„Adam & Evelyn“ oder Die Vertreibung aus dem Paradies des Ostens

Neue und alte Filme sowie neueste Nachrichten aus der Filmindustrie

„Adam & Evelyn“ oder Die Vertreibung aus dem Paradies des Ostens

Beitragvon augenzeuge » 24. Januar 2019, 19:33

Demnächst im Kino:

Es könnte der deutsch-deutsche Film zum Jahr 2019 sein. „Adam & Evelyn“ nach einem Roman von Ingo Schulze erzählt vom Verschwinden der DDR vor dem Mauerfall. Vom Verlust einer anderen Heimat.

„Adam & Evelyn“ von Ingo Schulze ist ein Buch über die Farben und das Licht im Sommer 1989. Die Pastelltöne, das Heitere und Helle, werden nicht beschrieben. Aber jeder, der den letzten Mauersommer in der untergehenden DDR verbrachte und erlebte, wie das Land sich leerte, als die Leute noch weiter nach Osten reisten und im Westen ankamen, kann es beim Lesen sehen: eine amüsierte Sonne über blühenden Landschaften.

„Adam & Evelyn“ gibt es jetzt auch als Film, in dem es aussieht wie im Buch. Ein wilder Garten in der sächsischen Provinz, man hört die Heupferde und Singvögel, die Bilder haben alle Zeit der Welt. Als es noch eine Zukunft gab, war sie die Utopie, das Paradies des Kommunismus. Adam lebt in seinem eigenen kleinen Paradies, näht individuelle Damenkleider und ist frei, wie man als Mensch nur sein kann. Evelyn studiert nicht mehr, sie kellnert und erträumt sich mehr vom Leben, fährt im Streit mit Adam an den Plattensee, lernt einen Kavalier aus Hamburg kennen und beschließt, ihr Land über die offene Grenze zwischen Österreich und Ungarn zu verlassen. Adam ist ihr nachgereist in seinem 1961er-Wartburg. Einfach so, aus Liebe.


Sie fahren also in den Osten, weil es in den Achtzigerjahren nirgendwo im Urlaub von der DDR so westlich wirkte wie in Ungarn. Evelyn im BMW von Michael aus Hamburg, Adam im rüstigen Wartburg hinterher mit Katja, deren erster Fluchtversuch gescheitert ist, als Tramperin zur offenen Fluchtroute. „Was willste eigentlich im Westen?“, möchte Adam wissen. „Du stellst Fragen. Besser leben. Überhaupt leben“, sagt Katja. „Bisher haste nicht gelebt?“, fragt Adam. Bisher kam so einer nicht im DDR-Kino des 21. Jahrhunderts vor zwischen denen, die wegwollen, und jenen, die sie daran hindern.



AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84413
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Zurück zu Filmriss

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast

cron