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Verschwundene Orte in Tschechien

BeitragVerfasst: 17. Februar 2021, 17:38
von pentium
Verschwundene Orte in Tschechien

In einer Datenbank im Internet sind über 1300 Orte in Tschechien verzeichnet, die ganz oder teilweise verschwunden sind. In den Grenzgebieten der böhmischen Länder, den ehemaligen Sudetengebieten, sind nach 1945 hunderte Ortschaften verschwunden, weil die deutschen Bewohner aus ihnen vertrieben wurden. Andere Dörfer wurden in den fünfziger Jahren aufgelöst, weil sie zu dicht an der Staatsgrenze lagen. In unserem heutigen Geschichtskapitel geht es um verschwundenen Orten in Tschechien.
"Die Internetseite zanikleobce.cz. zielt darauf ab, verschwundene Siedlungen in Tschechien zu kartieren. Ursprünglich bezog sich das nur auf das Grenzgebiet und auf Nordböhmen. Schrittweise wurden der Böhmerwald und weitere Gebiete einbezogen. Heute sammeln wir Informationen über das ganze tschechische Gebiet. Am Anfang haben wir uns auch nur auf verschwundene Städte, Dörfer und Gemeinden konzentriert. Mittlerweile sammeln wir aber auch Informationen über verschwundene Objekte, wie zum Beispiel, Kirchen, Fabriken, Mühlen, Schlösser und ähnliches", so Beran.

http://www.zanikleobce.cz/
https://deutsch.radio.cz/verschwundene- ... en-8608304

Re: Verschwundene Orte in Tschechien

BeitragVerfasst: 17. Februar 2021, 18:22
von pentium
Preßnitz
(Přísečnice)

Die Stadt Preßnitz, die durch ihre Musikanten weltberühmt wurde, fiel nach dem Kriege dem Bau eines Stausees zum Opfer.
https://www.boehmisches-erzgebirge.cz/p ... index.html

Dort, wo sich heute die große Fläche der Preßnitztalsperre erstreckt, befand sich früher die Freie Bergstadt Preßnitz (Přísečnice). 1970 wurde mit dem Bau des Dammes begonnen und auch weitere Dörfer wie Rusová (Reischdorf), Dolina (Dörnsdorf) und Kotlina (Köstelwald) geopfert. Schon im 14. Jahrhundert wurde der Ort Preßnitz das erste Mal urkundlich erwähnt. Bald wird Silbererz gefunden und die Stadt blüht auf und bekommt den Titel "Freie Bergstadt". Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges wohnen hier rund 5500 Menschen, doch nach Ausweisung der deutschen Bevölkerung beginnt die Stadt zu verfallen. Es werden immer wieder Häuser abgerissen. Schon in den 60er Jahren wird zuerst die St. Nikolauskirche gesprengt, der Friedhof eingeebnet und dann auch die Stadtkirche Maria Himmelfahrt. Kurz vor der Flutung sprengt man auch das ca. 400 Jahre alte Schloss, den Schlosspark und den Rest der Häuser. 1975 entsteht an dieser Stelle die gleichnamige Talsperre. Der See wird von der Přísečnice(Preßnitz), dem Hamerský potok (Hammerlebach) und dem Požarní potok (Reischdorfer Bach) gespeist. Er dient der Trinkwasserversorgung der Orte im Egertal.
http://www.ins-erzgebirge.de/Talsperre-Pre%C3%9Fnitz

bei Karl May
In der Karl Mays Reiseerzählung Von Bagdad nach Stambul aus dem Orientzyklus trifft im Kapitel In Damaskus (Freiburg i. Br., S. 376 ff.) Kara Ben Nemsi zusammen mit Halef auf einer Art Volksfest in einem Musikzelt auf eine Gesangsgruppe aus dem Ort, die unter anderen zwei Strophen des "Heilig-Obnd-Liedes" in erzge­bir­gischer Mundart vorträgt.

In Christi Blut und Gerechtigkeit ist der Vater Schefakas ein Musikant aus Preßnitz.

"Er war aus einer sehr fernen Stadt, welche Pre-nis heißt, mit andern nach Stambul gekommen, um mit ihnen die Kamantsche (= Violine) zu spielen. [...]"
"[...] Ich war sehr oft in der Stadt, aus welcher er kam. Du nennst sie Pre-nis aber sie wird dort Preßnitz genannt, und viele Männer und Frauen, viele Burschen und Mädchen gehen von dort hinaus in fremde Lande, um zu singen und allerlei Instrumente zu spielen."[2]

Im der Erzählung Der Giftheiner erklärt May:

Gar manche Preßnitzer oder Sonneberger Harfnerin hat das Weltmeer durchfurcht und vermag von fernen Kontinenten zu erzählen [...][3]

Karl May: Von Bagdad nach Stambul. In: Karl Mays Werke, S. 43591 (vgl. KMW-IV.3, S. 326).
Karl May: Christi Blut und Gerechtigkeit. In: Orangen und Datteln. In: Karl Mays Werke, S. 61193 f. (vgl. KMW-IV.25, S. 542).
Karl May: Der Giftheiner. In: Karl Mays Werke, S. 2567 (vgl. KMW-I.3-99:41, S. 651).