Die meisten seiner früheren Kollegen sind tot. „Krebs“, sagt Gerald Hempel, der 69 Jahre alt ist und das Sterben um sich herum schon seit Mitte der 90er aufmerksam und zunehmend beunruhigt beobachtet. „Es ist doch nicht normal, dass große, starke Männer mit Mitte 40 oder Anfang 50 im halben Dutzend plötzlich tot sind.“
Im Buna-Kombinat arbeiteten fast zehntausend Menschen unter Bedingungen, die selbst nach DDR-Gesetzen nicht zulässig waren. 9.500 Werktätige arbeiten unter Gesundheitsgefährdungen durch Quecksilber und Chlor“, betont ein Stasi-Bericht aus dem Jahr 1985, der an Erich Mielke persönlich geht.
Jahrelang haben Arbeitshygiene-Abordnungen, Experten der Abteilung Umweltschutz des Rates des Bezirkes und Ministeriumsdelegationen die unhaltbaren Zustände in Protokollen festgehalten. 37 Prozent der Anlagen sind total verschlissen, der Rest ist überwiegend unbrauchbar, heißt es darin. Auch das MfS war vor Ort. Weil die laut Gesetz zulässige Belastung mit Schad- und Giftstoffen „extrem hoch überschritten“ werde, habe die Anlage seit 1977 nur noch mit einer Ausnahmegenehmigung betrieben werden dürfen. Die aber sei zuletzt vom Gesundheitsministerium nicht mehr verlängert worden sei. „Damit wird die Fabrik in einem gesetzwidrigen Zustand weiterbetrieben“, folgern Mielkes Wirtschaftsaufpasser. Die Grenzwerte werden, so Oberstleutnant Erich Reinl von der Stasi-Dienststelle in Buna, „um das 20- bis 30-fache überschritten“.
Auch Strafgefangene müssen hier arbeiten. 1980 stirbt der Strafgefangene Gerd Köckeritz während eines Einsatzes in der Elektrolyse des Chemiekombinates Bitterfeld an Nierenversagen. In Blut und Leber finden sich stark überhöhte Quecksilberwerte. 1981 ist es der Häftling Hartmut Kreutz, der mit 14-fach überhöhten Quecksilberwerten im Blut und fünffachen im Urin ins Uniklinikum Leipzig eingeliefert werden muss.
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