Am 15. Januar 1919 in Berlin erschossen...

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Am 15. Januar 1919 in Berlin erschossen...

Beitragvon pentium » 13. Januar 2019, 13:21

Am 15. Januar 1919 in Berlin erschossen
Linke gedenkt der Ermordung von Luxemburg und Liebknecht

Für die Linke sind sie Vorkämpfer des Sozialismus, für die CDU Feinde der Demokratie: Heute wird an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht erinnert. Vor 100 Jahren wurden sie ermordet.
https://www.zdf.de/nachrichten/heute/ro ... t-100.html

15. Januar 1919. Ein gutbürgerliches Wohnhaus im Berliner Westen in der Mannheimer Straße 27. Am frühen Abend verhaftet eine Wilmersdorfer Bürgerwehr drei Revolutionäre in ihrer letzten Zufluchtsstätte. Es sind der junge Wilhelm Pieck, später erster Präsident der DDR, und die beiden Führer der KPD, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg.

Pieck kann sich absetzen. Liebknecht und Luxemburg sind nur wenige Stunden später tot. Erschossen von Angehörigen des Garde-Kavallerie-Schützen-Regiments. Die Soldaten werfen die Leiche Luxemburgs in den Landwehrkanal. Die Täter werden nie zu Verantwortung gezogen. Der Mord vor 100 Jahren ist voller Dramatik und spaltet die deutsche Linke bis heute.

...
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Re: Am 15. Januar 1919 in Berlin erschossen...

Beitragvon augenzeuge » 13. Januar 2019, 14:11

Ja, was wäre geworden, wenn Luxemburg damals überlebt hätte? Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre sie Stalin zum Opfer gefallen.
Den Sozialismus einer DDR hätte sie bekämpft.

Mit Rosa Luxemburg stand eine kleine kämpferische Frau an der Spitze der Revolutionsbewegung. Nur 1,46 Meter groß, aber ehrgeizig in ihren Zielen. Sie träumte von einer sozialistischen Gesellschaft. Wer war Rosa Luxemburg? Eine Jüdin polnischer Herkunft aus bürgerlichen Verhältnissen. Studium in Zürich. Mitglied der SPD. Charismatische Rednerin, brillante Rhetorikerin. Zu Lebzeiten berühmter als Lenin und dessen wirkungsvollste Gegenspielerin. Die 47-Jährige bezeichnete sich selbst als "Anhängerin der Diktatur des Proletariats", lehnte jedoch den "roten Terror" nach Vorbild Lenins entschieden ab.

In der späteren DDR-Geschichtsschreibung feierte die SED Rosa Luxemburg als "Heilige und Märtyrerin". Dabei wurden ihre Ideen und Positionen, so Luxemburgs Biograf Ernst Piper, in der Sowjetunion stets als "Abweichlertum" und "Luxemburgismus" verdammt. Der Historiker, der das Buch "Rosa Luxemburg. Ein Leben" verfasst hat, erklärt: "Rosa Luxemburg war keine Demokratin im klassischen Sinne, aber immer gegen terroristische Methoden wie in Russland."


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Re: Am 15. Januar 1919 in Berlin erschossen...

Beitragvon Grenzbeobachter » 13. Januar 2019, 15:38

Was mich immer an den Beschreibungen stört, ist das Betonen von Luxemburgs Glauben.
Zitat: >>eine Jüdin polnischer Herkunft <<
Bei Liebknecht würde niemand schreiben, ein evangelisch Getaufter deutscher Herkunft. Aber das nur am Rande.


Die Ermordung von Luxemburg und Liebknecht und die spätere Aufarbeitung war ein Armutszeugnis der neu entstandenen Weimarer Republik,
eine Demokratie mit zu wenig Demokraten. Es war anfangs so, wie es der Historiker Wolfram Wette geschrieben hatte, ein Zusammenspiel von rechtsradikalem Militär und politischer Justiz.

>>Aufarbeitung der Todesumstände
Leo Jogiches trieb die Aufklärung der Morde an Luxemburg und Liebknecht mit Artikeln in der Roten Fahne voran. Er wurde im März 1919 inhaftiert und im Gefängnis ermordet.[52] Einige Tatbeteiligte wurden vor ein Kriegsgericht gestellt. Die Garde-Kavallerie-Schützendivision wählte dessen Richter Paul Jorns aus. Er verzögerte die Ermittlungen und vertuschte die Mittäterschaft der leitenden Offiziere. Im Mai 1919 sprach er die meisten Tatbeteiligten frei und verurteilte nur Runge und Vogel zu geringen Haft- bzw. Geldstrafen. Runge erschien nicht vor Gericht, wurde versetzt und entzog sich der Strafe, indem er Deutschland verließ. Pabst wurde nicht angeklagt, mögliche Auftraggeber wurden nicht gesucht. Trotz vieler Proteste bestätigte Noske als Reichswehrminister die Urteile und verhinderte ein Revisionsverfahren.[53] Paul Levi wies 1929 als Strafverteidiger die Vertuschung der Morde durch Paul Jorns nach.[54] Für den Historiker Wolfram Wette setzte sich das „Zusammenspiel von rechtsradikalem Militär und politischer Justiz“ beim Verdecken von Tätern und Hintergründen bei vielen weiteren politischen Morden an Kriegsgegnern fort.<<
https://de.wikipedia.org/wiki/Rosa_Luxemburg
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Re: Am 15. Januar 1919 in Berlin erschossen...

Beitragvon pentium » 13. Januar 2019, 16:57

Porträt Rosa Luxemburg - "Adler" unter Hühnern

Für Lenin war Rosa Luxemburg ein "Adler" unter Hühnern. Für Clara Zetkin die "Verkörperung beispielsloser Energie". Viele sehen sie als die größte linke Politikerin des 20. Jahrhunderts oder sogar aller Zeiten – natürlich auch, weil ihr gewaltsamer Tod an der Seite von Karl Liebknecht sie zur Märtyrerin gemacht hat. Am 15. Januar vor 100 Jahren wurde sie ermordet. Wer war diese Frau, die sich als Vorkämpferin der Arbeiterbewegung für die "Freiheit des anders Denkenden" eingesetzt hat?

https://www.mdr.de/zeitreise/rosa-luxemburg-100.html
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Re: Am 15. Januar 1919 in Berlin erschossen...

Beitragvon pentium » 15. Januar 2019, 15:39

Rosa Luxemburg für alle
Sie war doktrinär, liebte Fehden, lag manchmal richtig, sehr oft auch falsch. Dennoch, oder deswegen, ist Rosa Luxemburg eine ideale Identifikationsfigur der Linken.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitge ... ozialistin
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Re: Am 15. Januar 1919 in Berlin erschossen...

Beitragvon augenzeuge » 15. Januar 2019, 17:16

pentium hat geschrieben:Rosa Luxemburg für alle
Sie war doktrinär, liebte Fehden, lag manchmal richtig, sehr oft auch falsch. Dennoch, oder deswegen, ist Rosa Luxemburg eine ideale Identifikationsfigur der Linken.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitge ... ozialistin


Toller Artikel, ich kann mir richtig vorstellen, wie sie heute mit den Linken umgehen würde. Ich bin mir jetzt noch sicherer, einen Stalin hätte die Frau nicht überlebt. [grins]

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Re: Am 15. Januar 1919 in Berlin erschossen...

Beitragvon Grenzbeobachter » 15. Januar 2019, 18:08

Ich denke nicht, dass Luxemburg es geschafft hätte mit den damaligen durchaus gemäßigten Parteileitern der KPD, August Thalheimer und Heinrich Brandler die ab 1924/1925 beginnende Stalinisierung der Partei zu verhindern. Luxemburgs Positionen -Kritik an der Parteidiktatur Lenins- wurden in der Sowjetunion und von Orthodoxen der KPD ab 1925 unter dem Schlagwort Luxemburgismus als gefährliche Irrtümer abgewertet.


Wäre Rosa Luxemburg nicht 1919 ermordet worden, hätte sie sich zweifellos mit all ihrer Energie in den Kampf gegen Stalins Politik gestürzt. Stalin seinerseits anerkannte die große Gefahr, die von Luxemburgs Erbe auch nach ihrem Tod ausging.

1931, inmitten der hysterischen Kampagne gegen Trotzki und die Linke Opposition, schrieb Stalin einen Brief an das sowjetische Magazin Proletskaja revoljutsija, in dem er erklärte, man dürfe Trotzki und die Linke Opposition nicht mehr als Fraktion der kommunistischen Bewegung betrachten. Im selben Brief erklärte er Luxemburg für "schuldig", an der Seite Trotzkis die Perspektive der "permanenten Revolution" entwickelt zu haben. Stalins Brief wurde schnell in Deutsche übersetzt, und KPD-Führer Thälmann feuerte eine Salve nach der nächsten auf Luxemburg und Trotzki ab. Die stalinistischen Vorwürfe wegen Luxemburgs angeblichen Menschewismus und Zentrismus hat Trotzki in seinem Essay "Hände weg von Rosa Luxemburg" von 1932 beantwortet. (Leo Trotzki Schriften zu Deutschland,Bd. I, S. 323)

https://www.wsws.org/de/articles/1999/01/rosa-j26.html
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