DDR-Bauarbeiter im Westen

Wie entwickelte sich die Wirtschaft der DDR, wie die der Bundesrepublik während der Teilung Deutschlands. Welche Anzeichen gab es für die Entwicklung? Was waren die Ursachen?
Hier der Bereich für alle wirtschaftlichen Themen.

DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon augenzeuge » 11. Januar 2014, 22:26

DDR-Bauarbeiter sind Ende der 80er Jahre im Westen gefragt.

Während die DDR-Bauarbeiter zu ihrem DDR- Stundenlohn von rund sieben DDR-Mark bis zu zwanzig D-Mark pro Tag als Auslösung zusätzlich erhalten - umgerechnet also sagenhafte 2 000 DDR-Mark monatlich, streicht Limex 40 D-Mark je Arbeitsstunde ein. Das macht 300 D-Mark Reingewinn pro Arbeiter täglich. Der West-Auftraggeber dagegen spart bei den Sozialabgaben.

Wer als DDR-Arbeiter für einen Auftrag in den Westen fahren durfte, war unter Beobachtung. Verantwortlich: Stasi-Hauptabteilung XVIII.

Die DDR-Arbeiter sind in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und werden von Stasi-Spitzeln lückenlos überwacht. Die Pässe müssen abgegeben werden, private Telefongespräche sind nur mit Genehmigung möglich, die angerufenen Personen werden protokolliert und der „Kontakt zu Personen, die nicht mit Dienstaufgaben in Verbindung stehen“, heißt es, „ist allen DDR-Bürgern untersagt“.

Unterlagen zum „NSW-Bauexportvorhaben“, die jetzt in der Stasi-Unterlagenbehörde gefunden wurden, zeigen, wie die Staatssicherheit den Ausflug der Bauarbeiter aus dem Bezirk Halle generalstabsmäßig vorbereitet. Nichts soll dem Zufall überlassen bleiben, um den Auftrag zu erfüllen, gleichzeitig aber keine Probleme mit den 87 in den Westen abgeordneten Arbeitern zu bekommen.

Ein Beispiel:
Im letzten Jahr der DDR bauten Arbeiter aus Bernburg und Halle in der Stuttgarter Innenstadt am Treffpunkt Rotebühlplatz. MfS-Männer behielten die Auserwählten stets im Auge. Fast ein Dutzend IM wurden in den Bautrupp eingeschleust.

http://www.mz-web.de/mitteldeutschland/ ... 52220.html

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Re: DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon Volker Zottmann » 11. Januar 2014, 22:41

BMK Chemie aus Halle und Männer vom VEB Industriebau Bernburg waren nicht die Einzigen.
Das Wohnungsbaukombinat Halle, Betriebsteil ASL und QLB stellte auch gesamte Kolonnen zusammen, die stasiüberwacht in Lübeck Einfamilienhäuser des Typs Aschersleben bauten.
Ich kenne einige der Arbeiter, auch einen, der als IM seine Berichte ablieferte. Wir unterhalten uns heute manchmal.
Der Gute war den Kollegen aber bekannt, was sicher nicht so gedacht war. Die sind auch immer alle wieder gekommen. Kein Wunder, denn deren Familien blieben ja hier als….
Und viele hatten bereits selbst gebaut, waren immer im mittleren Alter.
Einer meiner Meisterkollegen war auch nach Lübeck vorgesehen, durfte dann aber nicht, weil ausgerechnet in seinem Wohnhaus mein ehemaliger Nachbar Andreas wohnte, der einen Ausreiseantrag laufen hatte.
Andreas war dann nach ein paar Wartejahren ohne Gefängnis mit Familie in Hamburg angekommen und ist heute noch Verkehrspilot.

Gruß Volker
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Re: DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon SkinnyTrucky » 14. Januar 2014, 14:35

augenzeuge hat geschrieben:Im letzten Jahr der DDR bauten Arbeiter aus Bernburg und Halle in der Stuttgarter Innenstadt am Treffpunkt Rotebühlplatz.


Man stelle sich mal vor, die DDR gäbe es noch....der Stuttgarter Hauptbahnhof wäre um einiges billiger geworden.... [wink]


Mara.... [hallo]
Wenn es heute noch Menschen gibt, die die DDR verklären wollen, kann das nur damit zusammenhängen, dass träumen schöner ist als denken.... (Burkhart Veigel) Bild
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Re: DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon Transitfahrer » 14. Januar 2014, 20:23

Und die Hamburger Elphi wäre dann schon fertig. [bravo] [bravo]
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Re: DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon Edelknabe » 15. Januar 2014, 08:43

Der war gut aus dem Link:

"Die West-Firma Müller-Altvater, die Generalauftragnehmer für das Prestigeobjekt Rotebühl ist, verweist darauf, dass Maurer, Betonbauer und Eisenflechter im Westen nicht zu finden seien."

Mensch nu sag mal Peter(Transitfahrer) mein alter Handwerksfreund, wo waren Die denn zu dem Zeitpunkt alle? Gab es da noch keine Ausländer bei Euch, zumal wenn ich mir heute so diese bunt gemischten Völker-Truppen anschaue? Und dann den Wallraff lese, über die Zeiten vor 89 im Westen!!!! Unvorstellbar sowas, denn deutsche Lehrlingsausbildung war doch schon immer Spitze, auch bei Euch Drüben?

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Re: DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon dein1945 » 16. Januar 2014, 14:41

augenzeuge hat geschrieben:DDR-Bauarbeiter sind Ende der 80er Jahre im Westen gefragt.

Während die DDR-Bauarbeiter zu ihrem DDR- Stundenlohn von rund sieben DDR-Mark bis zu zwanzig D-Mark pro Tag als Auslösung zusätzlich erhalten - umgerechnet also sagenhafte 2 000 DDR-Mark monatlich, streicht Limex 40 D-Mark je Arbeitsstunde ein. Das macht 300 D-Mark Reingewinn pro Arbeiter täglich. Der West-Auftraggeber dagegen spart bei den Sozialabgaben.

Wer als DDR-Arbeiter für einen Auftrag in den Westen fahren durfte, war unter Beobachtung. Verantwortlich: Stasi-Hauptabteilung XVIII.

Die DDR-Arbeiter sind in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und werden von Stasi-Spitzeln lückenlos überwacht. Die Pässe müssen abgegeben werden, private Telefongespräche sind nur mit Genehmigung möglich, die angerufenen Personen werden protokolliert und der „Kontakt zu Personen, die nicht mit Dienstaufgaben in Verbindung stehen“, heißt es, „ist allen DDR-Bürgern untersagt“.

Unterlagen zum „NSW-Bauexportvorhaben“, die jetzt in der Stasi-Unterlagenbehörde gefunden wurden, zeigen, wie die Staatssicherheit den Ausflug der Bauarbeiter aus dem Bezirk Halle generalstabsmäßig vorbereitet. Nichts soll dem Zufall überlassen bleiben, um den Auftrag zu erfüllen, gleichzeitig aber keine Probleme mit den 87 in den Westen abgeordneten Arbeitern zu bekommen.

Ein Beispiel:
Im letzten Jahr der DDR bauten Arbeiter aus Bernburg und Halle in der Stuttgarter Innenstadt am Treffpunkt Rotebühlplatz. MfS-Männer behielten die Auserwählten stets im Auge. Fast ein Dutzend IM wurden in den Bautrupp eingeschleust.

http://www.mz-web.de/mitteldeutschland/ ... 52220.html

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Jörg,

bei der Auslösung melde ich mal zweifel an, Baukombinat Potsdam erhielt 1987 nur 7 DM !

Achim der diese Arbeiter selbst erlebt hat
Man(n) muß wissen wenn Schluß ist !
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Re: DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon andr.k » 16. Januar 2014, 22:58

Hatten wir das nicht schon mal?

Hans-Peter hat geschrieben:von wolle1978 » 16. Juli 2010, 22:36
Inhaltliche Fehler aber schöne Fragen mein lieber Peter.

Seit wann kommen von einem ehem. Angehörigen der meinungsbildenen Zunft lediglich Fragen, ohne gleich die gefällige Antwort mitzuliefern?
Also sag mir wo du stehst [grins] [hallo] [wink]
___________________________________________________________________________________________________________________

Hallo Feliks D., wenn Du als Vernehmer im September 1986 an der Vernehmung von Arbeitern des VEB Sanitäranlagen Neustrelitz beteiligt warst, die im Westen genauer in Lehrte bei Hannover zusammen mit dem VEB Fertighaus Neuruppin im Auftrag der DDR-Außenhandelsgesellschaft Limex für Cewe Bau Celle Reihenhäuser bauten, darunter ein früherer Schulfreund, mit denen ich nicht als ehemaliger Neustrelitzer sondern als noch Freier für die Hannover Allgemeine Zeitung arbeitender Journalist Kontakt hatte. (Tage später wurde ich als Redakteur fest angestellt, aber diese hier erwähnte Arbeit war nicht mehr dafür ausschlaggebend.) Das Thema meiner Recherche war die Arbeit von Bauarbeitern aus dem deutschen Nachbarstaat DDR in der Bundesrepublik Deutschland, die Rolle von Limex und die wirtschaftliche Situation und der wirkliche Status von Cewe-Bau Celle. Ich habe nicht nur mit den DDR-Bauarbeitern zwanglos mehrstündige Gespräche geführt, sondern sogar mit einem Vertreter von Limex in Ostberlin telefoniert, der mich mit Genosse und meinem Nachnamen ansprach und mir sogar Internas und Hintergründe über die Celler Baufirma verriet, bevor man doch auf der anderen Leitungsseite seinen Irtum bemerkte (oder das MfS) und es in der Leitung knackte, obwohl ich mich mit meinem richtigen Nachnamen und Hannoversche Allgemeine Zeitung vorgestellt und unverblümt meine Fragen gestellt hatte und beantwortet bekam. Mag es an der schlechten Leitungsqualität gelegen haben, dass die Genossen von Limex mich ebenfalls für einen Genossen gehalten haben?
Und wenn Du an den Vernehmungen der Mitarbeiter von Sanitäranlagen Neustrelitz, als sie am Wochenende zu Hause in Neustrelitz waren, in Deiner Eigenschaft als Untersuchungsführer der MfS-Bezirksverwaltung Neubrandenburg beteiligt warst, müsstest Du erfahren haben, dass ich sehr gründlich recherchiere, dass in meinen Berichten stets alle Beteiligten gehört wurden und mit der Darstellung ihrer Sicht der Dinge zu Wort kamen. Ich habe auch stets Bericht und Kommentar von einander getrennt. meine Berichte enthielten niemals meine persönliche Meinung, dafür war der Kommentar da, wenn ich einen schreiben wollte. Und falls Du nicht an den damaligen Verhören teilgenommen hast, frage doch mal Deinen Ex-Kollegen Scholli Erber, mit dem ich früher in der 9 und 10. Klasse zur Schule gegangen bin. Noch Fragen Genosse Oberleutnant. Keine. Gestatten Sie, dass ich wegtretete? [flash] [wink] [wut] Hans-Peter



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Re: DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon andr.k » 18. Januar 2014, 22:21

"Eine eigens erstellte Datei ist barrierefrei ⁄ barrierearm Broschüre: Die Stasi in Stuttgart (PDF, 8MB, Datei ist barrierefrei ⁄ barrierearm) gibt anhand vieler MfS-Dokumente einen Überblick. Zum Beispiel über Aktivitäten der Staatssicherheit am Rande der Stuttgarter Großbaustelle "Treffpunkt Rotebühlplatz" im November 1988. Dort wurden damals mehr als 80 "Gastarbeiter" aus "Volkseigenen Betrieben" der DDR beschäftigt. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) überwachte die Arbeiter aus der DDR und deren Gesprächspartner umfassend. Dazu sammelte sie Detailwissen auch von Spitzeln aus dem Kreis der Bauarbeiter."


Link ---> http://www.bstu.bund.de/DE/Bundesbeauft ... tgart.html

PDF ---> http://www.bstu.bund.de/SharedDocs/Down ... cationFile

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Re: DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon andr.k » 18. Januar 2014, 23:05

Der Spiegel 21.11.1983


Wie Bronneputzer

Gegen harte Devisen verleiht die DDR Bauarbeiter in den Westen.

Das Photo im Immobilienteil der "Stuttgarter Zeitung" verspricht ein Stück schwäbische Idylle. Trauerweiden spiegeln sich im Neckar, träge dümpeln ein paar Stocherkähne auf dem Wasser, von rechts grüßen schnuckelige Fachwerkfassaden herab.

"Wetten, daß wir Ihnen morgen Eigentumswohnungen zu Preisen anbieten, die Sie in Tübingen nicht für möglich gehalten hätten?" wirbt die Süba aus Korntal bei Stuttgart für ihr Objekt im Ursrainer Eggert, einem Neubauviertel im Norden der Universitätsstadt.

Ein Besuch der Baustelle läßt den Grund für die günstige Preisgestaltung erahnen. Nicht genug, daß die Bauarbeiter der Offenbacher Firma Apeg abends noch eine Stunde länger werkeln als ihre Kollegen nebenan. Auch Bier und "Bild"-Zeitung, unverzichtbare Hilfsmittel auf bundesdeutschen Baustellen, fehlen auf der Parzelle. Statt dessen stapeln sich im Wagen des Vorarbeiters leere Apfelsaftkartons und das "Neue Deutschland", Zentralorgan der SED.

Seit Anfang Juli erledigen 14 Fachkräfte aus dem Magdeburger Raum im Auftrag der Süba-Subunternehmerin Apeg die Betonarbeiten für den Eigenheimklotz. Ende Januar nächsten Jahres soll der Rohbau fertig sein.

Das volkseigene Team vom Bau, das vor seinem Einsatz auf Herz und Nieren, auf den Familienstand, vor allem aber auf das rechte sozialistische Bewußtsein überprüft wurde, hilft schwäbischen Bauunternehmern, knappe Termine einzuhalten, und, wenn nötig, auch mal die Konkurrenz zu unterbieten.

Etwa 400 Fachkräfte aus dem anderen Teil Deutschlands werken derzeit auf bundesdeutschen Baustellen. Die genaue Zahl kennt niemand, weil die DDR-Gastarbeiter im Gegensatz zu Kollegen aus Nicht-EG-Ländern oder anderen Ostblock-Staaten keine Arbeitserlaubnis benötigen. Auch in Bonn werden die befristeten Engagements ostdeutscher Baukolonnen nicht aktenkundig, weil sie zu denjenigen Dienstleistungen im innerdeutschen Handel gehören, die keiner Genehmigung bedürfen. Solange ihr Einsatz nicht "zu einer erheblichen wirtschaftlichen Schädigung des Bundesgebiets" führt, dürfen die Ost-Kollegen ungehindert im Westen aushelfen.

Sie kommen mit Bussen über die Grenze, etwa ins Zonengrenzstädtchen Friedewald, wo sie die Produktionshalle einer Paneel-Fabrik bauen, oder nach Berlin-Tempelhof, wo Bauhandwerker des Leipziger Kombinats BTV Appartementhäuser renovieren.

Oder aber sie betonieren, wie in Tübingen, fernab der Heimat elf Stunden pro Tag - auch samstags -, wohnen in Gemeinschaftsunterkünften und fahren nach vier Wochen jeweils für eine Woche auf Familienurlaub.

Mehr noch als durch ihren Arbeitsstil unterscheiden sich die DDR-Fachkräfte durch ihre Genügsamkeit von bundesdeutschen Kollegen. "Die meisten unserer Arbeiter würden sich weigern, in Baracken zu wohnen", klagt der Echterdinger Bauunternehmer Werner Eisel. Versuche, arbeitslose Bauarbeiter aus Ostfriesland nach Baden-Württemberg zu verpflichten, bestätigt das Landesarbeitsamt in Stuttgart, scheiterten in der Vergangenheit meist an der mangelnden Mobilität der Norddeutschen.

Hinzu kommt: Während ein westdeutscher Maurer den Bauunternehmer inklusive Steuern und Sozialabgaben über 30 Mark die Stunde kostet, tun's die Ost-Kollegen schon für fünf Mark Stundenlohn plus 25 Westmark Taschengeld pro Tag. Ein bundesdeutscher Maurer dagegen, der in den mittleren Neckarraum gelockt wird, erhält allein 38 Mark Spesen pro Tag. Sozialversicherungsbeiträge entfallen bei den Ostlern ohnehin, weil sie bei ihrem Kombinat beschäftigt bleiben, für den West-Einsatz also quasi nur ausgeliehen werden.

Kein Wunder, daß die Gewerkschaften auf die DDR-Genossen schlecht zu sprechen sind. "Bild am Sonntag" verstieg sich sogar zu der Behauptung: "DDR-Billigarbeiter nehmen uns die Arbeit weg."

Die Stimmungsmache gegen die Kollegen aus dem Osten trifft freilich die Falschen.

Nutznießer des innerdeutschen Lohngefälles sind keineswegs die Leihkräfte aus den DDR-Kombinaten, die sich ihre Mitbringsel vom Tagessatz absparen müssen. Glaubt man westdeutschen Bauunternehmern, verdienen vor allem die DDR-Außenhandelsfunktionäre an der Arbeitskraft ihrer Landsleute.

Als Vertragspartner bei deutsch-deutschen Baugeschäften fungiert die Ost-Berliner Firma Limex. Zusammen mit dem westdeutschen Auftraggeber handelt sie aus, wieviel von der erklecklichen Ost-West-Tarifdifferenz beim West-Bauunternehmen hängenbleibt und was in der notleidenden Devisenkasse der DDR klingelt. Über die Konditionen schweigen beide Seiten eisern. Nur soviel steht fest: Zu Schleuderpreisen ist nichts erhältlich.

"Die spielen ihren Vorteil voll aus", weiß Baukaufmann Eisel aus seinen Erfahrungen mit den DDR-Unterhändlern. Monatelang stellte er den Bürokraten des Ost-Berliner Ministeriums für Bauwesen nach, dann war es soweit.

Weil die Emissäre der Limex jedoch genau wußten, so Eisel, daß Großfirmen wie Bosch oder Daimler-Benz im mittleren Neckarraum "jeden brauchbaren Facharbeiter gierig aufsaugen und umschulen", habe er die Limex-Bedingungen weitgehend akzeptieren müssen.

Bei ihrem Devisen-Poker setzen die Ostdeutschen vor allem auf die Qualität der DDR-Arbeiter, die bei westlichen Bauherren hoch im Kurs stehen. "Die schaffet wie die Bronneputzer", schwärmte etwa der Mössinger Bürgermeister Hans Auer über die DDR-Kolonne, die in seiner Gemeinde einen Schulanbau hochzieht. "So eine saubere Baustelle habe ich noch nie gesehen."

Daß die deutsch-deutsche Zusammenarbeit bei der "Erweiterung der Grund- und Hauptschule Bästenhardt" in Mössingen schließlich doch vorzeitig endete, lag nicht an der mangelnden Leistung der Ost-Kolonne. Im Gegenteil: Die 22 Arbeiter des Bau- und Montagekombinats Ost, Zweigbetrieb Brandenburg, ackern seit Mitte September zur vollen Zufriedenheit des Gemeinderats im 15 000-Seelen-Städtchen am Fuß der Schwäbischen Alb - und dazu billiger als die Konkurrenz: Obwohl der nächstgünstigere Anbieter bei der Ausschreibung zwei Mann weniger einsetzen wollte, unterbot Eisel seinen Konkurrenten um mehr als 20 000 Mark.

Doch der clevere Schwabe hatte eine Klausel im Vertrag übersehen. Ohne ausdrückliche Genehmigung hätte der Echterdinger Bauspezialist kein Subunternehmen einschalten dürfen. Der DDR-Vertragspartner Limex aber fungiert als Unterauftragnehmer.

Die Vertragsfußangel sollte den Einsatz von Leiharbeitern auf der Baustelle verhindern. Weil die Mössinger früher schlechte Erfahrungen mit illegalen Arbeitsvermittlern gemacht haben, wollen sie nun auch im Fall der DDR-Kolonne keine Ausnahme machen.

So ist das schwäbische Gastspiel für die 22 Brandenburger schneller beendet als geplant. Bis Ende November, so hat der Gemeinderat entschieden, müssen die DDR-Arbeiter die Baustelle verlassen haben. Die legen seitdem, "um die strammen Termine zu halten", noch mal einen Zahn zu.

"Wenn ich das geahnt hätte", ärgert sich Eisel über den unnötigen Eklat, "hätte ich die Jungs doch einfach auf einer anderen Baustelle eingesetzt."

Quelle: DER SPIEGEL

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Re: DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon Edelknabe » 19. Januar 2014, 10:24

Köstlich, übertragt das einmal aufs Heute:

"Versuche, arbeitslose Bauarbeiter aus Ostfriesland nach Baden-Württemberg zu verpflichten, bestätigt das Landesarbeitsamt in Stuttgart, scheiterten in der Vergangenheit meist an der mangelnden Mobilität der Norddeutschen."

Ob das da immer noch so wäre?

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Re: DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon Transitfahrer » 19. Januar 2014, 13:52

Edelknabe hat geschrieben:Der war gut aus dem Link:

"Die West-Firma Müller-Altvater, die Generalauftragnehmer für das Prestigeobjekt Rotebühl ist, verweist darauf, dass Maurer, Betonbauer und Eisenflechter im Westen nicht zu finden seien."

Mensch nu sag mal Peter(Transitfahrer) mein alter Handwerksfreund, wo waren Die denn zu dem Zeitpunkt alle? Gab es da noch keine Ausländer bei Euch, zumal wenn ich mir heute so diese bunt gemischten Völker-Truppen anschaue? Und dann den Wallraff lese, über die Zeiten vor 89 im Westen!!!! Unvorstellbar sowas, denn deutsche Lehrlingsausbildung war doch schon immer Spitze, auch bei Euch Drüben?

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Das ist doch ganz einfach. Zu der Zeit wurde auf den Baustellen kaum noch deutsch gesprochen. Besonders die Maurer, Betonbauer, Eisenbieger, Verputzer, Verfuger waren damals schon ausländische Kolonnen. Die deutschen Handwerker waren da schon umgeschult.
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Re: DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon Edelknabe » 20. Januar 2014, 18:51

Nu sag Peter mein Freund siehe dein:

"Die deutschen Handwerker waren da schon umgeschult."

Umgeschult zu was? Und warum eigentlich denn der Bau (in Ost und West)war doch schon immer mit ordentlichen Löhnen gesegnet? Weißt du was ich manchmal denke? Das der Günther Wallraff euer System (so wie es sich auch heute gnadenlos zeigt) schon damals in seinen Büchern (Ganz unten/ Ihr da oben-wir da unten) wunderbar realistisch beschrieben hatte.

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Re: DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon Hellersdorfer » 26. Februar 2014, 16:37

augenzeuge hat geschrieben:DDR-Bauarbeiter sind Ende der 80er Jahre im Westen gefragt.
Die Pässe müssen abgegeben werden, private Telefongespräche sind nur mit Genehmigung möglich, die angerufenen Personen werden protokolliert und der „Kontakt zu Personen, die nicht mit Dienstaufgaben in Verbindung stehen“, heißt es, „ist allen DDR-Bürgern untersagt“.






Die Pässe mussten abgegeben werden? Warum, dass denn? Hatte man Angst die Bauarbeiter würden nachts heimlich wieder zurück in die DDR flüchten?
Bekanntlich waren DDR-Bürger laut Grundgesetz der BRD "Deutsche". Einfach bei der nächsten Polizeidienststelle melden und schon hätte man in Kürze nen Wessipass bekommen, wenn man es wollte.
Vielleicht wollten sie ja auch nur die Freiheit der Bauarbeiter etwas eingrenzen, so wie sich das für nen DDR-Bürger gehörte
Nichts ist unendlich, so sieh das doch ein.

.
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Re: DDR-Bauarbeiter im Westen

Beitragvon Spartacus » 26. Februar 2014, 18:57

Na ja Hellersdorfer, das war halt DDR Logik und Du hast natürlich Recht.
War damals auch erstaunt, wie schnell und unkompliziert ich zum Bundesdeutschen wurde. [flash]

LG

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