Feuertod eines Asylbewerbers Was das neue Gutachten im Fall Oury Jalloh bedeutetOury Jalloh verbrannte 2005 in einer Dessauer Polizeizelle, bis heute sind die Umstände seines Todes nicht geklärt. Nun wirft ein Gutachten neue Fragen auf. Wie geht es weiter in dem skandalträchtigen Fall? Wird der Fall nun neu aufgerollt?Es wäre überraschend, sollte die Justiz nun von sich aus neue Ermittlungen aufnehmen. Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Sachsen-Anhalt hatte dies im vergangenen Jahr mit der Begründung abgelehnt, es mangele an "beweisbaren Anhaltspunkten, die eine Entzündung der Matratze durch Oury Jalloh ausschließen können und eine Entzündung durch Polizeibeamte oder durch Dritte belegen".
Daran dürfte sich aus Sicht der Justiz nun wenig geändert haben - denn das Gutachten beweist nicht die These der Angehörigen, Jalloh sei von Polizisten umgebracht worden. Die Initiative argumentiert jedoch, die Expertise stelle den offiziell angenommenen Zeitverlauf des Geschehens vom 7. Januar 2005 infrage. Demnach könnte ein Übergriff auf Jalloh auch ein mögliches Mordmotiv sein - das Feuer hätte dieser Argumentation zufolge dazu dienen können, Polizeigewalt zu vertuschen.
Die Linken im Landtag argumentieren, das Vorliegen neuer Erkenntnisse müsse nun zwangsläufig zu neuen Ermittlungen führen. "Angesichts der Bedeutung des Falles und der Schwere des im Raum stehenden Verdachtes 'Oury Jalloh - das war Mord' wäre der Generalbundesanwalt die richtige Instanz dafür", heißt es in einer Stellungnahme der innenpolitischen Sprecherin der Fraktion, Henriette Quade.
"Wieso braucht es erst ein extern veranlasstes Gutachten, um diese Verletzungen zu entdecken", schreibt sie, "und hat die Justiz tatsächlich alles Notwendige und Mögliche unternommen, um den Tod Oury Jallohs aufzuklären?" Quade kritisiert auch, dass der Landtag einen Untersuchungsausschuss abgelehnt habe. Dass die von der Regierungskoalition eingesetzten Sonderermittler immer noch nicht ihre Arbeit aufgenommen hätten, belege ebenfalls "den nicht vorhandenen Aufklärungswillen".Wie es in dem Fall weitergeht, ist derzeit kaum abzusehen. Die Rechtsanwältin Beate Böhler, Vertreterin der Hinterbliebenen Jallohs, hatte schon im Januar weitere rechtliche Schritte ins Spiel gebracht: Denkbar sei eine Verfassungsbeschwerde, notfalls werde man bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen.
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