So blickt das Ausland auf die deutschen KanzlerkandidatenDie USA, Italien und Griechenland hoffen auf eine grüne Kanzlerin Annalena Baerbock. Sie könnte harte Kante gegen China und Russland zeigen.
Der Kreml favorisiert dagegen Armin Laschet.
Als Annalena Baerbock im Herbst 2018 nach Washington reiste, sorgte ihr Besuch nicht für sonderlich viel Aufmerksamkeit. Baerbock führte Gespräche im Kongress und nahm an einer Diskussionsrunde im Thinktank German Marshall Fund (GMF) teil. Karen Donfried, die sie damals interviewte, ist inzwischen von US-Präsident Joe Biden als Vize-Staatssekretärin für Europa im US-Außenministerium nominiert. Und Washington ist ebenso wie viele andere Länder in einen kleinen Baerbock-Hype verfallen. Baerbock sei die Kandidatin, die die „Dinge durchschütteln“ wolle, wertet der US-Rundfunksender NPR. Das Magazin „Bloomberg Businessweek“ spricht von den Grünen als einer „seriösen Alternative“. US-Demokraten sympathisieren mit grüner Außenpolitik – und hoffen auf ein Ende von Nord Stream 2.
Ob in Japan oder Italien, Großbritannien oder Frankreich: Die Medien lieben die Geschichte der 40-Jährigen und vergleichen sie nicht selten mit Angela Merkel. „Man ist versucht zu fragen, ob Merkel eher Baerbock als ihre politische Erbin sieht als die Nachfolgegeneration der CDU“, kommentiert etwa der britische „New Statesman“. Und die französische „Liberation“ meint: „Sie hat vermutlich dieselbe Qualität wie Angela Merkel, immer unterschätzt worden zu sein.“
Politiker und Analysten erwarten unter einer grünen Kanzlerin Baerbock frischen Schwung in der deutschen Politik, aber auch eine Phase außenpolitischer Unsicherheit. In Frankreich etwa ist die Sorge groß, dass gemeinsame Verteidigungsprojekte gefährdet sein könnten, in Großbritannien werden die Steuerpläne der Grünen kritisiert. Doch in den USA, Italien oder Griechenland etwa sind die Sympathien für eine grüne Kanzlerin groß – aus unterschiedlichen Beweggründen.
Wegen einer sich womöglich ändernden Außenpolitik warnt in Japan Daisuke Karakama, Chief Market Economist der Großbank Mizuho, vor Turbulenzen: Würde Baerbock Kanzlerin, werde sich Deutschlands politische Haltung gegenüber Russland und China verschärfen. „Ich denke daher, dass die Zeit nach Merkel nicht nur innenpolitisch, sondern auch außenpolitisch turbulent werden wird.“
Einig sind sich die russischen Experten darin, dass Baerbock eine unbequeme Kanzlerin für Wladimir Putin wäre. „Annalena Baerbock wird wahrscheinlich eine Radikalisierung der Rhetorik gegen Russland bringen“, zumindest zu Beginn, meint Fjodor Lukjanow, Vorsitzender des Präsidiums der Nichtregierungsorganisation „Council on Foreign and Defense Policy“.
Baerbock habe Anhänger unter russischen Oppositionellen, Umweltaktivisten und Menschenrechtsverteidigern, sagt Kortunow. „Sie ist sicherlich ein unbequemer Partner für Russlands derzeitige Führung.“
Warum die Griechen hoffen, und was Erdogan droht, liest man hier:
https://www.handelsblatt.com/politik/in ... iOXcfn-ap4AZ