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Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 17. Mai 2017, 10:43
von Interessierter
Einleitend - zum besseren Verständnis - einige m. E. notwendige Bemerkungen:

„Demokratie" („Volksherrschaft") - in der Menschheitsgeschichte bis zum heutigen Tage oftmals nur leere Worthülse und im wahrsten Sinne des Wortes nie oder kaum wirklich realisiert. Laut Duden auch „Prinzip der freien und gleichberechtigten Willensbildung und Mitbestimmung in gesellschaftlichen Gruppen". Dehnbar und unterschiedlich ausleg- bzw. anwendbar.

„Ökonomie" dagegen - ein hartnäckig Ding und außerordentlich konkret. Hier sind echte Ergebnisse gefragt und erforderlich! Und wer sie nicht im jeweils erforderlichen Maße erbringt, ist - sozusagen - zum Untergang verurteilt. Oder auch: Wer mogelt, hat schon verloren.

Meiner Meinung nach - in Diskussionen mal erfolgreich, mal weniger erfolgreich verteidigt - ist die DDR vorwiegend an erheblichen ökonomischen Defiziten gescheitert. An demokratischen Defiziten allein oder vordergründig kann es nicht gelegen haben Denn worin besteht heute unter inzwischen wieder kapitalistischen Verhältnissen eine wirklich demokratische Mitwirkung breiter Kreise der Bevölkerung?

Eine der Hauptursachen für den Untergang der DDR ist m. E. ihre verfehlte Wirtschaftspolitik (westliche Einflüsse und Doktrinen, wie z. B. die verhängnisvolle Embargopolitik einmal außen vor gelassen)

Vielfältig waren die objektiven und subjektiven Faktoren des wirtschaftlichen Fiaskos, mit denen sich schon viele kompetente wie auch weniger kompetente Autoren in den letzten Jahren erfolgreich oder auch weniger erfolgreich beschäftigt haben. Ich möchte mich damit „hier und heute" nicht befassen, sondern vielmehr eine dazu passende Episode aus meiner damaligen beruflichen Tätigkeit schildern.

Als Mitarbeiter der Industriegewerkschaft (IG) Transport- und Nachrichtenwesen war ich über einen längeren Zeitraum damit betraut, die Ergebnisse der jährlich stattfindenden Plandiskussion statistisch zu erfassen und die inhaltlichen Probleme komprimiert aufzuarbeiten.

Gepaart mit eigenen Erfahrungen aus zahllosen gewerkschaftlichen Mitgliederversammlungen, insbesondere in Eisenbahnerdienststellen, ergab sich dabei ein - zugegebenermaßen - eigenartiges Bild. Ausdruck der Mitbestimmung und Form demokratischer Mitwirkung der Werktätigen der DDR an der Ausarbeitung der heute ach so verschrieenen Volkswirtschaftspläne war bzw. sollte die Plandiskussion sein. Dazu fanden Tausende und Abertausende Diskussionsrunden statt (um nicht Talkshows zu sagen), in deren Ergebnis u. a. eine Vielzahl von so genannten „Vorschlägen, Hinweisen und Kritiken" in der jeweiligen Zentrale der Gewerkschaften und Industriegewerkschaften zusammengetragen wurden. Je mehr es waren und ihre Anzahl von Jahr zu Jahr eine steigende Tendenz aufwies, um so „toller" war die Stimmung in den verantwortlichen Sekretariaten der Gewerkschaftsleitungen. Ohne Zweifel war es eine große demokratische Volksaussprache zum Planentwurf, die auch statistisch erfasst wurde. Es waren schon „stolze Ergebnisse". Und dann erst die Zusammenfassung der wesentlichsten inhaltlichen Probleme. Viel, sehr viel Papier wurde produziert Aufwand und Ergebnis standen aber oftmals nicht im Verhältnis zueinander Das Kurioseste dabei war u. a. , dass viele gleiche Mängel in allen Bereichen des Transport- und Nachrichtenwesens über Jahre hinaus eine Rolle spielten, ohne dass eine Besserung eingetreten wäre. Denn - wie eingangs schon gesagt - die Defizite der DDR-Wirtschaft waren so groß, dass man von dem berühmt-berüchtigten zu kurzen Hemdchen sprechen konnte.

Demokratische Mitwirkung auf diesem Gebiet hatte, letztlich objektiv bedingt, wenig Bedeutung für sichtbare positive Veränderungen und konnte es auch nicht haben.

So passierte Folgendes: Die Probleme des Transport- und Nachrichtenwesens wurden im Sekretariat der Gewerkschaftsleitung der IG auf 8 bis 10 Seiten zusammen getragen. Die Minister (für Verkehrswesen und für Post- und Fernmeldewesen) bekamen dann komprimiert die jeweiligen wesentlichen Dinge auf ihren Tisch.

Desgleichen der Bundesvorstand (BV) des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB). Die Minister und der BV des FDGB fassten wiederum die Aussagen, nochmals in „gekürzter Fassung" versteht sich, für den Ministerrat der DDR zusammen.

In der „Stellungnahme des BV des FDGB" zum Planentwurf blieben dann nur ausgewählte Kernaussagen der jeweiligen Industriegewerkschaft bzw. anderer Gewerkschaften übrig.

Aus dem Bereich Transport- und Nachrichtenwesen z. B. sinngemäß der wunderschön klingende Satz „Der Minister für Verkehrswesen wird gebeten, über den VEB Chemiehandel darauf Einfluss zu nehmen, dass sich die Qualität der Arbeitsschutzschuhe für Eisenbahner verbessert". Im darauffolgenden Jahr hieß es dann „Der Minister... wird erneut gebeten... " usw. usf. Es wurde fast schon zu einer Groteske.

Die Qualität der Arbeitsschutzschuhe für Eisenbahner, insbesondere für die Rangierer auf den Bahnhöfen (nach 3 Tagen im Schneematsch z. B. lösten sich die Sohlen) verbesserte sich über Jahre hinaus nicht bzw. nicht in erforderlichem Maße.


Ähnlich bzw. noch krasser verhielt es sich mit kritischen Äußerungen der Werktätigen zur Ersatzteilfrage für Kraftfahrzeuge. Ein kaum zu bewältigendes Problem für die Kfz-Reparaturwerkstätten. Es wurde geredet, diskutiert und aufgeschrieben, aber die Lage wurde immer prekärer. Es fehlte einfach die entsprechende ökonomische Basis für die Lösung der Probleme. Selbst die einfachste Schraube musste manches Mal auf veralteten Drehmaschinen selbst angefertigt werden. Die Anmeldeliste und damit die Wartezeiten für Hauptuntersuchungen von Pkw in den Kfz-Werkstätten stiegen so z. B. von Jahr zu Jahr ins Uferlose.

Das alles und viele, viele andere Mangelerscheinungen brachten das „arbeitende Volk" mehr „auf die Palme" als fehlende Freiheit und Mangel an Demokratie. Das waren lupenreine Fragen einer desolaten Volkswirtschaft.

Die große demokratische Aktion der Plandiskussion verfehlte so ihre Wirkung letzt-ndlich auf Grund des Unvermögens der Wirtschaft bzw. der wirtschaftsleitenden Organe, die Ursachen der sich ständig wiederholenden vielen Mängel und Missstände in der täglichen Arbeit wirksam zu beseitigen. So wuchs auch jährlich der Unmut der Werktätigen über dieses Unvermögen.

Relativierend soll allerdings noch hinzugefügt werden, dass die Plandiskussion natürlich nicht unnütz war. Viele kleinere Probleme, Engpässe und Unzulänglichkeiten konnten auch beseitigt werden, nicht zuletzt durch manch hartnäckige Einflussnahme der jeweils zuständigen Gewerkschaftsleitungen. Aber die großen Probleme blieben eben meist ungelöst.

Die Realisierung des „Neuen Ökonomischen Systems der Planung und Leitung" Anfang der sechziger Jahre mit dem „Gewinn" als wichtigster (zentraler) Kategorie wäre eine Möglichkeit erfolgreichen Wirtschaftens in der Deutschen Demokratischen Republik gewesen.

Die Selbstbeweihräucherung eines Günter Mittag mit imaginären Planerfüllungszahlen nach mehrmals im Jahr erfolgten Plankorrekturen nach unten in der Niedergangsphase der DDR war es gewiss nicht.

http://www.spurensicherung.org/texte/Ba ... pe.htm#top

Wenn man sich vor Augen führt, dass es vom Anfang bis zum Ende der DDR so lief, dann muss man das nicht mehr kommentieren.
Es ist einfach nur der Ausdruck einer untauglichen Planwirtschaft und ebenso untauglicher SED - Genossen.

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 17. Mai 2017, 12:21
von andr.k
Interessierter hat geschrieben:dann muss man das nicht mehr kommentieren.


Respekt! Nach 27 Jahren ... [flash]

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 17. Mai 2017, 12:59
von andr.k
Interessierter hat geschrieben:Die Anmeldeliste und damit die Wartezeiten für Hauptuntersuchungen von Pkw in den Kfz-Werkstätten stiegen so z. B. von Jahr zu Jahr ins Uferlose.


Die "Anmeldeliste für Hauptuntersuchungen" von Pkws ist schon eine tolle Erfindung … vom Schreiber des Artikels. [flash]

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 18. Mai 2017, 17:22
von Transitfahrer
@ andr.k

Probleme mit den Händen oder Augen?

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 18. Mai 2017, 17:36
von andr.k
Transitfahrer hat geschrieben:@ andr.k

Probleme mit den Händen oder Augen?


Ein Witz wird nicht besser, je häufiger man ihn wiederholt. [hallo]

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 18. Mai 2017, 18:34
von Volker Zottmann
Ich stelle mir ein Forum so vor, dass jemand der es genauer weiß, dem der weniger Durchblick hat, die Sache erklärt.
Erstmal sei festgestellt, dass allenfalls der Artikel, welchen Wilfried einstellte, einen Fehler enthielt.

Ich hätte das so erklärt:
In der DDR gab es die sogenannten Hauptuntersuchungen an PKW nicht. Es gab aber die heute auch üblichen Jahres-oder/und Garantiedurchsichten. Diese wurden in der Fachwerkstatt nach üblicher normaler Anmeldung durchgeführt. Also anrufen oder vorsprechen und wenig später gab es einen Termin.
Wurden dann Mängel festgestellt, konnte es aber lange dauern. Konnte!
Es vergingen teilweise Monate, bis eine passende Zylinderkopfdichtung bereitstand.

Mit solcher Info, die damalige DDR betreffend kann jeder Westdeutsche etwas anfangen. Hat nun auch genaue Kenntnis , wie es damals diesbezüglich ablief.

Die hier ablaufende Anmacherei ist keineswegs unserem Forum förderlich.

Gruß Volker

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 18. Mai 2017, 19:12
von HPA
Es nannte sich Technische Überprüfung. Dafür gabs die Plakette mit dem DDR Emblem.

Waren erst Prägeplaketten und später schnöde Aufkleber.

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 18. Mai 2017, 20:59
von augenzeuge
HPA hat geschrieben:Es nannte sich Technische Überprüfung. Dafür gabs die Plakette mit dem DDR Emblem.

Waren erst Prägeplaketten und später schnöde Aufkleber.


Bild
Bild

AZ

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 06:29
von Harsberg
Ab 1963 bekamen die hinteren Fahrzeugkennzeichen eine erhabene Prägung mit zwei Löchern. An diesen wurden Prüfsiegel aus Kunststoff, in unterschiedlichen Farben - je nach Zeitraum, befestigt. Diese Plaketten hatten eine Stärke von ca. 3 mm und einen Durchmesser von ca. 20 mm. Die Oberflächen waren erhaben geprägt. Als Symbol wurde das Staatswappen der DDR abgebildet.
Ab 1980 gab es diese Prüfsiegel ausschließlich nur noch als Aufkleber. Entsprechend erhielten die neueren Fahrzeugkennzeichen eine vertiefte Prägung zur Pass- und schutzgerechten Aufnahme der Prüfsiegel.

Die Prüfsiegel kamen, wie eine TÜV-Plakette, ausschließlich auf das hintere Fahrzeugkennzeichen. Sie wurden vergeben, wenn ein Auto die technische Überprüfung in einschlägigen Kfz-Reparaturbetrieben bestanden hatte. Berechtigte zur Überprüfung waren u.a. im § 12 der StVZO festgelegt. Die Überprüfung wurde mit dem Prüfsiegel, im Sprachgebrauch auch häufig "Prägemarke" genannt, dokumentiert.

Rechtsgrundlage

Technische Überprüfungen (§ 12 der StVZO der DDR)
(1) Alle zulassungspflichtigen Fahrzeuge sind durch die Fahrzeughalter periodisch technisch überprüfen zu lassen.
(2) Die technische Überprüfung wird von Angehörigen der Deutschen Volkspolizei oder dazu ermächtigten Personen durchgeführt, im Zulassungsschein eingetragen und auf der hinteren Kennzeichentafel am Fahrzeug kenntlich gemacht, wenn:
a) die Verkehrs- und Betriebssicherheit und die ordnungsgemäße Ausrüstung des Fahrzeugs festgestellt wurde,
b) die Eintragungen im Zulassungsschein und Fahrzeugbrief den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen und
c) der Nachweis über die Entrichtung der Kraftfahrzeugsteuer und des Beitrages zur Kraftfahr-Haftpflicht-Versicherung in der festgesetzten Höhe erbracht wurde.
(3) Die Zeiträume für die technischen Überprüfungen werden durch die Deutsche Volkspolizei bekanntgemacht.

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 07:14
von Merkur
Volker Zottmann hat geschrieben:Ich stelle mir ein Forum so vor, dass jemand der es genauer weiß, dem der weniger Durchblick hat, die Sache erklärt.
Gruß Volker


Na das tun doch der Interessierte, HPA und Kumpel ohne Unterlass. [flash]

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 07:39
von Kumpel
Also für meine Person nehme ich nicht in Anspruch jemanden etwas erklären zu wollen.
Ich sage hier lediglich meine Meinung.Die Erklärer und Umdeuter sind ganz andere.

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 07:46
von augenzeuge
Ich freu mich jedenfalls über jeden, der nicht nur den Durchblick hat, sondern diesen auch ehrlich vermitteln kann. [wink]

Dazu gehört auch, auf Nachfragen zu reagieren.

AZ

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 11:04
von Volker Zottmann
Merkur hat geschrieben:
Volker Zottmann hat geschrieben:Ich stelle mir ein Forum so vor, dass jemand der es genauer weiß, dem der weniger Durchblick hat, die Sache erklärt.
Gruß Volker


Na das tun doch der Interessierte, HPA und Kumpel ohne Unterlass. [flash]



Wer auf meinen Beitrag so weiter frotzelt, hat nichts außer Unruhe stiften im Nüschel.

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 12:49
von Beethoven
Interessierter hat geschrieben:Eine der Hauptursachen für den Untergang der DDR ist m. E. ihre verfehlte Wirtschaftspolitik (westliche Einflüsse und Doktrinen, wie z. B. die verhängnisvolle Embargopolitik einmal außen vor gelassen)


Diesen Satz kann wohl jeder ehemalige Bürger der DDR unterschreiben.
Allerings würde ich das Wort "Eine", gegen das Wort "Die" ersetzen und dann natürlich Hauptursache als Einzahlwort.

Das es noch andere Ursachen gab ist unbestritten. Aber alles, wirklich alles, hängt von der Wirtschaft ab und da haben sich Herr Mittag und Schürer nicht mit Ruhm bekleckert, sondern die Karre gegen den Baum gefahren.

Trennung

Pkw-Reparaturen waren schon ein Nerven aufreibendes Ding in der DDR. In Strausberg gab es einen einzigen Laden, wo man Ersatzteile kaufen konnte. Und was nicht da war, wurde bestellt. Das konnte schon mal ein paar Wochen dauern. Am Ende fuhr der Trabi wieder. Zur Not konnte man ja den Motor auf dem Küchentisch reparieren [wink]

Schönes Erlebnis. Meine Familie und ich waren auf dem Weg nach Waren an der Müritz. Der vor uns fahrende Lkw schmiß uns einen Stein ins Fenster. Zum Glück war es Sommer und so freuten sich Kinder, dass es luftig im Trabi zuging.
Familie abgesetzt, zum örtlichen Händler und zwei Stunden später war ich zurück, mit neuer Frontscheibe. Hat mich so um die 120 Mark der DDR gekostet, wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe. Ist ja auch nur eine schmale Scheibe gewesen, fast nur ein Sehschlitz. [shocked]

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 12:49
von andr.k
Volker Zottmann hat geschrieben:Wer auf meinen Beitrag so weiter frotzelt, hat nichts außer Unruhe stiften im Nüschel.


Volker Zottmann hat geschrieben:Die hier ablaufende Anmacherei ist keineswegs unserem Forum förderlich.

Gruß Volker


Dann hättest Du Dir aber den ersten Satz sparen können, oder? [hallo]

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 12:52
von Merkur
Volker Zottmann hat geschrieben:Wer auf meinen Beitrag so weiter frotzelt, hat nichts außer Unruhe stiften im Nüschel.


Achtung Ironie: Der Nosti hat mich gebeten, ihn würdig zu vertreten. [wink]

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 12:56
von Kumpel
Beethoven hat geschrieben:
Interessierter hat geschrieben:Eine der Hauptursachen für den Untergang der DDR ist m. E. ihre verfehlte Wirtschaftspolitik (westliche Einflüsse und Doktrinen, wie z. B. die verhängnisvolle Embargopolitik einmal außen vor gelassen)


Allerings würde ich das Wort "Eine", gegen das Wort "Die" ersetzen und dann natürlich Hauptursache als Einzahlwort.


Das möchten die ehemaligen Protagonisten der DDR heute gerne so darstellen. Die Realität war eine andere.Den Anstoß dafür dass die Menschen ihre lähmende Angst vor Stasi und Staat verloren war
nicht das Fehlen von Bananen und Trabiauspuff.
Aber das werden manche nie begreifen.

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 13:04
von Merkur
Kumpel hat geschrieben:Die Realität war eine andere.Den Anstoß dafür dass die Menschen ihre lähmende Angst vor Stasi und Staat verloren war


Die Masse der DDR-Bevölkerung hatte kaum etwas mit der Stasi zu tun. Ich persönlich kannte keinen, den die Stasi-Angst lähmte.

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 13:04
von andr.k
Kumpel hat geschrieben:Das möchten die ehemaligen Protagonisten der DDR heute gerne so darstellen. Die Realität war eine andere.Den Anstoß dafür dass die Menschen ihre lähmende Angst vor Stasi und Staat verloren war
nicht das Fehlen von Bananen und Trabiauspuff.
Aber das werden manche nie begreifen.



Endlich sind wir wieder bei der Stasi angekommen ...
Das wäre doch mal was für Dich @Kumpel, "Protagonisten der DDR" --> http://urlm.de/www.ddr-protagonisten.de

[flash]

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 13:10
von Kumpel
andr.k hat geschrieben:
Endlich sind wir wieder bei der Stasi angekommen ...


Tja was willste machen. Ohne Stasi und Mauer hätte es die DDR nicht 40 lange Jahre gegeben. [hallo]

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 13:12
von augenzeuge
Beethoven hat geschrieben:da haben sich Herr Mittag und Schürer nicht mit Ruhm bekleckert, sondern die Karre gegen den Baum gefahren.


Du glaubst wirklich, dass die Beiden die Hauptschuld tragen? [flash]

Oder anders, denkst du wirklich, es hat je die Möglichkeit gegeben, die DDR so wirtschaftlich stark zu machen, dass jeder Bürger hätte frei reisen können?

Ich sag dir, von Anfang an war klar, dass das nie funktionieren würde. Nicht mal, wenn ganz MecPom aus Ölfeldern bestanden hätte.

AZ

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 13:37
von Sirius
Kumpel hat geschrieben:
Das möchten die ehemaligen Protagonisten der DDR heute gerne so darstellen. Die Realität war eine andere.Den Anstoß dafür dass die Menschen ihre lähmende Angst vor Stasi und Staat verloren war
nicht das Fehlen von Bananen und Trabiauspuff.
Aber das werden manche nie begreifen.


Werbefernsehen, Bananen, Autos:

https://youtu.be/5EmLQD9EXuc?t=36s

Aber jetzt im Ernst: Ich schrieb schon früher, das ich das genauso sehe wie Karnak ("Fleischtöpfe"), Beethoven & Co.: Das die wirtschaftliche Lage der entscheidende Faktor für den Aufstieg und Fall von Regierungen, Staaten und Systemen ist. Man denke an die große Depression in den dreißiger Jahren mit Massenarbeitslosigkeit und dem Verlust der Ersparnisse in der Hyperinflation 10 Jahre zuvor, die entscheidend zum Untergang der Weimarer Republik beitrugen - auch zu erkennen an den Wahlrergebnissen von 1928 bis 1932. Mein Gemeinschaftskundelehrer meinte immer, die Bevölkerung hätte damals keine "demokratische Gesinnung" gehabt und dies sei entscheidend gewesen. Ich sehe das bis heute anders. Schauen wir in andere Staaten wie Kuwait - der Bevölkerung geht es weltweit verglichen sehr gut. Obwohl dort eine Quasi-Diktatur herrscht, gibt es keine Unruhen oder Unzufriedenheit wie in den vom arabischen Frühling betroffenen Staaten.

Um auf das Video zurückzukommen, bei einem Teil der Ausreisenden, insbesondere Flüchtlingen mag tatsächlich politische Unzufriedenheit und Repression der Hauptgrund für die Ausreise/Flucht gewesen sein. Wenn ich aber in den letzten Jahren in den Foren von Fällen wie z.B. einem Zahnarzt lese, der einen Ausreiseantrag gestellt hatte, vermute ich in vielen solcher Fälle eher wirtschaftliche Gründe - auch wenn ich es nicht beweisen kann. War doch auch den Zahnärzten in der DDR bewusst, welche hohen Einkommen und welch hohen Lebensstandard Zahnärzte im Westen hatten. Mag sein, dass bei solchen Berufsgruppen in Ausnahmefällen auch politische Gründe ein Grund waren. Aber in der Mehrzahl der Berufsgruppen, die im Westen weit überdurchschnittlich verdienten, muss man immer ein wirtschaftliches Motiv für die Ausreise vermuten. Das ist heute nicht anders. Wer glaubt denn ernsthaft, dass die Asylbewerber alle politisch Verfolgte sind? In vielleicht 10 bis 20 % der Fälle sind politische Motive der Hauptgrund, wie auch die hohen Ablehnungsquoten der letzten 20 Jahre gezeigt hatten. Wer nach der Grenzöffnung von Merkel im September 2015 in Beirut seinen Arbeitsplatz kündigte bzw. seinen Laden und seine Wohnung verkauft hatte, ein Jahr später wieder zu einer Hochzeit in den Libanon reist, zu der er eingeladen wurde, kam sicher nicht aus politischen Motiven.

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 13:37
von HPA
Sieht man ja aktuell in Venezuela

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 13:50
von Kumpel
Sirius hat geschrieben:Aber jetzt im Ernst: Ich schrieb schon früher, das ich das genauso sehe wie Karnak ("Fleischtöpfe"), Beethoven & Co.


Es gab nicht den einen Grund für das Scheitern der DDR. Dieses Scheitern lediglich auf die "Fleischtöpfe" zu verweisen geht völlig fehl und ist lediglich als Versuch
zu werten von der Ideologie dem eigentlichen Erzeuger dieser vielfältigen Gründe abzulenken.
Man beachte die Entstehung dieser DDR und die damit einher gehenden Unterdrückungen. Zu dem hatte dieses System im Gegensatz zur Bundesrepublik nie eine Mehrheit in der Bevölkerung
und konnte nur durch die Stützung durch die Sowjetunion und eine permanente Repression nach innen überleben.
Sobald diese Stützung weg fiel und die Repression ihre Wirkung verlor war es aus mit diesem System.

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 14:14
von Sirius
Kumpel hat geschrieben:
Sirius hat geschrieben:Aber jetzt im Ernst: Ich schrieb schon früher, das ich das genauso sehe wie Karnak ("Fleischtöpfe"), Beethoven & Co.


Es gab nicht den einen Grund für das Scheitern der DDR. Dieses Scheitern lediglich auf die "Fleischtöpfe" zu verweisen geht völlig fehl und ist lediglich als Versuch
zu werten von der Ideologie dem eigentlichen Erzeuger dieser vielfältigen Gründe abzulenken.
Man beachte die Entstehung dieser DDR und die damit einher gehenden Unterdrückungen. Zu dem hatte dieses System im Gegensatz zur Bundesrepublik nie eine Mehrheit in der Bevölkerung
und konnte nur durch die Stützung durch die Sowjetunion und eine permanente Repression nach innen überleben.
Sobald diese Stützung weg fiel und die Repression ihre Wirkung verlor war es aus mit diesem System.


Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass ich "entscheidender Faktor" schrieb, nicht alleiniger Faktor.

Zum blau Markierten: Ja, das System hatte keine Mehrheit in der Bevölkerung, wie die Wahlen am 18.03.1990 gezeigt hatten. Die Frage ist aber warum? Mangelwirtschaft, verfallende Innenstädte oder weil es keine politische Freiheit gab? Welche Faktoren waren da wichtig, welche weniger wichtig? Wie will man das nachträglich feststellen? Jeder hat da andere Vermutungen!

Ich stimme Dir ja zu, dass einige DDR-Anhänger mit dem Verweis auf die Wirtschaft von der Ideologie als Ursache ablenken wollen, aber das ist bei mir nicht der Grund.

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 14:47
von Wosch
Die Hauptursache dafür das die DDR unterging war doch letztendlich darin zu begründen daß die große Mehrheit der Bevölkerung die Schnauze voll hatte von ihrer DDR mit ihren Polit-Verbrechern an der Spitze und den SED-und Stasi-Kreisleitungen auf "Augenhöhe". Der Zeitpunkt des Geschehens war ganz alleine den politischen Veränderungen in der Sowjetunion geschuldet und hatte am wenigsten mit.der beschissenen Wirtschaft zu tun, wobei eine positive Veränderung dieser natürlich gerne in Kauf genommen wurde. Der Ruf nach Freien Wahlen war nie verstummt und die Sehnsucht nach einem freien und selbstbestimmten Leben ebenfalls nicht.Daß die ehemaligen DDR-Protagonisten dem "doofen" Volk klarmachen möchten, es lag nicht an Ihnen, sondern an fehlenden Alltagsdingen, ist doch nur der Verklärung ihrer eigenen Vergangenheit zu zuschreiben.
Leere Läden aber volle Zuchthäuser, von Völkerfreundschaft labern aber das Volk einsperren und an der Grenze zum Morden anstiften.

Wosch.

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 15:23
von augenzeuge
Wosch hat geschrieben:Der Zeitpunkt des Geschehens war ganz alleine den politischen Veränderungen in der Sowjetunion geschuldet und hatte am wenigsten mit.der beschissenen Wirtschaft zu tun...

Wosch.


Da stimme ich dir zu. An die schlechte Wirtschaft war man lange gewöhnt. Und so schlimm war sie 1989 nicht, dass dem Volk die Luft abgeschnürt wurde.
Wesentlichster Auslöser war die Erkenntnis "Der Russe greift nicht mehr ein"! Das sah man am Abbau des Stacheldrahtes in Ungarn, an der Kommunikation zwischen SED und KPdSU, als auch an Gorbis Statements. An erster Stelle setzte die Jugend neue Maßstäbe im Umgang mit dem alten Politbüro, welches den Bedürfnissen der Zeit nicht mehr gerecht werden konnte. Und dann erkannte der Rest, welche Chance sich hier bot....

AZ

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 15:37
von Sirius
augenzeuge hat geschrieben:
Wosch hat geschrieben:Der Zeitpunkt des Geschehens war ganz alleine den politischen Veränderungen in der Sowjetunion geschuldet und hatte am wenigsten mit.der beschissenen Wirtschaft zu tun...

Wosch.


Da stimme ich dir zu. An die schlechte Wirtschaft war man lange gewöhnt. Und so schlimm war sie 1989 nicht, dass dem Volk die Luft abgeschnürt wurde.
Wesentlichster Auslöser war die Erkenntnis "Der Russe greift nicht mehr ein"! Das sah man am Abbau des Stacheldrahtes in Ungarn, an der Kommunikation zwischen SED und KPdSU, als auch an Gorbis Statements. An erster Stelle setzte die Jugend neue Maßstäbe im Umgang mit dem alten Politbüro, welches den Bedürfnissen der Zeit nicht mehr gerecht werden konnte. Und dann erkannte der Rest, welche Chance sich hier bot....

AZ


rot: Ach ja? Diese Transparente "Kommt die DM nicht zu uns, kommen wir zu ihr" gab es also nicht, war also nur irgendeine Halluzination? Wieso hat die Birne dann blühende Landschaften versprochen, wenn im Prinzip alles in Ordnung war?

blau: Das man an etwas lange gewöhnt ist, heißt noch lange nicht, dass man damit zufrieden ist. An fehlende freie Wahlen, Meinungs- und Reisefreiheit war man im Übrigen auch lange gewöhnt, ist also kein Argument.

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 15:45
von augenzeuge
Ich glaube, du hast mich falsch verstanden, oder zu viel Positives aus dem Beitrag interpretiert. [flash] Bitte lies ihn so, wie ich geschrieben habe.

Außerdem machst du einen Fehler. Du vergleichst die Dinge zu unterschiedlichen Zeiten. Ich spreche von der Zeit bis Mitte 11/89. Du aber schon von 1990.

Das man an etwas lange gewöhnt ist, heißt noch lange nicht, dass man damit zufrieden ist.

Dem stimme ich zu 100% zu.

AZ

Re: Mythos und Realität der jährlichen Plandiskussion

BeitragVerfasst: 19. Mai 2017, 15:53
von Kumpel
Mit der miesen wirtschaftlichen Lage hatte man sich doch im großen ganzen arrangiert. Viele klauten in den VEBs was sie kriegen konnten und der Mangel erschloss manch einem
ganz großartige Verdienstmöglichkeiten. Von der Schwarzarbeit und Gipsmaskenproduktion bis zur Gurkenzucht und dem Drechseln der geschmacklosesten Gegenstände.
Alles wurde den Anbietern aus den Händen gerissen.