In der DDR verurteilter Bombenleger darf »Bandit« genannt werden

In der DDR verurteilter Bombenleger darf »Bandit« genannt werden

Beitragvon Merkur » 24. Februar 2018, 14:02

Kontext berücksichtigt
Karlsruhe stärkt Meinungsfreiheit: In der DDR verurteilter Bombenleger darf »Bandit« genannt werden


Die Mühlen der Justiz, wer weiß das nicht, mahlen langsam. Der Grundsatz gilt unverändert auch für Atheisten, dass man auf hoher See und vor Gericht in Gottes Hand ruhe. Will heißen: Das Ende ist ungewiss. Und manchmal überraschend.
Wolfgang Schmidt – er könnte auch Müller, Meier oder Schulze heißen, denn atypisch ist sein Fall keineswegs, weshalb man ihn exemplarisch nennen muss – wurde im Jahr 2012 von Hubertus Knabe, dem Direktor der Gedenkstätte in der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen angezeigt. Knabe fand, dass Schmidt, ehemals Oberstleutnant des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft habe.
Bei dem »Verstorbenen« handelte es sich um den vom Obersten Gericht der DDR 1952 zum Tode verurteilten und hingerichteten Bombenleger Johann Burianek. Auf Antrag der »Arbeitsgemeinschaft 13. August« hatte das Landgericht Berlin 2005 das Urteil des Obersten Gerichts gegen ihn jedoch aufgehoben, womit Burianek rehabilitiert war.
Schmidt meinte, dass offenkundig nicht klar gewesen sei, wer da von allen Sünden freigesprochen worden ist – wohl wissend, dass allein die Tatsache, von einem DDR-Gericht verurteilt worden zu sein, Grund für diese Entscheidung gewesen war. Empört zählte Schmidt in einem Beitrag auf der Internetseite »mfs-insider.de« Burianeks Straftaten auf und nannte diesen folgerichtig den »Anführer einer terroristischen Vereinigung« und einen »Banditen«. Diese Darstellung hatte den Exorzisten aus Hohenschönhausen auf den Plan gerufen. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten folgte Knabes Vorhaltung und verurteilte am 27. September 2012 Schmidt zur Zahlung von 40 Tagessätzen à 30 Euro. Dieser wollte aus verschiedenen Gründen die 1.200 Euro nicht zahlen und legte Berufung ein, welche am 18. März 2013 von der nächs­ten Instanz, dem Landgericht Berlin, jedoch verworfen wurde. Die daraufhin beantragte Revision lehnte am 18. Juli 2013 das 3. Kammergericht Berlin ohne jede Begründung ab, womit es dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Berlin folgte.
Nunmehr rief Schmidt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe an. Und dieses reagierte unlängst – die 3. Kammer des Ersten Senats beschloss am 24. Januar einstimmig, dass die Berliner Entscheidungen aufgehoben werden und das Landgericht neu verhandeln muss. Die gefällten Urteile verletzten nach Auffassung der Karlsruher Richter Schmidts Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gemäß Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes: »Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.« Darüber informierte das Bundesverfassungsgericht in einer Pressemitteilung am 20. Februar. Der politische Kontext von Schmidts Aussagen sei mangelhaft berücksichtigt worden. »Polemische Kritik an einer Person, die in der frühen DDR-Zeit hingerichtet und später in der Bundesrepublik rehabilitiert wurde, ist als Meinungsäußerung von dem Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1) grundsätzlich gedeckt«, heißt es dort.
In der Begründung seiner Entscheidung führte das oberste deutsche Gericht die Straftaten an, die zu Burianeks Verurteilung geführt hatten: Er habe »als Mitglied der KgU (›Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit‹) Werkspionage betrieben«. Vor Beginn der Jugendfestspiele 1951 habe Burianek mit seinen Mittätern »Reifentöter« bzw. »Krähenfüße« auf Berliner Ausfallstraßen ausgelegt und Stinkbomben in Menschenansammlungen und vor marschierende Kolonnen geworfen. Ein Brandsatz unter einer Festsäule habe nicht gezündet, so dass das Attentat erfolglos geblieben sei. Von einem für den 21. Februar 1952 geplanten Sprengstoffanschlag auf eine Eisenbahnbrü­cke habe Burianek Abstand genommen, da ein Fluchtwagen nicht zur Verfügung gestanden habe.
Der Berliner Tagesspiegel befand am Mittwoch, der Berliner Justiz bleibe nach den Ausführungen der Karlsruher Richter »wenig anderes übrig«, als Schmidt freizusprechen. Das dürfte den 79jährigen und andere gewiss freuen, die sich seit Jahren über diese Heuchelei etwa im Umgang mit Terroristen aufregen und dafür als »Geschichtsrevisionisten« verleumdet werden. Bekanntlich sind Terroristen Rebellen und Widerstandskämpfer, wenn sie Bomben an der richtigen Stelle legen. Oder, wie der Tagesspiegel in süffisanter Eindeutigkeit seinen Beitrag überschrieb: »Ein DDR-Widerständler kann ein ›Bandit‹ sein.«

Quelle: Junge Welt
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: In der DDR verurteilter Bombenleger darf »Bandit« genannt werden

Beitragvon HPA » 24. Februar 2018, 19:40

Polemische Kritik an einer Person, die in der frühen DDR-Zeit hingerichtet und später in der Bundesrepublik rehabilitiert wurde, ist als Meinungsäußerung von dem Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1) grundsätzlich gedeckt«
( Hervorhebung von mir)

Damit dürfte der Ausspruch, das Erich Mielke , langjähriger DDR-Stasichef, ein Dreckschwein war, ebenso vom Art 5 GG gedeckt sein.

Noch dazu, daß dieser eine Person des öffentlichen Lebens darstellt.

[grin]

Nachtrag, da ja dass von @merkur zitierte linksextremistische Schmuddelblättchen sich so gern in der Kunst des Weglassens übt. Aus der Urteilsbegründung:

Eine solche Meinungsäußerung sei vom Grundgesetz gedeckt. Ob diese Sichtweise "sachlich in irgendeiner Weise vertretbar oder sie von vornherein unberechtigt" sei, spiele für den Schutz der Meinungsfreiheit keine Rolle. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass das Urteil grob rechtsstaatswidrig und unangemessen hart war.
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Re: In der DDR verurteilter Bombenleger darf »Bandit« genannt werden

Beitragvon Spartacus » 25. Februar 2018, 14:09

Damit dürfte der Ausspruch, das Erich Mielke , langjähriger DDR-Stasichef, ein Dreckschwein war, ebenso vom Art 5 GG gedeckt sein.


Natürlich, genauso wie die Dreckschweine von Honeckers etc.pp. [hallo]

Nur gut das der Rechtsstaat noch funktioniert und die Meinungsfreiheit verteidigt.

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Re: In der DDR verurteilter Bombenleger darf »Bandit« genannt werden

Beitragvon HPA » 25. Februar 2018, 16:15

Denn das "vergessen" die Stasirelativierer und Konsorten nur zu gerne. Das Burianek nämlich nicht vom Rechtsstaat rehabilitiert wurde, weil er etwa keine Straftaten begangen hätte, sondern weil er für diese sehr wohl begangenen Straftaten von dieser DDR "Justiz" über alle Maßen hinaus unverhältnismäßig hart, nämlich zum Tode , verurteilt wurde!
HPA
 


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