Um eine "Wirtschaftsmacht" zu messen, gibt es wohl nur das Bruttosozialprodukt (BSP) und das BSP pro Kopf. Solche Statistiken findet man seit Jahrzehnten z.B. im Fischer-Weltalmanach, eines der umfassensten statistischen Werke in deutscher Sprache, die es vor dem Internetzeitalter zu einem vernünftigen Preis im Buchhandel zu kaufen gab.
Folgend ein paar Scans aus dem Fischer Weltalmanach aus den achtziger Jahren. Beim BSP hätte die DDR demnach damals auf dem 15. Platz gelegen, das "S" in Klammern bedeutet Schätzung. Sie hätte also bei etwa gleicher Einwohnerzahl noch vor den Niederlanden gelegen, und vor Saudi-Arabien. Insbesondere was die Niederlande im direkten Vergleich betraf, kann sich da jeder seine eigenen Gedanken machen. Also ich bezweifele das - angesichts des Zustands der öffentlichen Infrastruktur, der Weltkonzerne (Shell, Philips, Unilever) und des Zustands niederländischer Industriebetriebe, dem Zustand der Häuser und Wohnungen, dem Wohlstand der niederländischen Bevölkerung (KFZ, langlebige Konsumgüter) im direkten Vergleich. Skinny Trucky und Wosch können ja mal schildern, ob sie den Eindruck hatten, dass die Niederlande und die Bevölkerung insgesamt ärmer waren als die DDR, die Industrie weniger leistungsfähig. Gerade den beiden wäre ich um eine Antwort dankbar!
Beim BSP pro Kopf hätte die DDR auf dem 24. Platz gelegen, vor Neuseeland, Italien, Bahrain und Singapur. Der Wohlstand pro Kopf sei nach dieser Statistik also höher gewesen als in den vier aufgezählten Staaten. Nun kannte ich damals nur Italien und die DDR im direkten Vergleich. Norditalien war relativ reich, Süditalien relativ arm, zu sehen am Zustand der Häuser, der PKW´s u.s.w.. Mailand sah nicht so heruntergekommen aus wie Neapel. Ostdeutsche Städte waren eher mit Neapel zu vergleichen als mit Mailand.
Ich las mal vor einigen Jahren von den manipulierten Wirtschaftsstatistiken der DDR, dies würde diese Rangfolge solcher Statistiken erklären. Mein Gemeinschaftskunde-Lehrer erzählte das auch vom zehnten Platz der DDR. Auch viele - nicht alle - westdeutschen Politiker und westdeutsche Banken und die Treuhand glaubten diesen Statistiken, darum auch die großen Enttäuschungen Jahre nach der Wende, darum auch diese großen Defizite der Treuhand nach der Privatisierung der Betriebe, darum auch die vielen versenkten Milliarden an Immobilien-Krediten westdeutscher Banken - weil sie alle falschen Zahlen glaubten.
Ich bin heute noch skeptischer, was Statistiken betrifft, halte auch heutige deutsche staatliche Statistiken wie die Arbeitslosenstatistiken für stark manipuliert, wie schon die OECD Ende der neunziger Jahre feststellte. Südeuropäische Staaten sind mit ihren Arbeitslosenstatistiken wohl ehrlicher.
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