarf ein doppeltes Deutschland-Bild. Erstens: wie das Land sein sollte. Zweitens: wie es ist.
Erstens also: Die Digitalisierung soll im Bildungssystem und im Staat und in der gesamten Gesellschaft wirklich ankommen und angenommen werden, "lebenslanges Lernen" soll selbstverständlich werden. Ein "Ökosystem für Start-ups", so Merkel, soll entstehen. Die "soziale Marktwirtschaft 4.0" soll entworfen werden, Leitfrage: "Wie nehmen wir jeden mit?" Merkels Deutschland soll ein europäisches sein, natürlich, zu einer geschlossenen Außenpolitik soll es ebenso beitragen wie zu einer echten Kapitalmarkt- und Bankenunion.
Zweitens jedoch: Das Land, das die Kanzlerin sieht, ist nicht gut genug. "Bei uns funktioniert alles einigermaßen", sagte Merkel. Die Menschen seien nicht so beweglich und auch nicht so tolerant und nicht einmal so lernwillig, wie sie sein müssten - dies sagte die Kanzlerin explizit nicht, es schwang ungesagt mit. "Gar nicht so einfach" sei es, "den Menschen beizubringen", wie die Anforderungen sich veränderten, so sagte es Merkel. Zwei Probleme gebe es nämlich: Eben weil ja heute alles so einigermaßen funktioniere, sei es schwer zu verstehen, dass es morgen nicht mehr funktionieren werde; und dies sei für eine alternde Bevölkerung ganz besonders schwer. Die Kanzlerin sagte an einer frühen Stelle ihrer Rede sogar, dass Estland besser als Deutschland sei, dynamischer und entschlossener nämlich.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/davos- ... 88486.html
Klare und richtige Worte! Genau das ist es, was viele an Merkel festhalten lässt.
AZ