Mit ihrem Fokusthema Neue Lebensarbeitszeit fragt die Körber-Stiftung, wie wir in der Zeit des langen Lebens arbeiten wollen – und wie lange. Die Stiftung glaubt: Es gibt gute Gründe, mit der Lebenserwartung auch die Lebensarbeitszeit zu erhöhen, schon aus Gründen der Generationengerechtigkeit. Und sie plädiert dafür, die demografische Chance einer längeren Lebenszeit zu nutzen, um unsere dicht getaktete Berufsbiografien zu entzerren.
Wir leben immer länger. Das ist eine gute Nachricht, denn: Wir haben mehr Zeit! Paradox ist, dass wir davon kaum etwas merken. Die Erwerbsarbeit bestimmt den Rhythmus unseres Lebens, und wir hetzen durch unsere Berufsbiografie nach alten Mustern: Ausbildung, Arbeit, Ruhestand. In der Mitte, der »Rush Hour« des Lebens, erledigen wir Kindererziehung, Pflege und Karriere gleichzeitig. Nach dieser Verdichtung erwarten uns dann Jahrzehnte des Ruhestandes.
Dabei könnte alles auch anders sein, wenn wir das wichtigste Versprechen des demografischen Wandels beim Wort nähmen und unsere Lebenszeit neu gestalteten. Im Lauf unseres Lebens steigt unsere Lebenserwartung mit jeder zurückgelegten Dekade um zwei bis drei Jahre an. Das sind mehr als fünf Stunden »geschenkter« Lebenszeit an jedem einzelnen Tag. Könnten wir diesen Zeitwohlstand nicht nutzen, und unsere Lebensarbeitszeit ganz anders strukturieren? Immer wieder Neues lernen und uns Zeit für die Familie und das Gemeinwohl nehmen? Und im Alter länger arbeiten – weil wir es wollen und weil wir gebraucht werden?
Mit ihrem Fokusthema Neue Lebensarbeitszeit will die Körber-Stiftung eine Diskussion darüber führen, wie wir in der Zeit des langen Lebens arbeiten wollen. Die Stiftung glaubt, dass es im Sinne der Generationengerechtigkeit gute Gründe gibt, mit der steigenden Lebenserwartung auch die Lebensarbeitszeit zu erhöhen. Sie wirbt aber auch dafür, die Chancen einer Neuen Lebensarbeitszeit zu nutzen und unsere dicht getakteten Lebensläufe zu entzerren. Die Körber-Stiftung präsentiert neue Ideen und Modelle, wie Leben, Arbeit und Zeit anders zu verbinden wären und plädiert für mehr Zeitsouveränität in der Arbeitswelt.
Dazu würde mich einmal die Meinung der unterschiedlichen User interessieren, aber bitte nicht nur darauf herumbeißen, dass Berufe mit schwerer körperlicher Arbeit, das nicht könnten.
Als Einstieg und Diskussionanregung verlinke ich einmal ein Interview mit dem Kinderarzt und Buchautor Remo ( nicht Kroll ), sondern
Largo.
»Es ist schlicht undenkbar, dem Dreiklang von Ausbildung, Beruf, Rente zu entkommen.«
In seinem aktuellen Buch »Das passende Leben« befasst sich der Schweizer Kinderarzt Remo Largo damit, wie wir unsere Lebensläufe überdenken und unsere individuellen Bedürfnisse erfüllen können. Agata Klaus, Körber-Stiftung, sprach mit ihm darüber, wie man die Chancen des langen Lebens nutzen kann, um die eigene Lebenszeit anders, vielleicht sogar besser, zu gestalten.
Unsere Lebensgestaltung im Dreiklang von Ausbildung, Beruf, Rente entspricht einer vorherrschenden gesellschaftlichen Norm. Für wie zeitgemäß halten Sie die noch?
Ich denke, sie ist vor allem durch die Gesellschaft und Wirtschaft bestimmt. Das fängt bereits in der Schule an. Es macht mir sehr zu schaffen, dass die Schule sich auf die Gesellschaft und Wirtschaft ausrichtet. Sie soll dafür sorgen, dass die Wirtschaft die Arbeitnehmer bekommt, die sie haben möchte. Man fragt sich nicht, was die Bedürfnisse der Kinder sind, wie sie sich entwickeln wollen, ob sie all ihre Fähigkeiten entwickeln können. Nach der Schule sind sie gewissermaßen vorprogrammiert. Die Erwachsenen erwartet schon gar nicht mehr, dass es auch anders sein könnte. Das geht ja so weit, dass die Menschen gar nicht mehr spüren, wie sie eigentlich leben möchten. Es ist für die meisten Menschen schlicht undenkbar, diesem materiell sehr gut eingerichteten Käfig zu entkommen. Wir können uns die Lebensgestaltung gar nicht mehr anders vorstellen, das ist tragisch und rührt daher, dass schon die Kinder in der Schule daraufhin erzogen werden. Es gibt zwar einige wenige Kinder und auch Erwachsene, die rebellieren, aber das sind dann Querschläger, die von der Gesellschaft ausgegrenzt werden.
In Ihrem Buch sprechen Sie davon, dass die Menschheit sich eine Welt geschaffen hat, in die sie nicht mehr passt. Warum sind Sie trotzdem optimistisch, dass die gleiche Menschheit es schafft, sich wieder zu besinnen und ihre Umwelt wieder passender zu gestalten?
Ich denke, einerseits ist es so, dass die Menschen immer unzufriedener werden bis zu dem Punkt, wo sie krank werden, schlimmstenfalls ein Burnout erleiden. Andererseits glaube ich, dass die Wirtschaft in der Form keine Zukunft hat. Dafür gibt es zahlreiche Gründe: Digitalisierung und Automatisierung, es wird zukünftig nicht mehr genügend Arbeit geben. Wie also soll der Lebensunterhalt bestritten werden? Aber auch, dass eine Sinnentleerung der Arbeit stattfindet und die Leute dadurch immer unzufriedener werden. Schliesslich sind Menschen immer mehr verunsichert: Wer trägt eigentlich noch die Verantwortung in der Gesellschaft? Wer sorgt dafür, dass wir genug zu essen haben, das Bildungs- und Gesundheitswesen, die Altersvorsorge funktioniert? Die Menschen glauben immer weniger daran, dass dies in den kommenden Jahren noch gewährleistet sein wird. Die meisten Menschen leben noch im materiellen Wohlstand, fürchten sich aber vor dem Abstieg. Ihre existenziellen Ängste übertragen sie auf die Kinder. Sie wollen, dass sie es genauso guthaben werden wie sie und setzen sie leistungsmässig unter Druck. Wir müssen uns neue Lebensmodelle erarbeiten, wie wir den Lebensunterhalt und alle staatlichen Institutionen finanzieren können, etwa mit einem Grundeinkommen. Wir müssen neue Formen des Zusammenlebens finden. Etwa Lebensgemeinschaften, in denen Menschen jeden Alters zusammenleben, miteinander vertraut sind und Verantwortung füreinander übernehmen.
Das vollständige Interview findet man hier:
https://www.koerber-stiftung.de/themen/ ... -1106.html
Nun bin ich gespannt auf die verschiedenen Sichtweisen und ganz besonders auf die Meinungen der User, welche hier immer über Ängste schreiben oder wenn nicht sogar schüren.