Simon Bucher - Mein Austritt
Zur Person: Simon Bucher (24 Jahre, Restaurantfachmann) war der AfD-Kandidat für die Oberbürgermeisterwahl in Straubing. Im März 2020 erklärte er seinen Austritt und begründetet diesen Schritt im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk, mit „rechtsextreme Tendenzen einzelner anderer Kandidaten der Stadtratsliste in Straubing“.Schon während meiner Parteimitgliedschaft war es nicht zu verkennen, dass man sich auf Kundgebungen nicht daran störte, Seite an Seite mit Verschwörungstheoretikern, Rechtsextremisten und Holocaust-Relativierern mitzulaufen. Jedes ermordete Mitglied der jüdischen Glaubensgemeinschaft, jeder ermordete Regimekritiker, schien mit „vergewaltigten Frauen“ der Alliierten aufgerechnet und gerechtfertigt zu sein.[i] Dass die AfD den Holocaust leugnet, möchte ich nicht behaupten. Dies wäre falsch. Aber aufgrund der nicht vorhandenen Distanz zu jenen Rechtsextremen und Neonazis, nicht zuletzt auf den Demos der „PEGIDA“- Bewegung, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass sich die AfD gerne direkt daran beteiligt, weiter die Relativierung und Verharmlosung des Holocausts, der NS-Zeit und Millionen ermordeter Jüdinnen und Juden salon- und gesellschaftsfähiger zu machen, als sie traurigerweise ohnehin schon war.Nun ist es mehr als 2 ½ Monate her, dass ich die AfD verließ. Fast scheint es mir, als hätte ich das vor Beginn der Zuspitzung der Corona-Infektionswellen gerade noch rechtzeitig getan.
Bedauernswerterweise scheint die „PEGIDA“- Bewegung eine Renaissance zu erleben. Unter dem Deckmantel des verharmlosenden Begriffes von „Hygienedemonstrationen“ münden selbsternannte Kritikern und Kämpfern für die Grundrechte von „uns allen“ in ein Meer aus Rechtsextremisten, Verschwörungstheoretikern und Neonazis.
Auch meine ehemalige Chefin Corinna Miazga (MdB & bay. Landesvorsitzende) trägt in einem ihrer zahlreichen schlecht recherchierten Videos dazu bei, Rechtsextremisten zu bestätigen, indem sie Existenzängste der Bevölkerung mit Blick auf einen wirtschaftlichen Zusammenbruch schürt – aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen.[ii]
Einer der Unterschiede dieses Mal: Noch zögern ranghohe AfD Mandatsträger, direkt als Rednern in Erscheinung zu treten und somit diese Kundgebungen noch medienwirksamer „aufzuwerten“. Dennoch lässt man immerhin schon mal im Plenum des Bundestages verlautbaren, die Kundgebungen, sofern sie denn friedlich verlaufen, gut zu heißen
Ich widerspreche entschlossen der aus meiner Sicht gänzlich falschen Annahme, es handle sich bei diesen Demonstrationen um ein „breites politisches Spektrum“.
Provokante und teils menschenverachtende Selbstinszenierungen durch Parolen wie „Widerstand“ (den man selbsternannt zu verkörpern glaubt), „Lügenpresse“, „GEZ-Maulhuren“ oder „Wir sind das Volk“ sind kein Vokabular, dem sich antifaschistische Gruppen oder linke Aktivisten auch nur annähernd bedienen würden.
Es gleicht einer für mich unerträglichen Ironie, dass der Davidstern, ein Symbol der Unterdrückung, genau von jenen Menschen instrumentalisiert wird, die gemeinsam Hand in Hand mit denen gehen, vor denen die Jüdinnen und Juden einst fliehen mussten, oder gefoltert und exekutiert wurden. Das geht weit über jene Opferrolle hinaus, der sich die AfD und ihre größtenteils rechtsextremistische Entourage auf der Straße bisher hingegeben haben.Gäbe es bisher noch keine Beweise dafür, dass der signifikante und größte Teil der AfD den Holocaust relativiert und verharmlost, so sind Solidaritätserklärungen zu diesen Kundgebungen der in Stein gemeißelte Beweis dafür. Und bezogen auf die Grabsteine vieler ermordeter Jüdinnen und Juden, ist dies eine sehr beschämende und traurige Metapher.[vi]
Vier Jahre sind vier Jahre zu viel, die ich in diese Partei investiert habe. Aber ich hoffe auch mit diesen Worten dazu beitragen zu können, dass sowohl Mitglieder in der Partei als auch Wähler sich dazu entschließen, sich von dieser mehrheitlich rechtsextremen AfD abzuwenden.Der vollständige Beitrag hier:
https://journal-exit.de/mein-afd-austritt/