von Edelknabe » 16. Dezember 2024, 12:29
Gerade festgestellt, in dem ganzen kritischem Durcheinander nach dem ersten Teil hatte ich ja Nummer Zwei völlig vergessen. also hier der ist Rest.
Es kam der Tag, da kam Rudi früh nicht, nicht später, nicht Mittag, überhaupt nicht. Mein Chef Harald gab mir die Adresse, es lag auf meinem Weg und so fuhr ich nach der Arbeit vorbei. Wieder eine Episode aus meinem vorherigen VEB- Betrieb. Langschläfer, die früh nicht aus dem Bett kamen wurden in der DDR geholt, auf Arbeit geholt! Müller, Meier, Schulze bekamen den Auftrag und sofern Derjenige nicht sehr weit weg wohnte standen sie bei ihm auf der Matte und er musste mit! So einfach war das, dieser Paragraph für die „ Arbeitsscheuen“ war für die Harten Fälle. Man nannte das auch „ Hilfe zur Selbsthilfe“. Und meistens half es. Ich nenne es eine gute erzieherische Maßnahme so leicht an der individuellen Freiheit vorbei. Was bringt mir die individuelle Freiheit, wenn ich durch mein eigenes Versagen arbeitslos werde, rausgeworfen werde, also wurde sie mal kurz ignoriert, die persönliche Freiheit, dieser Kaugummi mit Fruchtgeschmack. Natürlich wurde man in der DDR nicht vor das Werkstor gesetzt wie im Westen, es wurden Aussprachen geführt mit der Gewerkschaftsleitung, dem Meister, der Parteileitung……Bis die Sache fruchtete oder kleine Erfolgesblüten zeigte oder eine Alternative gefunden wurde. Bei Totalverweigerung gab es ja noch den Paragraphen, das Arbeitshaus und einige Sachen mehr.
Zu Rudi zurück, in dem Neubaugebiet im Leipziger Westen öffnete eine nicht mehr ganz so junge Frau , Rudi war damals so Mitte 40, sie war wohl etwas älter.
Rudi, nein, der war schon drei Wochen nicht mehr hier, von einer anderen Frau war die Rede. Meine Frage nach der Adresse, sie nannte mir die Kneipe, wo er zu finden war.
Da klingelte es noch nicht bei mir, das Rudi ein Freund der Frauen war. Sie liebten ihn, er liebte sie, konnte reden wie ein Buch, war ein Charmeur und er hatte die gewisse Lebenserfahrung und keine feste Adresse.
Post von der Behörde so wie bei Monika in der schönen Westgeschichte, die kam wohl nie bei ihm an, die Wahlen und noch vieles Andere mehr konnte ihm gestohlen bleiben. Rudi war ein freier Mann, verpflichtet nur sich selbst, einem kleinen Unterhaltsanspruch, den die Chefin für ihn regelte und der da oben konnte ihn auch. Er blieb immer so lange als Logiergast bei seinen Frauen, bis der mit dem Hausbuch auftauchte zwecks eintragen. Da war Rudi weg. Meistens fuhr ich seine Umzüge, sein Habe, acht Beutel und ein alter Koffer passten in den Trabbikofferraum. Einige Wohnungen sah ich, darauf konnte der entwickelte sozialistische Staat wahrlich nicht besonders stolz sein. Aber schlampige Menschen mit dem Hang zur Unordnung hatten Ost und West und haben sie auch heute noch. Jedes Mal litt ich mehr wie er, wenn ich die verweinten Augen von Erika, Petra, Helga, Doris und Angelika sah. Ich war der Seelentröster an der Wohnungstür, da war Rudi schon mit dem packen des Kofferraum beschäftigt
Seine Gastspiele auf Arbeit wurden selten und seltener aber Harald brauchte jeden Mann und biß in den sauren Apfel, Arbeitskräfte in der Privatwirtschaft wurden mit Gold aufgewogen, auch die, die wenig anwesend waren und so behielt er ihn.
Nur Rudi hatte permanenten Geldbedarf durch die Frauen, die wenigen Gastspiele und das viele Bier, die Zigaretten und den Schnaps, mein Chef kannte das Wort „ Vorschuss“ nicht und so kam er zu mir. Der mit dem großen Herzen gab ihm und ich hatte Glück, dauerte es auch öfters Monate so stand Rudi irgendwann Abends auf der Matte und brachte das geborgte Geld zurück.
Von wem er sich neu borgte, das war mir völlig egal.
Ich vergaß, er war Kettenraucher und konnte von fünf Mark der DDR und weniger am Tag incl. Glimmstengel und Essen leben aber damals haben die Brötchen noch fünf Pfennige gekostet und das Bier so um die vierzig Pfennige.
Immer war Rudi auf der Suche, von einer Schönen zur nächsten Gaststättenschönheit, lag dem Staat nicht auf der Tasche so wie die Sozialhilfefälle des goldenen Westen sondern eher mir und seinen einsamen Mädels, kam zurecht oder auch nicht und einmal, als ich ihn in einer seiner vielen Gaststätten besuchte, sagte er schon nicht mehr ganz nüchtern zu mir: Merke Dir eines, mein Junge, den ich war so um die fünfzehn Jahre jünger wie er „ Kumpanei ist Lumperrei“ Erst dachte ich, Erich. Honecker und seine Milliarden- Kreditfreunde im Westen waren gemeint,. weit gefehlt, er meinte seinen alten Krauter vom Anfang damit. und es war wohl auf mich und meinen Chef gemünzt weil wir am Anfang sehr dicke Freunde waren. Mein Freund Rudi behielt Recht, die Freundschaft mit Harald hielt nur bis 1990, dann trennten wir uns. .Ich zog von Leipzig weg und wie gesagt, Rudi sah ich nie wieder, den alten Casanova und Lebenskünstler. Meinen ehemaligen Chef übrigens in den ganzen Jahren nur einmal, da waren wir wieder für den Zeitraum eines Kaffee dicke Freunde.
Namen wurden mit Rücksicht auf die handelnden Personen geändert.
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Rainer-Maria(alle meine Geschichten unterm Rohloff)