Wie schön und einfach doch alles war: Es gab kein Finanzamt, die Steuer wurde von den Kollegen im Gehaltsbüro errechnet und weitergeleitet, man musste keine Steuererklärung abgeben - außer man war Freiberufler oder Selbständiger.
Und auch für die war das Steuersystem übersichtlich: Von jeder Mark behielt der Staat ein Fünftel für sich, so dass vom Honorar nur 80% ausgezahlt wurden.
Wen wundert's, dass Ostalgiker das Steuersystem der DDR schön reden und nicht müde werden, es für die Bundesrepublik als nachahmenswert zu empfehlen, weil es doch fairer und einfacher gewesen sei. War es das wirklich? Ist da tatsächlich was Übernehmenswertes dabei? War das DDR-Steuersystem wirklich ein paradiesischer Zustand, wie Ostalgiker im Nachhinein meinen? Oder hatte es auch seine Grausamkeiten?
Steuereinnahmen unter 5% des Etats
"Steuern sind die auf staatlichen Rechtsnormen beruhenden Abführungen der sozialistischen Produktionsgenossenschaften, der privaten Handwerks- und Gewerbebetriebe und der Bevölkerung an den Staatshaushalt", hieß der Grundsatz der Steuern- und Abgabenordnung. Den Großteil "zur Finanzierung der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe" führten die Volkseigenen Betriebe (VEB) ab, den geringsten Teil die Arbeiter, Angestellten und Gewerbetreibenden. So machen die Steuern nicht mal 5% des Etats aus.
Beispiel: Der DDR-Staatshaushalt 1988 in Höhe von 268,1 Milliarden Mark wies lediglich 11,6 Milliarden Mark Einnahmen an Steuern auf. Dazu kamen auf der Einnahmeseite 8,3 Milliarden Mark an Sozialversicherungsbeiträgen. Beides zusammen deckte nicht einmal zur Hälfte die im Etat ausgewiesenen Preissubventionen in Höhe von 49,8 Milliarden Mark.
Zwei Grundtarife
Die 1970 novellierten DDR-Steuergesetze erfassten zwei Steuertarife.
Für Arbeiter und Angestellte galt der Monatssteuergrundtarif G.
Bei einem Monatslohn von 200,00 bis 299,00 Mark bezahlte man 3,00 Mark Grundbetrag plus 15% auf den Betrag über 200 Mark. Bei einem Einkommen von 260,00 Mark entfielen so 12,00 Mark an Steuern. Bei einem Lohn von 500,00 bis 599,00 Mark fielen 62,00 Mark Grundbetrag plus 30% auf den Betrag über 500,00 Mark an - bei 560,00 Mark Monatslohn also eine steuerliche Belastung von 62,00 + 18,00 = 80,00 Mark.
Wer zwischen 700,00 und 1257,99 Mark verdiente, dessen Steuerlast betrug 126,00 Mark plus 22,5% des Betrages über 700,00 Mark. Bei einem Monatslohn von 900,00 Mark wurden demnach 126,00 + 50,00 = 176,00 Mark Steuern einbehalten. Für Unternehmer, Freiberufler, Gewerbetreibende galt der Einkommensteuer-Grundtarif K. Er ging vom Jahreseinkommen aus.
So kassierte der Staat bei einem Einkommen zwischen 4800,00 und 6000,00 Mark den Grundbetrag von 862,00 Mark plus 35% des Betrages, der über 4800,00 Mark lag. Verdiente ein Freiberufler 5800,00 Euro im Jahr, so betrug seine Steuerlast 862,00 + 350,00 = 1212,00 Mark.
Bei einem Jahreseinkommen von 15.000,00 bis 20.000,00 Mark waren 5356,00 Mark plus 69% auf den die 15.000,00 Mark übersteigenden Betrag fällig. Bei 18.000,00 Mark Jahreseinkommen lag die Steuerlast bei 5356,00 + 2070,00 = 7426,00 Mark.
Steuersätze bis 90 Prozent
Je mehr ein Unternehmer verdiente, umso linearer stiegen die Steuersätze an. Wer beispielsweise auf ein Jahreseinkommen zwischen 40.000,00 und 50.000,00 Mark kam, zahlte 25.200,00 Mark Grundbetrag plus 88% auf die Summe, die über 40.000,00 Mark lag. Bei einem Einkommen von 50.000,00 Mark betrug die Steuerlast 25.200,00 + 8.800,00 = 34.000,00 Mark. Von 50.000,00 verdienten Mark verblieben nur 16.000,00 - paradiesische Zustände sind etwas anderes. Aber es ging ja noch höher.
Wer ein Jahreseinkommen zwischen 400.000,00 und 500.000,00 Mark erzielte, war steuerlich mit 352.000,00 Mark plus 98% auf die Summe über 400.000,00 Mark dabei.
Und wer über 500.000,00 Mark Jahreseinkommen hatte, gab 90% davon an den Staat ab.
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pentium