Apotheker in der Mangelwirtschaft
Verfasst: 11. November 2016, 11:16
Offizin zu DDR-Zeiten: Improvisieren bei Medikamentenengpässen gehörte für DDR-Apotheker dazu. Das Foto zeigt beispielhaft die Adlerapotheke im brandenburgischen Fehrbellin und wurde vom Apothekenmuseum Cottbus zur Verfügung gestellt.
Foto: A. Schiffner
Improvisieren und geschickt haushalten: Beides mussten Apotheker in der DDR beherrschen. Ende der 1980er arbeitete Michael Körner in der Löwen-Apotheke im sächsischen Annaberg. Heute ist er Inhaber der Adler-Apotheke im Ort. Körner erzählt, was sich für ihn nach dem Mauerfall geändert hat und wie DDR-Apotheker mit chronischen Lieferengpässen und Großherstellungen von Rezepturen umgingen.
Bei der Rezepturherstellung musste häufig improvisiert werden. „Einmal wurde ich beauftragt, bei einem Bäcker eine Brotknetmaschine für die Apotheke zu kaufen“, sagt Körner. Statt Brotteig habe er darin bis zu 15 Kilo Salbe auf einmal angerührt. „Wenn Rezepturaufträge kamen, habe ich immer vorher überlegen müssen, wie ich die technisch überhaupt bearbeiten kann“, erzählt er.
Rezepturen wurden laut Körner in der DDR in großem Umfang hergestellt. Die Herstellung habe einen ganzen Tag in Anspruch genommen; teilweise arbeiteten zwei Mitarbeiter zeitgleich daran, alle Aufträge abzuarbeiten. Weil so viel zu tun war, ließen die zuständigen Apothekenangestellten sämtliche Behälter mit den Grundlagenstoffe durchgängig geöffnet; in jedem steckte ein Spatel. „Zuerst war ich entsetzt, weil die Arbeitsrealität so weit von den hygienischen Ansprüchen entfernt war, die uns im Studium beigebracht wurden“, sagt er. Doch ihm wurde schnell klar, dass sich die anfallende Arbeit sich nur auf diese Weise stemmen ließ.
Bereits am 1. Oktober 1990 machte sich Körner mit der leerstehenden Adler-Apotheke in Annaberg selbstständig. Die Apotheke hätte er zu DDR-Zeiten nicht so ohne Weiteres kaufen können: „Um eine Apotheke zu führen, genügte die Approbation an sich nicht. Der Apotheker musste außerdem eine vierjährige Weiterbildung zum Fachapotheker machen, am besten in Offizinpharmazie“, erklärt Körner. Darin sieht er durchaus einen Vorteil: Während der langen Ausbildungszeit bis zur eigenen Apotheke hätten sich Apothekenleiter die nötigen sozialen Kompetenzen aneignen und Reife für die Führungsposition gewinnen können.
Mit dem Mauerfall änderte sich in den ostdeutschen Apotheken einiges: „Das DDR-Ordnungssystem funktionierte ganz anders. In unserem Generalalphabet waren die Medikamente etwa nach inneren und äußeren Flüssigkeiten, Tabletten und Zäpfchen sortiert“, erzählt Körner. Relativ früh habe er in seiner eigenen Apotheke zudem ein modernes EDV-System eingeführt.
Doch die größte Veränderung war wohl die erhöhte Lieferfähigkeit: „Zu DDR-Zeiten ist nur alle 14 Tage ein LKW mit Medikamenten gekommen; der wurde dann mit einer Menschenkette entladen“, sagt Körner. Die anschließende Eingangsprüfung und Einlagerung der Waren habe mehrere Tage beansprucht. Jede Bestellung sei entsprechend akribisch geplant worden.
Lieferengpässe waren in der DDR an der Tagesordnung: Besonders betroffen waren laut Körner Arzneimittel aus der sogenannten C-Nomenklatur, die in erster Linie Betäubungsmittel umfasste: „Diese Mittel wurden aus den 'nicht-sozialistischen Ländern' bestellt; aus der BRD, England und Frankreich zum Beispiel. Das ging zwar irgendwie, aber es kam immer wieder zu fürchterlichen Engpässen“, berichtet er.
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Glücklicherweise endete das Elend der Mangelwirtschaft mit dem Mauerfall und asmathische Kinder konnten beispielsweise problemlos Cromoglicin-haltiges Spray erhalten.