Wofür gibt es die SPD?Ein Gastbeitrag von Karl AdamDr. Karl Adam, Historiker und Politologe, arbeitet als Portfolio Projektmanager bei einem Industrieunternehmen in Göttingen. Zuvor war er als Geschäftsführer der SPD Hamburg-Mitte und als Unternehmensberater in London tätig. Er bloggt regelmäßig unter https://imgegenlicht. wordpress.com.
Der Zustand der SPD gibt Anlass, erneut über die historische Funktion der Partei nachzudenken. Wer sich mit der Geschichte der Sozialdemokratie beschäftigt, wird schnell merken, dass viele der aktuellen Probleme, Widersprüche und innerparteilichen Konflikte keineswegs neu, sondern vielmehr altvertraut sind.Vom UmfallenAls Wegscheide in der Geschichte der SPD gilt das Godesberger Programm vom November 1959 mit seinem Abschied vom Marxismus, seinem Anerkennen des Wettbewerbsgedankens und seiner zumindest stillschweigenden Aufgabe des Opponierens gegen die Westintegration. Wenig bekannt ist dagegen der „Deutschlandplan“ vom März 1959, der ebenso wie Godesberg und die nachfolgende „Politik der Gemeinsamkeit“ mit CDU/CSU maßgeblich von Herbert Wehner vorgetragen wurde. Der Deutschlandplan sah vor, in Mitteleuropa eine entmilitarisierte und atomwaffenfreie „Entspannungszone“ einzurichten, die von den USA und der Sowjetunion abgesichert werden sollte. In drei Stufen sollte dann die Wiedervereinigung Deutschlands vorangetrieben werden. Dazu sollte im ersten Schritt eine von Bundesrepublik und DDR paritätisch besetzte „Gesamtdeutsche Konferenz“ die weiteren Schritte vorbereiten.
Ein Jahr später wurde der Plan zugunsten der Anerkennung des Unionskurses aufgegeben. Die Engländer sprechen von einem klassischen „U-Turn“.Bundeskanzler Helmut Schmidt versprach 1976 eine Rentenerhöhung um zehn Prozent, falls die SPD die Wahl gewinnt. Tatsächlich wurde sie zunächst um ein halbes Jahr verschoben und fiel am Ende deutlich geringer aus. Weitere Beispiele für ein „Umfallen“ gibt es bis in die jüngste Vergangenheit: Unvergessen der Wahlkampf 2005, als die SPD gegen die geplante Mehrwertsteuererhöhung um zwei Prozent mit der Parole „Merkelsteuer – das wird teuer!“ anging –
nur um dann in der Koalition mit CDU/CSU eine Erhöhung um sogar drei Prozent mitzutragen.
Vom KompromissSouverän platziert sich die Partei immer wieder zwischen allen Stühlen. Und die Fragen, die sich in dieser Lage jeweils stellen, sind erstaunlich ähnlich:
Revolution oder Reform? Reine Lehre oder Kompromiss? Regieren oder Opponieren? Mitgestalten oder außen vor bleiben? Vom bewussten Nichtregieren, um nicht noch mehr enttäuschte Wählerinnen und Wähler an die KPD zu verlieren Mitte der 1920er Jahre bis hin zu Franz Münteferings „Opposition ist Mist“ (2004). Vom Vorwurf der Linken, durch das „Mitmachen“ weiterreichende Fortschritte hin zu einer gerechteren Gesellschaft zu verhindern, den Kapitalismus im Gegenteil dadurch noch zu stärken und zu konservieren, bis hin zur Gegenrede, dass die Gesellschaft eben durch dieses beharrliche Bohren dicker Bretter in kleinen Schritten gerechter wird und der Kapitalismus dergestalt gezähmt und entschärft wird, denn:
Die von Marx prognostizierte Massenverelendung hat nicht stattgefunden. Und wenn dann jeweils mitregiert wird: Welcher Anlass ist groß genug, um eine Koalition platzen zu lassen? Wäre das nicht unverantwortlich? Fahnenflucht?Den vollständigen, längeren Beitrag findet man hier:
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