Die Debatte um die Dachetage des Berliner Stadtschlosses
Die Angriffe auf das Berliner Stadtschloss hören nicht auf. Nun soll es nicht nur Symbol preußischen Expansionismus und Nationalismus sein; ein Artikel rückt die Hohenzollern ideologisch sogar in die Nähe fundamentalistischer Islamisten.
Das Berliner Stadtschloss steht im Zentrum der nächsten Runde der ideologischen Selbstfindung Deutschlands. Worum geht es diesmal? Um den von der Straßenebene größtenteils unsichtbaren Figurenschmuck, welcher in Form acht alttestamentlicher Propheten die Kuppelkapelle des Schlosses einrahmt, und – natürlich – um die „umstrittene“ Aufschrift auf der Kuppel selbst, welche sage und schreibe zwei Sätze aus dem Neuen Testament zitiert. Die hiervon ausgehende Gefahr für die Identität der Bundesrepublik scheint nun solchermaßen akut zu sein, dass sich selbst die Briten erschreckt zeigen sollten, wie ein kürzlich veröffentlichter Artikel im „Guardian“ suggeriert.
https://www.theguardian.com/world/2024/ ... lture-warshttps://www.tichyseinblick.de/meinungen ... schlosses/Ein zweiter Blick offenbart freilich, dass sich nicht nur sämtliche Aussagen des Textes auf die Meinung der üblichen deutschen „Experten“ gründen, sondern dass auch der Autor des Aufsatzes ein altbekannter Hamburger Journalist ist, der regelmäßig auch für die SZ schreibt und in Berlin als Korrespondent des „Guardian“ arbeitet: Sich in einem kleinen Bekanntenkreis den Ball zuzuspielen, um dadurch vermeintliche Mehrheitsmeinungen zu suggerieren und somit die Stimmung nicht nur im In-, sondern auch im Ausland zu beeinflussen, ist eine wohlgeübte, wenn auch zunehmend an Glaubwürdigkeit verlierende Technik der „Leitmedien“. Worum geht es also?
Die hier lancierte Polemik gegen die Rekonstruktion des Schlosses entfaltet sich in zwei Stoßrichtungen, wie bereits die ganz an den Beginn des Textes gestellte Aussage des ersten „Experten“ zeigt, Jürgen Zimmerer, Leiter der Forschungsstelle für Hamburgs „postkoloniales Erbe“. Dieser erklärt, dass die historisch-getreue Rekonstruktion der Dachlandschaft des Stadtschlosses nichts weniger sei als der Versuch einiger „fundamentalistischer Rechtsextremer“, dieses in ein „Symbol eines christlichen und daher ethnisch weißen Deutschlands“ zu verwandeln (“It appears that we are dealing with a targeted infiltration of the Berlin palace by fundamentalist rightwingers who want to turn it into symbol of a Christian and thereby ‘white’ ethnic Germany”). Jüdische Propheten und Bibelzitate als Garanten deutscher Rassereinheit: Diesen intellektuellen Salto Mortale sollte man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. Denn diese Aussagen, allen voran das verräterische „daher“ („thereby“), sind natürlich in jeder Hinsicht gefährlicher Unfug, durchziehen aber sinngemäß in der Folge den gesamten Artikel.